Entscheidungsdatum: 19.02.2014
Ein Verfahren, in dem die Unterlassung einer von einem Dritten getätigten Äußerung begehrt wird, die geeignet ist, die persönliche Beziehung zwischen Ehegatten zu beeinträchtigen, ist keine sonstige Familiensache i.S.d. § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 12. Zivilsenats - Familiensenat - des Oberlandesgerichts München vom 17. Januar 2013 wird auf Kosten der Antragstellerin zurückgewiesen.
Wert: 3.000 €
I.
Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des angerufenen Familiengerichts.
Die Antragstellerin begehrt vom Antragsgegner die Unterlassung der gegenüber ihrem Ehemann getätigten Äußerung, der Antragsgegner habe nicht am Tennistraining im Oktober 2011 teilnehmen können, weil er zeitgleich mit der Antragstellerin zusammen gewesen sei.
Das Amtsgericht - Familiengericht - hat sich für unzuständig erklärt und das Verfahren an die allgemeine Zivilabteilung des Amtsgerichts verwiesen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Sie ist gemäß § 17 a Abs. 4 Satz 4 und Abs. 6 GVG iVm § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft (Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2012 - XII ZB 652/11 - FamRZ 2013, 281 Rn. 7) und auch im Übrigen zulässig.
2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unbegründet.
a) Das Beschwerdegericht hat das Vorliegen einer sonstigen Familiensache gemäß § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG verneint und zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, durch die Äußerung des Antragsgegners sei nicht in den räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe eingegriffen worden. Zwar sei die Ehestörungsklage nur ein Beispiel für eine sonstige Familiensache iSv § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG. Eine am Wortlaut und Zweck der Vorschrift orientierte Auslegung ergebe aber, dass der Anspruch gegen den Dritten aus der Ehe herrühren müsse. Vorliegend greife der Antragsgegner durch seine Äußerung zwar in die Ehre der Antragstellerin, jedoch nicht in deren Ehe als ein durch § 823 Abs. 1 BGB geschütztes sonstiges Recht ein. Eine erweiternde Auslegung des § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG, nach der es ausreiche, dass die beanstandete Äußerung Einfluss auf die Ehe der Antragstellerin habe, sei nicht geboten und führe zu einem weit ausufernden Anwendungsbereich der Vorschrift.
b) Diese Ausführungen halten der rechtlichen Überprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin ist die hier zu beurteilende Streitigkeit nicht als sonstige Familiensache iSv § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG zu qualifizieren.
aa) Nach dieser Vorschrift sind sonstige Familiensachen, für die die Zuständigkeit des Familiengerichts begründet ist, Verfahren, die aus der Ehe herrührende Ansprüche betreffen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn der Anspruch in der Ehe selbst seine Grundlage findet. Der bloße Zusammenhang des geltend gemachten Anspruchs mit einer Ehe genügt hierfür nicht (Zöller/Lorenz ZPO 30. Aufl. § 266 FamFG Rn. 13; Burger FamRZ 2009, 1017, 1018; Heiter FamRB 2010, 121, 122; vgl. auch BT-Drucks. 16/6308 S. 263; a. A. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 72. Aufl. § 266 FamFG Rn. 11). Neben den aus § 1353 BGB hergeleiteten Ansprüchen vermögensrechtlicher und persönlicher Art zwischen den Ehegatten werden von § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG die Ansprüche erfasst, die dem Schutz der ehelichen Lebensgemeinschaft vor Störungen dienen (vgl. Keidel/Giers FamFG 18. Aufl. § 266 Rn. 9). Dazu zählen insbesondere die sich aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB iVm Art. 6 Abs. 1 GG ergebenden Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche bei Störungen des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe, auch wenn sie sich gegen einen Dritten richten (Johannsen/Henrich/Jaeger Familienrecht 5. Aufl. § 266 FamFG Rn. 10; MünchKomm FamFG/Erbarth 2. Aufl. § 266 Rn. 77 f.; Schulte-Bunert/Weinreich/Rehme FamFG 4. Aufl. § 266 Rn. 14; Prütting/Helms/Heiter FamFG 3. Aufl. § 266 Rn. 43; Horndasch/Viefhues/Cremer FamFG 3. Aufl. § 266 Rn. 20; Keidel/Giers FamFG 18. Aufl. § 266 Rn. 10; Thomas/Putzo/Hüßtege ZPO 34. Aufl. § 266 FamFG Rn. 4; vgl. auch BT-Drucks. 16/6308 S. 262 f.).
Eine Verletzung des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe ist durch die von der Antragstellerin behauptete Äußerung des Antragsgegners jedoch nicht gegeben. Der Schutzbereich des "räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe" beschränkt sich auf den äußeren Bereich der Lebensgestaltung der Ehegatten, der die Grundlage für das gemeinsame Ehe- und Familienleben bildet und zugleich den einzelnen Familienmitgliedern die Entfaltung ihrer Persönlichkeit ermöglichen soll (BGHZ 6, 360, 365 f. = NJW 1952, 975). Er umfasst daher insbesondere die Ehewohnung in dem Bestand, in dem sie die Eheleute gemeinsam nutzen (Staudinger/Voppel BGB [2012] § 1353 Rn. 115; MünchKomm FamFG/Erbarth 2. Aufl. § 266 Rn. 78). Ehestörungen, die unmittelbar die innere Lebens- und Geschlechtsgemeinschaft der Ehegatten berühren, sind dagegen als innerehelicher Vorgang nicht in den Schutzzweck der deliktischen Haftungstatbestände einbezogen (Senatsurteil vom 19. Dezember 1989 - IV b ZR 56/88 - FamRZ 1990, 367, 369).
Im vorliegenden Fall sieht die Antragstellerin die Ehestörung darin, dass der Antragsgegner mit seinem Verhalten das Ziel verfolgt habe, die Ehe der Antragstellerin zu zerstören. Aus diesem Vortrag der Antragstellerin ergibt sich kein Eingriff in deren äußeren ehelichen Lebensbereich, sondern eine Beeinträchtigung der persönlichen Beziehung der Eheleute untereinander, die vom Schutzbereich des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe als einem sonstigen Recht iSv § 823 Abs. 1 BGB nicht erfasst wird.
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde entsprechen daher die für die Zuständigkeitsbestimmung maßgeblichen Umstände nicht gleichzeitig den notwendigen Tatbestandsmerkmalen des geltend gemachten Anspruchs (sogenannte doppelt relevante Tatsachen, vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2012 - XII ZB 652/11 - FamRZ 2013, 281 Rn. 33). Da die von der Antragstellerin behauptete Äußerung des Antragsgegners nicht in den Schutzbereich des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe eingreift, kann sich ein Unterlassungsanspruch der Antragstellerin lediglich aufgrund einer Verletzung ihrer persönlichen Ehre nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB ergeben. Das Beschwerdegericht konnte daher schon allein aufgrund des Sachvortrags der Antragstellerin darüber entscheiden (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2012 - XII ZB 652/11 - FamRZ 2013, 281 Rn. 20 ff.), ob eine sonstige Familiensache iSv § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG gegeben ist. Eine Beweiserhebung über die Behauptung der Antragstellerin, der Antragsgegner habe - wie bereits mehrfach in der Vergangenheit hinsichtlich fünf weiterer Ehen - mit seinem Verhalten das Ziel verfolgt, auch die Ehe der Antragstellerin zu zerstören, war daher im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung nicht veranlasst.
bb) Schließlich kann die hier zu beurteilende Streitigkeit nicht aus anderen Gründen als sonstige Familiensache iSv § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG qualifiziert werden.
Der Gesetzgeber hat mit § 266 FamFG den Zuständigkeitsbereich der Familiengerichte deutlich erweitert ("Großes Familiengericht"). Damit sollen bestimmte Zivilrechtsstreitigkeiten, die eine besondere Nähe zu familienrechtlich geregelten Rechtsverhältnissen aufweisen oder die in engem Zusammenhang mit der Auflösung eines solchen Rechtsverhältnisses stehen, ebenfalls Familiensachen werden. Ordnungskriterium dabei ist nach der Gesetzesbegründung allein die Sachnähe des Familiengerichts zum Verfahrensgegenstand. Im Interesse aller Beteiligten soll es dem Familiengericht möglich sein, alle durch den sozialen Verband von Ehe und Familie sachlich verbundenen Rechtsstreitigkeiten zu entscheiden (Senatsbeschluss vom 5. Dezember 2012 - XII ZB 652/11 - FamRZ 2013, 281 Rn. 25; vgl. auch BT-Drucks. 16/6308 S. 168 f.).
Zu Recht weist das Beschwerdegericht daher darauf hin, dass Ehestörungsverfahren nur ein Beispiel für eine sonstige Familiensache iSv § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG sind. Die mit der Erweiterung der Zuständigkeit der Familiengerichte durch die Neuregelung in § 266 FamFG verfolgte gesetzgeberische Absicht erfordert es jedoch nicht, Verfahren, die nur mittelbar Auswirkung auf eine bestehende Ehe haben, als Familiensachen zu qualifizieren. Ein solches Verständnis des § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG würde zu einem weit ausufernden Anwendungsbereich der Vorschrift führen, weil sich dieser dann auch auf Verfahren erstrecken würde, deren Einordnung als Familiensache nicht mehr mit der Sachnähe der Familiengerichte zum Verfahrensgegenstand gerechtfertigt werden kann.
So liegen die Dinge hier. Eine besondere Sachnähe des Familiengerichts zum Verfahrensgegenstand besteht nicht. Die Antragsgegnerin verfolgt einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB aufgrund einer behaupteten ehrverletzenden Äußerung des Antragsgegners. Das Verfahren weist damit keine Besonderheiten auf, die eine Entscheidung durch das Familiengericht erfordern. Dass die Äußerung möglicherweise Auswirkungen auf die persönliche Beziehung der Antragstellerin zu ihrem Ehemann hat und der Fortbestand ihrer Ehe dadurch gefährdet worden ist, genügt als mittelbare Folge nicht, um eine Zuständigkeit des Familiengerichts nach § 266 Abs. 1 Nr. 2 FamFG zu begründen.
Dose Klinkhammer Günter
Botur Guhling