Entscheidungsdatum: 02.09.2015
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 9. Zivilkammer des Landgerichts Hannover vom 4. März 2015 aufgehoben, soweit mit diesem die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 10. November 2014 zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Wert: 5.000 €
I.
Die im Jahre 1943 geborene Betroffene leidet an einer wahnhaften Störung. Mit Beschluss vom 10. November 2014 hat das Amtsgericht für sie eine Berufsbetreuerin mit dem Aufgabenkreis Gesundheitssorge, Vermögenssorge, Wohnungsangelegenheiten, Entgegennahme, Öffnen und Anhalten der Post sowie Rechts-, Antrags- und Behördenangelegenheiten bestellt und als Überprüfungszeitpunkt den 10. November 2016 bestimmt. Mit Beschluss vom 11. Dezember 2014 hat es den Aufgabenkreis der Betreuerin im Wege der einstweiligen Anordnung befristet bis 10. Mai 2015 um die Aufenthaltsbestimmung erweitert.
Die von der Betroffenen gegen beide Beschlüsse eingelegten Beschwerden hat das Landgericht mit einem einheitlichen Beschluss zurückgewiesen. Die Rechtsbeschwerde der Betroffenen richtet sich gegen die Zurückweisung der auf den amtsgerichtlichen Beschluss vom 10. November 2014 bezogenen Beschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg. Die Beschwerdeentscheidung hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Nach § 1896 Abs. 1a BGB darf gegen den freien Willen eines Volljährigen ein Betreuer nicht bestellt werden. Die Annahme eines freien Willens im Sinne von § 1896 Abs. 1a BGB setzt dabei Einsichts- und Handlungsfähigkeit voraus. Der Betroffene muss mithin in der Lage sein, im Grundsatz die für und wider eine Betreuerbestellung sprechenden Gesichtspunkte zu erkennen und gegeneinander abzuwägen, sowie nach der gewonnenen Erkenntnis zu handeln, also die sich daraus ergebenden Schlüsse in Bezug auf die Einrichtung einer Betreuung umzusetzen. Das krankheitsbedingte Fehlen eines solchen freien Willens hat das sachverständig beratene Gericht festzustellen (vgl. zu den Einzelheiten Senatsbeschluss vom 26. Februar 2014 - XII ZB 577/13 - FamRZ 2014, 830 Rn. 11 ff.).
An einer diesen rechtlichen Vorgaben genügenden Feststellung, dass es der Betroffenen am freien Willen mangelt, fehlt es vorliegend. Die amtsgerichtliche Entscheidung verhält sich zu dieser Frage überhaupt nicht. Das Landgericht führt insoweit lediglich aus, die Betroffene sei "aufgrund einer wahnhaften Störung in ihrer freien Willensbildung beeinflusst und deshalb nicht in der Lage ..., ihre Angelegenheiten teilweise wahrzunehmen." Dass die Willensbildung durch die Krankheit beeinflusst ist, bedeutet jedoch bereits nicht, dass nicht gleichwohl eine freie Willensbildung möglich ist. Darüber hinaus betrifft die Aussage des Landgerichts nicht den - allein maßgeblichen - freien Willen hinsichtlich einer Betreuung, sondern befasst sich mit der Erledigung derjenigen Aufgaben, die ein Betreuer gegebenenfalls übernehmen soll. Auch dem vom Landgericht in Bezug genommenen Sachverständigengutachten lässt sich insoweit nichts entnehmen.
Der angefochtene Beschluss ist daher im Umfang der Anfechtung aufzuheben und die Sache ist insoweit an das Beschwerdegericht zurückzuverweisen, das die erforderliche Prüfung zum Vorliegen eines freien Willens nachzuholen haben wird.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird gemäß § 74 Abs. 7 FamFG abgesehen.
Dose Klinkhammer Nedden-Boeger
Botur Guhling