Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 05.04.2011


BGH 05.04.2011 - XI ZR 201/09

Verbraucherdarlehensvertrag: Hemmung der Verjährung von Ansprüchen des Darlehensgebers nach Gesetzesänderung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
05.04.2011
Aktenzeichen:
XI ZR 201/09
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 28. Mai 2009, Az: 5 U 4/09, Urteilvorgehend LG Lübeck, 12. Dezember 2008, Az: 2 O 351/07, Urteil
Zitierte Gesetze
Art 229 § 6 Abs 1 S 1 BGBEG

Leitsätze

1. Die Verjährung von Ansprüchen des Darlehensgebers gegen den Darlehensnehmer aus einem Verbraucherdarlehensvertrag, die vor dem 31. Dezember 2001 entstanden sind und zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren, wird gemäß § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB ab dem 1. Januar 2002 gehemmt .

2. Die Verjährungshemmung nach § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB erfasst sowohl die in den Darlehensraten enthaltenen Tilgungsanteile, Vertragszinsen und Bearbeitungsgebühren als auch die Verzugszinsen .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 5. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts vom 28. Mai 2009 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Klage über den rechtskräftig zuerkannten Betrag von 8.478,57 € nebst Zinsen hinaus in Höhe von 16.878,60 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Diskont- bzw. Basiszinssatz auf monatlich jeweils 468,85 € beginnend ab dem 16. Januar 1998 und fällig jeweils zum 16. des Folgemonats bis einschließlich 16. Dezember 2000 abgewiesen worden ist, und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Lübeck vom 12. Dezember 2008 abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 25.357,17 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Diskont- bzw. Basiszinssatz auf monatlich jeweils 468,85 € beginnend ab dem 16. Januar 1998 und fällig jeweils zum 16. des Folgemonats bis einschließlich 16. Mai 2002, sowie auf 508,12 € ab dem 16. Juni 2002 zu zahlen.

Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die weitergehende Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Von den Kosten der ersten Instanz tragen die Klägerin 2/3 und der Beklagte 1/3, von den Kosten der zweiten Instanz tragen die Klägerin 3/5 und der Beklagte 2/5, die Kosten des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt vom Beklagten Rückzahlung eines Verbraucherdarlehens nebst Vertrags- und Verzugszinsen.

2

Der Beklagte schloss mit der Klägerin am 24. Mai 1993 einen als "Allzweckkredit" bezeichneten Darlehensvertrag mit einem Nettokreditbetrag von 61.000 DM (31.188,80 €), der bei einem monatlichen Zinssatz von 0,56% und unter Berücksichtigung einer zweiprozentigen Bearbeitungsgebühr in 107 Raten á 917 DM (468,85 €) und einer Schlussrate zu 993,80 DM (508,12 €) zurückgeführt werden sollte. Der Beklagte zahlte die jeweils zum 15. eines Monats fälligen Raten nur bis einschließlich Oktober 1993. Die wegen Zahlungsverzugs erklärte Kündigung der Klägerin vom 4. Juli 1994 konnte dem Beklagten nicht zugestellt werden, weil er unbekannt verzogen war. Die vertraglich vereinbarte Laufzeit des Darlehens endete am 15. Juni 2002. Nachdem der Klägerin die Anschrift des Beklagten bekannt wurde, machte sie mit Scheiben vom 11. November 2004 ihre Ansprüche gegen ihn geltend.

3

Das Landgericht hat der ursprünglich auf Zahlung von 72.971,13 € gerichteten und dem Beklagten am 2. Februar 2008 zugestellten Klage in Höhe von 65.200,06 € stattgegeben und nur die Raten für den Zeitraum 15. November 1993 bis 15. Januar 1995 als verjährt angesehen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil abgeändert, den Beklagten zur Zahlung von lediglich 8.478,57 € (Raten vom 15. Januar 2001 bis 15. Juni 2002) nebst Zinsen verurteilt und die Klage im Übrigen (Raten bis einschließlich Dezember 2000) wegen Verjährung abgewiesen. Der erkennende Senat hat auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin die Revision zugelassen, soweit die Klage hinsichtlich der Raten von Januar 1998 bis Dezember 2000 in Höhe von 16.878,60 € nebst Zinsen abgewiesen worden ist. In diesem Umfang verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision ist begründet. Sie führt zur teilweisen Aufhebung des angefochtenen Urteils und unter Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung zur Verurteilung des Beklagten in Höhe weiterer - über den rechtskräftig zuerkannten Betrag von 8.478,57 € hinausgehender - 16.878,60 € nebst Zinsen.

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:

6

Das Darlehen sei vor seiner vertraglich bestimmten Beendigung von der Klägerin nicht wirksam gekündigt worden mit der Folge, dass die Klägerin lediglich die Darlehensraten einschließlich Verzugszinsen beanspruchen könne, soweit diese nicht bereits verjährt seien. Entgegen der Ansicht des Landgerichts habe die Klägerin Anspruch auf Zahlung von lediglich 8.478,57 € nebst Zinsen, da nicht nur die Raten für den Zeitraum vom 15. November 1993 bis 15. Januar 1995, sondern auch die bis einschließlich 31. Dezember 2000 fälligen verjährt seien. Gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB finde auf den Darlehensvertrag ab 1. Januar 2003 zwar das Bürgerliche Gesetzbuch in seiner neuen Fassung Anwendung. Allerdings gelte für die periodisch fälligen Zins- und Tilgungszahlungen wegen Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF. Die Sonderverjährungsvorschrift des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB nF, die auch auf Altverträge Anwendung finde, führe dazu, dass die neue regelmäßige (dreijährige) Verjährungsfrist der §§ 195, 199 BGB nF länger als die alte (vierjährige) Frist der §§ 197, 201 BGB aF sei. Deswegen verbleibe es bei der letztgenannten Frist, die am 31. Dezember 2004 abgelaufen sei. Die allein auf § 195 BGB nF abstellende Gegenansicht widerspreche dem Sinn des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB, da der Gesetzgeber mit der Schuldrechtsreform nicht die Verlängerung zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits laufender Verjährungsfristen habe bewirken wollen.

II.

7

Dies hält rechtlicher Überprüfung nicht stand. Rechtsfehlerhaft ist die Annahme des Berufungsgerichts, auch der Anspruch der Klägerin aus § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB auf die Darlehensraten im Zeitraum Januar 1998 bis einschließlich Dezember 2000 sei verjährt. Insoweit hat das Berufungsgericht die Klage auf Zahlung der Raten nebst Verzugszinsen zu Unrecht abgewiesen.

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1. Im Ansatz zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die im Revisionsverfahren noch streitgegenständlichen Darlehensraten nebst den auf sie zu zahlenden Verzugszinsen nach altem Recht am 31. Dezember 2001 noch nicht verjährt waren und daher in den Anwendungsbereich des Art. 229 § 6 EGBGB fallen.

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a) Für die in den Darlehensraten enthaltenen Vertragszinsen und Teile der einmaligen Bearbeitungsgebühr (vgl. dazu BGH, Urteil vom 10. Juli 1986 - III ZR 133/85, BGHZ 98, 174, 186) galt nach altem Recht die vierjährige Verjährungsfrist des § 197 BGB aF. Diese war am 31. Dezember 2001 noch nicht abgelaufen.

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b) Ob die in den Raten enthaltenen Tilgungsleistungen auch nach § 197 BGB aF in vier Jahren verjährten (so die herrschende Meinung in Rechtsprechung und Literatur: OLG Hamm, WM 1990, 924, 926; OLG Stuttgart, WM 1992, 864, 865 ff.; OLG Celle, MDR 1994, 157 f.; OLG Schleswig, NJW-RR 2003, 627 f.; MünchKommBGB/Grothe, 4. Aufl., § 197 Rn. 2; Staudinger/Peters, BGB, Neubearb. 2001, § 197 Rn. 24; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl., § 197 Rn. 5; Bruchner in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, 2. Aufl., § 81 Rn. 211; Emmerich in Graf von Westphalen/Emmerich/von Rottenburg, VerbrKrG, 2. Aufl., § 11 Rn. 74; Beining, NJW 1990, 1464, 1466; vgl. auch für Annuitätendarlehen Senatsurteil vom 12. Juni 2001 - XI ZR 283/00, BGHZ 148, 90, 93 f.) oder der dreißigjährigen Regelverjährung des § 195 BGB aF unterfielen (so LG Krefeld, NJW 1991, 2026 f.; Schwachheim, NJW 1989, 2026, 2028 ff.), kann dahinstehen, da sowohl die Frist des § 197 BGB aF als auch die andernfalls maßgebliche dreißigjährige Regelverjährungsfrist des § 195 BGB aF am 31. Dezember 2001 noch nicht abgelaufen war.

11

c) Der Anspruch der Klägerin auf Zahlung von Verzugszinsen auf die fälligen Raten war ebenfalls am 31. Dezember 2001 noch nicht verjährt, da die insofern nach § 11 Abs. 3 Satz 3 VerbrKrG aF maßgebliche dreißigjährige Frist des § 195 BGB aF zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen war.

12

2. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht aber § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB nF als Sonderverjährungsvorschrift angesehen, sie deswegen in einen Fristenvergleich nach Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB mit § 197 BGB aF einbezogen und danach die in der Revisionsinstanz noch streitigen Ansprüche aufgrund der vierjährigen Verjährungsfrist des § 197 BGB aF als verjährt angesehen.

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a) Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts handelt es sich bei § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB nF nicht um eine Sonderverjährungsvorschrift, sondern nach ihrem eindeutigen Wortlaut um eine Norm, die die Hemmung einer aufgrund anderer Vorschriften in Gang gesetzten Verjährung bewirkt. Die Rechtsfolge der Hemmung ist wie bei anderen Hemmungstatbeständen auch, dass gemäß § 209 BGB der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet wird.

14

b) Soweit das Berufungsgericht meint, eine derartige Handhabung widerspreche dem Sinn und Zweck des Art. 229 § 6 Abs. 3 EGBGB, da der Gesetzgeber nicht beabsichtigt habe, zum Zeitpunkt der Gesetzesänderung bereits laufende Verjährungsfristen zu verlängern, so ist dies unzutreffend. Die erst im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens auf Intervention des Bundesrates eingefügte (BT-Drucks. 14/6040 i.V.m. BT-Drucks. 14/6857 S. 34) Norm des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB hatte vor dem Hintergrund der nunmehrigen kurzen Regelverjährung nur den Zweck, es zu vermeiden, dass der Gläubiger trotz eingehender Zahlungen des Schuldners allein zur Verhinderung des Verjährungseintritts die Titulierung der Forderung betreibt und dadurch weitere Kosten zu Lasten des Schuldners verursacht (BT-Drucks. 14/6857 S. 65 f.). Dass sich dadurch die Verjährung eines vor dem 1. Januar 2002 entstandenen und noch nicht verjährten Darlehensrückzahlungsanspruchs im Verhältnis zum alten Recht faktisch verlängern kann (so auch Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 7), hat der Gesetzgeber dabei in Kauf genommen. Dies zeigt sich schon daran, dass es für alle nach dem 1. Januar 2002 entstandenen Ansprüche auf Darlehensrückzahlung wegen der gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB geltenden dreijährigen Regelverjährung in Verbindung mit dem Hemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB im Vergleich zur vierjährigen Frist des § 197 BGB aF faktisch zu einer derartigen Verlängerung der Verjährungsfrist kommt. Dann ist aber nicht einzusehen, warum dies nicht auch für schon vor dem 1. Januar 2002 entstandene, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht verjährte und damit der Übergangsvorschrift des Art. 229 § 6 EGBGB unterfallende Ansprüche möglich sein soll (so auch OLG Karlsruhe, OLGR 2007, 417, 418).

15

3. Die Verjährung der streitgegenständlichen Ansprüche der Klägerin ist nach § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB durch Erhebung der vorliegenden Klage gehemmt worden, weil sie zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt waren.

16

a) Die Verjährung ist mit Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes ab dem 1. Januar 2002 gemäß § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB nF auf die Dauer von längstens zehn Jahren von ihrer Entstehung an gehemmt worden. Das hat dazu geführt, dass die Verjährungsfristen - sowohl des § 197 BGB aF als auch der §§ 195, 199 BGB nF - bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen waren.

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b) Für die Hemmung des Laufs der Verjährungsfrist gilt in Übergangsfällen das Stichtagsprinzip (vgl. Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., EGBGB Art. 229 § 6 Rn. 7). Gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB finden auf die am 1. Januar 2002 bestehenden und noch nicht verjährten Ansprüche die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über die Verjährung in der seit diesem Tag geltenden Fassung und damit auch § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB Anwendung. Der Hemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB erfasst nach - soweit ersichtlich - einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur, der der Senat zustimmt, aufgrund der eindeutigen Übergangsregelung in Art. 229 § 6 Abs. 1 EGBGB vor dem Jahr 2002 entstandene, aber noch nicht verjährte Ansprüche wie die hier ab dem Jahr 1998 fällig gewordenen Raten, obwohl es nach altem Recht keine entsprechende Regelung gab (OLG Köln, WM 2007, 1324, 1325; OLG Stuttgart, Urteil vom 13. März 2006 - 6 U 248/05, juris Rn. 7 f.; OLG Hamm, WM 2007, 1328, 1329; OLG Celle, WM 2007, 1319, 1323; OLG Karlsruhe, OLGR 2007, 417, 418; OLG Jena, Urteil vom 25. August 2008 - 5 U 404/07, juris Rn. 20; MünchKommBGB/Schürnbrand, 5. Aufl., § 497 Rn. 38; Staudinger/Peters, BGB, Bearb. 2003, Art. 229 § 6 EGBGB Rn. 17; Erman/Schmidt-Ränsch, BGB, 12. Aufl., Anh. zu Vorb. §§ 194 - 218 Rn. 4; Palandt/Ellenberger, BGB, 70. Aufl., EGBGB Art. 229 § 6 Rn. 7; Budzikiewicz, WM 2003, 264, 374).

18

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 2 EGBGB, da dort lediglich geregelt ist, dass sich die Hemmung der Verjährung für den Zeitraum vor dem 1. Januar 2002 nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch in der bis zu diesem Tag geltenden Fassung bestimmt. Der schon vor dem 1. Januar 2002 vorliegende, aber über diesen Tag hinausreichende Dauertatbestand des Verzuges bewirkt über Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB ab dem 1. Januar 2002 den Eintritt der Hemmung.

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Daran vermag auch Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB, der § 497 BGB in der seit dem 1. August 2002 geltenden Fassung nur auf nach dem 1. November 2002 entstandene Schuldverhältnisse für anwendbar erklärt, nichts zu ändern. Denn das OLG-Vertretungsänderungsgesetz vom 23. Juli 2002 (BGBl. I S. 2850), auf das die Norm zurückgeht, betraf § 497 BGB lediglich insoweit, als es in seinem Art. 25 Nr. 14 dessen Absatz 1 änderte und einen neuen Absatz 4 aufnahm, den durch das Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 (BGBl. I S. 3138) eingefügten Absatz 3 Satz 3 jedoch unberührt ließ. Die von Art. 229 § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EGBGB erst ab 1. November 2002 angeordnete Anwendbarkeit bezieht sich daher nicht auf den Sonderhemmungstatbestand des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB (so auch OLG Hamm, WM 2007, 1328, 1329).

20

Was die im Jahr 1998 fällig gewordenen Raten angeht, zeitigt auch Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB kein anderes Ergebnis. Nach dieser Vorschrift findet zwar auf vor dem 1. Januar 2003 entstandene Dauerschuldverhältnisse bis zum 31. Dezember 2002 das Bürgerliche Gesetzbuch in der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung Anwendung, sodass mangels Geltung eines § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB entsprechenden Hemmungstatbestandes im alten Recht gemäß §§ 197, 198 Satz 1, § 201 Satz 1 BGB aF mit Ablauf des 31. Dezember 2002 Verjährung eingetreten wäre. Indes ist § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB - als im materiellen Recht verortete, nichtsdestotrotz aber rein verjährungsrechtliche Regelung - gemäß dem für Vorschriften der Verjährung spezielleren Art. 229 § 6 EGBGB unabhängig davon anzuwenden, ob für Ansprüche aus einem Darlehensvertrag aus der Zeit vor dem 1. Januar 2003 gemäß Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB altes materielles Recht gilt (Senat, Urteil vom 13. Juli 2010 - XI ZR 27/10, WM 2010, 1596 Rn. 9 f.).

21

c) Die Hemmung nach § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB erfasst gemäß Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB mit Wirkung ab dem 1. Januar 2002 sowohl den streitgegenständlichen Anspruch der Klägerin auf Zahlung der vertragsgemäß geschuldeten Raten (Tilgung, Vertragszinsen, Bearbeitungsgebühr) als auch den Anspruch auf die auf die Raten zu zahlenden Verzugszinsen.

22

Durch § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB werden nach herrschender Meinung, der der Senat zustimmt, rückständige Darlehensraten in vollem Umfang, also auch soweit in ihnen Vertragszinsen enthalten sind, und die Verzugszinsen erfasst (MünchKommBGB/Schürnbrand, 5. Aufl., § 497 Rn. 38; Staudinger/Kessal-Wulf, BGB, Bearb. 2004, § 497 Rn. 36; Erman/Saenger, BGB, 12. Aufl., § 497 Rn. 45; Nobbe/Müller-Christmann, Kommentar zum Kreditrecht, § 497 Rn. 22, 26; wohl auch Reiff in AnwKomm, BGB, § 497 Rn. 11).

23

Die auf den Wortlaut der Vorgängerregelung des § 11 Abs. 3 Satz 3 VerbrKrG aF abstellende Gegenansicht (Budzikiewicz, WM 2003, 264, 273; Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 7. Aufl., § 497 Rn. 73; Palandt/Weidenkaff, BGB, 70. Aufl., § 497 Rn. 10) übersieht, dass sich die Gesetzesbegründung, die von einer inhaltlichen Entsprechung des neuen § 497 BGB und des bisherigen § 11 VerbrKrG spricht (BT-Drucks. 14/6040 S. 28, 256), auf eine Fassung bezieht, die § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB noch nicht enthielt. Dessen Einfügung diente gerade dazu, den Darlehensgeber davon abzuhalten, allein zur Vermeidung des Verjährungseintritts eine Titulierung seiner Forderung zu betreiben (BT-Drucks. 14/6857 S. 34, 65 f.) und dadurch die ohnehin schon bestehende Schuldenlast des Darlehensnehmers unnötig zu erhöhen. Dieser Gesetzeszweck trifft aber nicht nur für die in den monatlichen Darlehensraten enthaltenen, unstreitig der Hemmungsnorm des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB unterfallenden Tilgungs-, sondern auch für die darin eingeschlossenen Zinsanteile zu. Es ist nicht einzusehen, dass der - sich beim Annuitätendarlehen ständig verändernde, beim Ratenkredit gleich bleibende - (Zins-)Anteil einer einheitlichen monatlichen Summe früher als die Tilgungsleistung verjähren und den Gläubiger diesbezüglich zu kostenauslösenden Maßnahmen zwingen soll.

24

Dies gilt umso mehr, als die von § 367 Abs. 1 BGB abweichende Verrechnungsnorm des § 497 Abs. 3 Satz 1 BGB ebenfalls nur zwischen Zinsen nach Absatz 2 (Verzugszinsen) und dem "übrigen geschuldeten Betrag" nach Absatz 1 (Darlehensraten) differenziert und gerade keine Unterscheidung zwischen (Vertrags-)Zinsleistungen und Tilgungsanteilen trifft, sodass die aus der Gegenansicht folgende frühere Verjährung der Zinsleistungen auch nicht durch eine vorrangige Verrechnung der Zahlungen auf diese Schuld des Darlehensnehmers abgefangen wird.

25

Der Wortlaut des § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB spricht dementsprechend nicht nur - insoweit noch mit § 11 Abs. 3 VerbrKrG übereinstimmend - von "Zinsen", sondern darüber hinausgehend auch von "Darlehensrückerstattung" bzw. - der sprachlichen Vereinheitlichung im Gelddarlehensbereich geschuldet (vgl. BT-Drucks. 16/11643 S. 12, 84 i.V.m. BT-Drucks. 16/13669 S. 18, 123) - seit dem 11. Juni 2010 (Art. 1 Nr. 27 Buchst. c des Gesetzes vom 29. Juli 2009, BGBl. I S. 2355) von "Darlehensrückzahlung", worunter nach dem oben Gesagten sowohl Tilgungs- als auch (Vertrags-)Zinsleistungen zu verstehen sind.

26

d) Der Eintritt der Hemmung gemäß § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB ist auch nicht davon abhängig, ob der Schuldner überhaupt Teilleistungen erbringt oder sich die gegenüber § 367 Abs. 1 BGB veränderte Tilgungsreihenfolge auswirkt (vgl. Senat, Beschluss vom 13. März 2007 - XI ZR 263/06, juris). Daher war der Anspruch der Klägerin auf Zahlung der bis zum 31. Dezember 2001 fällig gewordenen Darlehensraten nebst Zinsen wegen des infolge der kalendermäßigen Bestimmung der Leistungszeit gemäß § 284 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 2 BGB eingetretenen Verzugs vom 1. Januar 2002 an bis zum Ablauf der Höchstfrist von zehn Jahren ab Anspruchsentstehung gemäß § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB i.V.m. Art. 229 § 6 Abs. 1 Satz 1 EGBGB gehemmt.

27

Die Verjährung des Anspruchs auf Zahlung der am 15. Januar 1998 fälligen Darlehensrate nebst Zinsen war danach vom 1. Januar 2002 an bis zum 15. Januar 2008 (Ablauf der Höchstfrist von zehn Jahren ab Anspruchsentstehung) gehemmt. Die ab dem 16. Januar 2008 wieder laufende Verjährungsfrist wurde sodann durch die Klageerhebung am 2. Februar 2008 erneut gehemmt (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Sowohl die Frist des § 197 BGB aF als auch die der §§ 195, 199 BGB nF war infolge der zuvor durch § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB bewirkten Hemmung bei Klageerhebung noch nicht abgelaufen (§ 209 BGB). Was die übrigen, erst später fällig gewordenen Raten sowie die Verzugszinsen angeht, dauerte die durch § 497 Abs. 3 Satz 3 BGB seit dem 1. Januar 2002 bewirkte Hemmung zum Zeitpunkt der Klageerhebung noch an, sodass auch diesbezüglich Verjährung noch nicht eingetreten ist.

III.

28

Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Da der Sachverhalt vom Berufungsgericht ausreichend geklärt worden ist und weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind, kann der Senat gemäß § 563 Abs. 3 ZPO in der Sache selbst entscheiden und - mangels Verjährung der Darlehensraten nebst Verzugszinsen für die Monate Januar 1998 bis Dezember 2000 - unter teilweiser Zurückweisung der Berufung und Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung die Verurteilung des Beklagten in Höhe weiterer 16.878,60 € nebst Zinsen mit der Kostenfolge aus §§ 91, 92 Abs. 1 ZPO selbst aussprechen.

Wiechers                                          Joeres                                          Mayen

                        Ellenberger                                       Matthias