Entscheidungsdatum: 20.06.2018
1. Entscheidet das Landgericht in einem einheitlichen Beschluss über Beschwerden gegen die Ablehnung eines beantragten Betreuerwechsels und gegen die Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts, ist die Rechtsbeschwerde ohne Zulassung nur hinsichtlich des Einwilligungsvorbehalts statthaft (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 8. Juni 2016, XII ZB 501/15, juris; Abgrenzung zu Senatsbeschlüssen vom 15. September 2010, XII ZB 166/10, FamRZ 2010, 1897 und vom 25. März 2015, XII ZB 621/14, FamRZ 2015, 1178).
2. Erklärt der Betroffene, dass er die gesamte Betreuung nicht wünscht, so widerspricht auch die isolierte Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts seinem erklärten Willen. Der Beschluss über die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts ist in dem Fall zuzustellen (§ 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG), um die Beschwerdefrist in Lauf zu setzen (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 10. Juli 2013, XII ZB 411/12, FamRZ 2013, 1566).
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird - unter Verwerfung des Rechtsmittels im Übrigen - der Beschluss der 11. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam vom 15. Januar 2018 aufgehoben, soweit es den Einwilligungsvorbehalt betrifft.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
Beschwerdewert: 5.000 €
I.
Die 36jährige Betroffene leidet an einer geistigen Behinderung im Sinne einer Intelligenzminderung leichterer Ausprägung, wegen derer sie ihre Angelegenheiten nicht selbst erledigen kann. Für sie waren seit 2002 eine Berufsbetreuerin bestellt und ein Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der Vermögenssorge angeordnet. Zuletzt waren die Betreuung und der Einwilligungsvorbehalt am 17. Dezember 2014 mit Überprüfungsfrist bis zum 16. Dezember 2021 verlängert worden. Nach Abgabe des Verfahrens an ein anderes Amtsgericht wurde die bisherige Betreuerin entlassen und die Beteiligte zu 1 als Vereinsbetreuerin bestellt. Über den Einwilligungsvorbehalt verhält sich dieser Beschluss nicht.
Die Betroffene hat einen Betreuerwechsel mit dem Ziel beantragt, den Beteiligten zu 2, den Stiefvater ihres Verlobten, zum Betreuer zu bestellen. Dies hat das Amtsgericht abgelehnt, unter anderem weil der Vorgeschlagene aufgrund erheblicher eigener Schulden, wegen derer er bereits die eidesstattliche Versicherung über sein Vermögen abgegeben habe, als Betreuer nicht geeignet sei. Mit weiterem Beschluss vom selben Tag hat das Amtsgericht den Einwilligungsvorbehalt für den Bereich der Vermögenssorge erneut angeordnet, nachdem die neue Betreuerin insoweit um Klärung gebeten hatte. Beide Beschlüsse hat das Amtsgericht durch Aufgabe zur Post am 7. August 2017 der Betroffenen bekanntgegeben; Feststellungen über eine Bekanntgabe an den Beteiligten zu 2 sind nicht getroffen.
Am 30. November 2017 haben die Betroffene Beschwerde gegen beide Beschlüsse und der Beteiligte zu 2 Beschwerde gegen die Ablehnung des Betreuerwechsels eingelegt. Das Landgericht hat in einem einheitlichen Beschluss die Beschwerden der Betroffenen verworfen und die Beschwerde des Beteiligten zu 2 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Betroffenen.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Ablehnung des Betreuerwechsels richtet; sie ist zulässig und begründet, soweit sie den Einwilligungsvorbehalt betrifft, und führt insoweit zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Ablehnung des Betreuerwechsels richtet, ist sie nicht statthaft, weil das Landgericht die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen hat (§ 70 Abs. 1 FamFG).
Sie ist auch nicht gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 FamFG ohne Zulassung statthaft, weil es sich insoweit nicht um ein Verfahren zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung oder zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts handelt. Isolierte Verfahren über die Entlassung eines Betreuers gemäß § 1908 b Abs. 1 BGB und die damit korrespondierende Bestellung eines neuen Betreuers nach § 1908 c BGB werden nicht von den §§ 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1, 271 Nr. 1, 2 FamFG erfasst (Senatsbeschluss vom 8. Juni 2016 - XII ZB 501/15 - juris Rn. 3 mwN).
Zwar haben das Amtsgericht mit gesondertem Beschluss vom gleichen Tag auch über die Einrichtung eines Einwilligungsvorbehalts entschieden und das Landgericht die gegen beide Beschlüsse gerichteten Beschwerden zur einheitlichen Entscheidung verbunden. Nach dem Gesetz handelt es sich jedoch bereits bei der Einrichtung der Betreuung und der Anordnung des Einwilligungsvorbehalts um unterschiedliche Verfahrensgegenstände (vgl. §§ 70 Abs. 3 Nr. 1, 286 Abs. 1 und 2, 293 Abs. 1 Satz 1, 295 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 FamFG), was für die Entlassung des Betreuers und Bestellung eines neuen Betreuers im Verhältnis zur Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts erst recht gilt (vgl. § 296 FamFG). Es können zwar die Verfahren zur Bestellung eines neuen Betreuers und zur Anordnung eines Einwilligungsvorbehalts zum Zwecke der gemeinsamen Behandlung und Entscheidung miteinander verbunden werden. Das bewirkt aber nicht die Zulassungsfreiheit der Rechtsbeschwerde für den verbundenen Teil, für den sie von Gesetzes wegen nicht besteht.
Anders liegt es lediglich bei einer Einheitsentscheidung über die Betreuung selbst, bei der zugleich über die Einrichtung der Betreuung und über die Bestellung des Betreuers entschieden wird. In diesem Fall ist die Rechtsbeschwerde zulassungsfrei statthaft, auch wenn sich der Rechtsbeschwerdeführer nicht gegen die Anordnung der Betreuung als solche, sondern nur gegen die gleichzeitige Auswahl des Betreuers wendet (vgl. Senatsbeschluss vom 15. September 2010 - XII ZB 166/10 - FamRZ 2010, 1897 Rn. 10). Diese Zulassungsfreiheit der Rechtsbeschwerde kann dann auch nicht dadurch vereitelt werden, dass das Gericht die einheitlich zu treffende Entscheidung auf zwei Beschlüsse verteilt (Senatsbeschluss vom 25. März 2015 - XII ZB 621/14 - FamRZ 2015, 1178 Rn. 23 mwN).
Wird hingegen bei einer bereits bestehenden Betreuung nachträglich ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet, besteht ein solcher Zusammenhang nicht, sodass anlässlich der nachträglichen Anordnung des Einwilligungsvorbehalts über eine erneute Betreuerauswahl nicht nach § 1897 BGB, sondern nur nach den eingeschränkten Voraussetzungen der §§ 1908 b, 1908 c BGB entschieden werden könnte. Die Entscheidung über die Entlassung eines Betreuers gemäß § 1908 b Abs. 1 BGB und die damit korrespondierende Bestellung eines neuen Betreuers nach § 1908 c BGB lassen den Fortbestand der Betreuung ebenso unberührt wie die Frage des Einwilligungsvorbehalts.
2. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts richtet, ist sie zulassungsfrei statthaft (§ 70 Abs. 3 Nr. 1 FamFG). Sie ist auch begründet, da das Landgericht die Erstbeschwerde der Betroffenen zu Unrecht mit der Begründung verworfen hat, die Beschwerdefrist von einem Monat sei nicht eingehalten worden.
a) Nach § 63 Abs. 1 FamFG ist die Beschwerde innerhalb einer Frist von einem Monat einzulegen. Die Frist beginnt mit der schriftlichen Bekanntgabe des Beschlusses an die Beteiligten (§ 63 Abs. 3 Satz 1 FamFG). Die Bekanntgabe kann durch Zustellung nach den §§ 166 bis 195 ZPO oder dadurch bewirkt werden, dass das Schriftstück unter der Anschrift des Adressaten zur Post gegeben wird (§ 15 Abs. 2 Satz 1 FamFG). Welche der beiden Möglichkeiten der Bekanntgabe das Gericht wählt, liegt grundsätzlich in dessen pflichtgemäßem Ermessen. Eine Wahlmöglichkeit besteht allerdings nicht, wenn spezielle gesetzliche Regelungen eine bestimmte Form vorschreiben. So ist nach § 41 Abs. 1 Satz 2 FamFG ein anfechtbarer Beschluss demjenigen zuzustellen, dessen erklärtem Willen er nicht entspricht. Deshalb wird in einer Betreuungssache die Beschwerdefrist für einen Betroffenen, der mit der Einrichtung der Betreuung oder der Anordnung des Einwilligungsvorbehalts erklärtermaßen nicht einverstanden ist, nur dann in Lauf gesetzt, wenn der Beschluss über die Betreuerbestellung wirksam an ihn selbst zugestellt wurde (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Juli 2013 - XII ZB 411/12 - FamRZ 2013, 1566 Rn. 8 mwN).
b) Danach war im vorliegenden Fall eine förmliche Zustellung des Beschlusses über die Anordnung des Einwilligungsvorbehalts an die Betroffene erforderlich. Denn diese hatte mehrfach erklärt, dass sie die gesamte Betreuung nicht wünscht, was auch den Einwilligungsvorbehalt ergreift.
3. Der angefochtene Beschluss kann daher, soweit es den Einwilligungsvorbehalt betrifft, keinen Bestand haben. Insoweit ist er aufzuheben und die Sache an das Landgericht zurückzuverweisen.
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