Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 08.05.2013


BGH 08.05.2013 - XII ZB 282/12

Prozesskostenhilfeverfahren: Beschwerderecht der Staatskasse gegen die Ablehnung einer Änderung der zuvor ratenfrei bewilligten Prozesskostenhilfe durch Anordnung von Zahlungen


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
08.05.2013
Aktenzeichen:
XII ZB 282/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Frankfurt, 22. Februar 2012, Az: 6 WF 172/11vorgehend AG Darmstadt, 22. Juni 2011, Az: 59 F 1600/05 PKH 1
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Der Staatskasse steht gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren ein Beschwerderecht auch gegen Entscheidungen nach § 120 Abs. 4 ZPO zu, durch die eine Änderung der zuvor ratenfrei bewilligten Prozesskostenhilfe durch Anordnung von Zahlungen abgelehnt wird.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten wird der Beschluss des 6. Senats für Familiensachen in Darmstadt des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 22. Februar 2012 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Die Staatskasse wendet sich gegen die Verwerfung ihrer Beschwerde in einem Prozesskostenhilfeverfahren.

2

Das Oberlandesgericht hat der Antragstellerin für das Scheidungsverbundverfahren mit Beschluss vom 11. Juli 2008 ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligt.

3

Im Rahmen einer späteren Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin hat das Amtsgericht - Familiengericht - mit Beschluss vom 23. Februar 2011 davon abgesehen, die Nachzahlung der bisher gestundeten Gerichts- und Anwaltskosten anzuordnen. Auf die Beschwerde der Staatskasse hat das Amtsgericht den Beschluss aufgehoben und die Nachzahlung aller fälligen Kosten ab 1. August 2011 angeordnet.

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Das Oberlandesgericht hat diesen Beschluss auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin aufgehoben. Hiergegen wendet sich die Staatskasse mit ihrer vom Oberlandesgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, mit der sie eine Wiederherstellung des die Nachzahlung anordnenden Beschlusses des Amtsgerichts begehrt.

II.

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Die Rechtsbeschwerde ist zulässig und begründet.

6

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Prozessrecht anwendbar, weil der Rechtsstreit in der Hauptsache vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsurteil BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 7 und Senatsbeschluss vom 9. Juni 2010 - XII ZB 55/08 - VersR 2011, 1028 Rn. 5) und das auf das Prozesskostenhilfeverfahren anwendbare Recht dem folgt.

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1. Die Beschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie zugelassen hat (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und es um Fragen des Verfahrens der Prozesskostenhilfe geht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 8. Dezember 2010 - XII ZB 38/09 - FamRZ 2011, 463 Rn. 8 und vom 18. Juli 2007 - XII ZA 11/07 - FamRZ 2007, 1720, 1721). Sie ist auch im Übrigen zulässig.

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2. Die Rechtsbeschwerde hat in der Sache Erfolg.

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a) Das Oberlandesgericht ist der Ansicht, die sofortige Beschwerde der Staatskasse gegen den die Nachzahlung ablehnenden ersten Beschluss des Amtsgerichts sei bereits unzulässig gewesen, weil der Staatskasse gegen die Ablehnung einer Nachzahlungsanordnung gemäß § 120 Abs. 4 ZPO kein eigenes Beschwerderecht zustehe. Die in § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO geregelte Beschwerdebefugnis der Staatskasse beziehe sich nur auf die Entscheidung über die Bewilligung der Prozesskostenhilfe, nicht aber auf die Entscheidung darüber, ob eine nachträgliche Änderung der zu leistenden Zahlungen aufgrund wesentlicher Änderungen der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse geboten sei. Das folge aus der Gesetzesbegründung des Kostenrechtsänderungsgesetzes von 1986, durch das u.a. das Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO und das Beschwerderecht der Staatskasse für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung ohne Zahlungsanordnung in § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO eingeführt worden seien. Zweck der Einführung des Beschwerderechts der Staatskasse sei gewesen, eine zu häufige ungerechtfertigte "Nulltarif-Bewilligung" zu verhindern. Der Gesetzesbegründung lasse sich jedoch an keiner Stelle ein Hinweis darauf entnehmen, dass das Beschwerderecht auch das spätere Abänderungsverfahren betreffen solle. Wenn der Gesetzgeber die Gerichte durch das Beschwerderecht der Staatskasse anhalten wolle, die "Nulltarif-Bewilligung" sorgfältiger als bis zum damaligen Zeitpunkt geschehen zu überprüfen, dann mache es nicht ohne weiteres Sinn, diesen Gedanken auch auf die Ablehnung einer Nachzahlungsanordnung zu übertragen, da in diesen Verfahren schon eine wiederholte Prüfung stattgefunden habe und gerade nicht die Gefahr eines Flüchtigkeitsfehlers bestehe.

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b) Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.

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Nach § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO findet gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt, wenn weder Monatsraten noch aus dem Vermögen zu zahlende Beträge festgesetzt worden sind. Dabei kann die Beschwerde nur darauf gestützt werden, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Das Gericht kann gemäß § 120 Abs. 4 ZPO die mit der Prozesskostenhilfebewilligung getroffene Entscheidung darüber, ob die Partei nicht oder nur teilweise in der Lage ist, Raten zu zahlen (§§ 114 Satz 1, 120 Abs. 1 ZPO), ändern, wenn sich die für die Prozesskostenhilfe maßgeblichen persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben.

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aa) In Rechtsprechung und Literatur ist umstritten, ob der Staatskasse gegen die Ablehnung einer erstmaligen Anordnung von Zahlungen gemäß § 120 Abs. 4 ZPO bei zuvor ratenfrei bewilligter Prozesskostenhilfe oder gegen die Aufhebung einer zuvor angeordneten Zahlungspflicht ein Beschwerderecht gemäß § 127 Abs. 3 ZPO zusteht.

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(1) Teilweise wird ein solches Beschwerderecht verneint (OLG Frankfurt FamRZ 1991, 1326 f.; OLG München OLGR 1994, 239; Musielak/Fischer ZPO 9. Aufl. § 127 Rn. 9; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 71. Aufl. § 127 Rn. 24). Zur Begründung wird darauf abgestellt, die Voraussetzungen der Ausnahmebestimmung des § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO lägen bei einer Entscheidung nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht vor. Die Entscheidung, mit der eine Änderung angeordnet oder abgelehnt werde, enthalte keine Prozesskostenhilfebewilligung und bestätige auch nicht etwa die bereits bewilligte Prozesskostenhilfe, weil sie sich nicht mit den Bewilligungsvoraussetzungen befasse, sondern lediglich überprüfe, ob die Voraussetzungen für eine Abänderung der seinerzeitigen Entscheidung über die Ratenfreiheit wegen geänderter persönlicher oder wirtschaftlicher Verhältnisse der Partei (§ 120 Abs. 4 ZPO) vorlägen. Diese Neuentscheidung, für die im Unterschied zu der Prozesskostenhilfebewilligungsentscheidung nicht der Richter, sondern der Rechtspfleger zuständig sei, unterscheide sich somit nach Voraussetzung und Inhalt eindeutig von der Erstentscheidung. Aus den Gesetzesmaterialien zum Kostenrechtsänderungsgesetz von 1986, durch das § 120 Abs. 4 ZPO und das Beschwerderecht der Staatskasse in § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO für den Fall der Prozesskostenhilfebewilligung ohne Zahlungsanordnung eingeführt worden sei, ergebe sich, dass der Staatskasse nur in diesem engen Ausnahmefall eine Beschwerdemöglichkeit zustehen solle. Hätte der Gesetzgeber für alle Betroffenen des Abänderungsverfahrens nach § 120 Abs. 4 ZPO ein Rechtsmittel eröffnen wollen, hätte es angesichts der Rechtsentwicklung einer entsprechenden Regelung bedurft.

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(2) Nach anderer Ansicht erstreckt sich das in § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 ZPO geregelte Beschwerderecht der Staatskasse auch auf Entscheidungen, durch die im Abänderungsverfahren nach § 120 Abs. 4 ZPO die An-ordnung von Ratenzahlungen aufgehoben oder bei zuvor ratenfrei bewilligter Prozesskostenhilfe Ratenzahlungen abgelehnt werden (OLG München Rpfleger 1994, 218 f.; OLG Nürnberg Rpfleger 1995, 465 f.; OLG Schleswig OLGR 1999, 254; OLG Köln FamRZ 2007, 296; LAG Rheinland-Pfalz LAGE § 127 ZPO Nr. 15; MünchKommZPO/Motzer 4. Aufl. § 127 Rn. 27; Stein/Jonas/Bork ZPO 22. Aufl. § 127 Rn. 10; Zöller/Geimer ZPO 29. Aufl. § 127 Rn. 16 a, 24; Saenger/Pukall ZPO 5. Aufl. § 127 Rn. 17; Büttner/Wrobel-Sachs/Gottschalk/Dürbeck Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe 6. Aufl. Rn. 876; Schoreit/Groß Beratungshilfe/Prozesskostenhilfe/Verfahrenskosten-hilfe 11. Aufl. § 127 ZPO Rn. 35; Büttner FPR 2002, 500).

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Zur Begründung wird auf die Stellung des § 127 Abs. 3 ZPO im Gesetz und seinen Zweck verwiesen. Die Vorschrift betreffe alle Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren und damit auch die Entscheidung, die ratenfreie Prozesskostenhilfebewilligung aufrechtzuerhalten und keine Ratenzahlung anzuordnen. Der Gesetzgeber habe das Beschwerderecht der Staatskasse gegen die Bewilligung von Prozesskosten ohne Raten eingeführt, nachdem in der Praxis durchgeführte Untersuchungen ergeben hätten, dass in einem Teil der Bewilligungsverfahren bei gründlicher Ermittlung der wirtschaftlichen Verhältnisse Ratenzahlungen angeordnet worden wären, statt Prozesskostenhilfe zum "Nulltarif" zu bewilligen. Durch die Einführung des Beschwerderechts der Staatskasse habe sichergestellt werden sollen, dass die Haushaltsmittel nur zugunsten der wirklich bedürftigen Rechtsuchenden eingesetzt würden (BT-Drucks. 10/6400 S. 48). Dieses Ziel werde dadurch erreicht, dass die Staatskasse gegen die Bewilligung oder Aufrechterhaltung von Prozesskostenhilfe zum "Nulltarif" vorgehen könne.

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Einer solchen Auslegung von § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO stehe auch nicht dessen Wortlaut entgegen. Vielmehr umfasse die ratenfreie "Bewilligung von Prozesskostenhilfe" im Sinne von § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO auch die bei wesentlicher Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse angezeigte erneute Überprüfung der angeordneten Ratenfreiheit.

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bb) Der Senat schließt sich der letztgenannten Auffassung an.

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§ 127 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO sind dahin auszulegen, dass der Staatskasse ein Beschwerderecht gegen solche Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren zusteht, die nach Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei dazu führen, dass Prozesskostenhilfe ohne die Festsetzung von Monatsraten oder aus dem Vermögen zu zahlender Beträge bewilligt wird.

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Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe setzt gemäß § 114 Satz 1 ZPO voraus, dass eine Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht oder nur in Raten aufbringen kann und dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung hinreichende Erfolgsaussicht hat und nicht mutwillig ist.

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(1) Nach dem Wortlaut von § 127 Abs. 3 Satz 1 und Satz 2 ZPO ist das Beschwerderecht der Staatskasse gegenständlich beschränkt auf eine Prozesskostenhilfebewilligung ohne Anordnung einer Ratenzahlung und inhaltlich darauf, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Zahlungen zu leisten hat. Die Staatskasse kann ihre Beschwerde somit nicht darauf stützen, dass ihrer Ansicht nach die Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder mutwillig ist. Vielmehr kann sie eine Überprüfung der Prozesskostenhilfeentscheidung nur erreichen, soweit das Gericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann (Senatsbeschlüsse vom 26. September 2012 - XII ZB 664/10 - FamRZ 2013, 213 Rn. 5 und vom 19. September 2012 - XII ZB 587/11 - FamRZ 2013, 123 Rn. 10; BGHZ 119, 372 = NJW 1993, 135, 136).

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Das Beschwerderecht der Staatskasse ist danach nicht auf die erstmalige Prozesskostenhilfeentscheidung beschränkt, sondern erstreckt sich auf alle Entscheidungen des Gerichts im Prozesskostenhilfeverfahren, die von einem Unvermögen der Partei, die Kosten der Prozessführung aufzubringen, ausgehen und deshalb eine ratenfreie Prozesskostenhilfe bewilligen.

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Eine solche Entscheidung stellt auch der hier gemäß § 120 Abs. 4 ZPO ergangene angefochtene Beschluss dar, der eine Änderung der zuvor ratenfrei bewilligten Prozesskostenhilfe und damit die Anordnung von Zahlungen ablehnt. Dieser Beschluss ist aufgrund der Änderung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragstellerin nach einer erneuten Prüfung, ob die Voraussetzungen für die Anordnung von Zahlungen auf die Prozesskosten nunmehr vorliegen, ergangen.

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(2) Dieses Verständnis entspricht auch dem Zweck des mit § 127 Abs. 3 ZPO eingeführten Beschwerderechts der Staatskasse, nämlich sicherzustellen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse der Partei gründlich ermittelt und Haushaltsmittel nur zugunsten der wirklich bedürftigen Rechtsuchenden eingesetzt werden (BT-Drucks. 10/6400 S. 42, 48 und 10/3054 S. 50, 51). Dieser Zweck wird nur erreicht, wenn alle Entscheidungen im Prozesskostenhilfeverfahren, in denen das Gericht aufgrund einer Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu dem Ergebnis gelangt, dass Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt wird, von der Staatskasse mit der Beschwerde angegriffen werden können. Stünde, wie die Gegenansicht meint, der Staatskasse lediglich gegen die erstmalige Prozesskostenhilfebewilligung ein Beschwerderecht zu, könnte auch eine zunächst mit Raten später aber wegen veränderter wirtschaftlicher Verhältnisse gemäß § 120 Abs. 4 ZPO ratenfrei bewilligte Prozesskostenhilfe nicht auf ihre Richtigkeit überprüft werden.

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Die Ansicht des Beschwerdegerichts, der Zweck des Beschwerderechts der Staatskasse, eine sorgfältigere Überprüfung der "Nulltarif-Bewilligungen" zu erreichen, rechtfertige kein Beschwerderecht gegen die Ablehnung einer Nachzahlungsanordnung, weil in diesen Verfahren schon eine wiederholte Prüfung stattgefunden habe und gerade nicht die Gefahr eines Flüchtigkeitsfehlers bestehe, überzeugt nicht. Denn eine Änderung der Entscheidung über die zu leistenden Zahlungen gemäß § 120 Abs. 4 ZPO findet nur statt, wenn sich die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. In diesem Fall sind die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse neu auf eine Zahlungspflicht zu überprüfen.

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(3) Auch die Rechtsentwicklung spricht nicht gegen diese Auslegung von § 127 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO.

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Nach den bis Ende 1980 geltenden Vorschriften über das Armenrecht war der Beschluss, durch den das Armenrecht bewilligt wurde, unanfechtbar (§ 127 Satz 1 ZPO i.d.F. vom 30. Juni 1965). Lediglich der Beschluss, durch den die Partei, sobald sie ohne Beeinträchtigung des für sie und ihre Familie notwendigen Unterhalts dazu imstande war, zur Nachzahlung der Beträge verpflichtet wurde (§ 125 ZPO i.d.F. vom 30. Juni 1965), konnte von der Staatskasse oder dem beigeordneten Rechtsanwalt mit der Beschwerde angefochten werden (§ 127 Satz 2 ZPO i.d.F. vom 1. Januar 1964).

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Mit dem zum 1. Januar 1981 in Kraft getretenen Gesetz über die Prozesskostenhilfe wurde die Unanfechtbarkeit der Armenrechtsbewilligung auch für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe beibehalten (§ 127 Abs. 2 Satz 1 ZPO i.d.F. vom 13. Juni 1980). Die Nachzahlungspflicht der Partei bei Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse wurde ersatzlos gestrichen.

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Durch das zum 1. Januar 1987 in Kraft getretene Kostenrechtsänderungsgesetz vom 9. Dezember 1986 wurde mit § 120 Abs. 4 ZPO die Nachzahlungspflicht bei Veränderung der für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wieder eingeführt (BGBl. I S. 2326, 2338). Zugleich wurde das beschränkte Beschwerderecht der Staatskasse gegen die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß § 127 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO in der noch heute geltenden Fassung eingeführt.

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Diese Entwicklung spricht - entgegen der abweichenden Meinung - nicht dafür, dass der Gesetzgeber ein Beschwerderecht der Staatskasse gegen Änderungsbeschlüsse, die zu einer ratenfreien Prozesskostenhilfebewilligung führen, nicht zulassen wollte. Vielmehr konnte der Gesetzgeber davon ausgehen, dass das mit § 127 Abs. 3 Satz 1 und 2 ZPO neu eingeführte Beschwerderecht der Staatskasse gegen eine ratenfreie Prozesskostenhilfebewilligung auch die nachfolgenden Entscheidungen gemäß § 120 Abs. 4 ZPO erfasst, durch die nach neuer Überprüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die zuvor ratenfrei bewilligte Prozesskostenhilfe aufrechterhalten oder die zunächst angeordnete Ratenzahlung später aufgehoben wird.

30

c) Die Sache ist noch nicht entscheidungsreif, weil das Beschwerdegericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob gemäß § 120 Abs. 4 ZPO Zahlungen festzusetzen sind. Sie ist deshalb gemäß § 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen.

Dose                        Vézina                     Klinkhammer

             Günter                        Botur