Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 14.06.2016


BGH 14.06.2016 - XI ZR 242/15

Bürgschaft: Einredeverlust des Bürgen im Hinblick auf den Ablauf der ursprünglichen Regelverjährung nach rechtskräftiger Verurteilung des Hauptschuldners


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
14.06.2016
Aktenzeichen:
XI ZR 242/15
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2016:140616UXIZR242.15.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OLG Frankfurt, 13. Mai 2015, Az: 15 U 122/08vorgehend BGH, 26. Januar 2010, Az: XI ZR 12/09, Urteilvorgehend OLG Frankfurt, 11. Dezember 2008, Az: 15 U 122/08, Urteilvorgehend LG Marburg, 19. Juni 2008, Az: 1 O 360/04
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Der Bürge verliert das Recht, sich gegenüber dem Gläubiger auf den Ablauf der ursprünglichen Regelverjährung der Hauptforderung zu berufen, wenn aufgrund eines gegen den Hauptschuldner ergangenen rechtskräftigen Urteils gegen diesen eine neue 30-jährige Verjährungsfrist in Lauf gesetzt wird, und sich der Hauptschuldner erfolglos auf die Einrede der Verjährung berufen hatte (Klarstellung BGH, Urteil vom 12. März 1980, VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222).

Tenor

Die Revision des Beklagten gegen das Grundurteil des 15. Zivilsenats in Kassel des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 13. Mai 2015 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus zwei selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaften in Anspruch.

2

Mit Verträgen vom 30. September 1992 und 23. März 1993 gewährte eine Rechtsvorgängerin der Klägerin (im Folgenden: Klägerin) der früheren Ehefrau des Beklagten       S.      und Frau       H.    (im Folgenden: Hauptschuldnerin) zwei grundschuldgesicherte Darlehen in Höhe von 650.000 DM und 850.000 DM für den Ankauf und die Sanierung einer Wohnanlage. In gleicher Höhe übernahm der Beklagte der Klägerin gegenüber am 26. Oktober 1992 und am 20. Juli 1993 zwei unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaften zur Sicherung aller Ansprüche aus der Geschäftsverbindung der Klägerin zu den Darlehensnehmerinnen. Am 9. Mai 1995 wurde die frühere Ehefrau des Beklagten aus der Haftung für beide Darlehen entlassen. Mit Einwilligung des Beklagten vom 13. Januar 1997 wurde die Tilgung der Darlehen in der Zeit vom 10. Januar 1997 bis zum 31. Dezember 1998 und ohne seine Zustimmung auch darüber hinaus ausgesetzt. Die Hauptschuldnerin unterzeichnete am 16. Januar 1997 zwei Fortsetzungsvereinbarungen unter den Geschäftsnummern der ursprünglichen Darlehensverträge. Nach Zahlungseinstellung durch die Hauptschuldnerin und Anordnung der Zwangsverwaltung über die Immobilie kündigte die Klägerin am 29. Juni 2001 die Geschäftsverbindung zur Hauptschuldnerin und stellte die Hauptforderung in Höhe von 1.431.759,61 DM zzgl. Zinsen und Kosten fällig. Ab Februar 2002 verhandelte sie mit der Hauptschuldnerin über eine vergleichsweise Lösung. Am 4. Juni 2004 nahm sie den Beklagten aus den Bürgschaften in Anspruch. Am 13. Oktober 2004 erhob sie Bürgschaftsklage, die dem Beklagten am 5. November 2004 zugestellt wurde. Am 19. Juni 2007 teilte die Klägerin dem Landgericht mit, dass die "langwierigen außergerichtlichen Verhandlungen" zwischen den Beteiligten gescheitert seien. Am 2. März 2007 erwirkte sie die Anordnung der Zwangsversteigerung der Immobilie und am 27. Dezember 2007 den Erlass eines Mahnbescheids gegen die Hauptschuldnerin. Nach Überleitung in das streitige Verfahren ist die Hauptschuldnerin mit Urteil vom 13. März 2009 vom Landgericht Frankfurt am Main in dem Verfahren 2-20 O 152/08 rechtskräftig zur Zahlung von 714.010,84 € aus den streitgegenständlichen Darlehensverträgen an die Klägerin verurteilt worden. Die Hauptschuldnerin hatte sich in diesem Verfahren auf die Verjährung des Zahlungsanspruches berufen. Das Landgericht Frankfurt am Main hat ihren diesbezüglichen Vortrag jedoch für nicht hinreichend substantiiert erachtet. Von einer Berufung gegen das landgerichtliche Urteil hat die Hauptschuldnerin abgesehen.

3

Der Beklagte hat verschiedene Einwendungen gegen die Bürgschaften und die Hauptforderung erhoben und sich unter anderem auf die Verjährung der Hauptforderung berufen. Die gegen ihn zuletzt auf Zahlung von 697.481,42 € nebst Zinsen gerichtete Klage ist in beiden Vorinstanzen zunächst erfolglos geblieben. Mit Urteil vom 26. Januar 2010 (XI ZR 12/09, juris) hat der erkennende Senat das Urteil des Berufungsgerichts vom 11. Dezember 2008 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, um unter anderem Feststellungen zur Dauer der Verhandlungen zwischen der Hauptschuldnerin und der Beklagten zu treffen. Dabei war dem Senat nicht mitgeteilt worden, dass die Klägerin am 13. März 2009 vor dem Landgericht Frankfurt am Main in dem Verfahren 2-20 O 152/08 ein Urteil über die Hauptforderung in Höhe von 714.010,84 € gegen die Hauptschuldnerin erstritten hatte, das nach dem Vermerk des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 20. Juli 2009 rechtskräftig ist.

4

Mit Grundurteil vom 13. Mai 2015 hat das Berufungsgericht die Ansprüche der Klägerin aus den Bürgschaften dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Der Beklagte verfolgt mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision seinen Klagabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

7

Die Berufung der Klägerin sei zulässig und zumindest insoweit begründet, als das Landgericht eine Bürgenhaftung des Beklagten bereits dem Grunde nach verneint habe. Die vom Beklagten gegen seine Bürgschaftsverpflichtung als solche vorgebrachten Einwände griffen nicht durch. Vielmehr sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass sich der Beklagte auch für die Verbindlichkeiten der Hauptschuldnerin verbürgt habe. Eine Beschränkung seiner Bürgenstellung auf die Verbindlichkeiten seiner früheren Ehefrau habe er nicht nachweisen können. Eine Schuldumschaffung habe ebenfalls nicht stattgefunden.

8

Der Beklagte könne sich nicht mit Erfolg auf die Verjährung der Hauptforderung berufen. Zwar sei ihm dies nicht nach Treu und Glauben verwehrt, und es bleibe auch zweifelhaft, ob die Verjährung zwischen dem 1. Januar 2002 und dem Tag des Eingangs des gegen die Hauptschuldnerin gerichteten Mahnbescheidsantrages der Klägerin bei Gericht am 10. Dezember 2007 ausreichend lange durch ernsthafte Verhandlungen zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin gehemmt gewesen sei. Zum einen sei schon fraglich, ob diese Verhandlungen tatsächlich bereits am 19. Februar 2002 begonnen hätten. Zum anderen erscheine zweifelhaft, ob die von der Klägerin behaupteten einvernehmlichen Verhandlungspausen zum Nachteil des Beklagten als Bürgen wirken könnten. Hinzu komme, dass auch die Übertragbarkeit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes zur Wirkung einer Verjährungshemmung durch Verhandlungen zwischen Gläubiger und Hauptschuldner zugunsten des Bürgen (Senatsurteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 19 ff.) auf derartige Verhandlungspausen fraglich sei. Jedoch komme es hierauf nicht an, da die Hauptschuldnerin trotz der von ihr im Parallelprozess erhobenen Verjährungseinrede rechtskräftig verurteilt und ihr damit diese Einrede aberkannt worden sei.

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Entscheidend sei deshalb die Frage, ob und inwieweit sich ein Bürge, der nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen könne, noch mit Erfolg auf eine Einrede berufen könne, die dem Hauptschuldner selbst nach einem rechtskräftigen Urteil nicht mehr zustehe. Dass ein zwischen Gläubiger und Hauptschuldner ergangenes Urteil nach § 325 Abs. 1 ZPO nur zwischen diesen Parteien Rechtskraftwirkung entfalte, ändere materiell-rechtlich nichts daran, dass die dem Bürgen im Hinblick auf die verbürgte Schuld zustehenden Einreden nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich identisch mit den Einreden seien, die der Hauptschuldner gegenüber dem Gläubiger erheben könne. Dies entspreche dem Grundkonzept der Bürgschaft, wonach der Gläubiger vom Bürgen nur dasjenige erhalten solle, was er vom Hauptschuldner nach dem jeweiligen Stand der besicherten Hauptforderung noch beanspruchen könne.

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Deshalb sei es konsequent, dem Bürgen gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einrede zuzugestehen, dem Gläubiger sei die Forderung im Prozess gegen den Hauptschuldner aberkannt worden, obwohl es insoweit an einer Rechtskrafterstreckung des zwischen Gläubiger und Hauptschuldner ergangenen Urteils im Sinne von § 325 Abs. 1 ZPO fehle. Ebenso konsequent sei es aber, auch bei der Beantwortung der Frage, ob der Bürge eine Einrede noch erheben könne, die dem Hauptschuldner selbst im Verhältnis zum Gläubiger nicht mehr zustehe, auf den Sinn und Zweck des § 768 Abs. 2 BGB abzustellen.

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Die rechtskräftige Verurteilung der Hauptschuldnerin stünde daher nur dann der Erhebung der Einrede der Verjährung der Hauptschuld durch den Beklagten nicht entgegen, wenn es zu dieser Verurteilung aufgrund eines Verhaltens der Hauptschuldnerin gekommen wäre, das bei wertender Betrachtung wie ein Einredeverzicht im Sinne von § 768 Abs. 2 BGB zu behandeln sei. Ein solches Verhalten der Hauptschuldnerin sei aber nicht feststellbar. Weder sei die Hauptschuldnerin im Prozess mit der Klägerin säumig geblieben noch habe sie es unterlassen, die Verjährungseinrede zu erheben. Auch sei den Feststellungen des Landgerichts Frankfurt am Main im Verfahren 2-20 O 152/08 kein Anhaltspunkt dafür zu entnehmen, dass sich die Hauptschuldnerin, die verschiedene Einwände gegen die Darlehensrückzahlungsansprüche der Klägerin erhoben habe, nur zum Schein gegen die Klage verteidigt hätte.

12

Ein wie ein Einredeverzicht nach § 768 Abs. 2 BGB zu wertendes Verhalten könne auch nicht dem Einwand des Beklagten entnommen werden, die Hauptschuldnerin habe sich im Prozess mit der Klägerin "schlecht" verteidigt. Allein die Wertung des Landgerichts Frankfurt am Main, es habe "an substantiiertem Vortrag" der Hauptschuldnerin zur Beendigung der Verjährungshemmung gefehlt, genüge dafür ohne näheren Tatsachenvortrag des Beklagten zu etwaigen Versäumnissen der Hauptschuldnerin bei ihrer Prozessführung gegen die Klägerin nicht.

II.

13

Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung im Ergebnis stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

14

Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, dass sich der Beklagte als Bürge auf Grund der rechtskräftigen Verurteilung der Hauptschuldnerin zur Rückzahlung der verbürgten Verbindlichkeit nicht mehr gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den Ablauf der ursprünglichen Regelverjährung der Hauptverbindlichkeit - der mangels Feststellungen des Berufungsgerichts revisionsrechtlich zugunsten des Beklagten zu unterstellen ist - berufen kann. Auch § 768 Abs. 2 BGB greift nicht zu seinen Gunsten ein, da ein einem Einredeverzicht nach § 768 Abs. 2 BGB vergleichbares Prozessverhalten der Hauptschuldnerin, das zu deren Verurteilung geführt hat, vom Beklagten nicht substantiiert dargelegt worden ist. Die Durchsetzung der Forderung der Klägerin gegen den Beklagten stellt sich auch nicht als unzulässige Rechtsausübung dar.

15

1. Der Beklagte kann sich auf Grund der rechtskräftigen Verurteilung der Hauptschuldnerin zur Rückzahlung der verbürgten Verbindlichkeit nicht mehr gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf den zu seinen Gunsten zu unterstellenden Ablauf der ursprünglichen Regelverjährung der Hauptverbindlichkeit berufen.

16

a) Gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann der Bürge gegenüber dem Gläubiger neben seinen eigenen Einreden aus dem Bürgschaftsverhältnis auch die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden geltend machen. Er kann dies aber nur insoweit tun, wie diese Einreden dem Hauptschuldner selbst noch zustehen. Verliert der Hauptschuldner eine Einrede (etwa die Einrede der Stundung oder die der fehlenden Fälligkeit durch Zeitablauf), verliert sie auch der Bürge - mit Ausnahme der Fälle des § 768 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 229; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 6; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 4; BeckOK-BGB/Rohe, Stand: 1. Mai 2016, § 768 Rn. 6).

17

b) Für die Frage, ob dem Hauptschuldner eine Einrede im Sinne des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB zusteht, kommt es auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung an. Dies ergibt sich zum einen aus dem Wortlaut des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB („zustehenden Einreden“), zum anderen aus § 768 Abs. 2 BGB. Diese Vorschrift würde eines eigenständigen Regelungsgehalts entbehren, wenn es für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB nur darauf ankäme, ob dem Hauptschuldner die Einrede ursprünglich zugestanden hat.

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c) Im vorliegenden Verfahren stand der Hauptschuldnerin zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung im vorliegenden Prozess die Einrede der Verjährung nicht mehr zu. Dies folgt aus ihrer rechtskräftigen Verurteilung zur Rückzahlung von 714.010,84 € aus den mit der Klägerin geschlossenen Darlehensverträgen.

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aa) Zwar erwächst eine Entscheidung über die Einreden einer Partei nicht in Rechtskraft (vgl. BGH, Urteile vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 3, vom 7. Juli 1993 - VIII ZR 103/92, BGHZ 123, 137, 140, vom 11. November 1994 - V ZR 46/93, WM 1995, 266 und vom 13. November 1998 - V ZR 29/98, WM 1999, 549, 550; MünchKommZPO/Gottwald, 4. Aufl., § 322 Rn. 108; PG/Völzmann-Stickelbrock, ZPO, 8. Aufl., § 322 Rn. 33; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 74. Aufl., § 322 Rn. 19; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 37. Aufl., § 322 Rn. 30). Dennoch geht von einer solchen Entscheidung eine präjudizielle Wirkung insoweit aus, als für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung in dem zugrunde liegenden Verfahren bindend festgestellt ist, dass der betreffenden Partei die Einrede nicht zusteht (vgl. PG/Völzmann-Stickelbrock, ZPO, 8. Aufl., § 322 Rn. 33; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 37. Aufl., § 322 Rn. 30). Ließe man ein anderes Ergebnis zu, könnte die Entscheidung in einem Folgeprozess der Sache nach auf das kontradiktorische Gegenteil des im Vorprozess zuerkannten Anspruchs gestützt werden. Dies wäre jedoch mit der Rechtskraft des im Vorprozess ergangenen Urteils unvereinbar (BGH, Urteil vom 26. Juli 2005 - X ZR 109/03, WM 2006, 1124, 1125 f.; vgl. auch BGH, Urteile vom 19. Dezember 1991 - IX ZR 96/91, BGHZ 117, 1, 4 f. und vom 13. November 1998 - V ZR 29/98, WM 1999, 549, 550).

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bb) Dementsprechend hat vorliegend die rechtskräftige Verurteilung der Hauptschuldnerin zur Folge, dass dieser die Einrede der Verjährung nicht mehr im Sinne des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB „zusteht“ und sie daher auch der Beklagte als Bürge nicht mehr geltend machen kann (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 1988, 206, 207 zu § 770 Abs. 2 BGB; Staudinger/Horn, BGB, Neubearb. 2013, § 768 Rn. 26). Dafür, dass die Hauptschuldnerin bis zum Schluss der mündlichen Tatsachenverhandlung im vorliegenden Verfahren die Einrede der Verjährung erneut (etwa durch eine entsprechende Parteivereinbarung) erlangt hätte (vgl. BGH, Urteile 13. November 1998 - V ZR 29/98, WM 1999, 549, 550 und vom 26. Juli 2005 - X ZR 109/03, WM 2006, 1124, 1126), bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte; solche werden vom Beklagten auch nicht behauptet. Nach der rechtskräftigen Verurteilung der Hauptschuldnerin zur Zahlung der verbürgten Schuld ist lediglich eine neue, hier noch nicht abgelaufene 30-jährige Verjährungsfrist von Gesetzes wegen gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB angelaufen.

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cc) Entgegen der Auffassung der Revision ist dieses Ergebnis nicht Folge einer Rechtskrafterstreckung nach § 325 ZPO einer den Hauptschuldner verurteilenden Entscheidung zu Lasten des Bürgen. Dass eine rechtskräftige Entscheidung gegen den Hauptschuldner dem Bürgen die Möglichkeit nimmt, sich gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Einreden zu berufen, die dem Hauptschuldner bis zu dessen Verurteilung zugestanden haben, ergibt sich vielmehr aus der materiell-rechtlichen Vorschrift des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB. Nach deren nicht auf einen früheren, sondern auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung bezogenen Wortlaut kann der Bürge nur die dem Hauptschuldner noch "zustehenden Einreden“ erheben.

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dd) Auch die akzessorische Natur der Bürgschaftsschuld steht dieser Auslegung nicht entgegen. Der Akzessorietätsgrundsatz gebietet es nicht, dass eine im Prozess des Gläubigers gegen den Hauptschuldner ergangene rechtskräftige Entscheidung bei der Anwendung des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB dieselben Wirkungen entfaltet, wie bei der Anwendung des § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB.

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(1) Akzessorietät bedeutet die Abhängigkeit eines Sicherungsrechts vom Bestand des gesicherten Rechts (Erman/Herrmann, BGB, 14. Aufl., vor § 765 Rn. 3; Soergel/Gröschler, BGB, 13. Aufl., vor § 765 Rn. 12; Beckmann in Dauner-Lieb/Langen, BGB, 3. Aufl., vor §§ 765 ff Rn. 6). Dementsprechend setzt die Bürgschaft eine bestehende Verbindlichkeit voraus (Mugdan, Materialien, II 659; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 765 Rn. 61; Soergel/Gröschler, BGB, 13. Aufl., vor § 765 Rn. 12; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 765 Rn. 28; PWW/Brödermann, BGB, 11. Aufl., vor §§ 765 ff. Rn. 10).

24

(2) Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB („der jeweilige Bestand“), der auf den materiell-rechtlichen Bestand der Hauptschuld Bezug nimmt, welcher durch die rechtskräftige Verurteilung des Hauptschuldners nicht beeinflusst wird (Soergel/Gröschler, BGB, 13. Aufl., § 765 Rn. 67). Sinn und Zweck der Übernahme der Bürgschaft ist, wie sich aus § 765 Abs. 1 BGB ergibt, die Sicherung der Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner, wenn deren anderweitige Erfüllung unterbleibt (Mugdan, Materialien, II S. 659; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 765 Rn. 1; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., vor § 765 Rn. 2). Damit wäre es unvereinbar, wenn der Bürge für die Erfüllung der Forderung auch dann einzustehen hätte, wenn diese entweder nicht entstanden oder bereits erloschen wäre, denn dies liefe auf die Begründung einer neuen, nicht akzessorischen Forderung gegenüber dem Bürgen hinaus.

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(3) Erlischt die Hauptverbindlichkeit zum Beispiel durch Aufrechnung oder Erfüllung, erlischt daher auch die Verpflichtung des Bürgen (RGZ 122, 146, 148; Soergel/Gröschler, BGB, 13. Aufl., § 767 Rn. 5; Erman/Herrmann, BGB, 14. Aufl. § 767 Rn. 3; Bamberger/Roth/Rohe, BGB, 3. Aufl., § 765 Rn. 132; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 765 Rn. 29). Spiegelbildlich dazu lebt im Fall des Wiederauflebens der Hauptverbindlichkeit auch die Verpflichtung des Bürgen wieder auf, so zum Beispiel, wenn der Gläubiger gemäß § 144 InsO eine empfangene anfechtbare Leistung dem Hauptschuldner zurückgewährt (BGH, Urteil vom 24. Oktober 1973 - VIII ZR 82/72, WM 1973, 1354 zu § 39 KO; OLG Brandenburg, ZInsO 2004, 504, 506; OLG München, ZIP 2009, 1310, 1311; Staudinger/Horn, BGB, Neubearb. 2013, § 767 Rn. 15; MünchKomm-InsO/Kirchhof, 3. Aufl., § 144 Rn. 10c; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 765 Rn. 29).

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(4) Einreden wie die der Verjährung berühren dagegen nicht den Bestand der Hauptschuld. § 768 Abs. 1 BGB enthält daher im engeren Sinne keine Regelung der Akzessorietät der Bürgschaft selbst, sondern eine Regelung zur Erweiterung dieser Akzessorietät (Soergel/Gröschler, BGB, 13. Aufl., § 768 Rn. 1; Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 1). Dementsprechend wird die Regelung in § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB auch als „Ausdehnung“ (Erman/Herrmann, BGB, 14. Aufl., § 768 Rn. 1), „weitere Ausprägung“ (MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 1), „Folge“ (Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., § 768 Rn. 1), oder „Ausfluss“ (Soergel/Gröschler, BGB, 13. Aufl., § 768 Rn. 1) des Akzessorietätsgrundsatzes verstanden.

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(5) Welchen Inhalt § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB hat, kann danach dem Akzessorietätsgrundsatz selbst nicht entnommen werden, obwohl dieser für den Gesetzgeber bei der Normierung des Bürgschaftsrechts maßgebend war (vgl. Mugdan, Materialien, II 661). Der Akzessorietätsgrundsatz lässt keinen sicheren Schluss darauf zu, ob es im Rahmen des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB darauf ankommt, ob der Hauptschuldner nur nach dem materiellen Recht eine Einrede hat (Gleichklang bei der materiellen Rechtslage), oder darauf, ob er diese Einrede auch durchsetzen kann (Gleichklang bei der Durchsetzbarkeit). Die Literatur spricht insoweit davon, dass die Schuld des Bürgen eine von der Durchsetzbarkeit der Hauptschuld abhängige Schuld ist (Palandt/Sprau, BGB, 75. Aufl., vor § 765 Rn. 1; MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 765 Rn. 61; Erman/Müller/Herrmann, BGB, 14. Aufl., vor § 765 Rn. 3; PWW/Brödermann, BGB, 11. Aufl., vor §§ 765 ff. Rn. 10).

28

(6) Die Revision kann sich infolge dessen nicht mit Erfolg auf das Urteil des Reichsgerichts vom 8. Oktober 1928 (RGZ 122, 146 ff.) berufen. Dort hat das Reichsgericht entschieden, dass dem Bürgen die durch die Aufrechnung des Hauptschuldners erlangte Einwendung gemäß § 767 Abs. 1 BGB auch dann erhalten bleibt, wenn dem Hauptschuldner seine auf die Aufrechnung gegründete Einwendung rechtskräftig aberkannt worden ist (aaO 148). Wie dargestellt, ergibt sich dieses Ergebnis jedoch unmittelbar aus § 767 Abs. 1 Satz 1 BGB, ohne dass es des vom Reichsgericht in einem früheren Urteil (RGZ 56, 109 ff.) vorgenommenen Rückgriffs auf § 767 Abs. 1 Satz 3 BGB bedarf.

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(7) Nicht im Widerspruch dazu steht, dass sich der Bürge auf die rechtskräftige Aberkennung der Forderung des Gläubigers gegen den Hauptschuldner berufen kann. Denn gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB kann er die dem Hauptschuldner zustehenden Einreden, mithin auch geltend machen, dass dem Gläubiger seine Forderung gegen den Hauptschuldner rechtskräftig aberkannt worden ist (BGH, Urteile vom 17. Februar 1965 - VIII ZR 158/63, WM 1965, 579, 580 und vom 24. November 1969 - VIII ZR 78/68, WM 1970, 12; Soergel/Gröschler, BGB, 13. Aufl., § 765 Rn. 67).

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ee) Unabhängig davon geht von einem im Verfahren des Gläubigers gegen den Hauptschuldner ergangenen Urteil nicht nur eine präjudizielle Wirkung insoweit aus, als für den Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung in dem zugrunde liegenden Verfahren bindend festgestellt ist, dass dem Hauptschuldner die ursprünglich bestehende Einrede der Verjährung nicht mehr zusteht. Vielmehr hat die rechtskräftige Verurteilung des Hauptschuldners auch zur Folge, dass zu dessen Lasten kraft Gesetzes gemäß § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB eine neue, 30-jährige Verjährungsfrist in Gang gesetzt wird. Eine Einrede im Sinne von § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB steht dem Hauptschuldner aus diesem Grund nicht mehr zu. Auch dieses Ergebnis ist nicht Folge einer Rechtskrafterstreckung nach § 325 ZPO. Es ergibt sich vielmehr aus dem Zusammenspiel der beiden materiell-rechtlichen Bestimmungen des § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB und des § 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB.

31

ff) Dass der Hauptschuldner nach seiner rechtskräftigen Verurteilung - außer im Fall des § 768 Abs. 2 BGB - dem Gläubiger nicht gemäß § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB die Einrede der Verjährung entgegenhalten kann, hat der Bundesgerichtshof bereits entschieden (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222 ff.).

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(1) In diesem Urteil hat der VIII. Zivilsenat, der damals für das Bürgschaftsrecht zuständig war, ausgeführt, dass eine rechtskräftige Verurteilung eine neue 30-jährige Verjährungszeit in Lauf setzt (§ 218 BGB aF), so dass der Hauptschuldnerin nunmehr keine Verjährungseinrede mehr zusteht, auf die sich der Bürge nach § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB berufen könnte (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 229 vorletzter Satz). Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, wäre die sich daran anschließende Prüfung einer analogen Anwendung des § 768 Abs. 2 BGB entbehrlich gewesen, wenn der VIII. Zivilsenat hätte zum Ausdruck bringen wollen, dass bereits die fehlende Rechtskraftwirkung nach § 325 Abs. 1 ZPO dazu führen würde, dass die Verurteilung des Hauptschuldners im Verhältnis zwischen Gläubiger und Bürge auch materiell-rechtlich gänzlich unbeachtlich sei.

33

(2) Der VIII. Zivilsenat hat in jener Entscheidung aber auch dem entgegengesetzte Formulierungen verwendet (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 230 f. und zweiter Leitsatz), die Eingang in die Kommentarliteratur gefunden haben (MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 11, Soergel/Gröschler, BGB, 13. Aufl., § 767 Rn. 22 und § 768 Rn. 9; jurisPK-BGB/Prütting, 7. Aufl., § 768 Rn. 10 und Jauernig/Stadler, BGB, 16. Aufl., § 768 Rn. 7). Diese Ausführungen standen aber im Zusammenhang mit der vom VIII. Zivilsenat vorgenommenen Prüfung, ob ein Handeln des dortigen Hauptschuldners vorlag, das einem Verzicht auf die Einrede der Verjährung (§ 768 Abs. 2 BGB) gleichstand. Sie können deshalb ungeachtet ihrer abstrakten Fassung nicht über die Fälle des § 768 Abs. 2 BGB hinaus verallgemeinert werden. Der erkennende Senat kann dies klarstellen, ohne gemäß § 132 GVG den Großen Senat für Zivilsachen anrufen zu müssen, denn er ist nach der Geschäftsverteilung des Bundesgerichtshofs seit dem 1. Januar 2001 allein für das Bürgschaftsrecht zuständig (vgl. Senatsurteile vom 14. Mai 2002 - XI ZR 50/01, BGHZ 151, 34, 39 und XI ZR 81/01, WM 2002, 1350, 1352).

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2. Entgegen der Auffassung der Revision greift vorliegend auch nicht § 768 Abs. 2 BGB analog mit der Folge ein, dass sich der Beklagte auf die Verjährung der Hauptverbindlichkeit berufen könnte. Weder die behauptete "schlechte Prozessführung" der Hauptschuldnerin noch deren Nichteinlegung von Rechtsmitteln gegen die ihr ungünstige Entscheidung des Landgerichts Frankfurt am Main in dem Verfahren 2-20 O 152/08 stellen nach den Umständen des Falles ein einem Einredeverzicht nach § 768 Abs. 2 BGB vergleichbares Prozessverhalten dar.

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a) Zwar verliert der Bürge eine Einrede nicht dadurch, dass der Hauptschuldner auf sie verzichtet (§ 768 Abs. 2 BGB), was auch für die Verjährungseinrede unabhängig davon gilt, ob die Verjährung im Zeitpunkt des Verzichts bereits eingetreten war oder nicht (Senatsurteile vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 18 und vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 20). Ebenso trifft es zu, dass § 768 Abs. 2 BGB auf jedes Prozessverhalten des Hauptschuldners entsprechend anzuwenden ist, das einem rechtsgeschäftlichen Verzicht gleichkommt, wie etwa auf das Nichterheben der Verjährungseinrede (BGH, Urteil vom 12. März 1980 - VIII ZR 115/79, BGHZ 76, 222, 230; Soergel/Gröschler, BGB, 13. Aufl., § 768 Rn. 14), die Säumnis (BGH, Urteil vom 12. März 1980, aaO) oder ein Anerkenntnis (Senatsurteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 18).

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b) Damit ist es in der Regel nicht vergleichbar, wenn sich der Hauptschuldner im Prozess gegen den Gläubiger auf die Einrede der Verjährung beruft und er aufgrund einer streitigen Entscheidung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unterliegt. Ein solches Prozessverhalten des Hauptschuldners steht einem Einredeverzicht im Sinne von § 768 Abs. 2 BGB grundsätzlich nicht gleich (Schneider, MDR 1980, 799, 800; Geldmacher, NZM 2003, 502, 505; Herrmann, Verjährung, Verjährungsbeginn und Regress bei Bürgschaft und Gesamtschuld, 2012, S. 141).

37

Zum einen fehlt es in solchen Fällen bereits an einer Verfügung oder einem verfügungsgleichen Verhalten des Hauptschuldners über die Einrede (vgl. Senatsurteil vom 14. Juli 2009 - XI ZR 18/08, BGHZ 182, 76 Rn. 22), denn der Hauptschuldner verliert die Möglichkeit, die Einrede geltend zu machen, aufgrund seiner rechtskräftigen Verurteilung. Zum anderen entfällt in diesem Falle die Durchsetzbarkeit der Verjährungseinrede gegen den erklärten Willen des Hauptschuldners, woran es im Falle eines Verzichts, einer Säumnis, des Nichterhebens der Verjährungseinrede oder eines Anerkenntnisses ersichtlich fehlt. Damit fehlt es für eine analoge Anwendung des § 768 Abs. 2 BGB im Falle einer "schlechten Prozessführung" durch den Hauptschuldner im Prozess mit dem Gläubiger auch an einer diesen Tatbeständen immanenten vergleichbaren Interessenlage. Nur dann, wenn die Verjährungseinrede erhoben wird und bewusst Vortrag unterdrückt wird, der zu ihrer Begründung erforderlich ist, könnte von einem verzichtsähnlichen Verhalten ausgegangen werden (vgl. Senatsurteil aaO Rn. 24 aE zu Scheinverhandlungen). Die von dem Beklagten pauschal behauptete „schlechte“ Prozessführung ist hingegen nicht geeignet, eine analoge Anwendung von § 768 Abs. 2 ZPO zu rechtfertigen.

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c) Auch der Umstand, dass die Hauptschuldnerin kein Rechtsmittel eingelegt hat, kann nur dann ein mit einem Einredeverzicht vergleichbares Prozessverhalten darstellen, wenn es wie ein Anerkenntnis oder ein Säumnis zu werten ist. Dazu hätte nach den allgemeinen Grundsätzen der Darlegungs- und Beweislast, wonach jede Partei die ihr günstigen Tatsachen vorzutragen und ggf. zu beweisen hat (BGH, Urteile vom 17. Februar 2004 - X ZR 108/02, WM 2005, 571, 573 und vom 15. Juli 2009 - VIII ZR 217/06, juris Rn. 30), dem Beklagten die Darlegung oblegen, dass die Nichteinlegung eines Rechtsmittels vorliegend auf eine verzichtsgleiche Motivation der Hauptschuldnerin zurückzuführen war. An einer solchen Darlegung fehlt es.

39

3. Der Klägerin ist die Durchsetzung ihrer Forderung gegenüber dem Beklagten auch nicht nach Treu und Glauben verwehrt. Der Beklagte hat es versäumt, substantiiert zu der von ihm behaupteten "schlechten Prozessführung" der Hauptschuldnerin und einem vorwerfbaren Verhalten der Klägerin in diesem Prozess vorzutragen und gegebenenfalls Beweis anzutreten.

40

a) Das in § 242 BGB verankerte Prinzip von Treu und Glauben bildet eine allen Rechten immanente Inhaltsbegrenzung. Welche Anforderungen sich daraus im Einzelfall ergeben, ob insbesondere die Berufung auf eine erworbene Rechtsposition rechtsmissbräuchlich erscheint, kann regelmäßig nur durch eine umfassende Bewertung der gesamten Fallumstände, die dem Tatrichter obliegt, entschieden werden (BGH, Urteil vom 16. Februar 2005 - IV ZR 18/04, NJW-RR 2005, 619, 620). Dabei ist zu beachten, dass nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der Ausübung einer hierdurch erlangten Rechtsstellung führt. Treuwidriges Verhalten eines Vertragspartners kann zwar dazu führen, dass ihm die Ausübung eines ihm zustehenden Rechts zu versagen ist, wenn er sich dieses Recht gerade durch das treuwidrige Verhalten verschafft hat. Lässt sich ein solches zielgerichtet treuwidriges Verhalten nicht feststellen, so muss durch eine Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls entschieden werden, ob und wieweit einem Beteiligten die Ausübung einer Rechtsposition nach Treu und Glauben verwehrt sein soll (BGH, Urteil vom 28. Oktober 2009 - IV ZR 140/08, NJW 2010, 289 Rn. 21 mwN).

41

b) Soweit es vorliegend um die Frage geht, ob sich der Bürge deshalb noch auf die Einrede der Verjährung berufen kann, weil die Hauptschuldnerin diese Einrede nur infolge ihrer "schlechten Prozessführung" verloren hat, folgt daraus, dass der Gläubiger nur dann an der Durchsetzung seiner Forderung gegen den Bürgen gehindert werden kann, wenn auch ihm ein Fehlverhalten im Prozess gegen den Hauptschuldner zum Nachteil des Bürgen, etwa ein mit dem Hauptschuldner abgestimmtes Vorgehen, nachgewiesen werden kann. Allein eine "schlechte Prozessführung" des Hauptschuldners ohne Zutun des Gläubigers vermag diesem gegenüber das Verdikt einer unzulässigen Rechtsausübung nicht zu begründen, da dieser in der Regel keinen Einfluss auf das Prozessverhalten des Hauptschuldners nehmen kann.

42

c) Umstände, die den Vorwurf einer unzulässigen Rechtsausübung des Gläubigers rechtfertigen würden, sind hier nicht vorgetragen. Wie das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei angenommen hat, hätte es dem Beklagten oblegen, Einsicht in die Akten des Prozesses zwischen der Klägerin und der Hauptschuldnerin zu nehmen sowie substantiiert und unter Beweisantritt zu etwaigen Versäumnissen der Hauptschuldnerin bei ihrer Prozessführung und einem vorwerfbaren Verhalten der Klägerin vorzutragen. Dies hat der Beklagte trotz eines Hinweises des Berufungsgerichts versäumt.

43

4. Der Senat teilt die von der Revision unter Verweis auf Habersack (MünchKommBGB/Habersack, 6. Aufl., § 768 Rn. 11) geäußerte Befürchtung, dass dem Bürgen in eindeutigen Fällen eine einmal begründete Verjährungseinrede durch die Verurteilung des Hauptschuldners genommen werden könnte, nicht. Ein solches Ergebnis des Bürgschaftsprozesses ist lediglich die Folge der geltenden Rechtslage. Es stellt nur die andere Seite der umfassenden Berechtigung des Bürgen aus § 768 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, neben den eigenen auch fremde Einreden erheben zu dürfen. Dass der Bürge das Risiko zu tragen hat, eine ursprünglich berechtigte Verjährungseinrede wieder zu verlieren, verletzt auch nicht den Grundsatz des Verbots der Fremddisposition. Dieser schützt den Bürgen nur davor, dass seine Haftung über den bei Bürgschaftsübernahme überschaubaren Umfang hinaus zu seinen Lasten erweitert wird (Senatsurteil vom 18. September 2007 - XI ZR 447/06, WM 2007, 2230 Rn. 18). Der Verlust einer ursprünglich gerechtfertigten Einrede durch die Gerichtsentscheidung im Prozess des Gläubigers gegen den Hauptschuldner erweitert die Haftung des Bürgen jedoch nicht über den bei Bürgschaftsübernahme für ihn überschaubaren, weil gesetzlich geregelten Umfang hinaus.

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5. Aufgrund der sonstigen, von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haftet der Beklagte dem Grunde nach gemäß § 765 Abs. 1 BGB aus den beiden selbstschuldnerischen Höchstbetragsbürgschaften in einer nunmehr vom Berufungsgericht zu ermittelnden Höhe.

Ellenberger                        Joeres                      Matthias

                      Menges                     Dauber