Entscheidungsdatum: 16.09.2014
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 7. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück vom 19. Februar 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Beschwerdewert: bis 900 €
I.
Das Berufungsgericht hat nach einem Hinweis vom 2. Januar 2013 die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Osnabrück vom 28. März 2012 gemäß § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO als unzulässig verworfen, weil das Rechtsmittel nicht den Mindestbeschwerdegegenstand von 600 € gemäß § 511 Abs. 2 Nr. 1 ZPO übersteige. Hierzu hat das Berufungsgericht unter Bezugnahme auf seinen Hinweisbeschluss vom 2. Januar 2013 ausgeführt, der Beschwerdegegenstand bestehe aus der Summe der nach dem Anerkenntnis verbleibenden Zinsforderungen und Insolvenzkosten, die unstrittig unter 600 € lägen. Ein "Zuschlag" auf diesen Betrag von 25% der ursprünglichen Klageforderung - wie sie die Beklagte in ihrem Schriftsatz vom 13. Februar 2013 mit Bezugnahme auf ihren Vorlageantrag ausführe - erschließe sich dem Berufungsgericht nicht. Dieser sei auch nicht durch die Angabe von Gesetzesnormen oder Rechtsprechung untermauert.
Selbst wenn man aber die Berufung als zulässig erachten würde, hätte diese in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, wie sich dem Hinweisbeschluss vom 2. Januar 2013 entnehmen lasse. Der Schriftsatz der Beklagten vom 13. Februar 2013 - der ohnehin verspätet eingereicht worden sei, weil die gerichtlich festgesetzte Frist zur Stellungnahme bereits am 11. Februar 2013 abgelaufen gewesen sei - biete außerdem keinen Anlass zu einer anderweitigen Würdigung der Sach- und Rechtslage. Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Rechtsbeschwerde.
II.
Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft und auch im Übrigen zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
1. Der angefochtene Beschluss ist aufzuheben, weil er nicht ausreichend mit Gründen versehen ist.
a) Beschlüsse, die der Rechtsbeschwerde unterliegen, müssen nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs den maßgeblichen Sachverhalt, über den entschieden wird, wiedergeben und den Streitgegenstand und die Anträge in beiden Instanzen erkennen lassen; anderenfalls sind sie nicht mit den nach dem Gesetz (§ 576 Abs. 3, § 547 Nr. 6 ZPO) erforderlichen Gründen versehen und bereits deshalb aufzuheben (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4 mwN). Das Rechtsbeschwerdegericht hat grundsätzlich von dem Sachverhalt auszugehen, den das Berufungsgericht festgestellt hat (§ 577 Abs. 2 Satz 4, § 559 ZPO). Enthält der angefochtene Beschluss keine tatsächlichen Feststellungen, ist das Rechtsbeschwerdegericht nicht zu einer rechtlichen Prüfung in der Lage. Dies gilt gerade auch dann, wenn das Berufungsgericht die Berufung als unzulässig verwirft, weil die Berufungssumme nicht erreicht sei. Denn eine Wertfestsetzung kann vom Rechtsbeschwerdegericht nur daraufhin überprüft werden, ob das Berufungsgericht die angekündigten Anträge zur Kenntnis genommen und zutreffend bewertet und die Grenzen eines ihm gegebenenfalls durch § 3 ZPO eingeräumten Ermessens überschritten oder rechtsfehlerhaft von ihm Gebrauch gemacht hat (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4 mwN). Wird diesen Anforderungen nicht genügt, liegt ein von Amts wegen zu berücksichtigender Verfahrensmangel vor, der die Aufhebung der Entscheidung des Berufungsgerichts nach sich zieht (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 4 mwN).
b) Eine Sachdarstellung ist lediglich dann ausnahmsweise entbehrlich, wenn sich der maßgebliche Sachverhalt und das Rechtsschutzziel noch mit hinreichender Deutlichkeit aus den Beschlussgründen ergeben (vgl. BGH, Beschluss vom 16. April 2013 - VI ZB 50/12, NJW-RR 2013, 1077 Rn. 5 mwN).
c) Diesen Maßstäben wird die Verwerfungsentscheidung des Berufungsgerichts nicht gerecht. In diesem Beschluss und dem in Bezug genommenen Hinweisbeschluss vom 2. Januar 2013 wird der maßgebliche Sachverhalt, über den entschieden werden soll, nicht wiedergegeben. Gleiches gilt für die Anträge beider Instanzen. Der Beschluss enthält - mit Ausnahme im Hinweisbeschluss in Bezug auf den mit der Widerklage verfolgten Antrag auf Zusendung von Kontoauszügen - keine Bezugnahme auf das erstinstanzliche Urteil. Allein die Rechtsausführungen enthalten keine ausreichenden Informationen über den festgestellten Sachverhalt und das Begehren der Parteien in den beiden Tatsacheninstanzen. Der Verwerfungsbeschluss enthält mithin nicht die für eine Sachprüfung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlichen Feststellungen.
2. Die Sache ist daher unter Aufhebung des angefochtenen Beschlusses an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 ZPO), welches über die Wertfestsetzung erneut zu befinden haben wird.
Der Senat kann mangels der erforderlichen Feststellungen auch nicht gemäß § 577 Abs. 5 ZPO in der Sache selbst entscheiden. Die vom Berufungsgericht hilfsweise gemachten Ausführungen zur Unbegründetheit der Berufung gelten als nicht geschrieben und sind vom Revisionsgericht nicht zu beachten (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, WM 2011, 1324 Rn. 45 mwN). Mangels ausreichender Feststellungen bietet der Beschluss des Berufungsgerichts zudem auch keine verwertbare Grundlage für die rechtliche Beurteilung durch das Revisionsgericht (vgl. dazu BGH aaO).
Wiechers Ellenberger Maihold
Matthias Derstadt