Entscheidungsdatum: 16.04.2015
1. NV: Ein Anspruch auf Einsicht in Akten, die dem Gericht nicht vorliegen und die das Gericht für seine Entscheidung nicht benötigt, besteht nicht .
2. NV: Dem Antrag auf Akteneinsicht fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die Akteneinsicht unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet ist, dem Rechtsschutz in dem betreffenden Verfahren zu dienen .
1. Der Antrag auf weitere Akteneinsicht wird abgelehnt.
2. Die Anhörungsrüge des Klägers gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 19. Dezember 2014 XI B 107/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
3. Die Gegenvorstellung des Klägers gegen den Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 19. Dezember 2014 XI B 107/13 wird als unzulässig verworfen.
4. Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
I. Mit Beschluss vom 19. Dezember 2014 XI B 107/13 wies der Senat die Beschwerde des Klägers, Beschwerdeführers und Rügeführers (Kläger) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) Münster vom 3. September 2013 15 K 836/10 U als unbegründet zurück. Gegen diesen Beschluss erhob der Kläger mit seinem Schriftsatz vom 29. Januar 2015 Anhörungsrüge und Gegenvorstellung.
Er machte geltend, der erkennende Senat hätte vor seiner Entscheidung auf einen dem Beschluss zu Grunde liegenden neuen, völlig überraschenden und zudem falschen Gesichtspunkt hinweisen müssen, nämlich darauf, dass der Senat dem FG darin folge, deutsches Zivilrecht sei für die Frage, ob eine Vermietung im Sinne des Umsatzsteuerrechts vorliege, nicht entscheidend.
Nachdem dem Kläger auf seinen Antrag auf Akteneinsicht (Schriftsatz vom 16. Februar 2015) Einsicht in die Senatsakten gewährt worden war, beantragte er Einsicht in alle "Akten, die den Gerichten in dem Verfahren vorgelegen haben" (Schriftsatz vom 10. März 2015) und begründete diesen Antrag mit Schriftsatz vom 28. März 2015.
II. 1. Der Senat ist nicht verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die Akten des FG sowie des Beklagten, Beschwerdegegners und Rügegegners (Finanzamt) zu gewähren.
Dies ergibt sich bereits daraus, dass diese Akten dem Senat nicht vorliegen und der Senat diese zur Entscheidung über die Anhörungsrüge und die Gegenvorstellung nicht benötigt (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 18. März 2008 V B 243/07, BFH/NV 2008, 1334; vom 14. Januar 2011 VIII B 56/10, BFH/NV 2011, 630, jeweils m.w.N.).
Jedenfalls fehlt dem --erstmals im vorliegenden Verfahren XI S 7/15 gestellten-- Antrag auf (weitere) Akteneinsicht das Rechtsschutzbedürfnis, weil die Akteneinsicht unter keinem denkbaren Gesichtspunkt geeignet ist, dem Rechtsschutz in diesem Verfahren zu dienen (vgl. z.B. Thürmer in Hübschmann/Hepp/ Spitaler, § 78 FGO Rz 130, m.w.N.).
2. Die Anhörungsrüge führt nicht zum Erfolg.
a) Es kann offen bleiben, ob die Begründung der gemäß § 133a der Finanzgerichtsordnung (FGO) statthaften Anhörungsrüge den Anforderungen des § 133a Abs. 2 Satz 5 FGO in seiner ab dem 1. Juli 2008 geltenden Fassung entspricht. Aus der Begründung der Anhörungsrüge ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass sich der Kläger nicht zu Sach- oder Rechtsfragen im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren XI B 107/13 hätte äußern können oder dass entscheidungserhebliches Vorbringen des Klägers vom erkennenden Senat unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht zur Kenntnis genommen oder in Erwägung gezogen worden wäre.
aa) Den Vortrag des Klägers in seiner Nichtzulassungsbeschwerde, er habe die nach Auszug des Mieters zu 2. nicht gezahlten Mieten eingeklagt, hat der Senat in seinem Beschluss vom 19. Dezember 2014 XI B 107/13 (auf S. 6, unter c) behandelt.
bb) Der Senat musste den Kläger vor seiner Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde auch nicht darauf hinweisen, dass er u.a. von der Rechtsansicht des FG (Urteil S. 12 f.) ausgehen würde, maßgebend sei im Streitfall nicht das deutsche Zivilrecht (Beschluss, S. 7, unter bb).
Denn der Anspruch auf rechtliches Gehör ist erst dann verletzt, wenn das Gericht den Hinweis auf einen entscheidungserheblichen rechtlichen Gesichtspunkt unterlässt, mit dem auch ein gewissenhafter und rechtskundiger Prozessbeteiligter nicht zu rechnen braucht (vgl. z.B. Urteil des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 14. Juli 1998 1 BvR 1640/97, BVerfGE 98, 218, 263; BFH-Beschluss vom 18. September 2013 X B 38/13, BFH/NV 2014, 54, jeweils m.w.N.).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision wegen eines Verfahrensmangels nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO mussten dem rechtskundigen Kläger, einem …, indes bekannt sein. Es war von Verfassungs wegen nicht geboten, den Kläger darauf hinzuweisen, dass ein Verfahrensmangel nur dann die Zulassung der Revision rechtfertigt, wenn die angefochtene Entscheidung auf ihm "beruhen kann" (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), und bei der Prüfung, ob ein solcher Verfahrensmangel vorliegt, im Allgemeinen von der materiell-rechtlichen Auffassung des Gerichts auszugehen ist (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschlüsse vom 2. März 2011 IX B 88/10, BFH/NV 2011, 1295, Rz 6; vom 26. Oktober 2011 IV B 139/10, BFH/NV 2012, 263, Rz 3), mag diese richtig oder falsch sein (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 9. Februar 2006 X B 107/05, BFH/NV 2006, 938). Zudem folgt aus Art. 103 Abs. 1 GG keine allgemeine Frage- und Aufklärungspflicht in Bezug auf die Rechtsansicht des Gerichts (vgl. z.B. BVerfG-Beschluss vom 5. November 1986 1 BvR 706/85, BVerfGE 74, 1, 5; BFH-Beschlüsse vom 12. Juni 2013 X B 191/12, BFH/NV 2013, 1622; in BFH/NV 2014, 54, jeweils m.w.N.).
cc) Im Übrigen kann der Kläger mit Rügen gegen die inhaltliche Richtigkeit der angegriffenen Entscheidung des Senats, ohne eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend zu machen, im Verfahren der Anhörungsrüge nicht gehört werden. Eine Anhörungsrüge dient nicht dazu, die angegriffene Entscheidung nochmals einer vollen inhaltlichen Überprüfung zuzuführen (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 4. Mai 2006 VI S 5/06, BFH/NV 2006, 1337, unter 1.b; vom 7. Februar 2011 XI S 29/10, BFH/NV 2011, 824, Rz 18). Ebenso wenig kann mit der Anhörungsrüge eine Begründungsergänzung herbeigeführt werden (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. Juni 2005 VI S 3/05, BFHE 209, 419, BStBl II 2005, 614; in BFH/NV 2006, 1337).
b) Von einer weiteren Begründung der Entscheidung über die Anhörungsrüge sieht der Senat ab (§ 133a Abs. 4 Satz 4 FGO).
3. Die Gegenvorstellung ist nicht statthaft.
Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschluss vom 25. November 2008 1 BvR 848/07, BVerfGE 122, 190) und des BFH (z.B. Beschlüsse vom 28. Mai 2010 III S 11/10, BFH/NV 2010, 1651; vom 11. Februar 2011 XI S 1/11, BFH/NV 2011, 829) kann eine Gegenvorstellung nur noch gegen eine abänderbare Entscheidung des Gerichts erhoben werden. Die Entscheidung über die Nichtzulassungsbeschwerde wird hingegen materiell rechtskräftig und ist daher nicht mehr änderbar (z.B. BFH-Beschluss vom 24. August 2011 V S 16/11, BFH/NV 2011, 2087, Rz 14, m.w.N.).
4. Für die Entscheidung über die Anhörungsrüge wird eine Gebühr in Höhe von 60 € erhoben (Nr. 6400 des Kostenverzeichnisses, Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes). Die Entscheidung über die Gegenvorstellung ergeht gerichtsgebührenfrei (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 14. Februar 2012 X S 1/12, BFH/NV 2012, 1149).