Entscheidungsdatum: 19.02.2014
1. In Personenstandssachen kann die Aufsichtsbehörde für das Standesamt auch dann die Rechtsbeschwerdeinstanz anrufen, wenn sie selbst die Beschlussfassung in der angefochtenen Beschwerdeentscheidung beantragt hat.
2. Wird eine in Deutschland lebende bulgarische Staatsangehörige unter Beibehaltung ihrer bulgarischen Staatsbürgerschaft eingebürgert und gibt sie keine Erklärungen nach Art. 47 EGBGB ab, ihren nach dem bisherigen bulgarischen Heimatrecht gebildeten Vatersnamen ablegen oder als weiteren Vornamen führen zu wollen, führt sie diesen Namensbestandteil in seiner Funktion als Vatersnamen weiter.
Die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 7. März 2012 wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Wert: 3.000 €
I.
Das Verfahren betrifft die Auswirkungen einer Änderung des Namensstatuts auf einen unter ausländischem Recht erworbenen Zwischennamen (hier: Vatersname nach bulgarischem Recht).
Die Betroffene wurde im Jahre 1983 als bulgarische Staatsangehörige geboren. Sie erhielt den Vornamen Neli und führte den Namen Neli Naydenova Di., wobei der Zwischenname (Vatersname) von dem väterlichen Vornamen Nayden abgeleitet war. Im Jahre 2010 wurde die Betroffene unter Beibehaltung der bulgarischen Staatsangehörigkeit eingebürgert; eine Erklärung zur Angleichung ihres Namens nach Art. 47 EGBGB hat sie bislang nicht abgegeben.
Die Betroffene schloss im Jahre 2011 in Bulgarien mit dem deutschen Staatsangehörigen Alexander Gn. die Ehe. Sie hat bei dem Standesamt die Beurkundung ihrer Ehe im Eheregister beantragt und dabei angegeben, dass sich die Namensführung der Eheleute nach deutschem Recht richten solle und sie ihren Vatersnamen behalten wolle. Das Standesamt möchte den Zwischennamen im Eheregister gesondert als Vatersnamen kennzeichnen. Es hat aber Zweifel, ob der Vatersname nicht ohne eine solche Kennzeichnung als zweiter Vorname einzutragen sei und die Sache daher über die Beteiligte zu 1 (Standesamtsaufsicht) dem Amtsgericht zur Entscheidung vorgelegt. Das Amtsgericht hat das Standesamt angewiesen, im Eheregister in die Spalte für den Vornamen der Ehefrau "Neli Naydenova" mit dem klarstellenden Klammerzusatz "(Vorname und Vatersname)" einzutragen. Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde der Standesamtsaufsicht zurückgewiesen. Die Standesamtsaufsicht hat die zugelassene Rechtsbeschwerde eingelegt. Sie hält die Entscheidungen der Vorinstanzen für zutreffend und möchte in der Rechtsbeschwerdeinstanz eine Bestätigung von deren Rechtsauffassung erreichen.
II.
1. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft, weil das Beschwerdegericht sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen hat. Daran ist der Senat gebunden (§ 70 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 2 FamFG iVm § 51 Abs. 1 PStG). Sie ist auch im Übrigen, insbesondere hinsichtlich der Beschwerdeberechtigung der Standesamtsaufsicht zulässig, die sich aus § 59 Abs. 3 FamFG iVm §§ 51 Abs. 2, 53 Abs. 2 PStG ergibt.
a) Nach § 53 Abs. 2 PStG steht der Aufsichtsbehörde für das Standesamt - wie schon in seiner zwischen dem 1. Januar 2009 und dem 31. August 2009 geltenden Fassung und nach § 49 Abs. 2 PStG in der bis zum 31. Dezember 2008 geltenden Fassung - das Recht der Beschwerde unabhängig von einer Beschwer in jedem Fall und somit auch dann zu, wenn sie selbst die angefochtene Beschlussfassung beantragt hat (OLG Brandenburg StAZ 2011, 47; Gaaz/Bornhofen PStG 2. Aufl. § 51 Rn. 23 und § 53 Rn. 7 f.; Rhein PStG § 53 Rn. 3). § 53 Abs. 2 PStG konkretisiert insoweit das den Behörden durch § 59 Abs. 3 FamFG eingeräumte Beschwerderecht (vgl. BT-Drucks. 16/6308 S. 317).
b) Einer formellen oder materiellen Beschwer der Aufsichtsbehörde bedarf es auch bei der Anrufung der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht. Unter der Geltung des bis zum 31. August 2009 gültigen Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) war es anerkannt, dass der Aufsichtsbehörde für das Standesamt durch die Einräumung eines von der Entscheidung der Vorinstanzen unabhängigen Beschwerderechts eine verfahrensrechtliche Handhabe gegeben werden sollte, um in wichtigen und umstrittenen Fragen eine klärende obergerichtliche Entscheidung herbeizuführen (BGHZ 56, 193, 194 = FamRZ 1971, 426; Senatsbeschluss BGHZ 157, 277, 279 = FamRZ 2004, 449 f.; vgl. auch BT-Drucks. 16/1831 S. 51). Nach der Neugestaltung des Rechtsmittelsystems durch das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG-RG) zum 1. September 2009 erfüllt nunmehr die Rechtsbeschwerdeinstanz bei dem Bundesgerichtshof die Funktion des dritten Rechtszuges, der unter der Geltung des alten Verfahrensrechts durch die weitere Beschwerde (§ 27 FGG) zum Oberlandesgericht (mit der Möglichkeit einer Divergenzvorlage nach § 28 FGG an den Bundesgerichtshof) eröffnet war.
2. In der Sache hält die Beschwerdeentscheidung der Überprüfung durch das Rechtsbeschwerdegericht stand.
a) Das Beschwerdegericht hat zur Begründung seiner unter anderem in StAZ 2012, 182 veröffentlichten Entscheidung im Wesentlichen das Folgende ausgeführt:
Zum Zeitpunkt der Geburt der Betroffenen sei für die Bestimmung ihres Namens allein bulgarisches Recht maßgeblich gewesen, so dass sie neben Vor- und Familiennamen zwingend einen vom Vornamen ihres Vaters abgeleiteten Zwischennamen zu führen hatte. Daran habe ihre Einbürgerung im Jahre 2010 nichts geändert. Zwar unterliege ihre Namensführung seither ungeachtet des Fortbestandes ihrer bulgarischen Staatsangehörigkeit dem deutschen Recht. Ein solcher Statutenwechsel lasse die Namensführung jedoch grundsätzlich unberührt. Dies gelte auch für den Zwischennamen der Betroffenen, in dessen unveränderter Weiterführung kein Verstoß gegen den ordre public erkannt werden könne. Zwar liege allen namensrechtlichen Vorschriften des deutschen Rechts unausgesprochen zugrunde, dass jede Person einen Vor- und einen Familiennamen führen müsse; diesem Erfordernis werde der nach bulgarischem Recht gebildete Name der Betroffenen aber gerecht. Es sei nicht verständlich, warum darüber hinaus Namenszusätze wie Zwischennamen unzulässig sein sollten. Der Gesetzgeber hätte sich das in § 94 BVFG und neuerdings in Art. 47 EGBGB eingeräumte Recht zur Ablegung von Zwischennamen sparen können, wenn "nahezu dasselbe Ergebnis" einer Anpassung des unter dem ausländischen Namensstatut erworbenen Namens an die Regeln des deutschen Namensrechts auch dann eintritt, wenn die scheinbar Begünstigten von dem Angebot des Gesetzgebers keinen Gebrauch machen wollten. Die von Amts wegen vorgenommene Angleichung des Vatersnamens bulgarischen Rechts in einen Vornamen deutschen Rechts stehe zudem in Widerspruch zur Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes, der in dem Bestehen eines hinkenden Namensverhältnisses bei EU-Doppelstaatlern wie der Betroffenen eine zu vermeidende Beeinträchtigung der Freizügigkeit sehe. Jeder Unionsbürger habe das Recht, innerhalb der EU einen einheitlichen Namen zu führen; hieraus ergebe sich für die Mitgliedstaaten eine primärrechtliche Verpflichtung, "hinkende" Namensverhältnisse, die sich vor allem aus dem Nebeneinander nicht vereinheitlichter nationaler Kollisionsrechte ergeben könnten, zu vermeiden.
Gegen diese Ausführungen bestehen keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
b) Zutreffend sind die rechtlichen Ausgangspunkte des Beschwerdegerichts zu den Fragen des Namenserwerbs und des Statutenwechsels.
aa) Die Frage, nach welchem Recht der Namenserwerb der Betroffenen zu beurteilen ist, richtet sich - da die Betroffene im Jahre 1983 geboren ist - nach dem vor dem 1. September 1986 geltenden Recht. Ein Namenserwerb, der auf einer Geburt vor diesem Zeitpunkt beruht, ist ein abgeschlossener Vorgang im Sinne von Art. 220 Abs. 1 EGBGB (Senatsbeschlüsse vom 14. November 1990 - XII ZB 26/89 - FamRZ 1991, 324 und vom 9. Juni 1993 - XII ZB 3/93 - FamRZ 1993, 1178, 1179). Nach dem vor dem 1. September 1986 geltenden deutschen internationalen Privatrecht galt für den Erwerb des Namens durch Geburt das Personalstatut mit Anknüpfung an die Staatsangehörigkeit des Namensträgers, und zwar auch soweit es Zwischennamen betraf (Senatsbeschluss vom 9. Juni 1993 - XII ZB 3/93 - FamRZ 1993, 1178, 1179). Da die Betroffene im Zeitpunkt ihrer Geburt die alleinige bulgarische Staatsangehörigkeit besaß, ist für diese Beurteilung nur bulgarisches Recht maßgebend. Nach bulgarischem Recht führt das Kind als Zwischennamen einen Vatersnamen, der aus dem Eigennamen des Vaters unter Anfügung von -ov oder -ev als Suffix und einer geschlechtsspezifischen Endung gebildet wird (vgl. auch Jessel/Holst in Bergmann/Ferid/Henrich Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderteil Bulgarien [Stand: 1. Juli 2012] S. 39).
bb) Anders als der Namenserwerb, der mit der Namenserteilung abgeschlossen ist, stellt das durch den Namenserwerb erlangte subjektive Recht einer Person auf die Führung des von ihr erworbenen Namens einen rechtlichen Dauertatbestand dar. Dieser kann als Folge tatsächlicher Veränderung des Anknüpfungsgrundes, und zwar insbesondere bei einem Wechsel der Staatsangehörigkeit des Namensträgers, einem Statutenwechsel unterliegen (BGHZ 63, 107, 111 f. = NJW 1975, 112, 113; Senatsbeschluss BGHZ 147, 159, 168 f. = FamRZ 2001, 903, 905), wobei für diese Beurteilung das im Zeitpunkt der tatsächlichen Veränderung geltende Kollisionsrecht maßgebend ist (vgl. MünchKommBGB/Sonnenberger 5. Aufl. Art. 220 EGBGB Rn. 14).
Im vorliegenden Fall hat der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit durch die Betroffene im Jahre 2010 ungeachtet der Beibehaltung ihrer bulgarischen Staatsangehörigkeit aus Sicht des deutschen internationalen Privatrechts dazu geführt, dass ihre Namensführung vom Zeitpunkt ihrer Einbürgerung an durch deutsches Recht beherrscht wird. Es kann dabei dahinstehen, ob dies aus Art. 10 Abs. 1 iVm Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB folgt, wonach der deutschen Staatsangehörigkeit bei Doppelstaatlern der prinzipielle Vorrang einzuräumen ist, oder ob die Anwendung von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB im Verhältnis zur Staatsangehörigkeit eines weiteren EU-Mitgliedstaates im Hinblick auf das Diskriminierungsverbot aus Art. 18 AEUV rechtlichen Bedenken begegnet (vgl. Nachweise zum Streitstand bei Palandt/Thorn BGB 73. Aufl. Art. 5 EGBGB Rn. 3). Denn unter den obwaltenden Umständen ergibt sich die Anwendung deutschen Rechts auf die künftige Namensführung der Betroffenen jedenfalls aus Art. 10 Abs. 1 iVm Art. 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, weil die deutsche Staatsangehörigkeit der Betroffenen nach ihrer dauerhaften Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland auch ihre effektive Staatsangehörigkeit im Sinne von Art. 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB geworden ist.
c) Die Frage, ob die Namensführung des Namensträgers eine Veränderung erfährt, ist im Gefolge eines Statutenwechsels nach den einschlägigen Bestimmungen des Eingangsstatuts zu beurteilen. Es bestimmt sich daher nach deutschem Recht, ob der Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit Auswirkungen auf die Namensführung der Betroffenen hat.
aa) Das deutsche Recht enthält indessen nach ständiger Rechtsprechung des Senats keine Norm, die es ohne weiteres erlauben würde, die Namensführung eines eingebürgerten Ausländers abweichend von dem fremden Recht zu beurteilen, unter dem der Name erworben wurde (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 121, 305, 313 = FamRZ 1993, 935, 937 f. und vom 9. Juni 1993 - XII ZB 3/93 - FamRZ 1993, 1178, 1179). Vielmehr ist das deutsche Recht von dem - ungeschriebenen - Grundsatz der Namenskontinuität beherrscht, mit dem sowohl allgemeinen Ordnungsinteressen als auch dem Bestreben Rechnung getragen wird, Namensänderungen gegen den Willen des Namensträgers möglichst zu vermeiden (vgl. BGHZ 63, 107, 112 = NJW 1975, 112, 113).
Das Prinzip der Namenskontinuität besagt allerdings zunächst nur, dass der Namenswortlaut unberührt bleibt, so dass die unter dem fremden Recht erworbenen Bezeichnungen und Zusätze mit Namensqualität grundsätzlich bestehen bleiben. Hieraus folgt im vorliegenden Fall, dass der von der Betroffenen nach bulgarischem Heimatrecht als Vatersname erworbene Namensbestandteil Naydenova aufgrund des Statutenwechsels zum deutschen Recht nicht schlicht weggefallen ist (klarstellend Hochwald StAZ 2010, 335, 336). Der Grundsatz der Namenskontinuität umgreift demgegenüber nicht ohne weiteres die Namensfunktion, die sich im Gefolge eines Statutenwechsels durchaus ändern kann (Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 10 EGBGB Rn. 156; NK-BGB/Mankowski Art. 10 EGBGB Rn. 21). Denn die Namensfunktion ist eine materiell-rechtliche Kategorie; sie kann daher an das Namensrecht des Eingangsstatuts "angeglichen" werden, wenn und soweit dieses die Namensformen des Ausgangsstatuts nicht kennt.
bb) Die erste Regelung, um das Problem der Angleichung im deutschen Namensrecht durch eine Vorschrift sachlichen Rechts zu lösen (materiell-rechtliche Angleichung), wurde mit dem zum 1. Januar 1993 in Kraft getretenen § 94 BVFG geschaffen. Durch diese Vorschrift sollte für statusdeutsche (Art. 116 Abs. 1 GG) Aussiedler eine erleichterte Möglichkeit eröffnet werden, ihre in den Aussiedlungsgebieten unter dem dortigen Namensstatut gebildeten - und häufig slawisierten - Namen durch eine Angleichungserklärung an die in Deutschland üblichen Namensformen und insbesondere an das deutsche Schema "Vorname und geschlechtsneutraler Familienname" anzupassen, ohne dafür den Weg der öffentlich-rechtlichen Namensänderung beschreiten zu müssen.
Außerhalb des Anwendungsbereichs von § 94 BVFG konnte demgegenüber bis zum Jahre 2007 nur im Einzelfall eine - auch als Transposition bezeichnete - objektive (kollisionsrechtliche) Angleichung nach allgemeinen Regeln des internationalen Privatrechts vorgenommen werden, wenn der Namensträger infolge eines Statutenwechsels nunmehr deutschem Recht unterstand, sein nach ausländischem Recht erworbener Name aber nicht mit den in Deutschland üblichen Namensbildungen verträglich war. Der internationalprivatrechtliche Grundsatz der Angleichung wurde von der Rechtsprechung entwickelt, um Widersprüche, Lücken und Spannungen zu überwinden, die sich ergeben können, wenn auf Grund des deutschen Kollisionsrechts die Normen ausländischen materiellen Rechts im Inland anzuwenden sind; die Angleichung erfolgt dadurch, dass auf der Grundlage der sogenannten Funktionsäquivalenz eine modifizierte Anwendung der Rechtsnormen im Inland vorgenommen wird (zum Namensrecht vgl. Senatsbeschluss BGHZ 109, 1, 6 = FamRZ 1990, 39, 41).
Die Praxis der kollisionsrechtlichen Angleichung, bei der ohne genügende Grundlage im positiven Recht (so auch Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 47 EGBGB Rn. 18) versucht wurde, im Falle eines mit dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit verbundenen Statutenwechsels Namensangleichungen vorzunehmen, wurde als alleinige Lösung für die in diesem Zusammenhang mit der Namensführung entstehenden Rechtskonflikte als unbefriedigend empfunden (vgl. BT-Drucks. 16/1831 S. 71 und BT-Drucks. 16/3309 S. 12 f.). Dies veranlasste den Gesetzgeber, mit der Einführung von Art. 47 EGBGB durch das Personenstandsrechtsreformgesetz vom 19. Februar 2007 (BGBl. I S. 122) allen Personen, deren Namensführung aufgrund eines Statutenwechsels unter die Herrschaft deutschen Rechts gelangt war, für die wichtigsten Angleichungskonstellationen (Art. 47 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EGBGB) eine dem § 94 BVFG nachgebildete Möglichkeit einzuräumen, eine materiell-rechtliche Wahl des nach deutschem Recht künftig zu tragenden Namens zu treffen.
cc) Soweit es dabei insbesondere die Führung von dem deutschen Recht unbekannten Zwischennamen betrifft, wird dem von einem Statutenwechsel zum deutschen Recht betroffenen Namensträger durch Art. 47 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB ("Ablegeerklärung") ermöglicht, diesen schlicht wegfallen zu lassen. Will der Namensträger seinen unter dem Ausgangsstatut als Zwischennamen geführten Namensbestandteil neben seinem Vornamen und Familiennamen behalten, ist ihm grundsätzlich auch die Möglichkeit eröffnet, seinen Zwischennamen nach Art. 47 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB ("Sortiererklärung") entweder zum weiteren Vornamen oder zum Begleitnamen zu bestimmen (vgl. Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 47 EGBGB Rn. 46).
Bezogen auf den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass die Betroffene nach dem Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit die Möglichkeit gehabt hätte, ihren im deutschen Recht nicht vorgesehenen Vatersnamen Naydenova durch eine Erklärung nach Art. 47 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB wegfallen zu lassen. Sie hätte ferner den Vatersnamen Naydenova nach Art. 47 Abs. 1 Nr. 1 EGBGB zum zweiten Vornamen bestimmen können; in diesem Fall wäre es ihr darüber hinaus möglich gewesen, mit einer weiteren Erklärung nach Art. 47 Abs. 1 Nr. 4 EGBGB ("Ursprungserklärung") ihren dann die Funktion eines weiteren Vornamens erfüllenden Namensbestandteil Naydenova in der passenden weiblichen Grundform - wohl Nayda - zu führen (vgl. dazu Hepting StAZ 2008, 161, 174).
d) Nicht einheitlich beantwortet wird die Frage, ob der Namensträger, der nach einem Statutenwechsel - wie hier - keine Erklärung nach Art. 47 EGBGB abgeben will, seinen bisherigen Namen in der ursprünglichen unangeglichenen Funktion behält oder ob in einem solchen Fall eine objektive Angleichung entsprechend der bisherigen Praxis nach den Regeln des internationalen Privatrechts auch ohne Erklärung des Namensträgers vorzunehmen ist.
aa) Dabei besteht allerdings - wovon auch das Beschwerdegericht ausgeht - Einigkeit darüber, dass die Angleichung jedenfalls dann von der (fehlenden) Angleichungserklärung abgekoppelt werden kann, wenn der unter dem ausländischen Recht gebildete Name eines Statutenwechslers keine strukturelle Aufgliederung in Vornamen und Familiennamen - sondern beispielsweise nur eine Kette von Eigennamen - enthält (Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 47 EGBGB Rn. 28; Mörsdorf-Schulte in Prütting/Wegen/Weinreich BGB 8. Aufl. Art. 47 EGBGB Rn. 3; jurisPK-BGB/Janal [Stand: Oktober 2012] Art. 47 EGBGB Rn. 3; Rauhmeier StAZ 2010, 337, 338; Hepting StAZ 2008, 161, 176; Mäsch IPrax 2008, 17, 18, 20; Henrich StAZ 2007, 197, 198). Diese Beurteilung hält auch der Senat für zutreffend. Der nach deutschem Recht gebildete bürgerliche Name einer natürlichen Person enthält zwingend einen Namensteil, der mit der Übertragbarkeit auf den Ehegatten und die Kinder auch die Aufgabe des Familiennamens erfüllen kann und einen anderen Namensteil, der als Vorname die Mitglieder einer Familie und allgemein die Träger des gleichen Familiennamens voneinander unterscheidbar macht. Damit steht es in Einklang, dass das Gesetz dem Namensträger - wenn auch in beschränktem Umfang - öffentlich-rechtliche Pflichten zur Führung seines bürgerlichen Namens auferlegt (vgl. etwa § 111 OWiG, § 5 Abs. 2 PAuswG, §§ 15 Abs. 1, 21 Abs. 1 PStG, §§ 15 a, 15 b GewO in der bis zum 24. März 2009 geltenden Fassung), die jeweils daran anknüpfen, dass der Name mindestens einen Vornamen und einen Familiennamen enthält. Auch dies verdeutlicht, dass unter deutschem Namensstatut die Führung eines Vornamens und eines Familiennamens ein unverzichtbares Ordnungs- und Unterscheidungskriterium darstellt. Staatlichen Ordnungsinteressen wird daher regelmäßig der Vorzug gegenüber dem Wunsch eines eingebürgerten Ausländers an der funktionellen Kon-tinuität bei der Führung seines unter fremdem Recht ohne Vornamen und/oder Familiennamen gebildeten Namens zu geben sein, so dass in diesen Fällen eine objektive Angleichung zwar unter möglicher Berücksichtigung der Wünsche des Namensträgers, aber gegebenenfalls auch gegen seinen Willen (vgl. MünchKommBGB/Birk 5. Aufl. Art. 47 EGBGB Rn. 18) zu erfolgen hat.
bb) Umstritten ist demgegenüber die Frage, ob der Name eines Statutenwechslers beim Fehlen von Erklärungen nach Art. 47 EGBGB auch dann nach kollisionsrechtlichen Regeln angeglichen werden kann, wenn dessen unter ausländischem Recht gebildeter Name zwar Vornamen und Familiennamen, darüber hinaus aber auch solche, dem deutschen Recht unbekannte Namensbestandteile - insbesondere Zwischennamen - enthält. Ein Teil des Schrifttums vertritt die Ansicht, dass die Fortführung von dem deutschen Recht unbekannten Namensbestandteilen mit staatlichen Ordnungsinteressen ebenso unvereinbar sei wie das Fehlen eines Vornamens oder eines Familiennamens und ein nach ausländischem Recht gebildeter Zwischenname daher nach dem Statutenwechsel nur funktionsäquivalent - typischerweise als weiterer Vorname - weitergeführt werden könne (Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 47 EGBGB Rn. 47; MünchKommBGB/Birk 5. Aufl. Art. 47 EGBGB Rn. 33; Mörsdorf-Schulte in Prütting/Wegen/Weinreich 8. Aufl. Art. 47 EGBGB Rn. 12; Hochwald StAZ 2010, 335, 336; Rauhmeier StAZ 2010, 337, 338; Mäsch IPrax 2008, 17, 19; Hepting StAZ 2008, 161, 173; Henrich StAZ 2007, 197, 201). Eine abweichende Auffassung ist demgegenüber mit dem Beschwerdegericht der Ansicht, dass das Prinzip der Namenskontinuität in diesem Falle auch die funktionelle Kontinuität umgreift, der Statutenwechsler mithin einen nicht abgelegten Zwischennamen auch unter deutschem Recht in der aus dem früheren Heimatrecht abgeleiteten Funktion weiterführen könne (Palandt/Thorn BGB 73. Aufl. Art. 47 EGBGB Rn. 5; jurisPK-BGB/Janal [Stand: Oktober 2012] Art. 47 EGBGB Rn. 3; vgl. bereits OLG Frankfurt StAZ 2006, 142, 143).
cc) Der Senat hält die letztgenannte Auffassung jedenfalls für die hier zur Beurteilung stehenden Fallkonstellation des Vatersnamens von Doppelstaatlern für zutreffend.
(1) Der Senat hat im Jahre 1993 in Bezug auf die Fortführung des unter russischem Recht erworbenen Vatersnamens eines statusdeutschen Spätaussiedlers ausgesprochen, dass "Zwischennamen (Vatersnamen), die nach dem bisherigen Heimatrecht des Aussiedlers erworben worden und Bestandteil seines Namens sind, in deutsche Personenstandsregister einzutragen sind, sofern der Aussiedler keine Erklärung nach § 94 Bundesvertriebenengesetz … abgibt" (Senatsbeschluss vom 9. Juni 1993 - XII ZB 3/93 - FamRZ 1993, 1178, 1180). Bereits daraus wurde - wie auch vom Beschwerdegericht - hergeleitet, dass der Senat in Bezug auf die Führung solcher Zwischennamen nach einem Statuswechsel zum deutschen Recht von einer funktionellen Namenskontinuität ausgegangen sei (vgl. OLG Frankfurt StAZ 2006, 142, 143; dagegen Henrich StAZ 2007, 197, 200 f.).
(2) Der Name des Menschen wird von seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 GG umfasst. Jede Maßnahme, die in das verfassungsrechtlich geschützte Recht am Namen eingreift, muss sich am Maßstab der Verhältnismäßigkeit messen lassen (BVerfG FamRZ 1988, 587, 589). Auch die im Wege objektiver Angleichung gegen den Willen des Namensträgers erzwungene Verpflichtung, einen unter ausländischem Recht als Vatersnamen erworbenen Namensbestandteil künftig als weiteren Vornamen zu führen, stellt sich als Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Namensträgers dar (so auch Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 47 EGBGB Rn. 31), der nur durch gewichtige öffentliche Interessen an der Angleichung gerechtfertigt werden kann.
(a) Ein Bedürfnis für die Angleichung von Zwischennamen wird in erster Linie im Zusammenhang mit der Registerdarstellung gesehen (vgl. BeckOK BGB/Mäsch [Stand: Mai 2013] Art. 10 EGBGB Rn. 19 und Art. 47 EGBGB Rn. 11). Der Führung amtlicher Register in Deutschland liegt die strukturelle Aufteilung des Namens in Vorname und Familienname zugrunde, und die Eintragung von Zusätzen, welche daneben die Bedeutung eines dem deutschen Recht unbekannten Namensbestandsteils im Register kennzeichnen und erläutern sollen, wird grundsätzlich unerwünscht sein. Indessen müssen solche Schwierigkeiten bei der Registerdarstellung seit jeher überwunden werden, wenn es um die Eintragung von Zwischennamen geht, die nach dem maßgeblichen Heimatrecht Bestandteil des vollen bürgerlichen Namens eines ausländischen Staatsbürgers sind (BGH Beschluss vom 26. Mai 1971 - IV ZB 22/70 - NJW 1971, 1571, 1572; vgl. zur Eintragung von Vatersnamen bulgarischer Staatsangehöriger OLG Hamm StAZ 1981, 190, 193).
Ausschlaggebend kann im vorliegenden Fall auch nicht sein, dass sich ein eingebürgerter Ausländer in Deutschland in einer Gesellschaft bewegt, die im Behördenverkehr sowie im gesellschaftlichen und beruflichen Leben maßgeblich von den Normen und Vorstellungen des materiellen deutschen Namensrechts geprägt ist (vgl. BayObLG NJWE-FER 1999, 111, 112) und die Angleichung seiner dem deutschen Recht unbekannten Namenstypen grundsätzlich geeignet sein kann, die Integration des Namensträgers in seine namensrechtliche Umwelt nicht nur im privaten Interesse der betroffenen Person, sondern auch im öffentlichen Interesse zu fördern. Denn eine Namensangleichung dürfte zur Integration nicht mehr viel beitragen können, wenn der unter ausländischem Recht gebildete Name schon die nach deutschem Namensrecht zwingend notwendigen Bestandteile Vorname und Familienname enthält, die der eingebürgerte Namensträger in dieser Funktion bereits verwenden kann.
(b) Der Vatersname erfüllt im bulgarischen Recht ebenso wie im gesamten slawischen Rechtskreis die Funktion, einen generationsübergreifenden familiären Zusammenhang zu kennzeichnen (vgl. Staudinger/Hepting/Hausmann BGB [2013] Art. 47 EGBGB Rn. 51). Dies wird etwa dadurch verdeutlicht, dass ein Kind nach bulgarischem Namensrecht im Falle einer sogenannten Volladoption (auch) einen neuen Vatersnamen erhält, der aus dem Vornamen des annehmenden Mannes abgeleitet wird (Art. 18 Abs. 2 iVm Art. 13 des Gesetzes über die Personenstandsregistrierung vom 23. Juli 1999, abgedruckt bei Jessel/Holst in Bergmann/Ferid/Henrich Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht Länderteil Bulgarien [Stand: 1. Juli 2012] S. 90 ff.). Das Interesse des eingebürgerten Ausländers, diesen familiären Zusammenhang durch die fortdauernde Führung des Vatersnamens - in der durch das ausländische Recht bestimmten Funktion - auch künftig kenntlich zu machen, muss aus der Sicht des deutschen Rechts jedenfalls dann respektiert werden, wenn der Namensträger (wie im vorliegenden Fall die Betroffene) durch Beibehaltung der bisherigen Staatsangehörigkeit seine Bindungen zum Heimatrecht nicht vollständig gelöst hat.
e) Es braucht daher nicht erörtert zu werden, ob sich - wie das Beschwerdegericht meint - die Wertung, dass die Betroffene ihren Namensbestandteil Naydenova nach dem Statutenwechsel zum deutschen Recht in der Funktion als Vatersnamen weiterführen kann, auch aus zwingenden Vorgaben der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ergibt, nach der eine kollisionsrechtlich bedingte Namensspaltung (zur Anknüpfung des Personal- und Namensstatuts bei Doppelstaatlern im bulgarischen internationalen Privatrecht vgl. Zidarova/Stanceva-Minceva RabelsZ 71 [2007], S. 398, 413, 415) bei EU-Bürgern - je nach Sachverhaltsgestaltung - einen Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot nach Art. 18 AEUV (EuGH Urteil vom 2. Oktober 2003 Rs. C-148/02 - Slg. I 2003, 11613 = FamRZ 2004, 273 - Garcia Avello) und/oder eine unzulässige Beschränkung der Freizügigkeit nach Art. 21 AEUV (EuGH Urteil vom 14. Oktober 2008 - Rs. C-353/06 - Slg. I 2008, 7639 = FamRZ 2008, 2089 - Grunkin-Paul II) darstellen kann.
Dose Klinkhammer Günter
Botur Guhling