Entscheidungsdatum: 24.04.2013
Ein Wiederaufnahmegrund nach § 580 Nr. 7 Buchst. b ZPO liegt nicht vor, wenn der Antrag auf das Auffinden einer Urkunde (hier: Auskunft zu Stasi-Unterlagen) gestützt wird und der Betroffene die Möglichkeit hatte, bereits während des Ausgangsverfahrens von dem nach seiner Auffassung unzutreffenden Inhalt der dort vorgelegten Urkunde (Kopie aus Stasi-Unterlagen) Kenntnis zu erlangen.
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des 3. Senats für Familiensachen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 3. Dezember 2009 aufgehoben.
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Potsdam vom 3. April 2009 wird zurückgewiesen.
Die Antragstellerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.
Beschwerdewert: bis 600 €
I.
Die Antragstellerin begehrt die Wiederaufnahme eines Verfahrens über den Versorgungsausgleich.
Die Parteien waren von 1963 bis 1993 miteinander verheiratet. Im Scheidungsverfahren ist das Verfahren über den Versorgungsausgleich zunächst abgetrennt und später gemäß § 2 VAÜG ausgesetzt worden. Im Jahr 2003 wurde es wieder aufgenommen, weil die ausgleichsberechtigte Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) seit Oktober 2003 Altersrente bezieht. In jenem Verfahren machte der Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) geltend, dass der Versorgungsausgleich gemäß § 1587 c Nr. 1 BGB auszuschließen bzw. zu beschränken sei, weil seine Ehefrau ihn 1986 beim Ministerium für Staatssicherheit der ehemaligen DDR (MfS) denunziert habe. Als Beleg dafür legte er die Kopie eines Aktenvermerks des MfS vom 22. September 1986 vor, den er bei seiner Akteneinsicht im Jahr 1993 beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR (BStU) als "Seite 000035" vorgefunden habe. Das Schriftstück hat folgenden Wortlaut:
"Nach einer Rücksprache mit der Ehefrau des F. D. am 21.09.1986 wurde festgestellt, dass D. bereits in der Wohnung den Verdacht einer republikfeindlichen Kontaktaufnahme aufkommen ließ und seine Ehefrau deshalb, nachdem D. die Wohnung am 17.9. gegen 20.00 Uhr verlassen hatte, - auf Grund ihrer fortschrittlichen Einstellung zur Deutschen Demokratischen Republik - sofort die Sicherheitsorgane der DDR benachrichtigte, um D. an seinem Vorhaben zu hindern.
Auf Grund dieser Benachrichtigung konnte die Kontaktaufnahme verhindert und die Kontaktperson von den Sicherheitsorganen der DDR festgenommen werden."
Die Ehefrau bestritt die Vorwürfe, aufgeklärt wurde der Sachverhalt nicht. Am 19. Mai 2004 schlossen die Parteien vor dem Amtsgericht - Familiengericht - eine Vereinbarung, die überwiegend wegen des Vorwurfs der Denunziation und im Übrigen aufgrund ungeklärter Zeiten im Versicherungsverlauf der Ehefrau eine pauschale Kürzung des Versorgungsausgleichs um ein Drittel vorsah. Entsprechend der Vereinbarung erließ das Amtsgericht am selben Tag einen Beschluss, in dem es, bezogen auf das Ende der Ehezeit, angleichungsdynamische Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich 98,55 € (statt rechnerischer 147,83 €) vom Versicherungskonto des Ehemanns auf das Konto der Ehefrau übertrug. Die Entscheidung ist rechtskräftig.
Als die Ehefrau später ebenfalls Einsicht beim BStU über die sie betreffenden Akten begehrte, erhielt sie die Auskunft, dass über sie keine Unterlagen vorlägen. Auf Nachfrage, was auf "Seite 000035" der Unterlagen über den Ehemann stehe, wurde ihr mit Schreiben des BStU vom 7. April 2008 mitgeteilt, dass eine solche Seite "mit demselben Briefkopf und den gleichen Unterschriften" zwar vorhanden sei, im Übrigen aber vom 22. September 1961 datiere, einen anderen Inhalt habe und sie nicht betreffe. Gestützt auf diese Auskunft begehrt die Antragstellerin die Wiederaufnahme des Verfahrens, um die ungekürzte Durchführung des Versorgungsausgleichs zu erreichen.
Das Familiengericht hat den Antrag der Ehefrau als Klage angesehen und diese durch Urteil abgewiesen. Das als Berufung bezeichnete Rechtsmittel der Ehefrau hat das Beschwerdegericht als befristete Beschwerde behandelt; diese hatte Erfolg und führte zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Familiengericht.
Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde des Ehemanns, der die Wiederherstellung der Entscheidung des Amtsgerichts begehrt.
II.
Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.
Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 Abs. 1 Satz 1 FGG-RG, § 48 Abs. 1 VersAusglG noch das bis August 2009 geltende Verfahrensrecht und materielle Recht anzuwenden, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsbeschlüsse vom 14. März 2012 - XII ZB 436/11 - FamRZ 2012, 856 Rn. 19 und vom 3. November 2010 - XII ZB 197/10 - FamRZ 2011, 100 Rn. 9 f.).
1. Das Beschwerdegericht hat die Rechtsbeschwerde gemäß § 621 e Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO zugelassen. Daran ist der Senat gebunden (§ 621 e Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 543 Abs. 2 Satz 2 ZPO).
2. Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt: Vorliegend sei nicht die Berufung, sondern die befristete Beschwerde gemäß § 621 e ZPO der richtige Rechtsbehelf. Nach dem Eintritt der materiellen Rechtskraft komme nur eine Wiederaufnahme des Verfahrens in entsprechender Anwendung der §§ 578 ff. ZPO in Betracht. Aus der "entsprechenden" Anwendung der Vorschriften in einem Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit folge unmittelbar, dass es sich bei dem "Wiederaufnahmeverfahren" nicht um ein "Klageverfahren" handeln könne, sondern ebenfalls um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit handeln müsse, bei dem der statthafte Rechtsbehelf gegen die erstinstanzliche Endentscheidung die befristete Beschwerde nach § 621 e ZPO sei. Nach dem Meistbegünstigungsgrundsatz habe die Ehefrau die erstinstanzliche Entscheidung auch mit dem Rechtsmittel der Berufung anfechten dürfen, fortzuführen sei das Verfahren jedoch als Beschwerdeverfahren.
Der Ehefrau stehe der Wiederaufnahmegrund des § 580 Nr. 7 b ZPO zur Seite. Als "Urkunde", die die Ehefrau "aufgefunden habe oder zu nutzen in den Stand gesetzt worden sei", komme nur die "Seite 000035" der "Stasi-Akten" des Ehemanns in Betracht. Es dränge sich der Schluss auf, dass von der dem Ehemann im Jahr 1993 durch den BStU ausgehändigten Kopie dieser Seite mit dem Aktenvermerk aus dem Jahr 1961 eine manipulierte Kopie angefertigt und im Ausgangsverfahren verwendet worden sei. Bei Kenntnis des tatsächlichen Inhalts des Schriftstücks wäre die damalige Entscheidung anders ausgefallen. Dabei könne dahinstehen, ob die Ehefrau den Ehemann tatsächlich denunziert habe. Entscheidend sei, dass es ohne die manipulierte Kopie keine greifbaren Anhaltspunkte für die Richtigkeit dieser Behauptung gegeben hätte. Dann wäre wegen der Unklarheiten im Versicherungsverlauf der Antragstellerin allenfalls eine geringfügige Kürzung des Versorgungsausgleichs in Betracht gekommen, jedoch nicht eine solche um ein Drittel.
Nach der Rechtsprechung des Reichsgerichts sei eine Partei zur Benutzung einer ihr als vorhanden bekannten Urkunde schon dann in den Stand gesetzt, wenn sie die Urkunde zu beschaffen und sich über ihren Inhalt zu unterrichten vermöge. Danach sei es ein praktisch unannehmbares Ergebnis, wenn die Partei lediglich dadurch, dass sie sich über den Inhalt einer ihr bekannten und erlangbaren Urkunde nicht näher unterrichte, einen Wiederaufnahmegrund schaffen könne. Allenfalls dann, wenn die Sacherheblichkeit der Urkunde an sich so fern liege oder so wenig wahrscheinlich sei, dass mit ihr überhaupt nicht zu rechnen gewesen sei, könne eine Wiederaufnahme erwogen werden, dann aber eher als ein Fall des Auffindens der Urkunde. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Zwar habe die "Sacherheblichkeit" der Urkunde auf der Hand gelegen. Die Ehefrau habe auch - bei Unterstellung ihres Vortrags, den Ehemann nicht denunziert zu haben - gewusst, dass die vorgelegte Kopie inhaltlich nicht den Tatsachen entsprochen habe. Die Vorstellung, dass der anwaltlich vertretene Ehemann eine manipulierte Kopie in das Verfahren eingeführt haben könnte, habe aus der Sicht einer verständigen, sich in einem fair geführten Verfahren wähnenden Partei aber so fern gelegen, dass die Ehefrau damit schlechterdings nicht habe rechnen können. Dies gelte umso mehr, als der Ehemann damals vorhandene Zweifel dadurch zerstreut habe, dass er ausdrücklich sein Einverständnis mit der Einsichtnahme in seine Akten erklärt habe. Aus Sicht der Ehefrau habe es keinen plausibleren "Beweis" der Übereinstimmung von Kopie und Original geben können. Zudem sei allgemein bekannt, dass das, was in den Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR dokumentiert sei, nicht immer den Tatsachen entspreche. Vor diesem Hintergrund habe die Vorstellung weit näher gelegen, dass es einen der Kopie entsprechenden Aktenvermerk tatsächlich gegeben habe, auch wenn ihm kein reales Geschehen zugrunde gelegen habe. Dies rechtfertige es ausnahmsweise, die Urkunde erst als in dem Moment aufgefunden anzusehen, in dem die Ehefrau von dem wahren Inhalt und damit von ihrer Relevanz für die Versorgungsausgleichsentscheidung Kenntnis erlangt habe. Das sei aber erst lange nach Abschluss des Ausgangsverfahrens der Fall gewesen. Bei dieser Sachlage könne es auch nicht als schuldhaft im Sinne des § 582 ZPO angesehen werden, dass die Ehefrau sich nicht schon während des Ausgangsverfahrens Gewissheit über den tatsächlichen Inhalt des Aktenvermerks verschafft habe.
3. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung nicht in allen Punkten stand.
a) Zutreffend hat das Beschwerdegericht allerdings das als "Berufung" bezeichnete Rechtsmittel der Ehefrau als befristete Beschwerde ausgelegt und das Verfahren dementsprechend fortgeführt (vgl. Senatsbeschluss vom 29. Februar 2012 - XII ZB 198/11 - FamRZ 2012, 783 Rn. 12). Vorliegend handelt es sich um eine Familiensache, die den Versorgungsausgleich betrifft (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Juni 1980 - IVb ZB 625/80 - FamRZ 1980, 989) und bei der gegen die erstinstanzliche Entscheidung gemäß § 621 e Abs. 1 ZPO die Beschwerde und nicht die Berufung statthaft ist.
b) Auch der rechtliche Ausgangspunkt, dass eine Korrektur der rechtskräftigen Entscheidung über den öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich im vorliegenden Fall nur im Wiederaufnahmeverfahren analog §§ 578 ff. ZPO möglich ist, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschlüsse vom 25. Mai 2005 - XII ZB 185/01 - FamRZ 2005, 1467, 1468 f.; BGHZ 89, 114 = FamRZ 1984, 159, 160; vom 25. Juni 1980 - IVb ZB 625/80 - FamRZ 1980, 989, 990 und vom 21. April 1982 - IVb ZB 584/81 - FamRZ 1982, 687, 688).
c) Ein Wiederaufnahmegrund entsprechend § 580 Nr. 7 b ZPO liegt aber nicht vor. Nach dieser Bestimmung findet die Restitutionsklage statt, wenn die Partei eine andere Urkunde auffindet oder zu benutzen in den Stand gesetzt wird, die eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde. Vorliegend handelt es sich zwar bei dem als "Seite 000035" geführten Auszug aus den Stasi-Unterlagen des Ehemanns um eine Urkunde. Diese wurde jedoch im Sinne des Gesetzes weder aufgefunden noch wurde die Ehefrau zu ihrer Benutzung in den Stand gesetzt. Die Antragstellerin war auch nicht ohne ihr Verschulden außerstande, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren geltend zu machen.
aa) Unter einer Urkunde im Sinne der Zivilprozessordnung ist eine schriftlich verkörperte Gedankenerklärung zu verstehen (BGHZ 65, 300 = NJW 1976, 294). Die Vorschrift des § 580 Nr. 7 b ZPO muss zwar nach ihrem Sinn einengend dahin ausgelegt werden, dass die Restitutionsklage nicht auf eine Privaturkunde gestützt werden kann, mit der durch die schriftliche Erklärung einer als Zeuge in Betracht kommenden Person der Beweis für die Richtigkeit der in der Erklärung bekundeten Tatsachen geführt werden soll (Senatsbeschluss vom 29. Februar 1984 - IVb ZB 28/83 - FamRZ 1984, 572 mwN und Senatsurteil BGHZ 80, 389 = FamRZ 1981, 862, 863). Die hier maßgebliche Urkunde besitzt jedoch einen eigenständigen Beweiswert dahingehend, dass die "Seite 000035" der Stasi-Akte des Ehemanns nicht identisch mit der von ihm als Kopie zur Akte gereichten Seite ist. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde handelt es sich deshalb nicht nur um eine schriftliche Erklärung einer als Zeuge in Betracht kommenden Person.
bb) Die Ehefrau hat die Urkunde allerdings weder aufgefunden noch wurde sie zu ihrer Benutzung in den Stand gesetzt, § 580 Nr. 7 b ZPO.
(1) Aufgefunden wird eine Urkunde, wenn ihre Existenz oder ihr Verbleib der Partei bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung des Vorprozesses bzw. bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist in diesem Verfahren unbekannt war (BSG Beschluss vom 11. Mai 1999 - B 13 RJ 219/98 B - juris Rn. 11; OLG Frankfurt MDR 1982, 60, 61; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 580 Rn. 23; Saenger/Kemper ZPO 5. Aufl. § 580 Rn. 12; Meller-Hannich in Prütting/Gehrlein ZPO 4. Aufl. § 580 Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 71. Aufl. § 580 Rn. 24; Musielak/Musielak ZPO 10. Aufl. § 580 Rn. 22). Die streitgegenständliche Urkunde an sich war der Ehefrau jedoch bekannt, lediglich ihr Inhalt weicht von dem seitens des Ehemanns behaupteten Inhalt ab.
(2) Ebenso wenig wurde die Ehefrau zur Benutzung der Urkunde nachträglich in den Stand gesetzt. Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn einer Partei die Urkunde bislang nicht zugänglich war, insbesondere wenn die Urkunde sich in Händen eines nicht vorlagebereiten bzw. vorlegungsverpflichteten Dritten befand (vgl. BSG Beschluss vom 11. Mai 1999 - B 13 RJ 219/98 B - juris Rn. 11; Saenger/Kemper ZPO 5. Aufl. § 580 Rn. 13; Meller-Hannich in Prütting/Gehrlein ZPO 4. Aufl. § 580 Rn. 14; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann ZPO 71. Aufl. § 580 Rn. 24; Zöller/Greger ZPO 29. Aufl. § 580 Rn. 23; Musielak/Musielak ZPO 10. Aufl. § 580 Rn. 22). Das ist hier nicht der Fall. Der Ehemann hatte die Einsicht in seine Stasi-Unterlagen gestattet, die Ehefrau hätte darauf auch - wie noch ausgeführt wird - Zugriff haben können.
(a) Das Reichsgericht hat allerdings entschieden, dass die Erheblichkeit von Urkunden für einen Rechtsstreit so fernliegen könne, dass sich von ihnen sagen lasse, sie seien erst neuerdings aufgefunden worden und auch ohne Verschulden der Partei nicht auffindbar gewesen (RGZ 151, 203, 207). Ob der in Heranziehung dieser Rechtsprechung vom Beschwerdegericht bejahte Ausnahmefall dem Grunde nach anzuerkennen ist, bedarf hier aber keiner Entscheidung (ebenso offengelassen in BGH Urteil vom 21. November 1961 - VI ZR 246/60 - VersR 1962, 175). Denn die genannten Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die Erheblichkeit der Urkunde ergibt sich bereits daraus, dass sie im Ausgangsverfahren zentraler Verfahrensgegenstand und Grundlage für den zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich und die daran anknüpfende Kürzung des Anspruchs auf Versorgungsausgleich der Ehefrau war. Die Erheblichkeit entfällt nicht dadurch, dass die Ehefrau andere Vorstellungen über den Inhalt der Urkunde hatte oder möglicherweise hierüber von dem Ehemann getäuscht wurde.
(b) Der Fall, dass eine Partei über den Inhalt einer Urkunde vorsätzlich getäuscht wird, sei es auch mittels einer - was hier nahe liegt - zu diesem Zweck angefertigten Collage, wird bereits von § 580 Nr. 4 ZPO erfasst und erfährt in § 581 Abs. 1 ZPO weitreichende Einschränkungen, da unter anderem wegen einer Straftat eine rechtskräftige Verurteilung ergangen sein muss. Diese Einschränkungen würden unterlaufen, wenn Fälle wie der vorliegende als Fallgruppe von § 580 Nr. 7 b ZPO eingeordnet würden. Erst recht kann es nicht auf die subjektive Vorstellung einer Partei vom Inhalt oder von der Echtheit einer Urkunde ankommen. Es entspricht dem in §§ 580 ff. ZPO zum Ausdruck gekommenen Willen des Gesetzgebers, dem Betroffenen nur in eng begrenzten Ausnahmefällen die Möglichkeit zu eröffnen, im Wege der Restitutionsklage die Rechtskraft einer auf fehlerhafter Grundlage beruhenden, ihn ohne sein Verschulden unbillig belastenden Entscheidung zu beseitigen (BGH Urteil vom 23. Januar 1974 - VIII ZR 131/72 - NJW 1974, 557 mwN). Die Heranziehung subjektiver Vorstellungen einer Partei würde die objektiven Voraussetzungen des § 580 Nr. 7 b ZPO um eine subjektive Komponente erweitern, die weit über das hinausginge, was das Reichsgericht mit "fern liegender Sacherheblichkeit" umschrieben hat. Eine solche Ausdehnung des Anwendungsbereichs von § 580 Nr. 7 b ZPO würde daher den Boden des Gesetzes verlassen und zudem in das vorliegende Versorgungsausgleichsverfahren eine Unsicherheit hineintragen, die mit dem Wesen der materiellen Rechtskraft unvereinbar wäre (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 89, 114 = FamRZ 1984, 159, 160).
cc) Die Ehefrau war auch nicht ohne ihr Verschulden außerstande, den Restitutionsgrund in dem früheren Verfahren geltend zu machen, § 582 ZPO.
(1) Es entspricht der ständigen Rechtsprechung schon des Reichsgerichts, dass insoweit an die Sorgfaltspflicht einer Prozesspartei strenge Anforderungen zu stellen sind und eine auch nur leicht fahrlässige Verletzung dieser Pflichten die Zulässigkeit einer späteren Restitutionsklage ausschließt. Dabei ist der Restitutionskläger - unbeschadet der Verpflichtung des Gerichts zur Prüfung von Amts wegen - für sein mangelndes Verschulden beweispflichtig (BGH Urteil vom 23. Januar 1974 - VIII ZR 131/72 - NJW 1974, 557 mwN).
(2) Einer Partei ist als Verschulden im Sinne des § 582 ZPO anzurechnen, wenn sie es unterlassen hatte, die dem Gericht vorgelegten Akten einer Behörde einzusehen und deshalb keine Kenntnis von Urkunden besaß, die in diesen Akten enthalten waren (BVerwG DVBl 2003, 868 und ZLA 1975, 124). Nichts anderes kann gelten, wenn - wie hier - die Möglichkeit bestand, die maßgeblichen Informationen auf andere Weise zu erhalten. Der Ehefrau wäre es bereits während des Ausgangsverfahrens möglich gewesen, beim BStU Auskunft darüber zu verlangen, ob in den erschlossenen Unterlagen Informationen zu ihrer Person enthalten sind, und diese gegebenenfalls durch Einsichtnahme in die Akten zu verifizieren (§§ 3, 13 StUG). Dass die Antragstellerin möglicherweise Dritte i.S.v. § 6 Abs. 7 StUG war, ist unerheblich, da sie nach § 13 Abs. 7 Satz 1 StUG - wie geschehen - durch Nennung eines konkreten Aktenteils die erforderlichen Informationen erhalten konnte. Selbst wenn es nach Vorlage der Auskünfte des BStU beim Ausgangsgericht - oder unabhängig davon - noch auf die Urkunde angekommen wäre, hätte die Ehefrau die Vorlage erwirken und Einsicht darin nehmen können.
dd) Danach hätte die Ehefrau die später erlangten Kenntnisse bereits im Ausgangsverfahren einführen können. An diesem Versäumnis ändert auch der Umstand nichts, dass der anwaltlich vertretene Ehemann offensichtlich eine manipulierte Kopie vorgelegt hat. Da die Ehefrau nach eigener Darstellung davon ausging, dass der Inhalt des vorgelegten Aktenauszugs nicht den Tatsachen entsprach, wäre sie bzw. ihr Verfahrensbevollmächtigter entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts erst recht zu einer Nachprüfung gehalten gewesen. Vor der Nachprüfung, ob ein Dokument mit diesem Inhalt überhaupt existiert, war die Annahme, es handele sich um ein authentisches, lediglich inhaltlich unrichtiges Dokument, nicht gerechtfertigt.
Der mit der Prozessführung betraute Rechtsanwalt ist seinem Mandanten gegenüber verpflichtet, dafür einzutreten, dass die zu dessen Gunsten sprechenden tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkte so umfassend wie möglich ermittelt und bei der Entscheidung des Gerichts berücksichtigt werden (BGH Urteil vom 18. Dezember 2008 - IX ZR 179/07 - NJW 2009, 987 Rn. 8 mwN). Das Verschulden des Prozessbevollmächtigten steht dabei nach § 85 Abs. 2 ZPO dem der Partei gleich (vgl. Senatsurteil vom 17. März 1993 - XII ZR 256/91 - NJW 1993, 1717 mwN). Ob darüber hinaus - wie die Rechtsbeschwerde meint - bereits das optische Erscheinungsbild der vorgelegten Kopie Anlass zu einer genaueren Nachprüfung gegeben hätte, wofür vieles spricht, kann offenbleiben.
Dose Weber-Monecke Schilling
Günter Botur