Entscheidungsdatum: 12.04.2011
Wird die Revision vom Berufungsgericht ausdrücklich nur in Bezug auf die Zulässigkeit der Klage zugelassen, liegt darin eine wirksame Beschränkung der Zulassung auf einen rechtlich selbstständigen und damit abtrennbaren Teil des Streitstoffes .
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 6. März 2008 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger zu 1) (nachfolgend: Kläger), Deutscher mit Wohnsitz in Deutschland, verlangt von der Beklagten, einem Brokerhaus mit Sitz im US-Bundesstaat N. , Schadensersatz wegen Verlusten im Zusammenhang mit Terminoptionsgeschäften an US-amerikanischen Börsen.
Die der New Yorker Börsenaufsicht unterliegende Beklagte arbeitet weltweit mit Vermittlern zusammen, denen sie über eine Online-Plattform den Zugang zur Ausführung von Wertpapiergeschäften an Börsen in den USA ermöglicht, den diese mangels einer dortigen Zulassung sonst nicht hätten. Die Vermittler können die Kauf- und Verkaufsorders ihrer Kunden sowie ihre eigenen anfallenden Provisionen und Gebühren in das Online-System der Beklagten eingeben, wo sie vollautomatisch bearbeitet und verbucht werden.
Einer dieser Vermittler war S. e.K. (im Folgenden: S.) mit Sitz in D. , der bis zur Einstellung seiner Geschäftstätigkeit im November 2005 über eine deutsche aufsichtsrechtliche Erlaubnis als selbständiger Finanzdienstleister verfügte. Der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten und S. liegt ein Verrechnungsabkommen ("Fully disclosed clearing agreement") zugrunde. Vor dessen Zustandekommen hatte die Beklagte geprüft, ob S. über eine aufsichtsrechtliche Erlaubnis verfügte und ob gegen sie aufsichtsrechtliche Verfahren in Deutschland anhängig waren. Nach den Regelungen des Verrechnungsabkommens ist die Beklagte unter anderem verpflichtet, für die vom Vermittler geworbenen Kunden Einzelkonten einzurichten und hierüber die in Auftrag gegebenen Transaktionen abzuwickeln. Alle aufsichts- und privatrechtlichen Pflichten zur Information der Kunden werden durch das Verrechnungsabkommen dem Vermittler übertragen, der für jede fahrlässige, unlautere, betrügerische oder kriminelle Handlung oder Unterlassung seitens eines seiner Mitarbeiter oder Agenten allein verantwortlich sein soll. Die Beklagte soll den Kunden die vom Vermittler angewiesenen Provisionen auf deren Konten belasten und von diesen Beträgen ihre eigene Vergütung abziehen.
Der Kläger schloss nach vorausgegangener Werbung mit S. im Jahr 2005 einen formularmäßigen Geschäftsbesorgungsvertrag über die Besorgung und Vermittlung von Termingeschäften. Darin verpflichtete sich S. unter anderem zur Vermittlung eines Brokereinzelkontos bei der Beklagten. Sie ließ sich für seine Tätigkeit in erheblichem Umfang sowohl fixe Gebühren als auch tätigkeitsabhängige Gebühren versprechen.
Im Zusammenhang mit dem Abschluss des Geschäftsbesorgungsvertrages unterzeichnete der Kläger ein ihm vorgelegtes englischsprachiges Vertragsformular der Beklagten ("Option Agreement and Approval Form"), das in Ziffer 15 seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch eine Schiedsklausel enthält. Die Beklagte unterzeichnete den Vertrag nicht.
Im Anschluss daran eröffnete die Beklagte für den Kläger ein Transaktionskonto, auf das insgesamt 13.000 € eingezahlt wurden. Nach Ende der Geschäftsbeziehung erhielt der Kläger 315,02 € zurück. Der Differenzbetrag in Höhe von 12.684,98 € zuzüglich Zinsen wird mit der vorliegenden Klage geltend gemacht, wobei das Zahlungsbegehren ausschließlich auf deliktische Schadensersatzansprüche unter anderem wegen Beteiligung der Beklagten an einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung gestützt wird. Die Beklagte ist dem in der Sache entgegen getreten und hat zudem die fehlende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte gerügt sowie unter Berufung auf die in Ziffer 15 ihrer Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsklausel die Unzulässigkeit der Klagen geltend gemacht.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr nach teilweiser Berufungsrücknahme in Höhe der Hauptforderung zuzüglich Zinsen ab Rechtshängigkeit stattgegeben.
Mit der - vom Berufungsgericht beschränkt auf die Zulässigkeit der Klage zugelassenen - Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Revision hat keinen Erfolg.
A.
Das Berufungsgericht hat die Revision ausdrücklich nur hinsichtlich der Zulässigkeit der Klage zugelassen. Darin liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine wirksame Beschränkung der Zulassung auf einen rechtlich selbständigen und damit abtrennbaren Teil des Streitstoffes (BGH, Urteil vom 25. Februar 1993 - III ZR 9/92, WM 1993, 1015 f., insoweit in BGHZ 121, 367 nicht abgedruckt). Daran hat sich entgegen der Ansicht der Revision durch die ZPO-Reform nichts geändert (vgl. Musielak/Ball, ZPO, 8. Aufl., § 543 Rn. 11 mwN). Soweit sich die Revision (auch) dagegen wendet, dass das Berufungsgericht der Klage sachlich stattgegeben hat, ist das Rechtsmittel mangels Zulassung unzulässig.
B.
Die Revision ist, soweit sie zulässig ist, nicht begründet.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Klage sei zulässig. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus § 32 ZPO. Die Einrede der Schiedsvereinbarung greife gegenüber dem Kläger, der als Kaufmann anzusehen sei, nicht durch. Die in Ziffer 15 der Geschäftsbedingungen enthaltene Schiedsklausel sei unwirksam, weil sie mit der Wahl New Yorker Rechts verknüpft und deswegen nach dem Gedanken des Art. 42 EGBGB die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte für zukünftige unerlaubte Handlungen nicht abdingbar sei.
II.
Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Zu Recht ist das Berufungsgericht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen.
1. Das Berufungsgericht hat zutreffend die - auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende - internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht. Nach dem im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung maßgeblichen Vortrag der Klägerseite ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung gemäß der hier anwendbaren Regelung des § 32 ZPO gegeben (vgl. u.a. Senatsurteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 18 f., vom 8. Juni 2010 - XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 17 und XI ZR 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 17).
2. Der Geltendmachung eines Anspruchs wegen Beihilfe zu einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung steht auch die durch die Beklagte erhobene Einrede des Schiedsvertrages nicht entgegen, weil die Schiedsklausel wegen Formmängeln nicht wirksam ist.
a) Wie der Senat bereits zu einer im Wesentlichen vergleichbaren von der Beklagten verwendeten Schiedsklausel entschieden und im einzelnen begründet hat, wahrt sie die Schriftform des Art. II UNÜ nicht (vgl. Senatsurteile vom 8. Juni 2010 - XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 25 ff. und XI ZR 41/09, WM 2010, 2032 Rn. 19 ff., jeweils mwN).
b) Weiter genügt die Schiedsklausel auch nicht den Formvorschriften des deutschen Rechts (§ 1031 Abs. 5 ZPO), dessen Anwendung hier über den Meistbegünstigungsgrundsatz (Art. VII UNÜ) eröffnet ist.
aa) Soweit die Parteien in Bezug auf eine Schiedsklausel, die sich in einem Verbrauchervertrag im Sinne von Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF befindet, eine Rechtswahl - anders als hier - nicht getroffen haben, führen die nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Kollisionsfall berufenen Regeln des deutschen internationalen Privatrechts aufgrund der besonderen Kollisionsnorm des Art. 29 Abs. 3 Satz 2 EGBGB aF zur Maßgeblichkeit der Formvorschriften des deutschen Rechts (vgl. Senatsurteile vom 8. Juni 2010 - XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 35 sowie vom 25. Januar 2011 - XI ZR 350/08, WM 2011, 548 Rn. 24, XI ZR 100/09, WM 2011, 645 Rn. 26 und XI ZR 106/09, WM 2011, 735 Rn. 29).
bb) Daran ändert sich im Ergebnis nichts, wenn die Schiedsvereinbarung die Wahl ausländischen - wie hier New Yorker - Rechts enthält. Das gilt jedenfalls für den hier gegebenen Fall, in dem die Schiedsvereinbarung mit der diesbezüglichen Rechtswahl die Form des Art. II UNÜ nicht wahrt und deswegen unwirksam ist, und unabhängig davon, ob eine mit der Wahl ausländischen Rechts und eines ausländischen Schiedsortes verbundene Schiedsklausel unter Umständen gemäß § 305c Abs. 1 BGB (vgl. dazu Berger, ZBB 2003, 77, 89 f.) oder § 307 BGB (vgl. dazu Wagner/Quinke, JZ 2005, 932, 937) unwirksam ist.
(1) In der Literatur ist allerdings streitig, nach welchem Recht die Formgültigkeit der Schiedsabrede eines Verbrauchers bei einer auf sie bezogenen Rechtswahl zu beurteilen ist.
So wird einerseits die Auffassung vertreten, dass sich in einem solchen Fall die Formgültigkeit der Schiedsabrede ausschließlich nach dem gewählten Recht richte (vgl. Reithmann/Martiny/Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 7. Aufl., Rn. 6712; Weihe, Der Schutz der Verbraucher im Recht der Schiedsgerichtsbarkeit, S. 235 ff.).
Die Gegenmeinung wendet mit unterschiedlicher Begründung die den Verbraucherschutz betonende Regelung des § 1031 Abs. 5 ZPO auch bei der Wahl ausländischen Rechts an. Dabei wird teilweise § 1031 Abs. 5 ZPO als lex fori für unmittelbar anwendbar angesehen (so früher Staudinger/Hausmann, BGB (2002), Anhang II zu Art. 27-37 EGBGB Rn. 287; ders., Festschrift für Lorenz, S. 359, 376 f.). Überwiegend wird aber eine analoge Anwendung von Art. 29 Abs. 3 Satz 2 EGBGB aF befürwortet (so MünchKommZPO/Münch, 3. Aufl., § 1029 Rn. 34; Gildeggen, Internationale Schieds- und Schiedsverfahrensvereinbarungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor deutschen Gerichten, S. 164 ff.).
(2) Auch der erkennende Senat hat in seinem Beschluss vom 10. Februar 1998 (XI ZR 305/96, BGHR EGBGB (1986) Art. 29 - Schiedsklausel 1) trotz Vereinbarung ausländischen Rechts die Formvorschrift des § 1027 Abs. 1 Satz 1 ZPO aF über Art. 29 EGBGB aF angewendet. Der Senat hält an dieser Entscheidung, deren Kernaussage auch für die Neufassung des § 1031 Abs. 5 ZPO weiterhin gilt (vgl. Ellenberger, WM 1999, Sonderbeilage Nr. 2, S. 21), mit der Maßgabe fest, dass in Fällen wie dem vorliegenden Art. 29 EGBGB aF lediglich entsprechend anwendbar ist. Die Schiedsabrede selbst ist kein Verbrauchervertrag im Sinne von Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF, so dass eine unmittelbare Anwendung der Vorschrift ausscheidet. Bezieht sich die Schiedsabrede aber auf Rechtsstreitigkeiten aus oder im Zusammenhang mit einem Verbrauchervertrag im Sinne von Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF, ist die analoge Anwendung der Vorschrift geboten, weil sonst eine mit dem Verbraucherschutz nicht zu vereinbarende formfreie Unterwerfung inländischer Verbraucher unter die Jurisdiktion ausländischer Schiedsgerichte möglich wäre (vgl. insofern zutreffend Staudinger/Hausmann, BGB (2002), Anhang II zu Art. 27-37 EGBGB Rn. 287).
(3) Bei dem Kontoführungsvertrag, in dem die Schiedsklausel enthalten ist, handelt es sich um einen Verbrauchervertrag im Sinne von Art. 29 Abs. 1 EGBGB aF, weil Bank- und Börsengeschäfte, die der Pflege des eigenen Vermögens dienen, grundsätzlich nicht als berufliche oder gewerbliche Tätigkeit gelten (vgl. Senatsurteile vom 23. Oktober 2001 - XI ZR 63/01, BGHZ 149, 80, 86; vom 8. Juni 2010 - XI ZR 349/08, WM 2010, 2025 Rn. 34 sowie vom 25. Januar 2011 - XI ZR 350/08, WM 2011, 548 Rn. 25, XI ZR 100/09, WM 2011, 645 Rn. 27 und XI ZR 106/09, WM 2011, 735 Rn. 30, jeweils mwN). Die in der Einredesituation für das wirksame Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung darlegungs- und beweisbelastete Beklagte (vgl. Senatsurteil vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 22) hat keine der Verbrauchereigenschaft entgegenstehenden Umstände dargelegt.
Liegt danach eine Vereinbarung eines Verbrauchers vor, auf die sich die Schiedsabrede bezieht, so sind in entsprechender Anwendung von Art. 29 Abs. 3 Satz 1 EGBGB aF die allgemeinen die Form betreffenden Kollisionsregeln des Art. 11 Abs. 1 bis 3 EGBGB aF nicht anwendbar und es gilt unabhängig von einer getroffenen Rechtswahl für die Form das Recht des Aufenthaltsorts des Verbrauchers, ohne dass ein Günstigkeitsvergleich stattfindet (vgl. Soergel/von Hoffmann, BGB, 12. Aufl., Art. 29 EGBGB Rn. 40; MünchKommBGB/Martiny, 4. Aufl., Art. 29 EGBGB Rn. 74; PWW/Remien, BGB, 5. Aufl., ex Art. 29 EGBGB Rn. 24). Hierdurch wird nach dem Willen des Gesetzgebers dem Umstand Rechnung getragen, dass der Verbraucher meist nur mit den Formvorschriften seines Aufenthaltstaates vertraut ist und darüber hinaus im Bereich des Verbraucherschutzes ein enger Zusammenhang zwischen der für ein Rechtsgeschäft vorgeschriebenen Form und den zwingenden materiellrechtlichen Schutzvorschriften besteht, die den Verbraucher am Ort seines gewöhnlichen Aufenthaltes auch im Fall einer Rechtswahl schützen (BT-Drucks. 10/504 S. 80).
Die Voraussetzungen der danach hier anwendbaren strengen - den Verbraucherschutz betonenden - Formvorschrift des § 1031 Abs. 5 ZPO sind nicht erfüllt. Die Schiedsabrede befindet sich nicht in einer separaten Urkunde und ist auch nicht eigenhändig von beiden Vertragsparteien unterzeichnet worden.
Wiechers Ellenberger Maihold
Matthias Pamp