Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 07.03.2018


BGH 07.03.2018 - XII ZB 535/17

Kostenentscheidung im Betreuungsverfahren: Erfolglosigkeit des Rechtsmittels bei teilweiser Aufhebung der Betreuung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
07.03.2018
Aktenzeichen:
XII ZB 535/17
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:070318BXIIZB535.17.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Koblenz, 18. September 2017, Az: 2 T 887/16vorgehend AG Montabaur, 2. November 2016, Az: 11 A XVII 442/16
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Hat ein Rechtsmittel zur teilweisen Aufhebung der Betreuung geführt, so ist es nicht erfolglos im Sinne des § 84 FamFG.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 18. September 2017 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels im Kostenpunkt aufgehoben.

Die Verfahren in den beiden Rechtsmittelinstanzen sind gerichtskostenfrei. Die Staatskasse hat der Betroffenen die ihr in den Rechtsmittelinstanzen entstandenen außergerichtlichen Kosten zur Hälfte zu erstatten. Im Übrigen findet eine Erstattung außergerichtlicher Kosten nicht statt.

Wert: 5.000 €

Gründe

1

1. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Entscheidung des Landgerichts in der Hauptsache wendet. Dass dieses die Beschwerde hinsichtlich der Betreuerbestellung für den Aufgabenkreis Gesundheitssorge und Aufenthaltsbestimmung zurückgewiesen hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden und hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. Der Senat hat die insoweit gerügten Verfahrensmängel geprüft, die Rügen aber nicht für durchgreifend erachtet (§ 74 Abs. 3 Satz 4 FamFG iVm § 564 ZPO).

2

2. Mit Erfolg greift die Rechtsbeschwerde hingegen die vom Landgericht getroffene Kostenentscheidung an, mit der die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich des (ersten) Rechtsbeschwerdeverfahrens der Betroffenen auferlegt worden sind.

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a) Die Kostenentscheidung richtet sich nach § 81 Abs. 1 FamFG. Diese Vorschrift räumt dem Gericht, falls es eine Kostenentscheidung trifft, einen weiten Gestaltungsspielraum dahingehend ein, welchem Beteiligten welche Kosten des Verfahrens auferlegt werden. Sie erlaubt es auch, nur bestimmte Kosten einem der Beteiligten aufzuerlegen oder von der Erhebung der Kosten ganz oder teilweise abzusehen (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FamFG). Ist die Kostenentscheidung solchermaßen in das Ermessen des Tatrichters gestellt, kann die Entscheidung im Rechtsbeschwerdeverfahren nur eingeschränkt darauf überprüft werden, ob das Gericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (vgl. Senatsbeschluss vom 28. September 2016 - XII ZB 251/16 - FamRZ 2017, 50 Rn. 8 f. mwN).

4

b) Das ist hier jedoch der Fall.

5

Entgegen der Annahme des Landgerichts ist § 84 FamFG nicht einschlägig. Denn die Rechtsmittel der Betroffenen haben zur Aufhebung der Betreuung für den Bereich der Vermögenssorge und des darauf bezogenen Einwilligungsvorbehalts geführt und waren daher nicht erfolglos im Sinne des § 84 FamFG (vgl. OLG Brandenburg FamRZ 2010, 662, 664; BeckOK FamFG/Nickel [Stand: 1. Januar 2018] § 84 Rn. 3; Fröschle in Fröschle Praxiskommentar Betreuungs- und Unterbringungsverfahren § 84 FamFG Rn. 2; Horndasch/Viefhues/Götsche FamFG 3. Aufl. § 84 Rn. 14 ff.; MünchKommFamFG/Schindler 2. Aufl. § 84 Rn. 18; Prütting/Helms/Feskorn FamFG 4. Aufl. § 84 Rn. 2; Schulte-Bunert/Weinreich/Keske FamFG 5. Aufl. § 84 Rn. 1).

6

Zudem hat das Landgericht die Regelung des § 307 FamFG unberücksichtigt gelassen. Nach dieser kann das Gericht in Betreuungssachen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen des Betroffenen ganz oder teilweise der Staatskasse auferlegen, wenn eine Betreuungsmaßnahme abgelehnt, als ungerechtfertigt aufgehoben, (wie hier) eingeschränkt oder das Verfahren ohne Entscheidung über eine solche Maßnahme beendet wird.

7

Schließlich sind die vom Landgericht zur Kostenentscheidung angestellten Erwägungen auch im Übrigen rechtlich nicht tragfähig. Die Überlegung, die Betroffene habe das Rechtsbeschwerdeverfahren "provoziert", weil sie sich beharrlich geweigert habe, Gespräche mit der Betreuungsbehörde und dem Amtsgericht zu führen, geht fehl. Vielmehr hat der Senat der Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen die erste Beschwerdeentscheidung stattgegeben, weil das Landgericht die Betroffene verfahrensordnungswidrig weder angehört noch ihr einen Verfahrenspfleger bestellt hatte (Senatsbeschluss vom 17. Mai 2017 - XII ZB 18/17 - FamRZ 2017, 1323). Unabhängig davon kann die - häufig ohnedies von Krankheit oder Behinderung beeinflusste - Weigerung eines Betroffenen zu Gesprächen mit Behörden und Gerichten im Betreuungsverfahren schon deshalb nicht dazu führen, dem Betroffenen die Rechtsmittelkosten aufzuerlegen, weil das Gericht einem solchen Verhalten mit den in § 278 Abs. 5 bis 7 FamFG genannten Maßnahmen begegnen kann.

8

c) Unter Verkennung der rechtlichen Vorgaben ist das Landgericht daher zu einer nicht mehr vertretbaren Kostenentscheidung gelangt. Der Senat befindet auf der Grundlage einer eigenen Ermessensausübung abschließend über die Kosten (vgl. Keidel/Meyer-Holz FamFG 19. Aufl. § 74 Rn. 69 mwN; vgl. auch Senatsbeschluss vom 1. März 2017 - XII ZB 2/16 - FamRZ 2017, 816 Rn. 27), weil auch insoweit keine weiteren Feststellungen zu treffen sind.

9

Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).

Dose     

      

Schilling     

      

Nedden-Boeger

      

Botur     

      

Guhling