Entscheidungsdatum: 27.07.2016
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird die Revision gegen den Beschluss des 10. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 13. Mai 2014 zugelassen.
Auf die Revision der Beklagten wird der vorgenannte Beschluss aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision einschließlich der Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Streitwert: 23.237 €
Die Nichtzulassungsbeschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur Zulassung der Revision sowie gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
1. Das Berufungsgericht hat, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, zur Begründung seiner Entscheidung nach § 522 Abs. 2 ZPO im Wesentlichen ausgeführt: Der Klägerin stehe gegen ihre frühere Mieterin, die Beklagte zu 1, und deren Gesellschafter, die Beklagten zu 2 und 3, als Gesamtschuldner ein Anspruch auf rückständige Gewerbemiete für die Zeit von Januar bis Juli 2012 in Höhe von insgesamt 6.889 € zu. Einen konkreten Sachmangel, der eine Mietminderung gemäß § 536 Abs. 1 BGB rechtfertigen könnte, hätten die Beklagten weder hinsichtlich der Heizungsanlage noch hinsichtlich der Belüftung des Restaurants substantiiert dargelegt. Ein Anspruch auf eine Vertragsstrafe von 10.000 €, der hilfsweise zur Aufrechnung gestellt wurde, stehe den Beklagten nicht zu, da sie einen Verstoß gegen die Konkurrenzschutzklausel des Mietvertrages nicht schlüssig und substantiiert dargelegt hätten. Den mit der Widerklage geltend gemachten Schadensersatz für Umsatzeinbußen im Hinblick auf abgesagte Veranstaltungen und das entgangene Tagesgeschäft ab dem 25. August 2012 könnten die Beklagten schon deshalb nicht verlangen, weil sie aufgrund der fristlosen Kündigung der Klägerin das Mietobjekt im Juni 2012 hätten räumen und herausgeben müssen.
2. Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, weil es die Substantiierungsanforderungen offenkundig überspannt und dadurch versäumt hat, den entscheidungserheblichen Sachvortrag der Beklagten in der nach Art. 103 Abs. 1 GG gebotenen Weise zur Kenntnis zu nehmen und die angebotenen Beweise zu erheben (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02 - NJW 2005, 2710; BGH Beschluss vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11 - WuM 2012, 311 Rn. 5 mwN).
a) Eine Partei genügt bei einem von ihr zur Rechtsverteidigung gehaltenen Sachvortrag ihren Substantiierungspflichten, wenn sie Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das von der anderen Seite geltend gemachte Recht als nicht bestehend erscheinen zu lassen. Dabei ist unerheblich, wie wahrscheinlich die Darstellung ist und ob sie auf eigenem Wissen oder auf einer Schlussfolgerung aus Indizien beruht (BGH Beschluss vom 21. Oktober 2014 - VIII ZR 34/14 - MDR 2015, 234 Rn. 20 mwN). Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen (Senatsbeschluss vom 1. August 2012 - XII ZR 87/11 - Grundeigentum 2012, 1635 Rn. 10; BGH Beschluss vom 28. Februar 2012 - VIII ZR 124/11 - WuM 2012, 311 Rn. 6 f. mwN).
Da die Minderung nach § 536 Abs. 1 BGB kraft Gesetzes eintritt, genügt der Mieter seiner Darlegungslast schon mit der Darlegung eines konkreten Sachmangels, der die Tauglichkeit der Mietsache zum vertragsgemäßen Gebrauch beeinträchtigt; das Maß der Gebrauchsbeeinträchtigung (oder einen bestimmten Minderungsbetrag) braucht er hingegen nicht vorzutragen. Von ihm ist auch nicht zu fordern, dass er über eine hinreichend genaue Beschreibung der Mangelerscheinungen ("Mangelsymptome") hinaus die - ihm häufig nicht bekannte - Ursache dieser Symptome bezeichnet (Senatsurteil vom 27. Februar 1991 - XII ZR 47/90 - NJW-RR 1991, 779, 780; BGH Urteil vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11 - NJW 2012, 382 Rn. 16 mwN).
b) Den beschriebenen Anforderungen werden die Mängelrügen der Beklagten hinsichtlich der Heizungsanlage und der Belüftung gerecht.
aa) Das Berufungsgericht hätte dem unter Beweis gestellten Vorbringen der Beklagten zur mangelhaften Lüftungsanlage nachgehen müssen.
Die Beklagten haben bereits mit der Klageerwiderung das Fehlen eines erforderlichen Belüftungssystems gerügt und im Einzelnen ausgeführt, es fehle an einer funktionierenden warmen Zuluft, da die Klägerin die vorhandene Zuluftöffnung mit einer Styroporplatte verschlossen habe. Dadurch sei in den Räumlichkeiten nur Abluft, aber keine Zuluft vorhanden gewesen, wodurch auch ein Unterdruck zwischen Küche und Restaurant entstanden sei. Sie haben ihre Rüge dahingehend ergänzt, dass die Abluftmenge in der Küche so hoch gewesen sei, dass im gesamten Betrieb Unterdruck geherrscht habe. Nur mit erhöhtem Kraftaufwand sei es möglich gewesen, die Zugangstüren zu öffnen. Die Pendeltür zwischen der Küche und dem Gastraum habe nicht verschlossen werden können, da dann extreme Zugerscheinungen aufgetreten seien. Hierzu haben die Beklagten ein (Partei-)Gutachten des Dipl.-Ing. K. vorgelegt, das zu dem Ergebnis kommt, die Lüftung des gesamten Restaurants und der Nebenräume sei mangelhaft bzw. falsch dimensioniert oder eingestellt. In der Personaltoilette diene die Abluftanlage auch bei eingeschaltetem Lüfter als Zuluft. Im Gastraum sei die Lüftungsanlage mit Folie und Klebeband verschlossen. Am Dachaustritt sei die Abluftanlage der Küche mit Folie abgedeckt, ein Wanddurchbruch sei mit Abdichtungsmaterial verschlossen. Die Lüftungsanlage sei in keiner Weise auf die Bedürfnisse des Hauses eingestellt. Zum Beweis haben die Beklagten sich auf das Zeugnis des Dipl.-Ing. K. berufen. Nachfolgend haben die Beklagten noch ergänzend vorgetragen, dass die Lüftungsanlage nicht funktionstüchtig war, weil der erforderliche Zuluftmotor gefehlt habe, und sich insoweit auf einen weiteren Zeugen berufen.
Weitere Einzelheiten sind von den Beklagten nicht zu fordern. Werden - wie hier - Räume zur Nutzung als Gastronomiebetrieb vermietet, kann nach den vertraglichen Vereinbarungen eine unzureichende Belüftung einen Mangel darstellen. Hierzu wird das Berufungsgericht die erforderlichen Feststellungen zu treffen haben.
Sollte das Berufungsgericht der Auffassung sein, die Frage der unzureichenden Belüftung könne nur durch (gerichtliches) Sachverständigengutachten geklärt werden, und der bislang von den Beklagten insoweit angetretene Zeugenbeweis sei nicht ausreichend, müssten die Beklagten darauf nach § 139 ZPO hingewiesen werden.
bb) Ebenso hätte das Berufungsgericht auch über die von den Beklagten behauptete mangelnde Beheizbarkeit der Gaststättenräume die angebotenen Beweise erheben müssen.
Die Darlegung der Beklagten ist nicht deswegen unschlüssig, weil sie unvereinbar mit dem Inhalt des Schreibens vom 13. Februar 2012 ist. Die Beklagten können nicht an ihrer vorgerichtlichen Sachdarstellung festgehalten werden. Widersprüche im Parteivortrag sind zwar grundsätzlich ein (nicht unwesentlicher) Gesichtspunkt im Rahmen der Beweiswürdigung. Jedoch können sie nicht dazu führen, dass Beweise überhaupt nicht erhoben werden. Dies käme einer vorweggenommenen Beweiswürdigung gleich, die das rechtliche Gehör der übergangenen Partei verletzt (Senatsbeschluss vom 1. Juni 2005 - XII ZR 275/02 - NJW 2005, 2710, 2712). Erst recht können Widersprüche zwischen dem Parteivortrag im gerichtlichen Verfahren und vorgerichtlichen (schriftlichen) Äußerungen einer Partei nicht dazu führen, dass der im gerichtlichen Verfahren vorgetragene Sachverhalt nicht im Wege der Beweisaufnahme aufgeklärt wird.
Auch die Widersprüche zwischen den verschiedenen Darstellungen, die die Beklagten während des Prozesses abgegeben haben, sind nicht derart gravierend, dass deswegen von einem nicht nachvollziehbaren oder unsubstantiierten Vortrag, der der Beweisaufnahme nicht zugänglich ist, ausgegangen werden könnte. Zwar finden sich in den verschiedenen Schriftsätzen der Beklagten unterschiedliche Beschreibungen der Beheizungsmöglichkeiten (maximal 18°C bzw. nicht funktionstüchtig; in der Berufungsbegründung auch einmalig maximal 16°C). Ein konkreter Sachmangel in Form einer nicht ausreichend funktionierenden Heizungsanlage ist jedoch schon dann vorgetragen, wenn der Mieter angibt, in welchem Zeitraum adäquate Raumtemperaturen nicht erreicht wurden. Dies haben die Beklagten getan, indem sie konsistent und immer wieder vortrugen, es seien in den Gasträumen in den Monaten Oktober 2011 bis Mai 2012 keine Temperaturen von über 18°C erreichbar gewesen. Ob dies dann im Einzelfall 18°C oder 16°C waren, ist eine Quantifizierung der Gebrauchsbeeinträchtigung, die der Mieter nicht vortragen muss (vgl. BGH Beschluss vom 25. Oktober 2011 - VIII ZR 125/11 - NJW 2012, 382 Rn. 20). Dementsprechend können diesbezüglich unterschiedliche Angaben der Beklagten nicht dazu führen, dass der relevante Sachvortrag - nämlich dass die Temperaturen jedenfalls nicht über 18°C lagen und so für den Restaurantbetrieb nicht ausreichend waren - nicht berücksichtigt wird. Ebenso wenig sind die Beklagten verpflichtet, die Ursachen der niedrigen Temperaturen genauer zu benennen. Die Beklagten haben angegeben, es seien mit der vorhandenen Heizungs- und Lüftungsanlage keine höheren Temperaturen erreichbar gewesen. Dies allein ist ausreichend, um - bei erfolgreichem Nachweis - von einem Sachmangel auszugehen.
3. Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des Vorbringens der Beklagten zur mangelnden Beheizbarkeit und Belüftung der Mietsache und der Erhebung der dafür angebotenen Beweise zu einer anderen Beurteilung gekommen wäre, ist der Beschluss aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird nach § 544 Abs. 4 Satz 2 ZPO abgesehen.
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