Entscheidungsdatum: 13.11.2013
1. Erbringt ein Unternehmer an ein Studentenwerk im Rahmen eines "Public-Private-Partnership-Projekts" eine Bauleistung (Werklieferung), die mit einer zwanzigjährigen Finanzierung des Bauvorhabens durch ihn verbunden ist, kann neben der Werklieferung eine eigenständige steuerfreie Kreditgewährung an das Studentenwerk vorliegen .
2. Das gilt auch dann, wenn in der zugrunde liegenden vertraglichen Vereinbarung kein Jahreszins angegeben worden ist (entgegen Abschn. 3.11. Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UStAE) .
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, betrieb im Streitjahr 2005 ein Bauunternehmen. Sie hatte im August 2004 zusammen mit zwei weiteren Gesellschaftern die Objektgesellschaft ... (OG), an der sie 90 % der Gesellschaftsanteile hielt, gegründet. Zwischen der Klägerin (als Organträgerin) und der OG (als Organgesellschaft) bestand eine umsatzsteuerrechtliche Organschaft i.S. des § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG).
Die OG wurde in die Sanierung einer Studentenwohnanlage im Rahmen eines sog. "Public-Private-Partnership-Projekts" (PPP-Projekt) --einer vertraglichen Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Hand und Ressourcen einbringenden privatrechtlich organisierten Unternehmen zur Verwirklichung eines Projekts-- eingebunden. Ziel des Projekts war die Sanierung einer aus mehreren Häusern bestehenden Studentenwohnanlage, wobei deren Träger, das Studentenwerk X (Studentenwerk), weder rechtlich als Bauauftraggeber auftreten noch selbst einen eigenen Kredit aufnehmen sollte.
Zwischen der OG und dem Studentenwerk wurde am 8. September 2004 ein Vertragswerk geschlossen, das sowohl einen als "Mietvertrag" als auch einen als "Konzessionsvertrag" bezeichneten Teil umfasste. Danach erhielt die OG als Baukonzessionär für die Dauer von 20 Jahren das alleinige Recht auf Nutzung der Wohnheime in Form eines Nießbrauchs gegen Zahlung eines einmaligen Nutzungsentgelts in Höhe von ... €. Sie durfte den Nießbrauch ausschließlich dahingehend ausüben, dass sie die Studentenwohnheime im Rahmen eines alleinigen Mietverhältnisses an das Studentenwerk zur Nutzung überließ. Weiter verpflichtete sich die OG, die Studentenwohnheime auf Grundlage eines Angebots der Klägerin vom 29. Juni 2004 in der Fassung vom 26. Juli 2004 zu sanieren, die Finanzierung des Projekts sicherzustellen und die Objekte für die gesamte Vertragslaufzeit an das Studentenwerk zu vermieten.
Die Höhe des Mietzinses blieb zunächst offen. Nach § 2 Ziff. 2 des vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen "Mietvertrags" war hierzu vorgesehen:
"Grundlage für die Mietzinsberechnung sind die Gesamtfinanzierungsleistungen für die Sanierung der Mietobjekte, die sich wie folgt zusammensetzen:
I. Anteil Baumaßnahme: |
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a) alle Baukosten inkl. Nebenkosten usw. lt. Angebot vom 29.06.2004 in der Fassung der Präzisierung vom 26.07.2004 netto sowie etwaiger nach Vertragsschluss vereinbarter, mitfinanzierter Zusatzleistungen zuzügl. der am Tag der Fertigstellung gültigen gesetzl. Umsatzsteuer; |
II. Anteil Finanzierung |
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b) Finanzierungskosten während der Bauzeit; |
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c) Nutzungsentgelt für die Überlassung der Mietobjekte und Bestellung des Nießbrauchrechts |
Die Finanzierungsanteile sind gemäß § 4 Nr. 8 UStG umsatzsteuerbefreit.
Der Mietzins ist so festzulegen, dass innerhalb von 20 Jahren die Gesamtfinanzleistungen vollständig amortisiert werden. Gemäß Zahlungsplan des Angebots setzt sich der jeweilige Mietzins aus einem Zins- und einem Tilgungsanteil zusammen.
Der umsatzsteuerbefreite Finanzierungsanteil wird separat berechnet und ausgewiesen. Einzelheiten sind nach den Bestimmungen der Finanzbehörden (R 29a [der Umsatzsteuer-Richtlinien] UStR) noch festzulegen."
Nach Fertigstellung der Gesamtbaumaßnahme im Jahr 2007 wurden aufgrund der feststehenden Baukosten und Finanzierungskonditionen die Gesamtfinanzleistungen festgelegt und daraus folgend die monatlich vom Studentenwerk zu zahlende Miete. Die OG finanzierte ihrerseits die Maßnahme über eine Finanzierungsvereinbarung mit einer Hypothekenbank.
Eine nachfolgende Außenprüfung bei der Klägerin gelangte zu dem Ergebnis, dass die OG durch die Sanierung der Gebäude eine Werklieferung erbracht habe. Für die beiden im Streitjahr 2005 abgeschlossenen Sanierungen --Haus Y und Haus Z-- seien sowohl die abgerechneten und bereits umsatzversteuerten Baukosten (... €) als auch die darauf entfallenden Finanzierungskosten (... €) sowie das Nutzungsentgelt für den der OG eingeräumten Nießbrauch (... €) in die umsatzsteuerrechtliche Bemessungsgrundlage der Werklieferung einzubeziehen. Soweit die OG gegenüber dem Studentenwerk die Bauleistungen kreditiert habe, liege keine eigenständige umsatzsteuerrechtliche Leistung vor. Eine eindeutige, klare, offensichtliche und leicht nachprüfbare Trennung zwischen Kreditgeschäft und Liefergeschäft gehe aus dem vorliegenden Vertragswerk nicht hervor. Hiernach ergab sich für das Streitjahr 2005 eine Mehrsteuer in Höhe von ... €.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) setzte die Umsatzsteuer für das Streitjahr mit Umsatzsteuerbescheid vom 6. Mai 2008 dementsprechend auf ... € fest.
Der Einspruch der Klägerin wurde im Streitpunkt mit Einspruchsentscheidung vom 24. Juli 2008 als unbegründet zurückgewiesen.
Während des Klageverfahrens änderte das FA die Umsatzsteuerfestsetzung für 2005 mit Bescheid vom 1. April 2010. Die Umsatzsteuer für das Streitjahr wurde nunmehr auf ... € festgesetzt. Der Streitpunkt des Verfahrens war hiervon nicht betroffen.
Die Klage hatte Erfolg. Das FG setzte unter Änderung des Umsatzsteuerbescheids vom 1. April 2010 die Umsatzsteuer für das Streitjahr um ... € auf ... € herab.
Es führte zur Begründung aus, die OG habe gegenüber dem Studentenwerk mehrere umsatzsteuerrechtlich getrennt voneinander zu beurteilende Leistungen erbracht. Die sonstige Leistung, die in der Vorfinanzierung des Bauaufwands liege, sei als eigenständige, steuerfreie Kreditgewährung zu beurteilen, die auch eigenständig abgerechnet worden sei.
Aus den Regelungen in § 2 des "Mietvertrags" sei ersichtlich, dass eine eigenständige Finanzierungsleistung neben die unstreitig vorliegende Werklieferung getreten sei.
Entgegen Abschn. 29a Abs. 2 UStR sei es nicht zwingend erforderlich, dass ein zahlenmäßig feststehender Jahreszins angegeben sein müsse.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Die OG habe eine einheitliche Leistung an das Studentenwerk erbracht. Die einem PPP-Projekt immanente Kreditierung des Entgelts sei nur dann als eigenständige Leistung zu behandeln, wenn --anders als hier-- die Leistung und die Kreditgewährung gesondert vereinbart worden seien.
Eine gesonderte Kreditgewährung unter Angabe eines Jahreszinses sei nicht daraus zu entnehmen, dass nach § 2 des vorliegenden "Mietvertrags" die Bau- und Finanzierungskosten kalkulatorisch in die Berechnung der monatlich zu entrichtenden Leistungsentgelte eingegangen seien.
Die bloße Willensbekundung in der vertraglichen Abrede, wonach die Finanzierungsanteile gemäß § 4 Nr. 8 UStG umsatzsteuerfrei seien, könne eine einheitliche Leistung nicht in zwei getrennte Leistungen aufspalten.
Es sei eine Rechtsfrage, ob die vorliegende Werklieferung in Teilleistungen einerseits und die in der Vorfinanzierung des Bauaufwands liegende Finanzierungsleistung andererseits umsatzsteuerrechtlich als zwei eigenständige Leistungen oder als eine einheitliche Leistung zu beurteilen seien.
Hierfür sei es unbeachtlich, dass das Studentenwerk sein Bauvorhaben auch über ein Kreditinstitut hätte finanzieren können.
Es könne revisionsrechtlich nachgeprüft werden, ob --was vorliegend nicht der Fall sei-- das FG die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht und zutreffend gewürdigt habe.
Das Studentenwerk habe weder rechtlich als Bauauftraggeber auftreten noch selbst einen eigenen Kredit aufnehmen sollen, was dafür spreche, dass die Kreditgewährung für die Beteiligten keine eigenständige Bedeutung gehabt habe, sondern (nur) ein entscheidendes Kriterium gewesen sei, die Werklieferung überhaupt in Anspruch zu nehmen.
Eine Leistung sei --wie hier die Kreditgewährung-- als Nebenleistung zur Hauptleistung anzusehen, wenn sie für den Leistungsempfänger keinen eigenen Zweck habe, sondern nur lediglich das Mittel darstelle, um die Hauptleistung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Umsatzsteuer für das Streitjahr 2005 auf ... € festzusetzen, hilfsweise die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Sie bringt im Wesentlichen vor, der Bundesfinanzhof (BFH) sei gemäß § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) grundsätzlich an die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen --wie hier, ob der Unternehmer mehrere eigenständige Leistungen oder eine einheitliche Leistung erbracht habe-- gebunden, die nur eingeschränkt überprüfbar seien.
Das FG sei ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen, dass mit der Sanierung der Studentenwohnanlage einerseits und der Finanzierung dieses Projekts andererseits zwei umsatzsteuerrechtlich gesondert zu beurteilende Leistungen erbracht worden seien.
Die Würdigung des Sachverhalts durch die Vorentscheidung stehe auch im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH und des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) zur Abgrenzung einer einheitlichen Leistung.
Vorliegend seien Werklieferung und Finanzierungsleistung trennbar, weil es für das Studentenwerk ohne weiteres möglich gewesen wäre, die OG lediglich mit der Durchführung der Sanierung zu beauftragen und die Finanzierung über eine Geschäftsbank vorzunehmen.
Eine zahlenmäßig feststehende Angabe eines Jahreszinses in der getroffenen Vereinbarung über die Kreditgewährung sei zur Annahme mehrerer eigenständiger Leistungen nicht erforderlich. Auf eine solche Angabe komme es angesichts des Umstands, dass in den vorliegenden Verträgen so konkrete Vereinbarungen zur Höhe des Jahreszinses getroffen worden seien, wonach sich dieser im Zeitpunkt des Beginns der Mietzeit ohne weiteres zahlenmäßig habe ermitteln lassen, ersichtlich nicht an.
II. Die Revision des FA ist unbegründet. Sie war daher nach § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
Das FG hat zu Recht entschieden, dass im Streitfall neben einer umsatzsteuerpflichtigen Werklieferung i.S. des § 3 Abs. 4 UStG eine eigenständige nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Kreditgewährung vorliegt.
1. Entgegen dem Wortlaut der abgeschlossenen Verträge ist das FG mit Recht davon ausgegangen, dass die OG gegenüber dem Studentenwerk keine Mietleistungen an Grundstücken, sondern Werklieferungen erbracht hat.
Das FG hat insoweit zutreffend berücksichtigt, dass die tatsächliche Verfügungsmacht an dem jeweiligen Gebäude nach Abschluss der Sanierungsarbeiten auf das Studentenwerk übergegangen ist. Dass das Studentenwerk bereits zuvor bürgerlich-rechtlicher Eigentümer des jeweiligen Grundstücks war, steht nach § 3 Abs. 4 Satz 2 UStG der Annahme einer Werklieferung nicht entgegen.
Insoweit hat das FG die erbrachte Leistung zutreffend als Werklieferung eingeordnet und ebenso zu Recht entschieden, dass die OG für die im Streitjahr abgenommenen Gebäude die vereinbarte Werklieferung in Teilleistungen i.S. von § 13 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Satz 2 UStG erbracht hat (vgl. dazu auch FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. Juni 2012 7 K 7320/08, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1964, Rz 24). Darüber besteht zwischen den Beteiligten auch kein Streit.
2. Wie das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise begründet hat, tritt im Streitfall zu dieser Werklieferung eine umsatzsteuerrechtlich eigenständige --nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie-- Kreditgewährung hinzu.
a) Ob im konkreten Fall umsatzsteuerrechtlich eine einheitliche Leistung vorliegt oder ob mehrere, getrennt zu beurteilende Leistungen gegeben sind, haben im Rahmen der mit Art. 267 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union errichteten Zusammenarbeit die nationalen Gerichte festzustellen, die dazu alle endgültigen Tatsachenbeurteilungen vorzunehmen haben (vgl. z.B. EuGH-Urteile vom 10. März 2011 C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 --Bog u.a.--, Slg. 2011, I-1457, Umsatzsteuer-Rundschau --UR-- 2011, 272, Rz 55; vom 17. Januar 2013 C-224/11 --BGZ Leasing--, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung --HFR-- 2013, 270, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 2013, 193, Rz 33, jeweils m.w.N.; ferner BFH-Urteil vom 10. Januar 2013 V R 31/10, BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 29).
Die erforderliche Gesamtbetrachtung ist im Wesentlichen das Ergebnis einer tatsächlichen Würdigung durch das FG, die den BFH grundsätzlich gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindet (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, unter II.3.b; vom 13. Januar 2011 V R 63/09, BFHE 233, 64, BStBl II 2011, 461, Rz 23; in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 29; ferner BFH-Beschluss vom 29. September 2011 V B 23/10, BFH/NV 2012, 75, Rz 9, jeweils m.w.N.).
b) Die vom FG getroffene Würdigung des Sachverhalts dahingehend, dass --neben der in Übereinstimmung mit den Beteiligten als steuerpflichtige Werklieferung i.S. des § 3 Abs. 4 UStG eingeordneten Leistung der OG-- in der Vorfinanzierung des Bauaufwands eine eigenständige steuerfreie Kreditgewährung liege, ist weder widersprüchlich noch verstößt sie gegen die Denkgesetze. Der Senat ist daher --worauf die Klägerin zutreffend hinweist-- nach § 118 Abs. 2 FGO daran gebunden. Im Übrigen hat das FG --entgegen dem Revisionsvorbringen-- die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände, insbesondere die Interessenlage der Beteiligten erforscht und nachvollziehbar gewürdigt (FG-Urteil, S. 7).
aa) Das FG hat seiner Entscheidung die maßgeblichen Abgrenzungsgrundsätze für die Frage, unter welchen Bedingungen mehrere zusammenhängende Leistungen umsatzsteuerrechtlich als eine Gesamtleistung zu behandeln sind (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteil --BGZ Leasing-- in HFR 2013, 270, DStR 2013, 193, Rz 29 f.; BFH-Urteile vom 15. Mai 2012 XI R 28/10, BFHE 237, 537, BFH/NV 2012, 1744, Rz 39; in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 17 f., jeweils m.w.N.), zugrunde gelegt (FG-Urteil, S. 6 f.).
bb) Es hat davon ausgehend in nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass mit dem Vertragswerk eine eigenständige Finanzierungsleistung vereinbart worden ist.
Hierzu führte das FG u.a. aus, aus dem "Mietvertrag" sei ersichtlich, dass zu der eigentlichen Werklieferung eine eigenständige Finanzierungsleistung getreten sei. Aus der eigenständigen Regelung über den Mietzins, der sich aus den Baukosten ableiten lasse, und die eigenständige Mietzinsberechnung dem Grunde nach für die Finanzierungsanteile sei zu schließen, dass die Vereinbarung nicht lediglich als solche zu betrachten sei, die die Höhe des Entgelts regele. Die Vertragsbeteiligten hätten mit der ausdrücklichen Regelung zur Umsatzsteuerbefreiung der Finanzierungsanteile klar zum Ausdruck gebracht, dass die Finanzierung als eine eigenständige Leistung angestrebt worden sei. Denn nur bei Eigenständigkeit der Finanzierungsleistung habe überhaupt in Betracht kommen können, dass diese unter die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 8 UStG falle.
Nicht zu beanstanden ist auch die Würdigung des FG, nach der die Vorfinanzierung der Baumaßnahmen für das Studentenwerk den eigenen bedeutsamen Zweck gehabt habe, insoweit eine ansonsten notwendig gewordene Kreditaufnahme umgehen zu können. Aus der Sicht eines Durchschnittsverbrauchers komme der Kreditierung des Werklieferungsentgelts bis zur letzten Rate nach 20 Jahren eine besondere Bedeutung zu. Dieser könne nicht annehmen, dass ihm der Leistende für die Zahlung des vereinbarten Entgelts derartige Zeitspannen zuerkenne, ohne hierfür einen wie immer gearteten Zins zu verlangen (vgl. dazu auch Urteil des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2012, 1964, Rz 26).
cc) Aus diesen Ausführungen des FG folgt, dass die Werklieferung und die Finanzierungsleistung jeweils als eine eigenständige Leistung zu betrachten sind und weder im Verhältnis von Haupt- zu Nebenleistung stehen noch so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre.
(1) In einer getrennten Beurteilung derartiger Leistungen liegt an sich noch keine künstliche Aufspaltung eines einheitlichen wirtschaftlichen Vorgangs, die die Funktionalität des Mehrwertsteuersystems beeinträchtigen könnte. Denn eine Werklieferung und die Finanzierung derselben können --ebenso wie eine Leasingleistung und die Bereitstellung einer Versicherung für das Leasingobjekt (vgl. dazu EuGH-Urteil --BGZ Leasing-- in HFR 2013, 270, DStR 2013, 193, Rz 39)-- grundsätzlich nicht als derart eng miteinander verbunden angesehen werden, dass sie einen einheitlichen Umsatz bilden (vgl. dazu auch Urteil des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2012, 1964, Rz 38).
(2) Die Finanzierung hat --entgegen der Ansicht des FA-- gegenüber der Werklieferung ferner nicht den Charakter einer Nebenleistung. Auch wenn --wie hier-- eine mit der Werklieferung einhergehende langfristige Finanzierung die Realisierung des angestrebten Bauvorhabens erleichtert oder sogar erst ermöglicht haben sollte, ist davon auszugehen, dass sie für das Studentenwerk --wie die Versicherungsleistung, die der Leasingnehmer über den Leasinggeber erlangt (vgl. dazu EuGH-Urteil --BGZ Leasing-- in HFR 2013, 270, DStR 2013, 193, Rz 42)-- im Wesentlichen einen eigenen Zweck erfüllt und nicht nur das Mittel darstellt, um die Werklieferung unter optimalen Bedingungen in Anspruch zu nehmen.
(3) Gegen die Würdigung des FG spricht ebenso wenig, dass es --wie hier-- bei PPP-Projekten gerade auf die Verbindung der vom Unternehmer zu erbringenden Leistung mit einer Finanzierungsleistung ankommt. Anders als bei untrennbar miteinander verbundenen Leistungen, die eine komplexe Leistung bilden (vgl. z.B. EuGH-Urteil vom 19. Juli 2012 C-44/11 --Deutsche Bank--, BStBl II 2012, 945, UR 2012, 667 zur Portfolioverwaltung; BFH-Urteil in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352 zur "Dinner-Show"), sind vorliegend Werklieferung und Finanzierung weder derart aufeinander abgestimmt noch greifen sie so ineinander, dass es die Verflechtung beider Komponenten nicht möglich machen würde, nur die Werklieferung oder nur die Finanzierungsleistung in Anspruch zu nehmen.
(4) Das FG hat bei seiner Würdigung darüber hinaus auch zu Recht darauf abgestellt, dass das Vertragswerk sowohl eigenständige Regelungen über den Mietzins, die Baukosten betreffend, und eine eigenständige Mietzinsberechnung dem Grunde nach für die Finanzierungsanteile umfasste. Denn die Rechnungsstellungs- und Preisbildungsmodalitäten können Hinweise auf die Einheitlichkeit einer Leistung liefern. Dabei sprechen --wie hier-- eine gesonderte Rechnungsstellung und eine eigenständige Bildung des Leistungspreises für das Vorliegen eigenständiger Leistungen (vgl. EuGH-Urteil --BGZ Leasing-- in HFR 2013, 270, DStR 2013, 193, Rz 44, m.w.N.).
(5) Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die vom FG vorgenommene Mitberücksichtigung der Vertragsgestaltung grundsätzlich im Einklang mit der Rechtsprechung des EuGH steht (vgl. dazu Urteil vom 11. Juni 2009 C-572/07 --RLRE Tellmer Property--, Slg. 2009, I-4983, BFH/NV 2009, 1368, DStR 2009, 1260; ferner Senatsurteil vom 4. Mai 2011 XI R 35/10, BFHE 233, 379, BStBl II 2011, 836, Rz 30).
3. Die hiergegen mit der Revision vorgebrachten Einwendungen des FA greifen nicht durch.
a) Soweit das FA einwendet, die Kreditierung des Entgelts sei nicht gesondert vereinbart worden, steht dem schon entgegen, dass das FG das vorliegende Vertragswerk in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise --und daher für den Senat nach § 118 Abs. 2 FGO bindend-- dahingehend gewürdigt hat, die Vertragsparteien hätten eine Vereinbarung über eine eigenständige Finanzierungsleistung getroffen. Das FA greift insoweit lediglich die nach den Umständen des Streitfalls rechtlich nicht zu beanstandende Würdigung des FG an.
b) Das FA weist zwar zu Recht darauf hin, dass in einer bloßen Entgeltberechnung keine gesonderte Vereinbarung einer weiteren eigenständigen Kreditgewährung liegt (vgl. Senatsurteil in BFHE 237, 537, BFH/NV 2012, 1744, Rz 42). Hiervon geht das FG bei seiner Würdigung jedoch nicht aus. Vielmehr schließt es aus der eigenständigen Regelung über den "Mietzins", den Bauaufwand betreffend, einerseits und der eigenständigen "Mietzinsberechnung" über die Finanzierung andererseits auf eine gesonderte Kreditgewährung. Es stellt mithin --entgegen dem Revisionsvorbringen-- nicht auf die Finanzierungskosten als lediglich kalkulatorischen Bestandteil einer Entgeltberechnung ab.
c) Die bloße Willensbekundung in einer vertraglichen Abrede kann --worauf das FA ebenso zu Recht hinweist-- eine einheitliche Leistung nicht in zwei getrennte Leistungen aufspalten. Dem steht die Würdigung des FG, wonach die Vertragsbeteiligten mit der ausdrücklichen Regelung zur Umsatzsteuerbefreiung der Finanzierungsanteile klar zum Ausdruck gebracht hätten, dass die Finanzierung als eine eigenständige Leistung angestrebt worden sei, indes nicht entgegen. Aus der vom FG in Bezug genommenen vertraglichen Abrede schließt es vielmehr, dass die Vorfinanzierung des Bauaufwands als eine eigenständige Kreditgewährung vereinbart worden sei. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
d) Es trifft zwar zu, dass es für die Beurteilung des vorliegenden Umsatzes unbeachtlich ist, ob --wie das FA vorbringt-- das Studentenwerk die Finanzierung auch von einem Kreditinstitut hätte beziehen können. Denn allein die Möglichkeit, dass grundsätzlich ein Dritter bestimmte Dienstleistungen erbringen kann, ist nicht entscheidend, da die Möglichkeit, dass Teile einer einheitlichen Leistung unter anderen Umständen isoliert erbracht werden, zum Konzept des zusammengesetzten einheitlichen Umsatzes gehört (vgl. dazu EuGH-Urteil vom 27. September 2012 C-392/11 --Field Fisher Waterhouse--, UR 2012, 964, HFR 2012, 1210, Rz 26; ferner BFH-Urteil in BFHE 240, 380, BStBl II 2013, 352, Rz 38). Die Würdigung des FG bezieht sich dementsprechend --wie dargelegt-- jedoch nicht allein auf den Umstand, dass das Studentenwerk sein Bauvorhaben auch über ein Bankdarlehen hätte finanzieren können.
e) Mit seinem Vorbringen, die Tatsache, dass das Studentenwerk bei der im Rahmen des vorliegenden PPP-Projekts geplanten Sanierung der Studentenwohnanlage weder rechtlich als Bauauftraggeber auftreten noch selbst einen eigenen Kredit aufnehmen sollte, spreche dafür, dass die Kreditgewährung keine eigenständige Bedeutung habe, setzt das FA lediglich seine Würdigung an die Stelle der vertretbaren Würdigung des FG.
Gleiches gilt, soweit das FA unter Hinweis auf Rz 40 des EuGH-Urteils --BGZ Leasing-- in HFR 2013, 270, DStR 2013, 193 vorträgt, diese "Eigentümlichkeit" des Streitfalls spreche dafür, "im Ergebnis daran festzuhalten, dass eine einheitliche Werklieferung vorliegt".
f) Revisionsrechtlich beachtliche Verstöße gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze hat das FA im Übrigen nicht vorgebracht (vgl. dazu BFH-Urteile vom 24. Januar 2008 V R 12/05, BFHE 221, 310, BStBl II 2009, 60, unter II.2.c bb; vom 25. Juni 2009 V R 25/07, BFHE 226, 407, BStBl II 2010, 239, unter II.3.c; Senatsentscheidung in BFHE 233, 379, BStBl II 2011, 836, Rz 32).
4. Soweit Abschn. 29a Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 UStR --nunmehr Abschn. 3.11. Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses-- als Voraussetzung, unter der die Finanzverwaltung eine mit einer anderen Leistung einhergehende eigenständige Kreditgewährung des Leistenden annimmt, u.a. verlangt, dass in der Vereinbarung über die Kreditgewährung auch der Jahreszins angegeben werden muss, folgt der Senat dem jedenfalls hinsichtlich des im Streitfall vorliegenden PPP-Projekts nicht.
Denn ist --wie hier-- in Anbetracht der Umstände des Einzelfalls die Kreditierung des Werklieferungsentgelts als eigenständige Leistung zu beurteilen, so kann es --worauf die Vorentscheidung zutreffend hinweist-- nicht darauf ankommen, dass in der geschlossenen Vereinbarung über die Kreditgewährung ein zahlenmäßig feststehender Jahreszins angegeben sein muss.
Hinzu kommt, dass im Streitfall --worauf das FG ebenso zutreffend hinweist-- die Regelung in § 2 Ziff. 3 des von ihm in Bezug genommenen "Mietvertrags" konkret genug bestimmt, wie die Höhe des Zinssatzes zum Zeitpunkt der Erbringung der Werklieferung zu ermitteln ist, und die abschließende Festlegung des Zinses nach § 2 Ziff. 4 dieses Vertrags spätestens einen Monat nach Beginn der "Mietzeit" vorgesehen war (vgl. dazu auch Urteil des FG Berlin-Brandenburg in EFG 2012, 1964, Rz 37).