Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 05.06.2013


BGH 05.06.2013 - XII ZB 101/09

Versorgungsausgleich: Unwirtschaftlichkeit der Durchführung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs zugunsten eines im Beamtenverhältnis stehenden Ehegatten durch Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
12. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
05.06.2013
Aktenzeichen:
XII ZB 101/09
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend OLG Karlsruhe, 18. Mai 2009, Az: 2 UF 125/08vorgehend AG Schwetzingen, 24. Juni 2008, Az: 1 F 109/06
Zitierte Gesetze
§ 1587b Abs 4 BGB vom 02.01.2002

Leitsätze

Die Durchführung des öffentlich-rechtlichen Wertausgleichs zugunsten eines im Beamtenverhältnis stehenden Ehegatten durch Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung ist nicht schon deshalb zweckverfehlt oder unwirtschaftlich, weil sich aus diesen Anrechten in der Regel kein Anspruch auf Zahlung einer Erwerbsminderungsrente realisieren lässt (im Anschluss an die Senatsbeschlüsse vom 9. März 1984, IVb ZB 875/80, FamRZ 1984, 667 und vom 13. September 2006, XII ZB 70/01, FamRZ 2007, 30). Dies gilt auch, wenn der Ausgleichsberechtigte bereits bei Ehezeitende dienstunfähig ist.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 2. Zivilsenats - Senat für Familiensachen - des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 18. Mai 2009 wird auf Kosten des Antragsgegners zurückgewiesen.

Beschwerdewert: 2.000 €

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten um die Durchführung des Versorgungsausgleichs.

2

Die am 24. Dezember 1962 geborene Antragstellerin (im Folgenden: Ehefrau) und der am 10. Oktober 1959 geborene Antragsgegner (im Folgenden: Ehemann) schlossen am 7. Juni 1995 die Ehe. Der Scheidungsantrag der Ehefrau wurde dem Ehemann am 2. November 2006 zugestellt. Das Amtsgericht - Familiengericht - hat die Parteien mit Verbundurteil vom 24. Juni 2008 geschieden - insoweit rechtskräftig - und den Versorgungsausgleich durchgeführt.

3

Beide Eheleute haben während der Ehezeit (1. Juni 1995 bis 31. Oktober 2006, § 1587 Abs. 2 BGB aF) Rentenanwartschaften erworben. Die Ehefrau ist als Angestellte bei der Berufsgenossenschaft Handel und Warendistribution (BGHW) tätig und verfügt dort über eine Anwartschaft auf Ruhegehalt nach dem Beamtenversorgungsgesetz in Verbindung mit § 3 der Dienstordnung der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft. Der Ehezeitanteil dieser Anwartschaft beläuft sich nach der erstinstanzlich erteilten Auskunft der Berufsgenossenschaft auf 701,94 € monatlich.

4

Der Ehemann war als Beamter ebenfalls bei der BGHW beschäftigt und bezieht seit 1. Oktober 1998 Ruhegehalt wegen Dienstunfähigkeit, bei Ehezeitende in Höhe von monatlich 1.994,60 €. Der Ehezeitanteil seines Ruhegehalts beträgt 410,51 € monatlich. Der Ehemann verfügt weiter über eine Anwartschaft auf Vollrente wegen Alters aus der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund in Höhe von monatlich 10,30 €. In der gesetzlichen Rentenversicherung hat er 61 Monate Pflichtbeitragszeiten zurückgelegt. Seine bei der HUK-Coburg Lebensversicherung AG abgeschlossene private Rentenversicherung hat ein ehezeitliches Deckungskapital von 873,19 €. Er ist nebenberuflich als Rechtsanwalt tätig. Von der Pflicht zur Beitragszahlung an das Versorgungswerk der Rechtsanwälte hat der Ehemann sich 1998 im Hinblick auf seine Dienstunfähigkeit befreien lassen.

5

Das Amtsgericht hat den Versorgungsausgleich durchgeführt und im Wege des Quasi-Splittings zu Lasten der Versorgung der Ehefrau Rentenanwartschaften in Höhe von 138,59 €, bezogen auf den 31. Oktober 2006, auf dem Versicherungskonto des Ehemannes bei der Deutschen Rentenversicherung Bund begründet.

6

Die BGHW hat unter dem 16. März 2009 neue Auskünfte zu den in der Ehezeit erworbenen Anwartschaften erteilt. Hiernach beträgt das ehezeitliche Anrecht des Ehemannes nur noch 407,33 € (statt 410,51 €) und die ehezeitliche Anwartschaft der Ehefrau nur noch 669,92 € (statt 701,94 €).

7

Das Oberlandesgericht hat die Beschwerde des Ehemannes, mit der er unter anderem die anderweitige Regelung des Versorgungsausgleichs gemäß § 1587 b Abs. 4 BGB weiter verfolgt hat, zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt er sein Begehren weiter, den Versorgungsausgleich anders als durch Quasi-Splitting zu regeln.

II.

8

Die zulässige Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

9

Für das Verfahren ist gemäß Art. 111 FGG-RG noch das bis Ende August 2009 geltende Verfahrensrecht anwendbar, weil das Verfahren vor diesem Zeitpunkt eingeleitet worden ist (Senatsurteil BGHZ 184, 13 = FamRZ 2010, 357 Rn. 7). Nach § 48 VersAusglG findet das bis Ende August 2009 geltende materielle Recht Anwendung, weil das Verfahren weder am 1. September 2009 noch danach abgetrennt oder ausgesetzt und das Ruhen nicht angeordnet war.

10

1. Die Rechtsbeschwerde des Antragsgegners ist gemäß §§ 629 a Abs. 2 Satz 1, 621 e Abs. 2 ZPO statthaft. Das Oberlandesgericht hat die Rechtsbeschwerde im Tenor des Beschlusses hinsichtlich der Voraussetzungen des § 1587 b Abs. 4 BGB zugelassen. Diese Beschränkung der Zulassung ist unwirksam, weil die Zulassung eines Rechtsmittels nur auf einen tatsächlich und rechtlich selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffes beschränkt werden kann, der Gegenstand einer Teilentscheidung sein könnte oder auf den der Rechtsmittelführer sein Rechtsmittel selbst beschränken könnte. Unzulässig ist es, die Zulassung auf einzelne von mehreren Anspruchsgrundlagen oder auf bestimmte Rechtsfragen zu beschränken (vgl. BGHZ 101, 276 = NJW 1984, 2586; BGHZ 111, 158 = NJW 1990, 1910, 1912 jeweils mwN). Danach scheidet hier die Beschränkung der Zulassung auf die Frage nach den Voraussetzungen des § 1587 b Abs. 4 BGB aus. Bei einer unzulässigen Beschränkung der Rechtsmittelzulassung ist die angefochtene Entscheidung in vollem Umfang zu überprüfen (BGH Urteil vom 7. Juli 1983 - III ZR 119/82 - NJW 1984, 615 mwN).

11

2. Das Oberlandesgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

12

Der Versorgungsausgleich sei durch Quasi-Splitting durchzuführen und nicht in anderer Weise im Sinne von § 1587 b Abs. 4 BGB zu regeln, da das Quasi-Splitting hier weder zweckverfehlt noch unwirtschaftlich sei. Der Ehemann werde die Regelaltersrente erhalten, die aus von ihm selbst erworbenen Anwartschaften und dem Zuschlag aus dem Versorgungsausgleich bestehen werde. § 1587 b Abs. 4 BGB unterliege als Ausnahme vom gesetzlichen Regelfall strengen Maßstäben und sei nur dort anwendbar, wo das übergeordnete Ziel des Versorgungsausgleichs, nämlich die Sicherung des sozial schwächeren Ehegatten durch Schaffung einer eigenständigen Versorgung, durch die an sich zwingenden Ausgleichsformen nicht erreicht werden könne. Auch wenn sich aus den Anrechten, die einem Beamten im Wege des Quasi-Splittings übertragen würden, keine Erwerbsminderungsrente realisieren lasse, sei die mit dem Versorgungsausgleich angestrebte Verbesserung der sozialen Sicherung des ausgleichsberechtigten Ehegatten nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Verfassungsrechtliche Bedenken wegen einer Ungleichbehandlung von dienstunfähigen Beamten und erwerbsgeminderten Arbeitnehmern beim Zugang zu den im Versorgungsausgleich erworbenen Rechten bestünden angesichts der Unterschiedlichkeit der beiden Versorgungssysteme nicht. Dienstunfähigkeit und Erwerbsminderung hätten jeweils andere Voraussetzungen. Eine Ungleichbehandlung könne nur dann eintreten, wenn der Beamte nicht nur die Voraussetzungen der Dienstunfähigkeit erfüllen würde, sondern auch diejenigen der Erwerbsminderung. Selbst dann bestünden aber noch solche grundlegenden systembedingten Unterschiede, dass eine solche - ohnehin wohl nur selten vorkommende - Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei. Ein Beamter erhalte bei Dienstunfähigkeit eine Vollalimentation, ein Arbeitnehmer nur die Grundversorgung, so dass ein Beamter nicht in dem Maße auf die im Versorgungsausgleich übertragenen Anrechte angewiesen sei wie ein Arbeitnehmer.

13

Das Oberlandesgericht hat die neuen Auskünfte der BGHW vom 16. März 2009 unberücksichtigt gelassen, da dies zu einer Verringerung der Ausgleichspflicht der Ehefrau zu Lasten des Ehemannes führen würde. Im Hinblick auf das Verbot der Schlechterstellung des Beschwerdeführers, das auch im Versorgungsausgleichsverfahren gelte, könne diese Auskunft der Berechnung des Versorgungsausgleichs nicht zugrunde gelegt werden.

14

3. Die Ausführungen des Oberlandesgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung stand. Der Versorgungsausgleich ist in gesetzlicher Weise durch Quasi-Splitting durchzuführen, die Voraussetzungen der Ausnahmevorschrift des § 1587 b Abs. 4 BGB liegen nicht vor.

15

a) Beamten- und beamtenähnliche Versorgungsanrechte werden nach dem bis 31. August 2009 geltenden Recht gemäß § 1587 b Abs. 2 Nr. 1 BGB im Wege des Quasi-Splittings ausgeglichen, indem zu Lasten der späteren Versorgungsbezüge des Verpflichteten für den Berechtigten auf einem vorhandenen oder noch einzurichtendem Rentenversicherungskonto Anwartschaften der gesetzlichen Rentenversicherung begründet werden. Bei dieser Regelung ließ sich der Gesetzgeber von dem Gedanken leiten, dass eine unmittelbare Aufteilung der beamtenrechtlichen Versorgungsanrechte und die damit verbundene Gewährung eines direkten Versorgungsanspruchs des Berechtigten gegen den Dienstherrn des Verpflichteten aus beamtenrechtlichen Gründen ausgeschlossen war (Senatsbeschluss vom 13. September 2006 - XII ZB 70/01 - FamRZ 2007, 30, 32 mwN). Auch wenn beide Ehegatten in einem beamtenrechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen, ergab sich für den Gesetzgeber nicht die Pflicht, den Versorgungsausgleich durch Realteilung der beamtenrechtlichen Versorgungsanrechte zu regeln (vgl. Senatsbeschluss vom 13. September 2006 - XII ZB 70/01 - FamRZ 2007, 30, 32). Eine Realteilung ist in der Dienstordnung der BGHW auch nicht vorgesehen.

16

b) Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 1587 b Abs. 4 BGB liegen nicht vor. Nach dieser Vorschrift soll das Familiengericht den Ausgleich in anderer Weise regeln, wenn sich die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften voraussichtlich nicht zugunsten des Berechtigten auswirken würde oder wenn der Versorgungsausgleich in dieser Form nach den Umständen des Falles unwirtschaftlich wäre. Danach erlaubt das Gesetz die Anwendung der Bestimmung unter zwei Gesichtspunkten, die sich im Einzelfall allerdings überschneiden können (Senatsbeschluss vom 9. März 1984 - IVb ZB 875/80 - FamRZ 1984, 667). Als Ausnahme vom gesetzlich geregelten Ausgleichsmechanismus unterliegt § 1587 b Abs. 4 BGB strengen Maßstäben. Die Vorschrift ist nur dort anwendbar, wo das übergeordnete Ziel des Versorgungsausgleichs, nämlich die Sicherung des sozial schwächeren Ehegatten durch Schaffung einer eigenständigen Versorgung, durch die an sich zwingenden Ausgleichsformen des öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleichs nicht erreicht werden kann (Senatsbeschluss vom 13. September 2006 - XII ZB 70/01 - FamRZ 2007, 30, 32; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 b Rn. 44).

17

aa) Ob sich der Versorgungsausgleich nicht zugunsten des Berechtigten auswirken wird, ist aufgrund der jeweiligen Verhältnisse des Einzelfalls festzustellen (Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 531). Der Versorgungsausgleich wirkt sich dann nicht aus, wenn vorherzusehen ist, dass der Berechtigte aus den übertragenen oder begründeten Anwartschaften nie eine Leistung beziehen wird, weil er auch mit Hilfe der übertragenen oder begründeten Rentenanwartschaften die Wartezeit von fünf Jahren als Voraussetzung für den späteren Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung (§§ 35, 50 Abs. 1 SGB VI) nicht erfüllen kann und er auch keine Möglichkeit hat, die Rentenanwartschaften weiter auszubauen (Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 531; Erman/Wellenhofer BGB 12. Aufl. § 1587 b Rn. 20; Wick Versorgungsausgleich Rn. 187; MünchKommBGB/Dörr 5. Aufl. § 1587 b Rn. 52; Staudinger/Rehme BGB [2004] Rn. 116; Hoppenz/Triebs Familiensachen 8. Aufl. § 1587 b Rn. 46). Für den Ehemann wird sich der Versorgungsausgleich hier jedoch mit Erreichen der Regelaltersrente schon deshalb auswirken, weil er bereits 61 Kalendermonate als Beitragszeiten erworben hat.

18

bb) Die Durchführung des Versorgungsausgleichs ist für den Ehemann auch nicht unwirtschaftlich, obwohl er hierdurch keinen Zugang zu einer Invaliditätsversorgung aus der gesetzlichen Rentenversicherung erlangt. Denn hierfür müsste er neben der Erfüllung der allgemeinen Wartezeit von 60 Monaten in den letzten 60 Monaten vor dem Eintritt des Versicherungsfalls 36 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt haben (§ 43 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 Nr. 2 SGB VI, sog. Drei-Fünftel-Belegung). Diese Voraussetzung kann der Ehemann nicht mehr erfüllen.

19

(1) Unwirtschaftlich wäre der Versorgungsausgleich nur, wenn zwischen den für den Verpflichteten auftretenden Belastungen aus dem Verlust des Anrechts und dem wirtschaftlichen Vorteil des Berechtigten ein Missverhältnis entstehen würde (Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 532; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 b Rn. 46; Staudinger/Rehme BGB [2004] § 1587 b Rn. 119). Dies ist nicht schon dann anzunehmen, wenn der Verpflichtete Anrechte abgeben muss, solange diese dem Berechtigten zugutekommen (Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 532). Ein Missverhältnis entsteht deshalb nicht etwa dadurch, dass gesetzliche Rentenanwartschaften zu Lasten von Beamtenanwartschaften begründet werden, denn dies entspricht der gesetzlichen Wertung des § 1587 b Abs. 2 BGB. Übertragung und Begründung von Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung sind bei Anlegung dieser Maßstäbe grundsätzlich als wirtschaftlich anzusehen. Ein für den Berechtigten wirksamer öffentlich-rechtlicher Wertausgleich ist nicht bereits dann unwirtschaftlich, wenn sich eine wirtschaftlich vorteilhaftere Durchführung des Ausgleichs vorstellen lässt (MünchKommBGB/Dörr 5. Aufl. § 1587 b Rn. 53).

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(2) Der Senat hat bereits entschieden, dass das mit dem Versorgungsausgleich angestrebte Ziel einer Verbesserung der sozialen Sicherung des ausgleichsberechtigten Ehegatten durch die bei einem Beamten infolge der Drei-Fünftel-Regelung grundsätzlich ausbleibenden Auswirkungen auf die Höhe der Invaliditätsversorgung bei Dienstunfähigkeit nicht grundsätzlich in Frage gestellt werde. Dem Versicherungsschutz wegen Frühinvalidität in der gesetzlichen Rentenversicherung komme bei einem Beamten nicht die gleiche wirtschaftliche Bedeutung zu wie bei einem nicht beamteten Ehegatten. Ein Beamter sei gegen das Invaliditätsrisiko bereits teilweise dadurch abgesichert, dass er bei einem Gesundheitsschaden durch Dienstunfall Leistungen der Unfallfürsorge beanspruchen könne, wozu im Falle der Dienstunfähigkeit die Zahlung eines besonderen Ruhegehaltes (§ 36 Abs. 1 BeamtVG) gehöre. Bei der Prüfung der Frage, ob die mit dem Versorgungsausgleich erreichte rentenrechtliche Position zu einem wirtschaftlich noch vertretbaren Ergebnis im Sinne des § 1587 b Abs. 4 BGB führt, überwiege für den Beamten die Erlangung seines Anspruchs auf Altersruhegeld, zumal die künftige beamtenrechtliche Versorgung des ausgleichsberechtigten Ehegatten wegen einer auf dem Versorgungsausgleich beruhenden gesetzlichen Rente wegen § 55 BeamtVG nicht gekürzt werde (Senatsbeschlüsse vom 13. September 2006 - XII ZB 70/01 - FamRZ 2007, 30, 33 und vom 9. März 1984 - IVb ZB 875/80 - FamRZ 1984, 667, 668).

21

(3) An dieser Rechtsprechung, die in der Literatur überwiegend Zustimmung erfahren hat (Erman/Wellenhofer BGB 12. Aufl. § 1587 b Rn. 20; Hoppenz/Triebs Familiensachen 8. Aufl. § 1587 b BGB Rn. 46; Rahm/Künkel/Klattenhoff Handbuch des Familiengerichtsverfahrens Stand Februar 2001 V Rn. 321.2; MünchKommBGB/Dörr 5. Aufl. § 1587 b BGB Rn. 51; RGRK/Wick BGB 12. Aufl. § 1587 b Rn. 87; Johannsen/Henrich/Hahne Eherecht 4. Aufl. § 1587 b Rn. 45; Staudinger/Rehme BGB [2004] § 1587 b Rn. 118; Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 532), hält der Senat fest. Allerdings ist im Schrifttum darauf hingewiesen worden, dass nicht generell davon ausgegangen werden könne, dass das Interesse des verbeamteten Ausgleichsberechtigten an der Erlangung eines Anspruchs auf Altersrente überwiege. Bei einem noch jungen Beamten, nach dessen Gesundheitszustand eine alsbaldige Dienstunfähigkeit zu erwarten stehe, könne eine andere Beurteilung gerechtfertigt sein (Soergel/Lipp BGB 13. Aufl. § 1587 b Rn. 282). In diesem Fall verstärke sich der Unterschied zwischen Beamtenversorgung und gesetzlicher Rentenversicherung deutlich (Borth Versorgungsausgleich 4. Aufl. Rn. 532). Ob eine solche Fallgestaltung anders zu beurteilen ist, hat der Senat in seiner Entscheidung vom 13. September 2006 offen gelassen. Die Frage kann auch hier unbeantwortet bleiben.

22

(4) Eine bei Ehezeitende bereits eingetretene Dienstunfähigkeit rechtfertigt jedenfalls keine andere rechtliche Beurteilung, wenn es sich bei dem Ausgleichsberechtigten nicht um einen noch jungen Beamten handelt.

23

(a) Der Zweck des Versorgungsausgleichs, die Stärkung der eigenständigen sozialen Absicherung des Ausgleichsberechtigten, wird hier nicht verfehlt, wenn der Ehemann erst bei Erhalt der Altersrente von den begründeten Anwartschaften profitieren kann. Denn er ist durch die beamtenrechtliche Vollalimentation in Form des Ruhegehalts wegen Dienstunfähigkeit (1.994,60 € bei Ehezeitende) bereits ausreichend für die Invalidität abgesichert.

24

(b) Es liegt auch keine wesentliche Ungleichbehandlung im Vergleich zu pflichtversicherten Angestellten vor. Dem Eintritt der Dienstunfähigkeit eines Beamten einerseits und der Erwerbsminderung eines Arbeitnehmers andererseits liegen keine wesentlich gleichgelagerten Sachverhalte zu Grunde (Senatsbeschluss vom 13. September 2006 - XII ZB 70/01 - FamRZ 2007, 30, 33). Der Zugang zur Invaliditätsversorgung wird in beiden Systemen unter völlig anderen Voraussetzungen eröffnet. Eine Dienstunfähigkeit kann nicht mit einer Erwerbsminderung gleichgesetzt werden. Sie wird statusbezogen beurteilt, nämlich dahingehend, ob der Beamte für die Anforderungen des ihm übertragenen Amtes vermindert leistungsfähig ist, wohingegen der Arbeitnehmer erst dann erwerbsgemindert ist, wenn sein Leistungsvermögen für jede denkbare Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gemindert ist (Senatsbeschluss vom 13. September 2006 - XII ZB 70/01 - FamRZ 2007, 30, 33). Nicht jeder dienstunfähige Beamte ist damit auch erwerbsgemindert.

25

Hinzu kommt, dass der Beamte in dem Fall, in dem es an den persönlichen Voraussetzungen der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente fehlt, beim Zugang zur Invaliditätsversorgung im Verhältnis zum Arbeitnehmer mit dem gleichen Leistungsvermögen nicht wesentlich ungleich behandelt wird (Senatsbeschluss vom 13. September 2006 - XII ZB 70/01 - FamRZ 2007, 30, 33). In rentenversicherungsrechtlicher Hinsicht wird der Beamte ebenfalls nicht ungleich behandelt, da auch der Arbeitnehmer die Drei-Fünftel-Belegung erfüllen muss, um Erwerbsminderungsrente erhalten zu können.

26

(c) Etwas anderes ergibt sich - entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde - auch nicht dadurch, dass der Ehemann bei Ehezeitende 47 Jahre alt und seine Dienstunfähigkeit bereits bei Ehezeitende eingetreten war. Der vorliegende Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von dem Sachverhalt, der der früheren Senatsentscheidung zugrunde lag (Senatsbeschluss vom 13. September 2006 - XII ZB 70/01 - FamRZ 2007, 30 ff.). Der Ehemann ist durch den Bezug seines Ruhegehaltes in Höhe von 1.994,60 € ausreichend sozial abgesichert. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass er nebenberuflich noch als Rechtsanwalt tätig ist und hieraus weitere Einnahmen erwirtschaftet.

27

Auch die Zeit, die der Ehemann bis zu dem Bezug der Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung abwarten muss, rechtfertigt keine andere Sichtweise. Es liegt in der Natur des Versorgungsausgleichs, dass die Ehegatten erst bei tatsächlichem Bezug der gesetzlichen Rente von den übertragenen oder begründeten Anwartschaften profitieren können.

28

c) Das Oberlandesgericht hat schließlich zu Recht die von der BGHW unter dem 16. März 2009 erteilten neuen Auskünfte nicht zum Anlass für eine neue Berechnung genommen, da im Rechtsmittelverfahren über den Versorgungsausgleich das Verbot der Schlechterstellung des Rechtsmittelführers gilt (vgl. Senatsbeschluss BGHZ 85, 180 = FamRZ 1983, 44, 46). Der Rechtsmittelführer soll davor geschützt werden, auf sein eigenes Rechtsmittel in seinen Rechten über die mit der angegriffenen Entscheidung verbundene Beschwer hinaus weiter beeinträchtigt zu werden.

29

d) Auch im Übrigen ist die Durchführung des Versorgungsausgleichs durch Amtsgericht und Oberlandesgericht in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Insbesondere wurde das Deckungskapital der privaten Altersversorgung des Ehemannes bei der HUK-Coburg Lebensversicherung AG zutreffend gemäß § 1587 a Abs. 3 und Abs. 4 BGB dynamisiert und in den Versorgungsausgleich einbezogen.

Dose                     Weber-Monecke                                  Klinkhammer

           Schilling                                 Nedden-Boeger