Entscheidungsdatum: 15.07.2015
In einer Unterbringungssache im Sinn des § 312 FamFG ist die Rechtsbeschwerde des Betroffenen gegen einen Beschluss, mit dem das Beschwerdegericht die Sache an das erstinstanzliche Gericht zurückverweist, nur statthaft, wenn das Beschwerdegericht sie zugelassen hat (Fortführung des Senatsbeschlusses vom 7. Mai 2014, XII ZB 540/13, FamRZ 2014, 1285).
Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Bonn vom 18. März 2015 wird verworfen.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei.
I.
Die 1977 geborene Betroffene leidet seit ihrer Jugend an einer zwischenzeitlich chronifizierten Psychose und steht unter einer umfassenden Betreuung. Seit November 2005 ist ihre zivilrechtliche Unterbringung durchgehend genehmigt, wobei sie sich im Wesentlichen in einer psychiatrischen Klinik befand. Immer wieder verweigerte sie phasenweise die Behandlung mit Depot-Neuroleptika, deren zwangsweise Verabreichung mehrfach betreuungsgerichtlich genehmigt wurde.
Ende 2014 ließ die Betreuerin die Betroffene in eine geschlossene Wohneinrichtung verlegen. Die Betreuerin will, dass die Betroffene auch dort die Depotmedikation zwangsweise verabreicht bekommt. Sie hat daher einen Antrag auf (neuerliche) Genehmigung der ärztlichen Zwangsmaßnahme gestellt.
Diesen hat das Amtsgericht zurückgewiesen. Auf die von der Betreuerin eingelegte Beschwerde hat das Landgericht den Beschluss aufgehoben und das Amtsgericht angewiesen, den Genehmigungsantrag nicht mit der Begründung abzulehnen, die Behandlung sei im Rahmen eines Heimaufenthalts aus rechtlichen Gründen generell unzulässig.
Hiergegen richtet sich die von der Betroffenen eingelegte Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist unzulässig, weil es ihr an der Statthaftigkeit nach § 70 FamFG fehlt.
1. Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde im angefochtenen Beschluss nicht zugelassen (§ 70 Abs. 1 FamFG). Die vom Beschwerdegericht erteilte - unzutreffende - Rechtsmittelbelehrung stellt keine Entscheidung über die Zulassung der Rechtsbeschwerde dar (Senatsbeschlüsse vom 7. Mai 2014 - XII ZB 540/13 - FamRZ 2014, 1285 Rn. 6 und vom 20. Juli 2011 - XII ZB 445/10 - FamRZ 2011, 1728 Rn. 16).
2. Ein Fall der Statthaftigkeit ohne Zulassung gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FamFG liegt nicht vor.
Durch § 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG ist ausdrücklich geregelt, dass Rechtsbeschwerden in Unterbringungs- und Freiheitsentziehungssachen nur dann ohne Zulassung statthaft sind, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringung oder die freiheitsentziehende Maßnahme anordnet. Der Gesetzgeber wollte die zulassungsfreie Rechtsbeschwerde nur gegen Beschlüsse eröffnen, die unmittelbar freiheitsentziehende Wirkung haben (Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 540/13 - FamRZ 2014, 1285 Rn. 8; BT-Drucks. 16/12717 S. 60).
In dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht lediglich den die Genehmigung nach § 1906 Abs. 3a BGB verweigernden Beschluss des Amtsgerichts aufgehoben und das Verfahren an das Amtsgericht zurückverwiesen. Auch wenn es dabei über für die Genehmigungsentscheidung gegebenenfalls maßgebliche Vorfragen entschieden hat, ist damit keine unmittelbare Freiheitsentziehung, hier in Form der Genehmigung ärztlicher Zwangsmaßnahmen (§ 312 Satz 1 Nr. 1 FamFG), verbunden. Vielmehr bedarf es aus Sicht des Beschwerdegerichts einer Reihe weiterer Ermittlungen und Feststellungen, bevor abschließend über den Genehmigungsantrag befunden werden kann.
Auf eine solche Fallgestaltung findet § 70 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2, Satz 2 FamFG schon mangels planwidriger Regelungslücke keine entsprechende Anwendung (vgl. Senatsbeschluss vom 7. Mai 2014 - XII ZB 540/13 - FamRZ 2014, 1285 Rn. 9). Der Gesetzgeber wollte eine zulassungsfreie Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde im Bereich der Unterbringungs- und Freiheitsentziehungssachen nur für unmittelbar in die Freiheitsgrundrechte der Betroffenen eingreifende Gerichtsentscheidungen. Alle anderen Beschlüsse und damit auch solche, die sich auf eine Zurückverweisung beschränken, sind mithin nur nach einer Zulassung gemäß § 70 Abs. 1 FamFG mit der Rechtsbeschwerde anfechtbar. Im Übrigen ist die Interessenlage des Betroffenen eines Unterbringungsverfahrens, in dem das Beschwerdegericht die Sache unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses zurückverweist, nicht mit der in § 70 Abs. 3 Satz 2 FamFG geregelten vergleichbar. Denn entgegen der von der Rechtsbeschwerde vertretenen Auffassung ist mit der Zurückverweisung gerade keine freiheitsentziehende Wirkung verbunden. Vielmehr kommt es durch sie zu einer neuerlichen Prüfung durch das Amtsgericht, ob es der Anordnung einer Unterbringung oder freiheitsentziehenden Maßnahme bedarf.
3. Mangels zulässiger Rechtsbeschwerde hat es daher bei der vom Beschwerdegericht - unter Verstoß gegen § 69 Abs. 1 Satz 2 und 3 FamFG und trotz des Umstands, dass das Beschwerdegericht die nicht beschwerdeberechtigte Betreuerin als Beschwerdeführerin angesehen hat und nicht von einem Rechtsmittel namens der Betroffenen im Sinn des § 335 Abs. 3 FamFG ausgegangen ist - angeordneten Zurückverweisung an das Amtsgericht zu verbleiben. Dieses wird sich auch mit der von der Rechtsbeschwerdebegründung aufgeworfenen Rechtsfrage auseinanderzusetzen haben, ob die beantragte zwangsweise Verabreichung einer Depotmedikation eine Heilbehandlung im Sinn von § 1906 Abs. 3 Satz 1, Abs. 1 Nr. 2 BGB darstellen kann (vgl. dazu Senatsbeschluss vom 1. Juli 2015 - XII ZB 89/15 - juris Rn. 17 ff. mwN).
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