Entscheidungsdatum: 17.10.2012
1. Für den Auskunftsantrag nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB besteht auch dann ein Rechtsschutzbedürfnis, wenn der Kläger damit in erster Linie die Umkehr der Beweislast nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB erreichen will.
2. Die Zulassung einer in der Berufungsinstanz vorgenommenen Klageänderung durch das Berufungsgericht nach § 533 ZPO ist mit der Revision nicht anfechtbar (im Anschluss an BGH Urteil vom 25. Oktober 2007, VII ZR 27/06, NJW-RR 2008, 262, 263).
Die Revision gegen das Urteil des 26. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 24. Juni 2010 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger begehrt von der Beklagten Zugewinnausgleich.
Die Parteien heirateten am 23. Juni 1997. Seit 1. Januar 2002 lebten sie getrennt. Die Ehe wurde im Jahr 2003 rechtskräftig geschieden. Die im gesetzlichen Güterstand lebenden Parteien vereinbarten als Stichtag für das Endvermögen den 31. Dezember 2002.
Der Kläger hat im Jahr 2005 Stufenklage u. a. auf Auskunft über das Endvermögen der Beklagten zum 31. Dezember 2002 erhoben. Nachdem der Kläger die Auskunftsstufe mit Zustimmung der Beklagten für erledigt erklärt hatte, hat er seinen Zahlungsantrag beziffert und beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen Zugewinnausgleich in Höhe von 57.754,82 € nebst Zinsen zu zahlen.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, weil der Kläger beweisfällig dafür geblieben sei, dass das Endvermögen der Beklagten ihr Anfangsvermögen übersteige. Mit seiner hiergegen gerichteten Berufung hat der Kläger u.a. beantragt, die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft über ihr Vermögen zum 1. Januar 2002 (dem Zeitpunkt der Trennung) zu erteilen und an den Kläger einen nach Auskunftserteilung zu beziffernden Zugewinnausgleich zu zahlen. Hilfsweise hat der Kläger seinen bereits erstinstanzlich gestellten Zahlungsantrag wiederholt. Das Berufungsgericht hat die Beklagte antragsgemäß zur Auskunft verurteilt; das weitere Verfahren hat es an das Amtsgericht zurückverwiesen. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiterverfolgt.
Die Revision ist unbegründet.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte zu Recht zur Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verurteilt.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, nach Beendigung des Güterstandes könne jeder Ehegatte nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB von dem anderen Ehegatten Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung verlangen. Nachdem die Parteien bereits seit Jahren rechtskräftig geschieden seien und unstreitig im gesetzlichen Güterstand gelebt hätten, seien die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift gegeben.
Der Kläger könne die Auskunft zum Trennungszeitpunkt, die er erstmals mit seiner Berufungsbegründungsschrift geltend gemacht habe, verlangen, obwohl er in erster Instanz bereits im Rahmen der Stufenklage nach § 254 ZPO seinen Anspruch beziffert und den Auskunftsanspruch für erledigt erklärt habe.
Unabhängig von der in Rechtsprechung und Literatur streitigen Frage, ob allgemein auch nach erfolgter Bezifferung der Klage eine Rückkehr zur Auskunftsstufe möglich sei, sei eine solche jedenfalls aufgrund der besonderen Verhältnisse des Falles möglich. Der Kläger stütze seinen Anspruch in der Sache maßgeblich darauf, dass er Kontoguthaben der Beklagten zum Trennungszeitpunkt am 1. Januar 2000 (richtig: 1. Januar 2002) in Höhe von 92.513,98 € darlege. Diese Summe sei zum Stichtag für das Endvermögen am 31. Dezember 2002 nach den Angaben der Beklagten im Wesentlichen nicht mehr vorhanden gewesen. Nach der bei Schluss der mündlichen Verhandlung in erster Instanz am 27. August 2009 geltenden Rechtslage habe der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe des Endvermögens der Beklagten am 31. Dezember 2002 getragen. Mit der zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und der Urteilsverkündung in erster Instanz am 1. September 2009 in Kraft getretenen Reform des Zugewinnausgleichsrechts sei zum einen eine Auskunftspflicht zum Zeitpunkt der Trennung nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB und zum anderen damit korrespondierend eine Umkehrung der Darlegungs- und Beweislast nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB eingeführt worden. Dabei gebe es keine Übergangsvorschrift, so dass diese Neuregelung auch für bereits laufende Verfahren gelte. Dem Kläger könne es nicht verwehrt werden, die für ihn günstigen Wirkungen der Gesetzesänderung in Anspruch zu nehmen.
II.
Dies hält rechtlicher Überprüfung stand.
1. Die Zulassung der vom Kläger in der Berufungsinstanz im Hinblick auf die Gesetzesänderung vorgenommene Klageänderung nach § 533 ZPO durch das Berufungsgericht ist mit der Revision nicht anfechtbar (vgl. zur Widerklage in der Berufungsinstanz BGH Urteil vom 25. Oktober 2007 - VII ZR 27/06 - NJW-RR 2008, 262, 263; Musielak/Ball ZPO 9. Aufl. § 533 ZPO Rn. 23; Thomas/Putzo ZPO 33. Aufl. § 533 ZPO Rn. 10) und im Übrigen von der Revision auch nicht gerügt worden.
2. Entgegen der Auffassung der Revision ist die von dem Kläger in der Berufungsinstanz erhobene Stufenklage zulässig.
a) Nach § 254 ZPO kann die bestimmte Angabe der Leistung, die der Kläger beansprucht, vorbehalten werden, wenn namentlich mit der Auskunftsklage die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet. Die Besonderheit der Stufenklage liegt in erster Linie in der Zulassung eines unbestimmten Antrages. Daraus folgt, dass im Rahmen der Stufenklage die Auskunft lediglich ein Hilfsmittel ist, um die (noch) fehlende Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs herbeizuführen. Die der Stufenklage eigene Verknüpfung von unbestimmtem Leistungsanspruch und vorbereitendem Auskunftsanspruch steht dagegen nicht zur Verfügung, wenn die Auskunft nicht dem Zwecke einer Bestimmbarkeit des Leistungsanspruchs dienen, sondern dem Kläger sonstige mit der Bestimmbarkeit als solcher nicht im Zusammenhang stehende Information über seine Rechtsverfolgung verschaffen soll (vgl. BGH Urteil vom 2. März 2000 - III ZR 65/99 - NJW 2000, 1645, 1646). Eine Stufenklage nach § 254 ZPO ist deshalb nur zulässig, wenn die Auskunft dazu benötigt wird, den Leistungsantrag nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO beziffern zu können (Senatsurteil vom 19. April 2000 - XII ZR 62/98 - FamRZ 2000, 948, 950).
b) Demgemäß ist die Stufenklage hier zulässig.
aa) Soweit sich die Revision darauf beruft, dass der Kläger in der Berufungsinstanz zugleich einen bezifferten Zahlungsantrag gestellt habe, verkennt sie, dass es sich hierbei um einen Hilfsantrag handelt, der erst zum Zuge käme, wenn die Stufenklage keinen Erfolg hätte.
Der Zulässigkeit der Stufenklage steht auch nicht entgegen, dass sich der Kläger selbst wegen Verjährung keinen Zugewinnausgleichsanspruch verspricht, der über den zunächst erstinstanzlich und nunmehr hilfsweise bezifferten Betrag von 57.754,82 € hinausgeht. Zu Recht weist die Revisionserwiderung darauf hin, dass ein Anspruch bis zu dieser Höhe noch gar nicht feststeht.
bb) Entgegen der Auffassung der Revision fehlt es dem Kläger ebenso wenig hinsichtlich seines Auskunftsbegehrens an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis.
(1) Auch wenn naheliegt, dass der maßgebliche Beweggrund für die Klageänderung der Wunsch des Klägers ist, über sein Auskunftsbegehren nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB zu seinen Gunsten eine Umkehr der Darlegungs- und Beweislast gemäß § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB zu erreichen, lässt dies sein Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.
(a) Gemäß § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung war jeder Ehegatte verpflichtet, nach Beendigung des Güterstandes dem anderen Ehegatten auf Verlangen über den Bestand seines Endvermögens Auskunft zu erteilen.
Nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 BGB in der ab 1. September 2009 geltenden Fassung kann jeder Ehegatte ab den dort näher bezeichneten Zeitpunkten von dem anderen Auskunft über das Vermögen zum Zeitpunkt der Trennung (Nr. 1) oder Auskunft über das Vermögen verlangen, soweit es für die Berechnung des Anfangs- und Endvermögens maßgeblich ist (Nr. 2). Nach § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB nF hat der auskunftspflichtige Ehegatte darzulegen und zu beweisen, dass die Vermögensminderung nicht auf eine Handlung im Sinne des § 1375 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 BGB zurückzuführen ist, wenn das Endvermögen dieses Ehegatten geringer als das Vermögen ist, das er in der Auskunft zum Trennungszeitpunkt angegeben hat. Sinn dieser Regelung ist es, den anderen Ehegatten nach erfolgter Trennung zu schützen (Senatsurteil vom 15. August 2012 - XII ZR 80/11 - juris Rn. 40).
(b) Der Kläger konnte in erster Instanz, in der die mündliche Verhandlung am 27. August 2009 geschlossen worden ist, von der Beklagten noch keine Auskunft zum Zeitpunkt der Trennung verlangen und damit auch keine Umkehr der Beweislast im vorgenannten Sinne erreichen. Der Kläger hätte allenfalls einen Auskunftsanspruch aus § 242 BGB geltend machen können, wenn und soweit er Auskunft über einzelne Vorgänge verlangt und konkrete Anhaltspunkte für ein Handeln im Sinne des § 1375 Abs. 2 BGB vorgetragen hätte (vgl. Senatsurteil vom 15. August 2012 - XII ZR 80/11 - juris Rn. 28), ohne damit allerdings eine Umkehr der Beweislast im Sinne des § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB nF erreichen zu können.
Zu Recht führt das Berufungsgericht daher aus, dass es dem Kläger in dieser Situation nicht verwehrt werden kann, die für ihn günstigen Wirkungen der Gesetzesänderungen in Anspruch zu nehmen.
(2) Dem Auskunftsbegehren des Klägers ist entgegen der Auffassung der Revision auch nicht deshalb der Erfolg zu versagen, weil es selbst bei einer Hinzurechnung des im Streit befindlichen Kontoguthabens von 92.513,98 € zum Endvermögen der Beklagten an einem Zugewinnausgleichsanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten fehlte.
(a) Jeder Ehegatte hat grundsätzlich nach Beendigung des Güterstandes der Zugewinngemeinschaft gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Auskunft im Sinne des § 1379 BGB ohne Rücksicht darauf, ob er tatsächlich einen Ausgleich fordern kann (jeweils zu § 1379 BGB aF BGH Urteile vom 22. Dezember 1971 - IV ZR 42/70 - NJW 1972, 433, 434 und vom 16. Dezember 1982 - IX ZR 90/81 - NJW 1983, 753, 754). Der Auskunftsanspruch soll ihm ermöglichen, sich Klarheit über das Bestehen einer solchen Forderung zu verschaffen. Der Anspruch auf Auskunft nach § 1379 BGB ist allerdings nur ein Hilfsanspruch, der der Verwirklichung der Ausgleichsforderung nach § 1378 BGB dient. Ihm kann der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegengesetzt werden, wenn ausnahmsweise nicht zweifelhaft sein kann, dass dem Auskunft Begehrenden keine Ausgleichsforderung zusteht (BGH Urteil vom 22. Dezember 1971 - IV ZR 42/70 - NJW 1972, 433, 434). In diesem Falle wäre die Auskunftsklage sinnlos, weil der Kläger keinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann, weshalb es am entsprechenden Rechtsschutzbedürfnis fehlte (vgl. Reichold in Thomas/Putzo ZPO 33. Aufl. Vorb. zu § 253 Rn. 26 f. mwN).
(b) Umstände, die einem Auskunftsbegehren des Klägers danach entgegenstehen könnten, liegen jedoch nicht vor.
Zwar würde nach der Berechnung der Beklagten ihrem - vom Kläger ursprünglich zugestandenen - indexierten Anfangsvermögen in Höhe von 433.375,72 € auch bei Berücksichtigung des streitigen Kontoguthabens ein Endvermögen in Höhe von nur 426.940,22 € gegenüberstehen (335.000 € Grundstückswert, 43,82 € Wert Giro-Konto, 92.513,98 € Kontoguthaben und 3.000 € Pkw-Wert abzüglich Schulden in Höhe von 3.617,58 €) und damit ein Zugewinn ausscheiden. Jedoch verkennt die Revision, dass die nunmehr geschuldete Auskunft zum Zeitpunkt der Trennung auch Vermögensbestandteile aufzeigen kann, die bislang in der Vermögensbilanz noch keine Erwähnung gefunden haben und deren Einbeziehung zu einem Zugewinnausgleichsanspruch für den Kläger führen könnte. Jedenfalls ist diese Möglichkeit nicht ausgeschlossen, weshalb man dem Kläger insoweit auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis absprechen kann.
3. Weil der Auskunftsantrag nach § 1379 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB auch begründet ist, hat das Oberlandesgericht ihm zu Recht stattgegeben und den Rechtsstreit unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils zutreffend an das Amtsgericht zurückverwiesen. Der Revision der Beklagten bleibt deshalb der Erfolg versagt.
4. Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass der Kläger mit seinem in der mündlichen Verhandlung vom 27. August 2009 geänderten Vortrag zum Wert des Grundstücks der Beklagten im Anfangsvermögen unter Berücksichtigung des Wohnrechts und dem damit einhergehenden Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens (s. dazu Senatsurteil BGHZ 170, 324 = FamRZ 2007, 978 Rn. 28 ff.) jedenfalls nach zugelassener Klageänderung und Zurückverweisung an das Amtsgericht im Rahmen der Auskunftsstufe nicht präkludiert sein dürfte. Entgegen der Auffassung der Revision kann auch nicht von einer verbindlichen Verständigung der Parteien über das vorgenannte Anfangsvermögen ausgegangen werden. Nach den getroffenen Feststellungen haben die Parteien weder ein Verzeichnis des Anfangsvermögens im Sinne des § 1377 Abs. 1 BGB angelegt noch eine sonstige verbindliche Vereinbarung über die Bewertung der Immobilie im Anfangsvermögen getroffen.
Dose Weber-Monecke Schilling
Günter Botur