Entscheidungsdatum: 11.01.2012
1. Die Rechtsausübungssperre des § 1600d Abs. 4 BGB, wonach die Rechtswirkungen der Vaterschaft grundsätzlich erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können, kann im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes in besonders gelagerten Einzelfällen zwar auf die Weise durchbrochen werden, dass die Vaterschaft inzident festgestellt wird (im Anschluss an das Senatsurteil vom 9. November 2011, XII ZR 136/09, BGHZ 191, 259).
2. Die Durchbrechung der Rechtsausübungssperre im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes setzt jedoch voraus, dass der Scheinvater zuvor seine Vaterschaft wirksam angefochten hat. Nach Ablauf der dafür gemäß § 1600b BGB geltenden Frist kommt auch die inzidente Feststellung eines anderen Mannes als Vater nicht mehr in Betracht.
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des 9. Zivilsenats und Senats für Familiensachen des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 17. November 2009 aufgehoben.
Die Berufung der Streithelfer des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Straubing vom 16. April 2009 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren haben die Streithelfer des Klägers zu tragen.
Von Rechts wegen
Der Kläger begehrt von dem Beklagten Ersatz geleisteten Kindesunterhalts.
Nach der Heirat im Februar 1974 gebar die Ehefrau des Klägers im Juli 1974 einen Sohn, der in der Folgezeit in der Familie aufwuchs. Spätestens am 8. September 2003 erfuhr der Kläger, dass der Sohn nicht von ihm, sondern von dem Beklagten abstammt. Im Dezember 2003 erhob der Kläger gegen den Beklagten eine Klage mit dem Antrag festzustellen, dass der Beklagte der leibliche Vater des Kindes ist. Nach Einholung eines Sachverständigengutachtens, das den Kläger als Vater des Kindes ausschließt und die Vaterschaft des Beklagten als "praktisch erwiesen" bezeichnet, gab das Amtsgericht der Klage in vollem Umfang statt. Die Entscheidung wurde nach Rücknahme der Berufung des Beklagten am 9. August 2004 rechtskräftig. In einer nachfolgenden Personenstandssache entschied das Oberlandesgericht München am 2. Mai 2006, dass die Eintragung eines entsprechenden Randvermerks im Geburtenbuch des Standesamts unterbleibt, weil der Streitgegenstand des rechtskräftigen Feststellungsurteils kein Statusverfahren betreffe und die Entscheidung in diesem Umfang nur zwischen den Parteien wirke.
Eine Klage gegen die Mutter des Kindes auf Schadensersatz wurde mit Urteil vom 29. November 2006 rechtskräftig abgewiesen. In einem am 25. Januar 2007 eingeleiteten und gegen den Sohn gerichteten Statusverfahren wies das Amtsgericht die Klage mit Urteil vom 5. Juli 2007 wegen Versäumung der Anfechtungsfrist ab. Die dagegen eingelegte Berufung nahm der Kläger mit Schriftsatz vom 26. November 2007 zurück.
Im vorliegenden Rechtsstreit auf Unterhaltsregress sind die früheren Rechtsanwälte des Klägers nach Streitverkündung dem Rechtsstreit auf Seiten des Klägers beigetreten. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger weiterhin als rechtlicher Vater gelte. Auf die Berufung der Streithelfer des Klägers hat das Oberlandesgericht das Urteil aufgehoben und das Verfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen. Dagegen richtet sich die vom Oberlandesgericht zugelassene Revision des Beklagten, mit der er eine Aufhebung des Berufungsurteils und die Zurückweisung der Berufung begehrt.
Die Revision ist zulässig und begründet. Sie führt zur Wiederherstellung des klagabweisenden erstinstanzlichen Urteils.
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (vgl. Senatsbeschluss vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100).
Über die Revision ist trotz Säumnis des Klägers in der Revisionsverhandlung durch streitiges Urteil zu entscheiden, weil seine dem Rechtsstreit unbeanstandet beigetretenen Streithelfer in der Verhandlung aufgetreten sind und ihre Revisionsanträge gestellt haben (vgl. BGH Urteil vom 13. April 1994 - II ZR 196/93 - NJW 1994, 2022, 2023).
I.
Nach Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger ein Anspruch auf Unterhaltsregress gegen den Beklagten dem Grund nach zu. Der Unterhaltsanspruch des Sohnes gegen den Beklagten sei gemäß § 1607 Abs. 3 BGB auf den Kläger übergegangen, weil der Kläger dem Kind Unterhalt geleistet habe, obwohl der Beklagte unterhaltspflichtig gewesen sei. Die Unterhaltspflicht des Beklagten ergebe sich aus den §§ 1601 ff. BGB, weil der Sohn ihm gegenüber unterhaltsberechtigt sei.
Die Vaterschaft des Beklagten sei zwar nicht gemäß § 1600 d BGB festgestellt. Sie könne jedoch ausnahmsweise im vorliegenden Verfahren inzident festgestellt werden. Die Rechtsanwendungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB bzw. § 1599 BGB stehe dem nicht entgegen.
Die Vaterschaft des Beklagten ergebe sich allerdings nicht bereits aus dem zwischen den Parteien ergangenen Feststellungsurteil. Die Vorschrift des § 1600 d BGB betreffe die Vaterschaftsfeststellung mit Statuswirkung. Das Feststellungsurteil wirke hingegen lediglich zwischen den Parteien und entfalte keine Statuswirkung, weshalb die Beischreibung der Vaterschaft des Beklagten zum Geburtseintrag nicht erfolgt sei.
Die Feststellung der Vaterschaft des biologischen Vaters könne nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Regressprozess des Scheinvaters jedoch ausnahmsweise inzident erfolgen. Die von der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs hierfür geforderten Voraussetzungen lägen vor. Es seien keine Anhaltspunkte ersichtlich, dass dadurch das Kindesinteresse oder der Familienfriede betroffen werde. Die biologische Vaterschaft des Beklagten sei nach Einholung eines Abstammungsgutachtens bereits mit Wirkung zwischen den Parteien festgestellt und auch dem Sohn sowie der Mutter längst bekannt. Dies ergebe sich aus dem Inhalt des abgewiesenen Vaterschaftsanfechtungsverfahrens. Das Interesse des Beklagten, nicht auf Erstattung des Unterhalts in Anspruch genommen zu werden, sei nach der gesetzlichen Wertung des § 1607 Abs. 3 BGB nicht schutzwürdig.
Zwar sei in dem vom Bundesgerichtshof entschiedenen früheren Verfahren die rechtliche Vaterschaft erfolgreich angefochten gewesen. Der Entscheidung lasse sich aber nicht entnehmen, dass dies eine Voraussetzung für die inzidente Vaterschaftsfeststellung gewesen sei. Der Bundesgerichtshof fordere für die Durchbrechung der Rechtsanwendungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB die Darlegung der Voraussetzungen für die Vermutung der Vaterschaft. Sei die rechtliche Vaterschaft bereits erfolgreich angefochten, komme dem nach den Ausführungen des Bundesgerichtshofs lediglich beweiserleichternde Funktion zu. Hier bestehe aufgrund des vorliegenden Abstammungsgutachtens ebenfalls kein Zweifel an der Vaterschaft des Beklagten. Die Anforderungen an die Darlegungen für eine Durchbrechung der Rechtsanwendungssperre seien damit erfüllt. Schließlich habe der Bundesgerichtshof in einem weiteren Verfahren auch allgemeine Grundsätze für eine inzidente Vaterschaftsfeststellung formuliert.
Einer inzidenten Vaterschaftsfeststellung stehe nicht entgegen, dass der Kläger die Frist des § 1600 b BGB für eine Vaterschaftsanfechtung versäumt habe. Die Frist beziehe sich auf die Vaterschaftsanfechtung mit Statuswirkung. Sie bezwecke, dass der rechtliche Familienstatus des Kindes nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht mehr in Frage gestellt werde. Die Inzidentfeststellung wirke dagegen nur zwischen den Parteien des Regressprozesses und kollidiere deswegen nicht mit der Anfechtungsfrist des § 1600 b BGB. Dem entspreche, dass die seit dem 1. April 2008 mögliche Klärung der biologischen Abstammung ohne Statuswirkung unbefristet möglich sei und der Kläger zu den Klärungsberechtigten gemäß § 1598 a BGB zähle. Entsprechend habe auch der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die inzidente Vaterschaftsfeststellung bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen möglich sei, auch wenn die Frist zur Anfechtung der Vaterschaft verstrichen sei. Die Versäumung der Anfechtungsfrist stehe danach einer inzidenten Vaterschaftsfeststellung ohne Statuswirkung nicht entgegen.
Die biologische Vaterschaft des Beklagten stehe aufgrund des im Feststellungsverfahren eingeholten Abstammungsgutachtens und des darauf gründenden Urteils vom 5. Mai 2004 zwischen den Parteien fest. Hieraus folge, dass der Beklagte dem Sohn zum Unterhalt verpflichtet war. Damit seien die Voraussetzungen für einen gesetzlichen Forderungsübergang gemäß § 1607 Abs. 3 BGB erfüllt. Weil der Anspruch der Höhe nach streitig sei, sei das Verfahren zur weiteren Klärung an das Familiengericht zurückzuverweisen.
II.
Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten den Angriffen der Revision nicht stand. Dem Kläger steht gegen den Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Ersatz der an seinen Sohn geleisteten Unterhaltszahlungen zu.
1. Nach § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB geht der Unterhaltsanspruch eines Kindes gegen einen Elternteil in dem Umfang auf einen Dritten über, in dem der Dritte dem Kind als Vater Unterhalt gewährt hat. Die Voraussetzungen dieses Anspruchsübergangs liegen entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht vor, weil der Kläger den Unterhalt an seinen Sohn nicht als Dritter im Sinne des § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB, sondern als unterhaltspflichtiger Vater geleistet hat.
a) Der Kläger ist nach § 1592 Nr. 1 BGB Vater des Kindes, weil dieses während seiner Ehe mit der Mutter geboren wurde. Diese Statuswirkung der ehelichen Geburt kann zwar nach § 1599 Abs. 1 BGB rückwirkend auf den Zeitpunkt der Geburt (ex tunc) aufgehoben werden. Eine solche Statusentscheidung liegt allerdings nicht vor.
Nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des Oberlandesgerichts führt das rechtskräftige Feststellungsurteil vom 5. Mai 2004 nicht zu einer wirksamen Anfechtung der Vaterschaft im Sinne von § 1599 Abs. 1 BGB. Die Entscheidung ist nicht in einem Statusverfahren über die Anfechtung der Vaterschaft ergangen, das nach § 1600 e Abs. 1 Nr. 1 BGB a.F. (vgl. jetzt § 172 FamFG) auf Klage des Mannes gegen das Kind einzuleiten gewesen wäre. Im Hinblick auf die davon abweichenden Prozessparteien und den nur eingeschränkten Streitgegenstand wirkt das rechtskräftige Urteil nicht gemäß § 640 h Abs. 1 Satz 1 ZPO a.F. (vgl. jetzt § 184 Abs. 2 FamFG) für und gegen alle, sondern nur zwischen den Parteien dieses Rechtsstreits. Das Feststellungsurteil lässt deswegen den Status der ehelichen Geburt des Kindes unberührt. Zu Recht hat das Oberlandesgericht München deswegen die Eintragung eines Randvermerks im Geburtenbuch abgelehnt.
Auch in dem späteren Statusverfahren hat der Kläger seine Vaterschaft nicht wirksam nach § 1599 Abs. 1 BGB angefochten. Denn diese Klage ist vom zuständigen Amtsgericht rechtskräftig abgewiesen worden, weil bei Eingang der Klage die zweijährige Anfechtungsfrist des Klägers nach § 1600 b Abs. 1 Satz 1 BGB bereits abgelaufen war.
Der Kläger ist somit nach wie vor gemäß § 1592 Nr. 1 BGB Vater seines Kindes mit Wirkung für und gegen alle. Auch aus heutiger Sicht hat er den Kindesunterhalt auf der Grundlage der gesetzlichen Unterhaltspflicht nach den §§ 1601 ff. BGB und nicht als Dritter im Sinne des § 1607 Abs. 3 Satz 2 BGB erbracht.
b) Die Wirkungen der Vaterschaft des Klägers sind auch nicht durch eine andere Vaterschaftsfeststellung im Verhältnis der Parteien entfallen.
aa) § 1600 d BGB, der die gerichtliche Feststellung der Vaterschaft regelt, besagt in dessen Absatz 4 ausdrücklich, dass Rechtswirkungen der Vaterschaft, soweit sich aus dem Gesetz nichts anderes ergibt, erst vom Zeitpunkt ihrer Feststellung an geltend gemacht werden können. Dabei handelt es sich um die statusrechtliche Feststellung im Sinne von § 1600 d BGB, die einem sonstigen für und gegen alle wirkenden Familienstatus nicht widersprechen darf. Grundsätzlich schließt die Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB, die von Amts wegen zu beachten ist (Senatsurteil BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 Rn. 36), deswegen auch eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft im Regressprozess zwischen dem Scheinvater und dem von ihm vermuteten Erzeuger des Kindes aus (Senatsurteil BGHZ 121, 299 = FamRZ 1993, 696 f.). Von diesem Grundsatz hatte der Senat zunächst nur in besonders gelagerten Fällen Ausnahmen zugelassen, etwa für den Fall des Regresses gegen den Rechtsanwalt, der die Frist zur Erhebung der Vaterschaftsanfechtungsklage versäumt hat (Senatsurteil BGHZ 72, 299 = FamRZ 1979, 112 ff.).
bb) In seiner neueren Rechtsprechung hat der Senat weitere Ausnahmen von der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB zugelassen, die im Wesentlichen auf gesetzliche Neuregelungen zurückzuführen sind.
(1) Durch das am 1. Juli 1998 in Kraft getretene Gesetz zur Abschaffung der gesetzlichen Amtspflegschaft und Neuregelung des Rechts der Beistandschaft (BeistandschaftsG) vom 4. Dezember 1997 (BGBl. I 2846) ist die gesetzliche Amtspflegschaft für nichtehelich geborene Kinder abgeschafft und zugleich für bestimmte Aufgaben, zu denen gemäß § 1712 Abs. 1 Nr. 1 BGB auch die Feststellung der Vaterschaft gehört, eine freiwillige Beistandschaft des Jugendamtes eingeführt worden. Solange der potenzielle Erzeuger des Kindes nicht selbst Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt, hängt es bis zur Volljährigkeit des Kindes nun allein vom Willen der Mutter ab, ob sie ihrerseits Vaterschaftsfeststellungsklage erhebt oder nicht. Wenn sie dies unterlässt, kann das Familiengericht ihr nach § 1629 Abs. 2 Satz 3 2. Halbsatz BGB nicht die Vertretungsmacht für diese Angelegenheit entziehen.
Weil der Scheinvater selbst nach § 1600 e Abs. 1 BGB a.F. (vgl. jetzt § 172 FamFG) für eine Klage auf Feststellung der Vaterschaft nicht klagebefugt ist, sondern nur die Anfechtungsklage erheben kann (§ 1600 Abs. 1 Nr. 1 BGB, § 169 Abs. 4 FamFG), würde sich der Rückgriffsanspruch des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger des Kindes bei strikter Anwendung der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB in einer Vielzahl von Fällen als undurchsetzbar erweisen. Wenn weder mutmaßlicher Erzeuger noch Kindesmutter noch Kind von ihrem Recht, die Vaterschaft gerichtlich feststellen zu lassen, Gebrauch machen, steht kein Vater fest, gegen den der Scheinvater seinen Rückgriffsanspruch richten kann (Senatsurteil BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 Rn. 23 f.).
(2) Zum anderen hat der Gesetzgeber mit dem zum 1. April 2008 in Kraft getretenen Gesetz zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren vom 26. März 2008 (BGBl. I 441) ein Verfahren zur Verfügung gestellt, das der Klärung der Abstammung dient und es gleichwohl zulässt , die sich gegebenenfalls als unzutreffend erweisende statusrechtliche Zuordnung des Kindes unverändert zu lassen. Dabei handelt es sich um ein gerichtsförmiges Verfahren, das Gewissheit über die tatsächliche Abstammung herbeiführen soll, einen dieser Erkenntnis entgegenstehenden Status des Kindes aber unberührt lässt.
(3) Angesichts dieser neuen Rechtslage hat es der Senat für gerechtfertigt gehalten, in besonders gelagerten Einzelfällen Bedenken gegen eine Inzidentfeststellung der Vaterschaft zurückzustellen. Denn eine Inzidentfeststellung der Abstammung im Regressprozess des Scheinvaters gegen den mutmaßlichen Erzeuger erwächst nicht in Rechtskraft, als bloße Vorfrage nicht einmal zwischen den Parteien dieses Prozesses (Senatsurteil BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 Rn. 25 ff.).
cc) Allerdings wollte der Gesetzgeber durch die Neuregelung zur Klärung der Vaterschaft nicht unmittelbar in das statusrechtliche Verhältnis eingreifen. Auch die Frist für eine Anfechtung der Vaterschaft nach § 1600 b BGB hat er ausdrücklich fortgelten lassen. Die im Entwurf eines Gesetzes zur Klärung der Vaterschaft unabhängig vom Anfechtungsverfahren ursprünglich vorgesehene Regelung, wonach die Anfechtungsfrist durch eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung nach § 1598 a BGB erneut beginnen sollte (BT-Drucks. 16/6561 S. 14), ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bewusst gestrichen worden. Denn Sinn und Zweck der Anfechtungsfrist ist das Interesse des Kindes und der Allgemeinheit an Rechtssicherheit. Wer Kenntnis von Umständen hat, die gegen die Vaterschaft sprechen, soll sich innerhalb der zweijährigen Anfechtungsfrist entscheiden müssen, ob er die Vaterschaft anfechten möchte oder nicht (BT-Drucks. 16/8219 S. 7). Bei der Neuregelung des Anspruchs auf Einwilligung in eine genetische Untersuchung zur Klärung der leiblichen Abstammung nach § 1598 a BGB hat der Gesetzgeber mithin deutlich darauf hingewiesen, dass der familienrechtliche Status des Kindes von der Klärung der leiblichen Abstammung unberührt bleibt und auch der Lauf der Anfechtungsfrist des § 1600 b BGB dadurch nicht beeinflusst wird.
dd) Hat der rechtliche Vater seine Vaterschaft - wie hier - nicht im Statusverfahren nach § 1599 BGB angefochten, gilt seine Vaterschaft für und gegen alle, auch gegenüber einem mutmaßlichen Erzeuger, fort. Eine gerichtliche Entscheidung darf dieser Wirkung nicht widersprechen und zwar unabhängig davon, ob über die Vaterschaft unmittelbar oder lediglich als Vorfrage zu entscheiden wäre. Für das Statusverfahren ist dies ausdrücklich in § 1600 d Abs. 1 BGB geregelt, wonach eine gerichtliche Feststellung der Vaterschaft voraussetzt, dass keine andere Vaterschaft nach §§ 1592 Nr. 1 und 2, 1593 BGB besteht. Auch die Vorschriften der §§ 1593 Satz 4, 1600 Abs. 2 BGB stellen sicher, dass durch die Änderung der statusrechtlichen Wirkung keine doppelte Vaterschaft entstehen kann.
Nichts anderes gilt für Fälle, in denen an Stelle einer Vaterschaftsfeststellung nach § 1600 d BGB trotz der grundsätzlichen Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB ausnahmsweise als Vorfrage eine inzidente Vaterschaftsfeststellung geboten wäre. Weil die statusrechtlichen Folgen der Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB für und gegen jedermann wirken, würde auch eine davon abweichende inzidente Vaterschaftsfeststellung auf eine doppelte Vaterschaft hinauslaufen. Die für und gegen alle geltende Wirkung des § 1592 Nr. 1 BGB bliebe unberührt und daneben würde das Gericht seiner weiteren Entscheidung eine zwischen den Parteien geltende abweichende inzidente Vaterschaftsfeststellung zugrunde legen. Auch für eine Vorfrage des Folgeprozesses ist dies mit dem Gesetz nicht vereinbar. Insoweit unterscheidet sich die gesetzliche Wirkung der rechtlichen Vaterschaft nicht von der Rechtskraft gerichtlicher Entscheidungen (vgl. insoweit BGH Urteile vom 14. Februar 2006 - VI ZR 322/04 - NJW-RR 2006, 712 Rn. 15; vom 26. Juli 2005 - X ZR 109/03 - NJW 2006, 63 Rn. 12 f. und vom 29. September 1994 - III ZR 57/94 - NVwZ 1995, 412).
Darin liegt zugleich der Unterschied zu den vom Senat in der Vergangenheit zugelassenen Ausnahmen von der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB. Ist eine rechtliche Vaterschaft gemäß § 1599 BGB wirksam angefochten, kann durch die inzidente Vaterschaftsfeststellung keine doppelte Vaterschaft mehr entstehen. Eine im Einzelfall zulässige Durchbrechung der Rechtsausübungssperre des § 1600 d Abs. 4 BGB setzt deswegen voraus, dass zuvor eine dem widersprechende Vaterschaft wirksam nach § 1599 BGB angefochten worden ist (vgl. auch Senatsurteile vom 9. November 2011 - XII ZR 136/09 - zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt Rn. 15; BGHZ 176, 327 = FamRZ 2008, 1424 Rn. 31; vom 22. Oktober 2008 - XII ZR 46/07 - FamRZ 2009, 32 Rn. 14 und BGHZ 14, 358, 360 ff.).
ee) Entgegen der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts lässt sich die Zulässigkeit einer inzidenten Vaterschaftsfeststellung ohne vorangegangene Anfechtung einer widersprechenden rechtlichen Vaterschaft auch nicht auf der Grundlage des Senatsbeschlusses vom 25. Juni 2008 (XII ZB 163/06 - FamRZ 2008, 1836 Rn. 20 ff.) herleiten. In dieser Entscheidung hatte der Senat im Rahmen des Versorgungsausgleichs zwischen den geschiedenen Eltern eines ehelich geborenen Kindes darüber zu entscheiden, ob die lange Trennungszeit einem vollständigen Versorgungsausgleich nach § 1587 c Nr. 1 BGB a.F. (vgl. jetzt § 27 VersAusglG) entgegensteht. Im Rahmen der dabei gebotenen Billigkeitsentscheidung unter Berücksichtigung der Interessen aller Beteiligten kam es nicht darauf an, neben der statusrechtlichen Vaterschaft inzident eine weitere Vaterschaft festzustellen. Die im Rahmen der Billigkeitsentscheidung allein zu beantwortende Frage, unter welchen Voraussetzungen die Folgen der statusrechtlichen Vaterschaft bei unstreitig nichtehelicher Abstammung ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben können, lässt sich auf die vorliegende Rechtsfrage nicht übertragen.
2. Ein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten ergibt sich auch nicht aus bereicherungsrechtlichen Vorschriften. Entgegen der Auffassung des Klägers hat dieser seine Leistungen an das Kind nicht ohne Rechtsgrund, sondern auf der Grundlage seiner rechtlichen Vaterschaft gemäß § 1592 Nr. 1 BGB erbracht. Diese Vaterschaft besteht wegen Versäumung der Anfechtungsfrist des § 1600 b BGB fort und begründet den Unterhaltsanspruch des Kindes gemäß den §§ 1601 ff. BGB. Auch ein bereicherungsrechtlicher Anspruch gegen den mutmaßlichen leiblichen Vater kommt somit erst dann in Betracht, wenn der rechtliche Vater seine Vaterschaft nach § 1599 BGB wirksam angefochten hat (vgl. auch Senatsurteil BGHZ 78, 201 = FamRZ 1981, 30 f.).
3. Weil der Kläger die Anfechtungsfrist des § 1600 b BGB versäumt und seine rechtliche Vaterschaft nach § 1592 Nr. 1 BGB nicht wirksam angefochten hat, scheidet ein Rückgriff gegen den Beklagten aus. Dem Kläger verbleibt auf der Grundlage der Rechtsprechung des Senats allenfalls ein Regressanspruch gegen seine Streithelfer als frühere Prozessbevollmächtigte, weil es insoweit auf die Anfechtung der Ehelichkeit nicht ankommt (BGHZ 72, 299 = FamRZ 1979, 112).
Hahne Weber-Monecke Dose
Schilling Günter