Entscheidungsdatum: 23.06.2010
1. Auch die Rechtsbeschwerde in Verfahrenskostenhilfesachen kann nach § 114 Abs. 2 FamFG wirksam nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden .
2. Eine Rechtsbehelfsbelehrung nach § 39 FamFG muss neben der Bezeichnung des statthaften Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs das für die Entgegennahme zuständige Gericht und dessen vollständige Anschrift sowie die bei der Einlegung einzuhaltende Form und Frist angeben. Dazu gehört auch die Information über einen bestehenden Anwaltszwang. Sie muss mit diesem zwingenden Inhalt aus sich heraus verständlich sein .
3. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen fehlender oder unzureichender Rechtsbehelfsbelehrung nach § 17 Abs. 2 FamFG setzt eine Kausalität zwischen dem Fehlen der Rechtsbehelfsbelehrung und der Fristversäumung voraus. Sie kann entfallen, wenn der Beteiligte wegen vorhandener Kenntnis über seine Rechtsmittel, etwa bei anwaltlicher Vertretung, keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf .
4. Auch wenn die Fristversäumung auf einem Rechtsirrtum beruht, kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur bewilligt werden, wenn der Irrtum unverschuldet ist .
1. Der Antrag des Antragstellers auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25. Januar 2010 wird auf Kosten des Antragstellers verworfen.
Streitwert: 3.000 €
I.
Der Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Vater) und die Beteiligte zu 2 (im Folgenden: Mutter) sind getrennt lebende Eheleute. Sie streiten um das Umgangsrecht des Vaters mit ihrem gemeinsamen Sohn. Mit Beschlüssen vom 22. Dezember 2009 hat das Amtsgericht dem Vater und der Mutter Verfahrenskostenhilfe bewilligt; die weiteren Anträge auf Beiordnung eines Rechtsanwalts hat es abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Vaters gegen die Abweisung seines Antrags auf Beiordnung eines Rechtsanwalts zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde zugelassen.
Der Beschluss des Oberlandesgerichts wurde dem Vater am 28. Januar 2010 zugestellt. Mit einem am 25. Februar 2010 eingegangenen Schriftsatz seines zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten hat er dagegen Rechtsbeschwerde eingelegt. Auf einen Hinweis des Gerichts vom 1. März 2010, der dem Vater am 3. März 2010 zugegangen ist, hat er mit einem am 17. März 2010 eingegangenen Schriftsatz seiner am Bundesgerichtshof zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten erneut Rechtsbeschwerde eingelegt, diese begründet sowie Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde beantragt.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 70 Abs. 1 FamFG statthaft, weil das Beschwerdegericht sie wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen hat. Daran ist der Senat gemäß § 70 Abs. 2 Satz 2 FamFG gebunden. Sie ist aber unzulässig, weil sie nicht innerhalb der einmonatigen Beschwerdefrist des § 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt worden ist und dem Antragsteller auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden kann.
1. Die Rechtsbeschwerde ist nicht bereits wirksam innerhalb der Monatsfrist des § 71 Abs. 1 Satz 1 FamFG eingelegt worden.
a) Nach § 114 Abs. 2 FamFG, der den Anwaltszwang in Familiensachen regelt und insoweit eine Spezialregelung gegenüber der allgemeinen Vorschrift des § 10 Abs. 4 FamFG enthält (vgl. Prütting/Helms FamFG § 114 Rdn. 22), müssen sich die Beteiligten vor dem Bundesgerichtshof grundsätzlich durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. Soweit § 114 Abs. 4 Nr. 5 FamFG im Einklang mit der allgemeinen Regelung des § 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG davon eine Ausnahme für das Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe vorsieht, gilt dies zunächst nur für das Verfahren über die Verfahrenskostenhilfe innerhalb der jeweiligen Instanz. Entsprechend der Regelung zur Prozesskostenhilfe kann auch die Verfahrenskostenhilfe für die jeweilige Instanz von der Partei persönlich beantragt werden, ohne dass sie sich durch einen an dem jeweiligen Gericht zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen muss.
b) Darüber hinaus unterfällt auch die Beschwerde gegen einen Beschluss, der im Verfahrenskostenhilfeverfahren ergangen ist, nicht dem Anwaltszwang. Nach § 76 Abs. 2 FamFG sind insoweit die Vorschriften über die sofortige Beschwerde nach den §§ 567 bis 572, 127 Abs. 2 bis 4 ZPO entsprechend anwendbar. Gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 ZPO kann die Beschwerde - wie nach § 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO der Prozesskostenhilfeantrag - zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden. Nach § 78 Abs. 3 ZPO gilt für Prozesshandlungen, die vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vorgenommen werden können, der Anwaltszwang nicht. Von dieser Regelung im Zivilprozess wollte der Gesetzgeber mit dem FGG-Reformgesetz vom 17. Dezember 2008 (BGBl. 2008 I 2586) nicht abweichen, was die ausdrückliche Verweisung in § 76 Abs. 2 FamFG verdeutlicht.
c) Die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof kann auch in Prozesskostenhilfesachen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung allerdings wirksam nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden (Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - XII ZB 242/03 - FamRZ 2005, 1164 Tz. 7). Daran hat der Gesetzgeber mit der Neuregelung des familiengerichtlichen Verfahrens durch das FamFG nichts ändern wollen (vgl. BT-Drucks. 16/9733 S. 291). § 76 FamFG sieht deswegen für das Verfahren der Rechtsbeschwerde keine Ausnahme von der allgemeinen Regelung für Familiensachen vor. Soweit die Rechtsbeschwerde zu Fragen der Verfahrenskostenhilfe überhaupt wirksam zugelassen werden kann (vgl. zur Prozesskostenhilfe Senatsbeschluss vom 4. August 2004 - XII ZA 6/04 - FamRZ 2004, 1633 f.), richtet sich die Zulässigkeit also nach den Vorschriften der §§ 70 ff. FamFG. Die notwendige Vertretung durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt ergibt sich ebenfalls aus der für alle Familiensachen geltenden Vorschrift des § 114 Abs. 2 FamFG.
Der rechtzeitig am 25. Februar 2010 beim Bundesgerichtshof eingegangene Schriftsatz des Vaters erfüllt diese Voraussetzungen nicht, weil er nur von seinem zweitinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten unterzeichnet ist. Die von seinem am Bundesgerichtshof zugelassenen Verfahrensbevollmächtigten eingereichte Rechtsbeschwerde ist erst am 17. März 2010 eingegangen und hat die Monatsfrist des § 71 Abs. 1 FamFG nicht gewahrt.
2. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Fristen zur Einlegung und Begründung der Rechtsbeschwerde ist abzuweisen, weil der Antragsteller diese Fristen nicht schuldlos versäumt hat.
a) Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung von Rechtsmittelfristen in Familiensachen kommt nach § 17 Abs. 1 FamFG nur dann in Betracht, wenn der Verfahrensbeteiligte die Frist ohne sein Verschulden versäumt hat. Auch wenn die Fristversäumung auf einem Rechtsirrtum beruht, kann Wiedereinsetzung nur bewilligt werden, wenn der Irrtum unverschuldet ist. Das gilt auch für einen Irrtum über die Form eines zulässigen Rechtsbehelfs.
Bei einem rechtsunkundigen Beteiligten kann ein Verschulden insbesondere dann entfallen, wenn ihm keine Rechtsmittelbelehrung erteilt worden ist (vgl. Keidel/Sternal FamFG 16. Aufl. § 17 Rdn. 24 ff.; Prütting/Helms/Ahn-Roth aaO § 17 Rdn. 24 jeweils m.w.N.). Nach § 17 Abs. 2 FamFG wird deswegen ein Fehlen des Verschuldens vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Wenn der Beteiligte allerdings anwaltlich vertreten ist, ist der Rechtsirrtum regelmäßig verschuldet und verhindert eine Wiedereinsetzung (Prütting/Helms/Ahn-Roth FamFG § 17 Rdn. 25). Mit der Neuregelung des § 39 FamFG hat der Gesetzgeber die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Verfassungsgebot einer Rechtsmittelbelehrung in Wohnungseigentumssachen aufgegriffen (BGHZ 150, 390, 396 = NJW 2002, 2171, 2173). Zugleich hat der Gesetzgeber aber auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 44 Satz 2 StPO hingewiesen, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Belehrungsmangel und Fristsäumnis fordert (BGH Beschluss vom 16. August 2000 - 3 StR 339/00 - NStZ 2001, 45 und BGHZ 150, 390, 399 = NJW 2002, 2171, 2174). Daraus folgt, dass eine Wiedereinsetzung in denjenigen Fällen ausgeschlossen ist, in denen der Beteiligte wegen vorhandener Kenntnis über seine Rechtsmittel keiner Unterstützung durch eine Rechtsmittelbelehrung bedarf. Auf diese Weise wird vor allem der geringeren Schutzbedürftigkeit anwaltlich vertretener Beteiligter Rechnung getragen (BT-Drucks. 16/6308 S. 183; Keidel/Sternal aaO § 17 Rdn. 37; Dose Einstweiliger Rechtsschutz in Familiensachen 3. Aufl. Rdn. 370).
Danach scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im vorliegenden Fall aus. Der Antragsteller war bereits in den Vorinstanzen anwaltlich vertreten, und die angefochtene Entscheidung ist auch seinem verfahrensbevollmächtigten Rechtsanwalt zugestellt worden. Im Hinblick darauf, dass eine Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nur durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt zulässig ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 11. Mai 2005 - XII ZB 242/03 - FamRZ 2005, 1164, 1165) und auf den Umstand, dass die Neuregelung durch das FamFG daran nichts geändert hat, hätte der Rechtsanwalt wissen müssen, dass er selbst keine zulässige Rechtsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einlegen kann.
b) Hinzu kommt, dass der angefochtene Beschluss eine Rechtsbehelfsbelehrung enthält, in der auf die zulässige Rechtsbeschwerde "gemäß §§ 71 und 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG" hingewiesen ist.
Allerdings muss die nach § 39 FamFG zwingend vorgeschriebene Rechtsbehelfsbelehrung neben der Bezeichnung des statthaften Rechtsmittels oder Rechtsbehelfs das für die Entgegennahme zuständige Gericht und dessen vollständige Anschrift sowie die bei der Einlegung einzuhaltende Form und Frist angeben. Dazu gehört auch die Information über einen bestehenden Anwaltszwang (Keidel/Meyer-Holz aaO § 39 Rdn. 13 und Bahrenfuss/Rüntz FamFG § 39 Rdn. 7). Die Rechtsbehelfsbelehrung muss mit diesem zwingenden Inhalt aus sich heraus verständlich sein. Ein nicht anwaltlich vertretener Beteiligter muss also in den Stand gesetzt werden, allein anhand der Rechtsbehelfsbelehrung ohne Mandatierung eines Rechtsanwalts eine formrichtige Beschwerde einzulegen (BT-Drucks. 16/6308 S. 196; Prütting/Helms/Abramenko aaO § 39 Rdn. 8; Keidel/Meyer-Holz aaO § 39 Rdn. 12 f.; Bahrenfuss/Rüntz aaO § 39 Rdn. 5 ff.; FamVerf/Gutjahr § 1 Rdn. 426 f.).
Diesen Anforderungen an eine aus sich heraus verständliche Rechtsbehelfsbelehrung genügt die Belehrung in dem angefochtenen Beschluss nicht, weil sie auf die §§ 71 und 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG verweist und nur bei Kenntnis dieser Vorschriften verständlich ist. Gegenüber einem rechtsunkundigen Beteiligten wäre deswegen nach § 17 Abs. 2 FamFG ein Fehlen des Verschuldens zu vermuten. Dies gilt aber nicht, wenn der Beteiligte - wie hier - anwaltlich vertreten ist. Dann ist die Vermutung widerlegt, dass dieser Belehrungsmangel kausal für den Rechtsirrtum geworden ist. Denn wegen der vorhandenen Kenntnisse des Rechtsanwalts ist ihm gegenüber ein vollständiger und zutreffender Hinweis auf die gesetzlichen Grundlagen des zulässigen Rechtsmittels ausreichend (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 183). Dem Rechtsanwalt ist das Gesetz bekannt und er kann anhand der mitgeteilten Vorschriften unschwer Frist und Form des zulässigen Rechtsbehelfs ermitteln.
Selbst wenn das Oberlandesgericht hier zu Unrecht auf die allgemeine Vorschrift zum Anwaltszwang nach § 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG und nicht auf die spezielle Regelung in § 114 Abs. 2 FamFG hingewiesen hat, scheidet ein unverschuldeter kausaler Irrtum für die Fristversäumung aus. Denn die spezielle Regelung für Familiensachen in § 114 Abs. 2 FamFG und die allgemeine Regelung in § 10 Abs. 4 Satz 1 FamFG unterscheiden sich insoweit nicht. Auf der Grundlage der Rechtsbehelfsbelehrung in dem angefochtenen Beschluss musste der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers also wissen, dass die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof nur durch einen am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt eingelegt werden kann.
c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist dem Antragsteller das Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten auch zuzurechnen.
Nach § 9 Abs. 4 FamFG steht das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters dem Verschulden eines Beteiligten gleich. Für Verfahrensbevollmächtigte sieht § 11 Satz 5 FamFG eine entsprechende Anwendung des § 85 Abs. 2 ZPO vor, der auch das Verschulden eines Bevollmächtigten dem Verschulden des Beteiligten gleichstellt. Die Neuregelung durch das FamFG hat den Grundsatz der Zurechnung anwaltlichen Verschuldens also nicht aufgegeben (Bahrenfuss aaO § 17 Rdn. 7; Prütting/Helms/Ahn-Roth aaO § 17 Rdn. 15 f.; Keidel/Sternal aaO 16. Aufl. § 17 Rdn. 30; Bork/Jacoby/Schwab/Löhnig FamFG § 17 Rdn. 8; Horndasch/Viefhues/Reinken FamFG § 17 Rdn. 5 ff.).
Weil dem Antragsteller das Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten somit zuzurechnen ist, scheidet eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand aus.
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