Entscheidungsdatum: 27.04.2016
Zu den Anforderungen an die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts.
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Wuppertal vom 30. November 2015 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Beschwerdewert: 5.000 €
I.
Die 69jährige Betroffene leidet an einer psychischen Krankheit in Form eines paranoiden Wahnsystems, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann. Das Amtsgericht hat eine Betreuung für die Aufgabenkreise der Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, Regelung des Postverkehrs, Vermögensangelegenheiten, Vertretung gegenüber Behörden und Sozialversicherungsträgern und Wohnungsangelegenheiten eingerichtet und die Beteiligte als Berufsbetreuerin bestimmt. Bezüglich der Vermögensangelegenheiten hat es einen Einwilligungsvorbehalt angeordnet.
Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen; hiergegen richtet sich ihre Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung unter Bezugnahme auf das eingeholte Sachverständigengutachten und auf seine vorangegangene, in einer Unterbringungssache ergangene Beschwerdeentscheidung ausgeführt, dass die Einrichtung der Betreuung in der Sache nicht zu beanstanden sei. Es sei auch eine Überprüfungsfrist festgesetzt worden, welche die gesetzliche Dauer nicht überschreite, und welche der ärztlichen Empfehlung entspreche.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht, dass die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung gegen den Willen der Betroffenen nicht hinreichend festgestellt worden sind, ebenso wie gegebenenfalls die notwendige Dauer einer Betreuung und die Voraussetzungen für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts.
a) Gemäß § 1896 Abs. 1a BGB darf gegen den freien Willen des Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Stimmt wie hier der Betroffene der Einrichtung einer Betreuung nicht zu, so ist neben der Notwendigkeit einer Betreuung stets zu prüfen, ob die Ablehnung durch den Betroffenen auf einem freien Willen beruht. Das fachärztlich beratene Gericht hat daher festzustellen, ob der Betroffene trotz seiner Erkrankung noch zu einer freien Willensbestimmung fähig ist (Senatsbeschluss vom 21. November 2012 - XII ZB 114/12 - FamRZ 2013, 287 Rn. 13 mwN).
Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung nicht gerecht. Feststellungen dazu, ob die Betroffene wegen ihrer Erkrankung nicht mehr in der Lage ist, einen freien Willen zu bilden und die Bedeutung der Einrichtung einer Betreuung für ihre Lebensgestaltung zu erkennen, hat das Beschwerdegericht nicht getroffen. Die Bezugnahme auf eine vorangegangene, in einer vorläufigen Unterbringungssache ergangene Beschwerdeentscheidung kann gesonderte Feststellungen im Betreuungsverfahren über die fehlende Fähigkeit zur freien Willensbildung schon deshalb nicht ersetzen, weil sich die Unfreiheit des Willens insoweit nicht auf die Frage der Unterbringung, sondern auf die Ablehnung der Betreuung erstrecken muss.
b) Ebenso sind die Voraussetzungen für die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts nicht ausreichend festgestellt. Gemäß § 1903 Abs. 1 Satz 1 BGB ordnet das Betreuungsgericht an, dass der Betreute zu einer Willenserklärung, die den Aufgabenkreis des Betreuers betrifft, dessen Einwilligung bedarf (Einwilligungsvorbehalt), soweit dies zur Abwendung einer erheblichen Gefahr für die Person oder das Vermögen des Betreuten erforderlich ist. Ob dies der Fall ist, hat das Betreuungsgericht im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht festzustellen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 92/15 - FamRZ 2015, 1793 Rn. 7 mwN). Selbst bei einem umfangreichen Vermögen des Betreuten kann ein Einwilligungsvorbehalt nur dann angeordnet werden, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art vorliegen (vgl. Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 92/15 - FamRZ 2015, 1793 Rn. 9 mwN). Der Grundsatz der Erforderlichkeit bedeutet dabei auch, dass der Einwilligungsvorbehalt je nach den Umständen auf einen einzelnen Vermögensgegenstand oder eine bestimmte Art von Geschäften beschränkt werden kann (Senatsbeschluss vom 28. Juli 2015 - XII ZB 92/15 - FamRZ 2015, 1793 Rn. 10 mwN).
Diesen Anforderungen wird die angegriffene Entscheidung ebenfalls nicht gerecht. Konkrete Anhaltspunkte für eine Vermögensgefährdung erheblicher Art und Feststellungen dazu, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts erforderlich ist, um eine erhebliche Gefahr abzuwenden, hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.
3. Der angefochtene Beschluss kann daher keinen Bestand haben. Der Senat kann in der Sache nicht abschließend entscheiden, da er die erforderlichen Feststellungen nicht selbst treffen kann.
Bei seiner erneuten Befassung wird das Landgericht auch zu berücksichtigen haben, dass die verschiedenen Gutachter im vorliegenden Fall unterschiedliche medizinische Diagnosen gestellt und darauf fußend unterschiedliche Angaben über die notwendige Dauer einer Betreuung gemacht haben, so dass es sich, wenn es die Höchstdauer von sieben Jahren bis zur erneuten Überprüfung anordnen will (§§ 286 Abs. 3, 294 Abs. 3 FamFG), mit denjenigen Gutachten, die eine kürzere Dauer empfohlen haben, inhaltlich auseinandersetzen muss.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Nedden-Boeger Guhling