Entscheidungsdatum: 25.01.2011
Raffvorhang
1. Als gleichartig im Sinne von § 145 PatG sind nur solche weiteren Handlungen zu verstehen, die im Vergleich zu der im ersten Rechtsstreit angegriffenen Handlung zusätzliche oder abgewandelte Merkmale aufweisen, bei denen es sich wegen eines engen technischen Zusammenhangs aufdrängt, sie gemeinsam in einer Klage aus mehreren Patenten anzugreifen (Bestätigung von BGH, Urteil vom 3. November 1988, X ZR 107/87, GRUR 1989, 187, 189, Kreiselegge II) .
2. Für die Bejahung eines engen technischen Zusammenhangs reicht es nicht aus, wenn einzelne Teile einer Gesamtvorrichtung, deren konkrete Ausgestaltung im ersten Rechtsstreit angegriffen worden ist, auch für die Verwirklichung des im zweiten Rechtsstreit geltend gemachten Verletzungstatbestandes von Bedeutung sind .
Auf die Revision der Klägerin wird das am 17. April 2008 verkündete Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg, 3. Zivilsenat, aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen
Von Rechts wegen
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Patentverletzung in Anspruch. Die Beklagte erhebt die Einrede aus § 145 PatG.
Die Klägerin ist ausschließlich berechtigt, die Rechte aus dem deutschen Patent 44 39 423 (Klagepatent) zu nutzen, dessen Inhaber ihr Geschäftsführer ist. Das Klagepatent ist am 4. November 1994 angemeldet, der Hinweis auf die Patenterteilung am 13. Juli 1995 veröffentlicht worden.
Das Klagepatent betrifft einen Raffvorhang. Patentanspruch 1 lautet:
"Raffvorhang, bestehend aus einem Vorhang (10), einer Befestigungsschiene (40), an der der Vorhang (10) mit seiner oberen Randkante (10a) lösbar befestigt ist, einer an der Befestigungsschiene (40) nahe der oberen Randkante (10a) des Vorhangs (10) drehbar gelagerten, einendseitig mit einem mittels einer Bedienungsschnur oder Bedienungskette (55) betätigbaren Antrieb (51) versehenen Aufwickelwelle (50) für eine Anzahl von auf diese aufwickelbaren Zugschnüren (20, 120, 220), die einendseitig an der unteren Randkante (10b) des Vorhanges (10) befestigt und durch zwischen der oberen Randkante (10a) und der unteren Randkante (10b) des Vorhangs (10) verteilt angeordnete Führungsschlaufen (25) geführt sind, und aus einer Anzahl von im Bereich der Aufwickelwelle (50) angeordneten Führungsringen (30, 31, 130, 131, 230, 231), die ortsfest oder lösbar angebracht sind und durch die Zugschnüre hindurchgeführt sind, dadurch gekennzeichnet, dass der Vorhang (10) an seiner Rückseite (10f) mindestens eine U-förmig durch zwei an dem Vorhang (10) benachbart zu seiner oberen Randkante (10a) befestigten Führungsringe (30, 31, 130, 131, 230, 231) geführte Zugschnur (20, 120, 220) mit zwei quer zur Aufwickelwelle (50) verlaufenden und mit ihren freien Enden an der unteren Randkante (10b) des Vorhanges (10) befestigten Zugschnurabschnitten (22, 23; 122, 123; 222, 223) und mit einem zwischen den beiden Führungsringen (30, 31; 130, 131; 230, 231) ausgebildeten, parallel zur Aufwickelwelle (50) verlaufenden, die Zugschnurabschnitte (22, 23; 122, 123; 222, 223) verbindenden Zugschnurverbindungsabschnitt (24; 124; 224) aufweist und die Aufwickelwelle (50) auf ihrem Umfang mindestens einen mit seinem Umlaufbereich im Bereich des Zugschnurverbindungsabschnittes (24; 124; 224) oder der Zugschnurverbindungsabschnitte (24, 124, 224) liegenden, nocken- oder hakenförmigen Zugschnurmitnehmer (60) trägt, der im entrafften Zustand des Vorhanges (10) außer Eingriff mit dem oder den Zugschnurverbindungsabschnitten (24, 124, 224) steht und der zum Aufwickeln der Zugschnüre (20; 120; 220) bzw. deren Zugschnurabschnitte (22, 23; 122, 123; 222, 223) auf die Aufwickelwelle (60) [gemeint: 50] während des Vorhangraffvorganges bei umlaufender Aufwickelwelle (60) [50] die Zugschnurverbindungsabschnitte (24; 124; 224) ergreift."
Die Klägerin ist außerdem befugt, die Rechte aus dem europäischen Patent 282 957 (nachfolgend: europäisches Patent) geltend zu machen, das ebenfalls einen Raffvorhang betrifft. Anspruch 1 dieses Patents lautet:
"Raffvorhang mit am Vorhangstoff angebrachten Führungs- und Umlenkelementen für die Zugschnüre, dadurch gekennzeichnet, dass jedes Umlenkelement aus einer mit dem Vorhangstoff (1) selbst verbundenen Befestigungsplatte (10) besteht, die ihrerseits mit einer von ihr herabhängenden Führungsöse (3) fest verbunden und vorzugsweise mit dieser aus einem Stück gefertigt ist."
Die Beklagte vertreibt Technik für Raffvorhänge und hat solche Vorhänge jedenfalls als sogenannte Demo-Muster auch selbst hergestellt und angeboten. Im Jahr 2001 bot die Beklagte unter der Artikelnummer 4161 eine Raffvorhang-Technik an, die von der Klägerin zunächst unter Bezugnahme auf das europäische Patent, später auch unter Bezugnahme auf das Klagepatent beanstandet wurde. Im Jahr 2002 erhob die Klägerin vor dem Landgericht Düsseldorf gegen die Beklagte eine Verletzungsklage, die allein auf das europäische Patent gestützt war. Angegriffen wurde ein Raffvorhang mit Umlenkelementen, dessen Funktionsweise aus der folgenden schematischen Zeichnung ersichtlich ist.
Das Landgericht Düsseldorf wies die Klage, deren Anträge den Wortlaut von Patentanspruch 1 des europäischen Patents wiedergeben, mit Urteil vom 10. Dezember 2002 ab. Die Berufung der Klägerin ist erfolglos geblieben. Das Berufungsurteil vom 24. Juni 2004 ist rechtskräftig.
Am 12. November 2004 reichte die Klägerin die Klageschrift im vorliegenden Rechtsstreit ein. Die Klage ist auf das Klagepatent gestützt und gibt in den Anträgen den Wortlaut von dessen Patentanspruch 1 wieder. Sie richtete sich zunächst gegen zwei Ausführungsformen, die die Klägerin unter anderem in einem als "Produktinformation 11" bezeichneten Schreiben angeboten hat. Die Funktionsweise der Vorhänge ist in der nachfolgenden schematischen Zeichnung wiedergegeben.
Das Landgericht hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt. In der Berufungsinstanz haben die Parteien den Rechtsstreit hinsichtlich der Ausführungsform I in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte eine Unterlassungserklärung abgegeben hatte. Hinsichtlich der Ausführungsform II hat das Berufungsgericht die Klage auf die Berufung der Beklagten abgewiesen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr in zweiter Instanz zuletzt geltend gemachtes Klagebegehren weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Klagepatent betrifft einen Raffvorhang mit Zugschnüren, die zum Raffen auf einer dafür vorgesehenen Welle aufgewickelt werden. Bei im Stand der Technik bekannten Vorrichtungen waren die Zugschnüre mit einer lösbaren Verbindung an der Aufwickelwelle befestigt. Diese Verbindung muss bei jedem Abnehmen der Vorhänge gelöst und beim Aufhängen wiederhergestellt werden, was in der Klagepatentschrift als zeitaufwendig und mühevoll bezeichnet wird. Das Klagepatent betrifft das technische Problem, eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, bei der dieser Aufwand nicht erforderlich ist.
Zur Lösung schlägt das Klagepatent einen Raffvorhang mit folgenden Merkmalen vor:
1. Der Raffvorhang besteht aus
a) einem Vorhang (10),
b) einer Befestigungsschiene (40),
c) einer Aufwickelwelle (50),
d) einer Anzahl von Zugschnüren (20, 120, 220)
e) und einer Anzahl von Führungsringen (30, 31, 130, 131, 230, 231).
2. An der Befestigungsschiene (40) ist der Vorhang (10) mit seiner oberen Randkante (10a) lösbar befestigt.
3. Die Aufwickelwelle (50) ist
a) an der Befestigungsschiene (40) nahe der oberen Randkante (10a) des Vorhangs (10) drehbar gelagert,
b) einendseitig mit einem Antrieb (51) versehen, der mittels einer Bedienungsschnur oder Bedienungskette (55) betätigbar ist,
c) so ausgestaltet, dass die Zugschnüre auf sie aufgewickelt werden können,
d) und trägt auf ihrem Umfang mindestens einen Zugschnurmitnehmer (60).
4. Die Zugschnüre (20, 120, 220) sind
a) einendseitig an der unteren Randkante (10b) des Vorhangs (10) befestigt,
b) durch Führungsschlaufen (25) geführt, die zwischen der oberen Randkante (10a) und der unteren Randkante (10b) des Vorhangs (10) verteilt angeordnet sind, und
c) durch die Führungsringe (30, 31, 130, 131, 230, 231) hindurchgeführt.
5. Die Führungsringe sind
a) im Bereich der Aufwickelwelle (50) angeordnet,
b) benachbart zur oberen Randkante (10a) am Vorhang (10) befestigt und
b) ortsfest oder lösbar angebracht.
6. Mindestens eine Zugschnur ist wie folgt angebracht:
a) Sie ist an der Rückseite (10f) des Vorhangs (10) U-förmig durch zwei Führungsringe (30, 31; 130, 131; 230, 231) geführt.
b) Zwei Zugschnurabschnitte (22, 23; 122, 123; 222, 223)
aa) verlaufen quer zur Aufwickelwelle (50) und
bb) sind mit ihren freien Enden an der unteren Randkante (10b) des Vorhanges (10) befestigt.
c) Der diese beiden Abschnitte verbindende Zugschnurverbindungsabschnitt (24; 124; 224)
aa) ist zwischen den beiden Führungsringen (30, 31; 130, 131; 230, 231) ausgebildet und
bb) verläuft parallel zur Aufwickelwelle (50).
7. Der Zugschnurmitnehmer (60)
a) ist nocken- oder hakenförmig,
b) liegt mit seinem Umlaufbereich im Bereich von mindestens einem Zugschnurverbindungsabschnitt (24; 124; 224),
c) steht im entrafften Zustand des Vorhangs (10) außer Eingriff mit diesen Zugschnurverbindungsabschnitten (24, 124, 224) und
d) ergreift zum Aufwickeln der Zugschnüre (20; 120; 220) auf die Aufwickelwelle (50) während des Vorhangraffvorganges bei umlaufender Aufwickelwelle (50) die Zugschnurverbindungsabschnitte (24; 124; 224).
Ein Ausführungsbeispiel ist in Figur 2 der Klagepatentschrift dargestellt:
II. Das europäische Patent betrifft einen Raffvorhang mit Zugschnüren, die durch Umlenkelemente wie Ösen oder Ringe geführt werden. Im Stand der Technik waren Vorrichtungen dieser Art bekannt, bei denen die Umlenkelemente an einer Aufhängeleiste angebracht waren. Zum Abnehmen der Vorhänge mussten die Zugschnüre aus den Umlenkelementen entfernt werden, was nach den Ausführungen in der europäischen Patentschrift erheblichen Arbeits- und Zeitaufwand verursacht. Bei anderen Vorrichtungen waren die Umlenkelemente auf einem bandartigen Träger angebracht, der auf den Vorhang aufgenäht oder aufgeklebt war. Dies hat nach den Ausführungen in der europäischen Patentschrift den Nachteil, dass breite Vorhänge bei einseitig wirkender Zugkraft schräg verzogen werden. Das europäische Patent betrifft das technische Problem, eine Vorrichtung zur Verfügung zu stellen, bei der diese Nachteile vermieden werden.
Zur Lösung schlägt das europäische Patent einen Raffvorhang mit folgenden Merkmalen vor:
A. Am Vorhangstoff des Raffvorhangs sind Führungs- und Umlenkelemente für die Zugschnüre angebracht.
B. Jedes Umlenkelement besteht aus einer Befestigungsplatte (10), die
i. mit dem Vorhangstoff (1) selbst verbunden,
ii. mit einer von ihr herabhängenden Führungsöse (3) fest verbunden und
iii. vorzugsweise mit der Führungsöse (3) aus einem Stück gefertigt ist.
Ein Ausführungsbeispiel für ein patentgemäßes Umlenkelement und einen patentgemäßen Raffvorhang ist in den nachfolgenden Figuren dargestellt:
III. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Die Klage sei gemäß § 145 PatG unzulässig. Zwar betreffe die vorliegende Klage nicht dieselbe Handlung wie der Rechtsstreit vor den Gerichten in Düsseldorf. Die beiden Verfahren beträfen einen anderen Teil der angegriffenen Gesamtvorrichtung, nämlich das Umlenkelement einerseits und die Ausgestaltung von Zugschnur und Zugschnurmitnehmer andererseits. Die Klagen richteten sich aber gegen eine gleichartige Handlung. Die im ersten Rechtsstreit angegriffenen Umlenkelemente seien auch im vorliegenden Rechtsstreit für die konkrete Verletzungshandlung charakteristisch. Sie sorgten im konstruktiv gewolltem Zusammenwirken mit der Zugschnurführung, der lösbaren Verbindung zwischen Vorhang und Befestigungsschiene sowie der Konstruktion der Aufwickelwelle mit den Zugschnurmitnehmern dafür, dass der Vorhang in entrafftem Zustand abgenommen werden könne, ohne dass die Schnüre entfernt oder eigens von der Aufwickelwelle gelöst werden müssten. Unerheblich sei, dass die beiden Patente unterschiedliche technische Aufgaben lösten; dies sei bei unterschiedlichen Patenten wesensnotwendig so. § 145 PatG stelle nicht auf Patente mit verwandtem Inhalt ab, sondern auf die Gleichartigkeit der Verletzungshandlung. Maßgeblich sei, ob ein enger technischer Zusammenhang zwischen den jeweils angegriffenen Teilen der Gesamtvorrichtung bestehe. Dieser Zusammenhang sei hier aus den genannten Gründen gegeben. Für die Annahme einer gleichartigen Handlung spreche auch eine wertende Betrachtung. Der Klägerin sei es ohne weiteres möglich gewesen, die vor dem Landgericht Düsseldorf erhobene Klage auf beide Patente zu stützen.
IV. Dies hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1. § 145 PatG soll verhindern, dass ein Beklagter wegen derselben oder einer gleichartigen Handlung mehrfach von demselben Kläger wegen Patentverletzung in Anspruch genommen wird. Eine erneute Klage ist unzulässig, und zwar unabhängig davon, ob sie auf dasselbe oder auf ein anderes Patent gestützt wird. Der Patentinhaber wird damit im Ergebnis daran gehindert, die Rechte aus ihm zustehenden weiteren Patenten gegenüber dem Beklagten geltend zu machen. Diese Regelung ist - entgegen einer in der Literatur geäußerten Auffassung (Stjerna, Die Konzentrationsmaxime des § 145 PatG, S. 161 ff.; ders., GRUR 2007, 17, 20 f.; zweifelnd auch Schulte/Kühnen, Patentgesetz, 8. Auflage, § 145 Rn. 2). - verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, sofern sie mit der gebotenen Rücksicht auf die schutzwürdigen Interessen des Patentinhabers ausgelegt und angewendet wird.
Die Regelung sieht keine Enteignung im Sinne von Art. 14 Abs. 3 GG vor. Enteignung ist der staatliche Zugriff auf das Eigentum des Einzelnen (vgl. nur BVerfG, Urteil vom 23. November 1999 - 1 BvF 1/94, NJW 2000, 413, 414). Ein derartiger Zugriff ist nach § 145 PatG nicht möglich. Die Vorschrift regelt vielmehr Inhalt und Schranken der dem Patentinhaber zustehenden Rechte, wozu der Gesetzgeber nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG befugt ist.
Der Inhalt und Schranken bestimmende Gesetzgeber genießt keine unbeschränkte Gestaltungsfreiheit. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts muss er bei der Verwirklichung seines Regelungsauftrags die Anerkennung des Privateigentums in Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG beachten und sich im Einklang mit allen anderen Verfassungsnormen halten. Er ist, wenn er von der Ermächtigung zur Inhalts- und Schrankenbestimmung Gebrauch macht, insbesondere verpflichtet, die Interessen der Beteiligten in einen gerechten Ausgleich und ein ausgewogenes Verhältnis zu bringen (BVerfG, NJW 2000, 413, 414 mwN).
Auch die Gerichte haben bei der Auslegung und Anwendung der gesetzlichen Vorschriften die durch die Eigentumsgarantie gezogenen Grenzen zu beachten. Sie müssen die im Gesetz auf verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck kommende Interessenabwägung in einer Weise nachvollziehen, die den Grundrechtsschutz des Eigentums beachtet und unverhältnismäßige Eigentumsbeschränkungen vermeidet (BVerfG, Urteil vom 14. Februar 1989 - 1 BvR 308/88, NJW 1989, 970, 971 mwN).
Bei Beachtung dieser Schranken ist § 145 PatG verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Regelung dient dem Ausgleich zwischen den Interessen des Patentinhabers, der die Rechte aus allen ihm zustehenden Patenten wahrnehmen will, und einem Beklagten, der wegen einer bestimmten Handlung bereits wegen Patentverletzung in Anspruch genommen worden ist und wegen dieser oder gleichartiger Handlungen nicht erneut in einen zeit- und kostenaufwendigen Rechtsstreit hineingezogen werden will. Der Patentinhaber wird an einer Wahrnehmung seiner Rechte nicht vollständig gehindert. Er ist lediglich gehalten, seine Angriffe gegen eine bestimmte Handlung in einer Klage zu bündeln. Die damit definierten Schranken für die Geltendmachung von Schutzrechten sind nicht unverhältnismäßig. Der Gesetzgeber ist aufgrund des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums auch nicht gehalten, für Patente und Gebrauchsmuster insoweit dieselbe Regelung vorzusehen (abweichend auch insoweit Stjerna, GRUR 2007, 17, 21 f.).
2. Zutreffend ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vorliegende Klage nicht dieselbe Handlung betrifft wie die Klage vor den Gerichten in Düsseldorf.
Der Senat hat bereits entschieden, dass eine Klage, die sich gegen Herstellung oder Vertrieb einer aus mehreren Teilen bestehenden Vorrichtung richtet, nicht schon dann "dieselbe Handlung" im Sinne von § 145 PatG betrifft, wenn Herstellung und Vertrieb dieser Vorrichtung mit einer früheren Klage angegriffen worden sind. Als Handlung ist vielmehr der mit dem Klageantrag konkret beschriebene, durch die Ausgestaltung eines bestimmten Teils der Gesamtvorrichtung charakterisierte konkrete Verletzungstatbestand anzusehen (BGH, Urteil vom 3. November 1988 - X ZR 107/87, GRUR 1989, 187, 189 - Kreiselegge II).
Im Streitfall hat sich die Klägerin vor den Gerichten in Düsseldorf gegen Herstellung und Vertrieb von Raffvorhängen gewandt, die die Merkmale A und B aufweisen. Der mit dieser Klage geltend gemachte Verletzungstatbestand ist charakterisiert durch die besondere Ausgestaltung der am Vorhang angebrachten Umlenkelemente. Der vorliegende Rechtsstreit betrifft Raffvorhänge mit den Merkmalen 1 bis 7. Der zu Grunde liegende Verletzungstatbestand ist charakterisiert durch die aufeinander abgestimmte Anordnung der Zugschnüre, der Führungsösen und des Zugschnurmitnehmers. Dies ist nicht derselbe Verletzungstatbestand, auch wenn beide Tatbestände nach dem Vortrag der Klägerin durch Herstellung und Vertrieb der gleichen Gesamtvorrichtung verwirklicht werden.
3. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Handlung, gegen die sich die Klägerin im vorliegenden Rechtsstreit wendet, mit der in Düsseldorf angegriffenen Handlung nicht gleichartig.
Wie auch das Berufungsgericht im Ansatz nicht verkannt hat, ist zur Beantwortung der Frage, ob zwei Handlungen als gleichartig im Sinne von § 145 PatG anzusehen sind, nach der Rechtsprechung des Senats eine wertende Beurteilung erforderlich, die sich einerseits an dem vom Gesetzgeber bezweckten Schutz des Beklagten zu orientieren, andererseits aber auch die mit der Zusammenfassung mehrerer Schutzrechte in einem einzigen Verletzungsprozess verbundenen Nachteile zu berücksichtigen und rechtsstaatliche Erfordernisse zu beachten hat. Danach sind als gleichartig nur solche weiteren Handlungen zu verstehen, die im Vergleich zu der im ersten Rechtsstreit angegriffenen Handlung zusätzliche oder abgewandelte Merkmale aufweisen, bei denen es sich wegen eines engen technischen Zusammenhangs aufdrängt, sie gemeinsam in einer Klage aus mehreren Patenten anzugreifen. Für einen derartigen engen technischen Zusammenhang reicht abweichend von der älteren Rechtsprechung eine Übereinstimmung im Oberbegriff der beiden Patente nicht aus. Allein maßgebend sind auch insoweit die in den beiden Prozessen konkret verfolgten Handlungen (BGH, GRUR 1989, 187, 189 - Kreiselegge II).
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts reicht es für die Bejahung eines engen technischen Zusammenhangs nicht aus, wenn einzelne Teile einer Gesamtvorrichtung, deren konkrete Ausgestaltung im ersten Rechtsstreit angegriffen worden ist, auch für die Verwirklichung des im zweiten Rechtsstreit geltend gemachten Verletzungstatbestandes von Bedeutung sind. Mindestvoraussetzung ist vielmehr, dass auch im zweiten Rechtsstreit die konkrete Ausgestaltung dieser Teile angegriffen wird, sei es in derselben oder in abgewandelter Form.
Im Streitfall ergibt sich ein enger technischer Zusammenhang deshalb nicht daraus, dass den Umlenkelementen, deren Anbringung und Ausgestaltung für den Verletzungstatbestand des ersten Rechtsstreits charakteristisch ist, nach dem Vortrag der Klägerin zugleich die Funktion von Führungsringen im Sinne des Klagepatents zukommt. Anders als im ersten Rechtsstreit kommt es für die Verwirklichung des im vorliegenden Rechtsstreit maßgeblichen Verletzungstatbestandes nicht darauf an, wie diese Umlenkelemente ausgestaltet sind. Die vorliegende Klage richtet sich nicht gegen Vorrichtungen, bei denen die für den Verletzungstatbestand der ersten Klage charakteristischen Merkmale in abgewandelter Form oder zusammen mit zusätzlichen Merkmalen verwirklicht sind. Sie richtet sich vielmehr gegen einen Verletzungstatbestand, dessen Verwirklichung nicht davon abhängt, ob die für den Gegenstand des ersten Rechtsstreits charakteristischen Merkmale verwirklicht sind. Damit fehlt es an der Gleichartigkeit der angegriffenen Handlungen.
V. Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben. Das Berufungsgericht hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen getroffen, die dem Senat eine Entscheidung über die Begründetheit der Klage ermöglichen.
Meier-Beck Gröning Bacher
Hoffmann Schuster