Entscheidungsdatum: 20.03.2013
Ein Berufsbetreuer, der gemäß § 19 Abs. 1 UStG nicht umsatzsteuerpflichtig ist, hat Anspruch auf den vollen Stundensatz des § 4 Abs. 1 VBVG. Eine Kürzung in Höhe der Umsatzsteuer findet nicht statt.
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 5. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 14. März 2012 wird auf Kosten der Beteiligten zu 2 zurückgewiesen.
I.
Die Beteiligte zu 1 (im Folgenden: Betreuerin), die im Juli 2011 zur Berufsbetreuerin der Betroffenen bestellt wurde und als Kleinunternehmerin nach § 19 UStG von der Umsatzsteuer befreit ist, verlangt Festsetzung ihrer Vergütung aus der Staatskasse für die Zeit vom 15. September 2011 bis 14. Dezember 2011 in Höhe von 502,50 € ausgehend von einem Stundensatz von 33,50 €.
Das Amtsgericht hat die Vergütung antragsgemäß festgesetzt. Die Beschwerde der Beteiligten zu 2 (im Folgenden: Staatskasse) hat das Landgericht zurückgewiesen.
Mit der vom Landgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde erstrebt die Staatskasse eine Kürzung des Stundensatzes von 33,50 € um die Umsatzsteuer von 19 %.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 70 Abs. 1 FamFG), und auch im Übrigen zulässig. Sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt, die Betreuerin habe gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG Anspruch auf den vollen Stundensatz von 33,50 €. Aus diesem Stundensatz sei auch dann, wenn - wie hier - der Berufsbetreuer nach § 19 UStG als Kleinunternehmer nicht der Umsatzsteuerpflicht unterliege, die Umsatzsteuer nicht herauszurechnen. Eine solche Kürzung ergebe sich weder aus dem Wortlaut des Gesetzes noch aus dem Sinn und Zweck der Pauschalierung.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Prüfung stand.
Zu Recht geht das Beschwerdegericht davon aus, dass die gemäß § 19 Abs. 1 UStG nicht umsatzsteuerpflichtige Betreuerin einen Anspruch auf Vergütung des ungekürzten in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 VBVG festgelegten Stundensatzes von 33,50 € hat.
a) Entgegen der Ansicht der Staatskasse ist bei der Berechnung der Vergütung für einen nicht umsatzsteuerpflichtigen Betreuer die Umsatzsteuer nicht aus den Stundensätzen des § 4 Abs. 1 VBVG heraus zu rechnen (vgl. OLG München FamRZ 2006, 1152; OLG Stuttgart FGPrax 2007, 131; LG Frankenthal FamRZ 2006, 1482; LG Mönchengladbach FamRZ 2006, 1229; Deinert/Lütgens Die Vergütung des Betreuers 6. Aufl. Rn. 1858; Knittel Betreuungsrecht Stand 1. September 2012 § 4 VBVG Rn. 60; Jurgeleit/Maier Betreuungsrecht 2. Aufl. § 4 VBVG Rn. 42; MünchKommBGB/Fröschle 6. Aufl. § 4 VBVG Rn. 30; aA AG Ludwigshafen FamRZ 2006, 361; Zimmermann FamRZ 2006, 1802, 1808).
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VBVG beträgt der Stundensatz des Berufsbetreuers 27 €. Er erhöht sich gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 VBVG, wenn der Betreuer über besondere für die Betreuung nutzbare Kenntnisse verfügt, die er durch eine bestimmte Art der Ausbildung erworben hat. Mit diesen Stundensätzen sind gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 VBVG auch die anlässlich der Betreuung entstandenen Aufwendungen sowie anfallende Umsatzsteuer mit abgegolten.
Unter Berücksichtigung des mit der Einführung der Pauschalvergütung für Berufsbetreuer verfolgten Ziels, das Abrechnungssystem zu vereinfachen, ist § 4 Abs. 2 VBVG dahin zu verstehen, dass unabhängig davon, ob und in welcher Höhe Aufwendungen entstanden sind oder Umsatzsteuer angefallen ist, stets der in § 4 Abs. 1 VBVG festgelegte Stundensatz zu erstatten ist. Das ergibt sich für die Umsatzsteuer darüber hinaus aus der Gesetzesbegründung des § 4 VBVG, wonach die Stundensätze neben dem Vergütungsanspruch auch den Anspruch auf Erstattung der Umsatzsteuer abgelten sollen, “wenn eine solche erhoben wird“ (BT-Drucks. 15/4874 S. 31). Daraus folgt, dass auch dann, wenn keine Umsatzsteuer anfällt, der volle Stundensatz des § 4 Abs. 1 VBVG zu vergüten ist.
Den dadurch eintretenden Vorteil für Berufsbetreuer, die keine oder wie Betreuungsvereine nur eine geringere Umsatzsteuer zahlen, hat der Gesetzgeber nicht nur gebilligt, sondern für Betreuungsvereine sogar ausdrücklich als gezielte Förderung bezeichnet (BT-Drucks. 15/4874 S. 31).
b) Die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die festen Stundensätze des § 4 Abs. 1 VBVG verstößt auch nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
Aus der unterschiedlich hohen Umsatzsteuerpflicht verschiedener Betreuergruppen folgt keine unzulässige Ungleichbehandlung, da die sich daraus ergebende unterschiedliche Vergütung nicht auf § 4 VBVG, der gerade einen einheitlichen Stundensatz festlegt, zurückzuführen ist, sondern allein auf die Regelungen des Umsatzsteuergesetzes (BVerfG FamRZ 2009, 1123; OLG München FamRZ 2006, 1152, 1153).
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