Entscheidungsdatum: 23.02.2011
Zur Transparenz einer Klausel in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Carsharing-Unternehmens, die im Schadensfalle eine Haftung des Vertragspartners in Höhe eines vereinbarten Selbstbehalts vorsieht .
Die Revision gegen das Urteil der 13. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 15. Mai 2009 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Die Klägerin, die ein Carsharing-Unternehmen betreibt, verlangt von der Beklagten restlichen Schadensersatz aufgrund eines von der Beklagten verursachten und verschuldeten Verkehrsunfalls. Zwischen den Parteien bestand bis 31. Mai 2007 ein Teilnutzungsvertrag, der die Beklagte zur vorübergehenden Nutzung von Fahrzeugen der Klägerin berechtigte.
Dem Vertrag lagen die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin zugrunde, die folgende Klausel enthielten:
"§ 13 Versicherungen
1. Alle Fahrzeuge sind haftpflicht- und kaskoversichert.
2. Wird ein Fahrzeug während der Nutzungszeit des Teilnehmers beschädigt oder verursacht der Teilnehmer einen Schaden, haftet er hierfür im Rahmen der Selbstbeteiligung, deren Höhe der Tarifordnung zu entnehmen ist. Ausgenommen hiervon sind Fälle höherer Gewalt. Eine in diesem Vertrag geregelte weitergehende Haftung bleibt hiervon unberührt."
Die Beklagte verursachte einen Verkehrsunfall, wodurch am Fahrzeug der Klägerin ein Schaden in Höhe von 308,75 € und an dem Fahrzeug des Unfallbeteiligten ein Schaden in Höhe von 1.261,44 € entstand.
Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten die nach der Tarifordnung vorgesehene Selbstbeteiligung in Höhe von 770 €. Sie hat auf diese Forderung die von der Beklagten hinterlegte Kaution in Höhe von 490 € sowie die Erstattung der vorausgezahlten Monatspreise für die Monate Juni 2007 bis Dezember 2007 in Höhe von insgesamt 77 € verrechnet, woraus die Klageforderung in Höhe von 203 € resultiert.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr erstinstanzliches Klagebegehren in vollem Umfang weiter.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin verstoße gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und sei daher unwirksam. Das Transparenzgebot verpflichte den Verwender, Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Der Grundsatz von Treu und Glauben gebiete auch, dass eine in allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltene Klausel die wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen für den anderen Vertragsteil soweit erkennen lasse, wie dies nach den Umständen gefordert werden könne. Diesen Anforderungen werde § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht gerecht. Da sich die streitgegenständliche Klausel am Satzanfang auf Fahrzeuge der Teilnehmergemeinschaft beziehe, sei für einen aufmerksamen und sorgfältigen Vertragspartner nicht mit der erforderlichen Klarheit zu erkennen, dass von dieser Klausel auch Haftpflichtschäden umfasst sein sollen. Die Formulierung im zweiten Satzteil des § 13 Nr. 2 sei mehrdeutig. Insgesamt unterscheide die Klausel zwischen einer Beschädigung des genutzten Fahrzeugs der Teilnehmergemeinschaft einerseits und einem durch den Benutzer verursachten Schaden andererseits. In diesem zweiten Satzteil werde jedoch nicht deutlich gemacht, ob nur für Schäden am Fahrzeug der Teilnehmergemeinschaft oder auch für Schäden an anderen Rechtsgütern gehaftet werden solle. Mit dieser Verletzung des Transparenzgebots gehe auch die Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung der Vertragspartner der Klägerin einher.
II.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin wegen Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist.
1. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen sind daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten ihrer Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (Senatsurteil BGHZ 162, 39 = NJW 2005, 1183, 1184). Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (Senatsurteil vom 16. Mai 2007 - XII ZR 13/05 - NJW 2007, 2176 Rn. 14). Der Verwender muss somit die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn kein ungerechtfertigter Beurteilungsspielraum entsteht (BGHZ 164, 11 = NJW-RR 2005, 1496, 1498 und BGHZ 165, 12 = NJW 2006, 996, 997 f. mwN). Die Beschreibung muss für den anderen Vertragsteil nachprüfbar und darf nicht irreführend sein (Senatsurteil BGHZ 162, 39 = NJW 2005, 1183, 1184). Abzustellen ist bei der Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Senatsurteile BGHZ 183, 299 = NJW 2010, 671 Rn. 22; vom 7. Mai 2008 - XII ZR 5/06 = GuT 2008, 339 Rn. 18 und vom 16. Mai 2007 - XII ZR 13/05 - NJW 2007, 2176 Rn. 14). Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (Senatsurteil BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772 Rn. 14).
2. Nach diesen Grundsätzen wird § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin dem Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht gerecht. Die verfahrensgegenständliche Vertragsklausel lässt nicht mit der erforderlichen Klarheit erkennen, in welchem Schadensfall der Vertragspartner der Klägerin mit der vereinbarten Selbstbeteiligung haften soll.
a) Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass der Wortlaut von § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin verschiedene Auslegungen zulässt. Während sich die Formulierung am Satzanfang der Klausel ihrem Wortlaut nach eindeutig auf Schäden an dem überlassenen Fahrzeug bezieht, spricht der anschließende Satzteil allgemein von einem Schaden, den der Vertragspartner der Klägerin verursacht hat. Von ihrem Wortlaut her kann sich diese Formulierung sowohl allein auf einen von dem Benutzer verursachten Schaden an dem überlassenen Fahrzeug als auch - weitergehend - auf einen von ihm verursachten Haftpflichtschaden beziehen. Für einen möglichen Vertragspartner der Klägerin ist es jedoch von erheblicher Bedeutung, ob er im Schadensfalle die gesamte Selbstbeteiligung nur erbringen muss, wenn an dem ihm überlassenen Fahrzeug ein Schaden mindestens in Höhe der vereinbarten Selbstbeteiligung entstanden ist, oder auch dann, wenn er, etwa bei einem von ihm verschuldeten Verkehrsunfall, Fremdschäden verursacht hat. Dies wird aus der verfahrensgegenständlichen Vertragsklausel nicht ausreichend deutlich. Ihr Wortlaut ließe sogar die Möglichkeit zu, dass ein Vertragspartner der Klägerin die Selbstbeteiligung doppelt erbringen muss, sollte etwa bei einem von ihm verursachten Verkehrsunfall sowohl an dem ihm überlassenen Fahrzeug als auch bei einem weiteren Unfallbeteiligten ein erheblicher Schaden entstanden sein.
b) Hinzu kommt, dass eine Selbstbeteiligung typischerweise nur bei der Kaskoversicherung vereinbart wird, weil dadurch die Versicherungsprämien reduziert werden können. Bei einer Kfz-Haftpflichtversicherung ist die Vereinbarung eines Selbstbehalts im Schadensfall dagegen unüblich. Auch aus diesem Grund wird ein Vertragspartner der Klägerin § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen regelmäßig dahingehend verstehen, dass er nur bei Schäden, die der Kaskoversicherung unterfallen, mit der vereinbarten Selbstbeteiligung haften muss.
c) Damit kommt die Absicht der Klägerin, ihre Vertragspartner auch im Rahmen der Abwicklung von Haftpflichtschäden an Rechtsgütern Dritter in Höhe der Selbstbeteiligung in Anspruch zu nehmen, nicht ausreichend im Wortlaut der streitgegenständlichen Klausel zum Ausdruck. Zweifel bei der Auslegung allgemeiner Geschäftsbedingungen gehen jedoch gemäß § 305 c Abs. 2 BGB zu Lasten des Verwenders. § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin genügt daher insbesondere nicht dem in § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB enthaltenen Gebot, wonach allgemeine Geschäftsbedingungen die wirtschaftlichen Belastungen und Nachteile des Vertragspartners soweit erkennen lassen müssen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann (BGHZ 164, 11 = NJW-RR 2005, 1496, 1498 und BGHZ 165, 12 = NJW 2006, 996, 997 f. mwN).
3. Soweit die Revision die Auffassung vertritt, § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin enthalte eine Haftungsbegrenzung zugunsten des Vertragspartners auf die vereinbarte Selbstbeteiligung, weshalb er selbst bei einer Intransparenz der Klausel nicht durch die Regelung benachteiligt werde, kann dem nicht gefolgt werden.
a) Zwar wird überwiegend die Auffassung vertreten, dass die bloße Intransparenz einer allgemeinen Geschäftsbedingung allein noch nicht zu einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners und damit zur Unwirksamkeit einer Klausel führen würde, sondern darüber hinaus die Gefahr einer inhaltlichen Benachteiligung des Vertragspartners des Verwenders hinzutreten müsse (Staudinger/Coester BGB [2006] § 307 Rn. 174; Palandt/Grüneberg BGB 70. Aufl. § 307 Rn. 20; Jauernig/Stadler BGB 13. Aufl. § 307 Rn. 6; Erman/Roloff BGB 12. Aufl. § 307 Rn. 22; Bamberger/Roth/Schmidt BGB § 307 Rn. 26; Armbruster DNotZ 2004, 437, 439 f.; Artz JuS 2002, 528, 529; von Westphalen NJW 2002, 12, 17; differenzierend MünchKommBGB/Basedow 4. Aufl. § 307 Rn. 51; aA AnwKomm/Hennrichs [2000] § 307 BGB Rn. 9; Prütting/Wegen/Weinreich/Berger BGB 5. Aufl. § 307 Rn. 14; für die Zeit vor dem Inkrafttreten des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB vgl. BGHZ 147, 354 = NJW 2001, 2014, 2016 und BGHZ 148, 74 = NJW 2001, 2635, 2636). Im vorliegenden Fall ist diese Voraussetzung jedoch ebenfalls erfüllt.
b) Entgegen der Auffassung der Revision wird die Haftung des Vertragspartners durch § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin nicht auf die Höhe der vereinbarten Selbstbeteiligung begrenzt; die Haftung wird jedenfalls bei Schäden, die von dem Teilnehmer fahrlässig verursacht wurden, durch die Klausel erst begründet.
Dafür spricht nicht nur der Wortlaut der Vertragsklausel, sondern auch der Regelungszusammenhang mit weiteren Bestimmungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin. In § 13 Nr. 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin ist festgehalten, dass alle Fahrzeuge haftpflicht- und kaskoversichert sind. § 15 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin sieht eine Haftung des Teilnehmers nur für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit vor. In einer Gesamtschau können diese beiden Regelungen aus der maßgeblichen Sicht eines verständigen und redlichen Vertragspartners (Senatsurteil BGHZ 178, 158 = NJW 2008, 3772 Rn. 14) nur dahingehend verstanden werden, dass er bei einem von ihm fahrlässig verursachten Schaden an dem überlassenen Fahrzeug selbst oder an fremden Rechtsgütern von jeglicher Haftung freigestellt ist und solche Schäden durch die von der Klägerin abgeschlossenen Versicherungen ausgeglichen werden. § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin schränkt die generelle Haftungsfreistellung des Vertragspartners jedoch wieder ein, indem auch bei fahrlässig verursachten Schäden eine Haftung in Höhe der vereinbarten Selbstbeteiligung vorgesehen wird. Daher hat die Klausel jedenfalls bei fahrlässig verursachten Schäden eine haftungsbegründende Wirkung, durch die der Vertragspartner konkret benachteiligt wird. Ob die Wirkung der Klausel bei grob fahrlässig oder vorsätzlich verursachten Schäden anders zu beurteilen wäre, kann dahingestellt bleiben, weil nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts die Beklagte den Unfall nur aufgrund einfacher Fahrlässigkeit verursacht hat.
4. Da § 13 Nr. 2 Satz 1 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin somit bereits wegen des Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam ist, hat das Berufungsgericht die Klage bereits aus diesem Grund zu Recht abgewiesen. Ob der Anspruch der Klägerin bereits verjährt wäre, kann daher offen bleiben.
Hahne Dose Klinkhammer
Schilling Günter