Entscheidungsdatum: 30.05.2012
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 25. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf vom 12. Januar 2012 aufgehoben, soweit sich die angeordnete Betreuung auf die Vermögenssorge bezieht.
Die weitergehende Rechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 3.000 €
I.
Die 1932 geborene Betroffene wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Bestellung der weiteren Beteiligten zu ihrer Betreuerin.
Die Betroffene leidet seit Langem unter Zwangsgedanken und Zwangshandlungen, begleitet von paranoiden Ideen, deretwegen sie sich bereits in stationärer psychiatrischer Behandlung befand.
Auf sachverständige Begutachtung hin und nach Anhörung der anwaltlich vertretenen Betroffenen hat das Amtsgericht die Beteiligte als Betreuerin für die Aufgabenkreise der Gesundheitsfürsorge mit dem Recht der Unterbringung, der Aufenthaltsbestimmung, der Vermögenssorge, der Vertretung vor Behörden, Wohnungsangelegenheiten, Heimangelegenheiten und Entscheidungen über die Entgegennahme, das Öffnen und Anhalten der Post bestellt. Das Landgericht hat die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zu-lässige Rechtsbeschwerde hat teilweise Erfolg. Insoweit führt sie zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung auf § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützt und sie wie folgt begründet:
Nach dem fachärztlichen Gutachten des Sachverständigen liege bei der Betroffenen aufgrund ihrer chronischen Zwangserkrankung eine verminderte Einsichtsfähigkeit vor, die das Fehlen der Einsicht zur Folge habe. Unter dem Einfluss der krankhaften Störung sei die Betroffene nicht im Stande, ihre selbstschädigenden Handlungen zu erfassen. Sie folge blind ihren Zwangsimpulsen und könne sich nicht bewusst durch Verhalten von diesen Ritualen distanzieren. Somit sei sie in ihrer Handlungsfähigkeit, das für sie Gemäße zu tun, wesentlich beeinträchtigt und könne die in dem Aufgabenkreis benannten Bereiche nicht selbständig erledigen.
2. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Überprüfung hinsichtlich des Aufgabenkreises der Vermögenssorge nicht stand.
a) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Bestellung eines Betreuers gegen den Willen des Betroffenen setzt voraus, dass der Betroffene aufgrund seiner Krankheit oder Behinderung seinen Willen nicht frei bestimmen kann (§ 1896 Abs. 1 a BGB; Senatsbeschluss vom 14. März 2012 - XII ZB 502/11 - FamRZ 2012, 869 Rn. 13 ff. mwN).
Nach § 1896 Abs. 2 Satz 1 BGB darf ein Betreuer nur für Aufgabenkreise bestellt werden, in denen die Betreuung erforderlich ist. Ob und für welche Aufgabenbereiche ein Betreuungsbedarf besteht, ist aufgrund der konkreten, gegenwärtigen Lebenssituation des Betroffenen zu beurteilen (Senatsbeschluss vom 6. Juli 2011 - XII ZB 80/11 - FamRZ 2011, 1391 Rn. 9 mwN).
b) Für den Aufgabenkreis der Vermögenssorge fehlt es an der erforderlichen Feststellung eines Betreuungsbedarfs. Zwar hat das Landgericht festgestellt, dass die Betroffene an einer Zwangserkrankung leidet, unter deren Einfluss sie in ihrer Handlungs- und Einsichtsfähigkeit beeinträchtigt ist. Die zwanghaften Verhaltensweisen und paranoiden Ideen der Betroffenen äußern sich jedoch nach den Ausführungen des Sachverständigen, auf die das Landgericht verwiesen hat, im Wesentlichen einerseits in einem übersteigerten Reinlichkeitsbedürfnis mit dem Wahn, sämtliche Gegenstände ihrer Umgebung fortdauernd desinfizieren zu müssen, andererseits in einer krankhaft symbiotischen Beziehung zu ihrer Tochter. Dass die Betroffene aufgrund ihrer zwanghaften Erkrankung darüber hinaus nicht in der Lage wäre, ihre Vermögensangelegenheiten eigenverantwortlich zu regeln, ist weder ausreichend dargelegt noch ersichtlich. Konkrete Feststellungen zu einem Betreuungsbedarf in diesem Aufgabenkreis sind nicht getroffen. Konkrete Gefahren, zu deren Abwendung eine Betreuung in den Vermögensangelegenheiten notwendig sei, sind nicht aufgezeigt. Nach den Ausführungen des Sachverständigen werde durch eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten "zur Zweckdienlichkeit der Betroffenen beigetragen". Das genügt nicht, um die Notwendigkeit der Einrichtung einer Betreuung insoweit zu rechtfertigen. Um einen Betreuungsbedarf für den Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten zu begründen, bedarf es einer darüber hinaus gehenden Konkretisierung. Daher kann der angefochtene Beschluss insoweit keinen Bestand haben.
Der Senat kann nicht in der Sache abschließend entscheiden, weil es für die Prüfung des Betreuungsbedarfs mit dem Aufgabenkreis der Vermögensangelegenheiten weiterer tatrichterlicher Aufklärung bedarf.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Schilling Nedden-Boeger