Entscheidungsdatum: 06.04.2016
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 3 wird der Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 11. Januar 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Landgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: 131 €
Die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 (Staatskasse), mit der sie eine Festsetzung der Betreuervergütung mit einem Stundensatz von 27 € statt eines erhöhten Stundensatzes von 33,50 € begehrt, führt zur Aufhebung der Beschwerdeentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht.
1. Die Beurteilung des Beschwerdegerichts, wonach die Betreuerin durch ihre im Jahr 1992 abgeschlossene Ausbildung zur Krankengymnastin (heutige Berufsbezeichnung: Physiotherapeutin) für die Betreuung nutzbare Kenntnisse i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG erworben habe, hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Das Beschwerdegericht hat die maßgeblichen Tatsachen nicht vollständig ermittelt.
a) Im Ansatz zutreffend geht das Beschwerdegericht allerdings davon aus, dass ein erhöhter Stundensatz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG nicht schon dann gerechtfertigt ist, wenn die Ausbildung gleichsam am Rande auch die Vermittlung betreuungsrelevanter Kenntnisse zum Inhalt hat, sondern dass vielmehr erforderlich ist, dass sie in ihrem Kernbereich hierauf ausgerichtet ist (Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 123/14 - FamRZ 2015, 1794 Rn. 4 mwN).
Erforderlich ist demnach die Feststellung, dass ein erheblicher Teil der Ausbildung auf die Vermittlung solchen Wissens gerichtet ist und dass das dadurch erworbene Wissen über ein Grundwissen deutlich hinausgeht. Allein daraus, dass bestimmte Kenntnisse für die Berufsausübung von erheblicher Bedeutung sind, kann nicht darauf geschlossen werden, dass diese auch einen erheblichen Teil der Ausbildung darstellen. Solches Wissen kann nämlich auch durch Lebenserfahrung, Fortbildungen oder Berufspraxis erworben werden, was nicht zu einer erhöhten Vergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG führt. Bei der Entscheidung über eine erhöhte Vergütung nach § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG muss das Gericht eine konkrete Betrachtung des tatsächlichen Inhalts der Ausbildung vornehmen, insbesondere den Umfang der für die Betreuung nutzbaren Ausbildungsinhalte bzw. deren Anteil an der Gesamtausbildungszeit feststellen, und in die Würdigung einbeziehen, inwieweit diese Kenntnisse selbständiger und maßgeblicher Teil der Abschlussprüfung sind. Der Umfang bzw. Anteil der Vermittlung für die Betreuung nutzbarer Kenntnisse muss dabei nicht so genau festgestellt werden, dass ein exakter Prozentanteil angegeben werden kann. Es genügt, wenn aufgrund des erkennbaren zeitlichen Aufwands oder anderer Anhaltspunkte feststeht, dass ein erheblicher Teil der Ausbildungszeit auf die Vermittlung solchen Wissens fällt (Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 123/14 - FamRZ 2015, 1794 Rn. 5 mwN).
b) Das Beschwerdegericht hat den Inhalt der Ausbildung nicht ermittelt, sondern ist ohne nähere Prüfung davon ausgegangen, dass die Ausbildung in ihrem Kernbereich medizinische Kenntnisse vermittle, was es der Betreuerin ermögliche, bestimmte Krankheitsbilder besser einzuschätzen, den erforderlichen Therapiebedarf eigenständig zu beurteilen, dadurch besser und effektiver die notwendigen Behandlungs-, Therapie- und Pflegemaßnamen in die Wege zu leiten sowie bestimmte therapeutische Maßnahmen besser zu überwachen, als dies einem Betreuer ohne eine entsprechende Ausbildung möglich wäre.
Dabei hat das Beschwerdegericht keine Feststellungen zum Umfang und Anteil der Vermittlung für die Betreuung nutzbaren Wissens an der Gesamtausbildung der Betreuerin getroffen (vgl. insoweit Senatsbeschluss vom 15. Juli 2015 - XII ZB 123/14 - FamRZ 2015, 1794 Rn. 5). Ferner fehlt es an der Feststellung, ob bzw. inwieweit das angenommene für die Betreuung nutzbare Wissen über Grundwissen hinausgeht. Das Erlernen physiotherapeutischer Behandlungstechniken gehört für sich genommen nicht zu den Ausbildungsinhalten, die im Rahmen einer rechtlichen Betreuung nutzbar sind.
2. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist daher aufzuheben. Da die erforderlichen Feststellungen noch zu treffen sind, ist dem Senat eine abschließende Entscheidung in der Sache verwehrt. Die Sache ist zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen (§ 74 Abs. 6 Satz 2 FamFG).
Dose Weber-Monecke Klinkhammer
Nedden-Boeger Guhling