Entscheidungsdatum: 21.09.2011
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Dresden vom 3. Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 3.000 €
I.
Die 1968 geborene Betroffene wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Bestellung der Beteiligten zu 1 zu ihrer Betreuerin.
Die Betroffene leidet seit Langem unter einer paranoiden Schizophrenie, deretwegen sie sich bereits in stationärer psychiatrischer Behandlung befand. Schon in 2004 war für sie eine Betreuung eingerichtet und in 2005 wieder aufgehoben worden, nachdem die Betroffene Krankheitseinsicht und Therapiewilligkeit zeigte. In der Folgezeit verschlechterte sich ihr Zustand jedoch wieder. Im Herbst 2010 befand sie sich nach ärztlichem Gutachten in einem präpsychiotischen Schwebezustand, der sich demnächst, wenn keine geeignete Behandlung erfolge, wieder zu einem manifesten psychiotischen Zustand entwickeln würde.
Auf diese Begutachtung hin und nach Anhörung der anwaltlich vertretenen Betroffenen hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 12. Januar 2011 die Beteiligte zu 1 als Betreuerin für die Aufgabenkreise der Gesundheitsfürsorge und der Aufenthaltsbestimmung bestellt, jeweils beschränkt auf Zwecke der nervenärztlichen Behandlung.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Betroffenen, mit der sie vorträgt, ihre nervenärztliche Behandlung sei nicht angezeigt und eine neuroleptische Medikation sei nicht erforderlich, hat das Landgericht durch Beschluss vom 3. Mai 2011 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Die gemäß § 70 Abs. 3 Nr. 1 FamFG statthafte und auch im Übrigen zu-lässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung auf § 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützt und sie wie folgt begründet:
Nach dem fachärztlichen Gutachten des Sachverständigen sei die Betroffene aufgrund ihrer paranoiden Schizophrenie nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten in den Aufgabenkreisen zu besorgen, für die die Betreuung angeordnet werde. Ihr entgegenstehender Wille, den sie in der Beschwerdebegründung mitgeteilt habe, sei unbeachtlich, da sie ihren Willen aufgrund ihrer Krankheit nicht frei bestimmen könne. Dem Sachverständigengutachten sei im Zusammenhang mit der persönlichen Anhörung, der Stellungnahme des Krankenhauses D. sowie den Stellungnahmen der Betreuungsbehörde zu entnehmen, dass ihre Ablehnung der Betreuung auf fehlender Krankheitseinsicht beruhe.
2. Die angegriffene Entscheidung des Beschwerdegerichts hält einer rechtlichen Überprüfung und den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. Die materiellen Voraussetzungen für die Bestellung der Beteiligten zu 1 zur Betreuerin der Betroffenen liegen vor.
a) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf seinen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§ 1896 Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung nach dieser Vorschrift hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Die Betroffene leidet an einer behandlungsbedürftigen paranoiden Schizophrenie, deretwegen sie nicht in der Lage ist, die Angelegenheiten ihrer Gesundheitsfürsorge und der im Zusammenhang damit stehenden Aufenthaltsbestimmung selbst zu besorgen. Soweit ihr eigener Wille der Einrichtung der Betreuung deshalb entgegensteht, weil sie die medizinische Behandlung ablehnt, hat das Landgericht rechtsfehlerfrei festgestellt, dass dieser Wille von ihrem psychischen Krankheitsbild beeinflusst und deshalb nicht frei gebildet und daher rechtlich unbeachtlich ist.
b) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es keiner besonderen Feststellungen dazu, wie sich die Erkrankung der Betroffenen im täglichen Leben und im Kontakt mit Dritten auswirkt. Das Landgericht hat festgestellt, dass sich die Betroffene in einem präpsychiotischen Schwebezustand befand, der sich ohne geeignete Behandlung zu einem manifesten psychiotischen Zustand verschlechtern würde. Die neuroleptische Medikation ist somit keine rein vorsorgende Maßnahme, sondern eine Behandlungsmaßnahme zur Stabilisierung der bereits erkrankten Betroffenen, was diese jedoch krankheitsbedingt nicht einsieht und deshalb das medizinisch Notwendige nicht als ihre eigene Angelegenheit wahrnehmen kann.
Auch ist die Bestellung der familienfremden Betreuerin, die ihr Amt berufsmäßig ausübt, nicht deshalb ungeeignet, weil dieser die faktische Handhabe fehlte, eine ärztliche Behandlung oder die Einnahme verordneter Medikamente gegen den Willen der Betroffenen durchzusetzen. Die Betreuerin kann Arztbesuche organisieren und begleiten, Einwilligungen in notwendige Behandlungsmaßnahmen erteilen, Pflegedienste zur Unterstützung und Überwachung der häuslichen Medikamenteneinnahme einsetzen und insgesamt unterstützend auf die Betroffene einwirken, notfalls - unter den Voraussetzungen des § 1906 BGB - eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen veranlassen.
Hahne Weber-Monecke Klinkhammer
Günter Nedden-Boeger