Entscheidungsdatum: 14.03.2018
Ist in einem Betreuungsverfahren der Betroffene in erster Instanz verfahrensfehlerhaft nur im Wege der Rechtshilfe angehört worden, hat das Beschwerdegericht auch bei einem auf die Auswahl des Betreuers beschränkten Rechtsmittel die persönliche Anhörung nachzuholen.
Auf die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Amberg vom 4. September 2017 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Wert: 5.000 €
I.
Für die 1926 geborene Betroffene, die an Demenz leidet, ist im vorliegenden Verfahren eine rechtliche Betreuung angeordnet worden.
Bezüglich des Aufgabenkreises Gesundheitssorge sowie Vertretung gegenüber Behörden, Versicherungen, Renten- und Sozialleistungsträgern einschließlich des jeweiligen Postverkehrs ist die Beteiligte zu 4, eine Enkelin der Betroffenen, zur Betreuerin bestellt worden. Zum Ersatzbetreuer ist insoweit der Beteiligte zu 2, ebenfalls ein Enkel der Betroffenen, bestellt worden. Für die Vermögenssorge, die Aufenthaltsbestimmung verbunden mit Entscheidungen über Wohnungsangelegenheiten und Abschluss von Heimverträgen sowie den entsprechenden Postverkehr ist der Beteiligte zu 5 als Berufsbetreuer bestellt worden.
Der Beteiligte zu 2 hat gegen die amtsgerichtliche Entscheidung Beschwerde eingelegt mit dem Ziel, zum alleinigen Betreuer bestellt zu werden. Das Landgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Beteiligten zu 2.
II.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat seine Entscheidung damit begründet, dass die Auswahl des Beteiligten zu 5 als Berufsbetreuer nicht zu beanstanden sei. Die Wahl eines Berufsbetreuers sei zwar nach § 1897 Abs. 6 BGB subsidiär. Die Bestimmung des § 1908 b Abs. 1 Satz 3 BGB zwinge aber gleichwohl nicht dazu, einen berufsmäßigen Betreuer zu entlassen, wenn eine ehrenamtlich tätige Person zur Übernahme der Betreuung bereit sei. Maßstab für die Entlassung eines Betreuers sei, ob sie dem Wohl des Betreuten entspreche. Ein Wechsel des Betreuers zum jetzigen Zeitpunkt wäre dem Wohl der Betroffenen sachlich abträglich. Aufgrund der problematischen familiären Konstellation könne das Wohl der Betroffenen derzeit nur mit dieser Betreuerbestellung gewahrt werden, was sich insbesondere aus den Stellungnahmen des Verfahrenspflegers ergebe. Die Aufenthaltsbestimmung könne aufgrund der kontroversen Positionen der Beteiligten allein durch einen Berufsbetreuer erfolgen.
Von einer erneuten Anhörung der erstinstanzlich im Wege der Rechtshilfe angehörten Betroffenen in der Beschwerdeinstanz seien keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten.
2. Das hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde nicht stand.
Die Rechtsbeschwerde rügt zu Recht als verfahrensfehlerhaft, dass das Landgericht von einer erneuten Anhörung der Betroffenen gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG abgesehen hat.
a) Nach der Rechtsprechung des Senats räumt § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG dem Beschwerdegericht zwar die Möglichkeit ein, von einer erneuten Anhörung des Betroffenen abzusehen, etwa wenn die erstinstanzliche Anhörung des Betroffenen nur kurze Zeit zurückliegt, sich nach dem Akteninhalt keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen oder rechtlichen Gesichtspunkte ergeben, das Beschwerdegericht das in den Akten dokumentierte Ergebnis der erstinstanzlichen Anhörung nicht abweichend werten will und es auf den persönlichen Eindruck des Gerichts von dem Betroffenen nicht ankommt. Im Beschwerdeverfahren kann allerdings unter anderem nicht von einer Wiederholung solcher Verfahrenshandlungen abgesehen werden, bei denen das Gericht des ersten Rechtszugs zwingende Verfahrensvorschriften verletzt hat. In diesem Fall muss das Beschwerdegericht, vorbehaltlich der Möglichkeiten nach § 69 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG, den betreffenden Teil des Verfahrens nachholen (Senatsbeschlüsse vom 2. März 2011 – XII ZB 346/10 – FamRZ 2011, 805 Rn. 13 f. und vom 9. November 2011 – XII ZB 286/11 – FamRZ 2012, 104 Rn. 23 f.).
b) Bei einer Erstbestellung eines Betreuers ist nach § 278 Abs. 1 FamFG die persönliche Anhörung des Betroffenen grundsätzlich durch den erkennenden Richter durchzuführen. Gemäß § 278 Abs. 3 FamFG darf die persönliche Anhörung nur dann im Wege der Rechtshilfe erfolgen, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung ohne eigenen Eindruck von dem Betroffenen getroffen werden kann, was auf Ausnahmefälle beschränkt bleibt. Ordnet das Betreuungsgericht abweichend von dem in § 278 Abs. 3 FamFG niedergelegten Grundsatz eine Anhörung im Wege der Rechtshilfe an, so bedarf dies besonderer Gründe, aus denen sich ergibt, dass eine persönliche Anhörung nicht erforderlich war (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Juni 2016 – XII ZB 48/16 – FamRZ 2016, 1667 Rn. 7 mwN).
c) Nach diesen Grundsätzen hätte im vorliegenden Fall eine persönliche Anhörung der Betroffenen durch die Beschwerdekammer schon deshalb erfolgen müssen, weil dem amtsgerichtlichen Beschluss keine Gründe für eine Anhörung im Wege der Rechtshilfe zu entnehmen sind. Solche Gründe ergeben sich auch nicht aus den weiteren Umständen. Aus dem Anhörungsprotokoll selbst folgt vielmehr, dass die Betroffene Angaben auch zum Beteiligten zu 2 machte, was schon für die Auswahl des Betreuers bedeutsam war und einen persönlichen Eindruck von der Betroffenen erforderte. Daher war das Landgericht der Pflicht zur eigenen Anhörung der Betroffenen auch nicht etwa deswegen enthoben, weil sich das Rechtsmittel allein auf die Auswahl des Betreuers beschränkt hat (zur Zulässigkeit der Beschränkung vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 – XII ZB 390/16 – FamRZ 2017, 1779 Rn. 5).
3. Da die angefochtene Entscheidung auf dem Verfahrensfehler beruht, ist sie aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
Für das weitere Verfahren weist der Senat darauf hin, dass das Landgericht die hier erforderliche persönliche Anhörung sämtlicher Beteiligten nachzuholen hat. Bei der Frage der Auswahl des Betreuers, die nach § 1897 BGB und nicht, wie vom Landgericht angenommen, nach § 1908 b BGB zu beurteilen ist (Senatsbeschluss vom 14. Februar 2018 – XII ZB 507/17 – zur Veröffentlichung bestimmt), wird das Landgericht die nach der Rechtsprechung des Senats zu stellenden Anforderungen zu beachten haben (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Juli 2017 – XII ZB 390/16 – FamRZ 2017, 1779 Rn. 11 ff. mwN). Die im angefochtenen Beschluss enthaltene Begründung entspricht diesen Anforderungen, wie die Rechtsbeschwerde mit Recht rügt, weder im Hinblick auf die Bestellung eines Berufsbetreuers noch bezüglich der Rangfolge der Beteiligten zu 2 und 4, für die jegliche Begründung fehlt.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
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