Entscheidungsdatum: 07.07.2015
1. Auch bei einer mit einem Erbverzicht verbundenen Zuwendung ist für deren Qualifikation als Schenkung maßgeblich, ob sich die Vertragsparteien über die Unentgeltlichkeit der Zuwendung einig sind.
2. Ob eine unentgeltliche Zuwendung gewollt war, ist unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalls zu entscheiden. Maßgebliche Bedeutung kann hierbei neben dem Wortlaut des Vertrages über die Zuwendung und den Erbverzicht den Umständen seines Zustandekommens und seiner Ausgestaltung im Einzelnen zukommen.
3. Der Verzicht auf das Erb- und Pflichtteilsrecht nimmt der Zuwendung jedenfalls insoweit nicht den Charakter der Unentgeltlichkeit, als er nach dem Willen der Vertragsparteien der Ausgleichung der lebzeitigen Zuwendung bei der Erbfolge dienen soll. Ein solcher Wille ist mangels gegenläufiger Anhaltspunkte regelmäßig anzunehmen, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa der Erberwartung entspricht oder diese gar übersteigt.
Auf die Revision des Klägers wird der Beschluss des 7. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 22. März 2013 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Der Kläger verlangt die Übertragung mehrerer Miteigentumsanteile an einem Grundstück, von denen er geltend macht, er habe sie der Beklagten, seiner Tochter aus erster Ehe, geschenkt.
Die Parteien schlossen am 29. Januar 2008 eine notarielle Vereinbarung, die als "mittelbare Grundbesitzschenkung - Erbvertrag - Erb- und Pflichtteilsverzicht" bezeichnet ist. Darin heißt es in Abschnitt I, der Kläger verpflichte sich, der Beklagten einen Geldbetrag in Höhe von 267.176,94 € zu schenken, den sie ausschließlich zum Erwerb einer bestimmten, im Vertrag näher bezeichneten Eigentumswohnung (Wohnung Nr. 4) und eines Tiefgaragenstellplatzes sowie von Miteigentumsanteilen in Höhe von jeweils 18/100 an zwei weiteren bestimmten Eigentumswohnungen auf demselben Grundstück (Wohnungen Nr. 6 und Nr. 9) verwenden dürfe. Soweit der schenkungsweise zugewendete Geldbetrag zur Zahlung des Kaufpreises für die von der Beklagten erworbenen Miteigentumsanteile nicht ausreiche, werde er durch die Aufnahme eines entsprechenden Kredits durch die Beklagte finanziert. In den am selben Tag geschlossenen Kaufverträgen über die Wohnungen wurde festgehalten, dass der Kläger der Beklagten die Grundstücksanteile schenke, indem er auf den Kaufpreis für die Wohnung Nr. 4 einen Betrag von 120.000 € und hinsichtlich der Wohnungen Nr. 6 und 9 den auf die Beklagte entfallenden anteiligen Kaufpreis in Höhe von 147.176,94 € zahle sowie die hierfür anfallende Grunderwerbsteuer für die Beklagte übernehme. Weiter heißt es dort, die Parteien gingen davon aus, dass es sich bei den zugewendeten Geldbeträgen um eine mittelbare Grundstücksschenkung handle. Die Parteien vereinbarten ferner, dass die Schenkungen des Klägers auf die Erb- und Pflichtteilsrechte der Beklagten anzurechnen sind. Die Beklagte verpflichtete sich, das erworbene Wohnungs- und Teileigentum nicht ohne Zustimmung des Klägers zu veräußern oder zu belasten. Hiervon ausgenommen wurden die Belastung mit Grundpfandrechten zur Finanzierung des Kaufpreises und die Möglichkeit einer Veräußerung an die Tochter der Beklagten. Bei Zuwiderhandlung sollte der Kläger die unentgeltliche Übertragung des Wohnungs- und Teileigentums auf sich verlangen können. In Bezug auf die Wohnung Nr. 4 verpflichtete sich die Beklagte, diese für die Dauer von 30 Jahren an den Kläger zu vermieten. Die jährliche Miete sollte der Summe der von der Beklagten aufzuwendenden Annuitäten, dem Wohngeld und sonstigen Lasten des Vertragsgegenstands entsprechen. Nach Tilgung der Darlehen zur Finanzierung des Vertragsgegenstands sollte eine angemessene Miete vereinbart werden. Für den Fall, dass der Kläger vor der Beklagten verstirbt, sollte diese verpflichtet sein, die Wohnung zu den gleichen Bedingungen an die Ehefrau des Klägers zu vermieten. Zur Sicherung dieses Anspruchs räumte die Beklagte dem Kläger ein lebenslanges Wohnrecht an der Wohnung Nr. 4 ein. Bezüglich der Wohnungen Nr. 6 und 9, an denen der Kläger die verbleibenden Miteigentumsanteile für sich selbst erworben hatte, schlossen die Parteien das Recht jedes Miteigentümers, die Aufhebung der Gemeinschaft zu verlangen, auf Dauer aus. Im Übrigen trafen die Parteien zu diesen Wohnungen trotz eines Hinweises des beurkundenden Notars keine Absprache über die Nutzung.
Unter Abschnitt II der notariellen Vereinbarung vom 29. Januar 2008 schlossen die Parteien einen Erbvertrag, in dem der Kläger der Beklagten ohne Rücksicht auf gegenwärtige oder künftige Pflichtteilsberechtigte ein Vermächtnis über seine Miteigentumsanteile an den Wohnungen Nr. 6 und 9 aussetzte. Für den Fall, dass die Beklagte zugleich Erbin werden sollte, sollte das Vermächtnis als Vorausvermächtnis gelten. In Abschnitt III erklärte die Beklagte gegenüber dem Kläger den Verzicht auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht sowie auf das Noterbrecht nach türkischem Recht, aufschiebend bedingt durch den Vollzug der in Abschnitt I vereinbarten Schenkung und der Erfüllung der in Abschnitt II zugunsten der Beklagten angeordneten Vermächtnisse.
Der Kläger widerrief die Schenkungen wegen groben Undanks, nachdem die Beklagte, die mit ihrer Tochter zunächst die in ihrem und im Miteigentum des Klägers stehenden, baulich miteinander verbundenen Wohnungen Nr. 6 und Nr. 9 bewohnt hatte, im Jahr 2010 zu ihrem jetzigen Ehemann gezogen war. Zur Begründung gab er an, die Beklagte habe ihm die Unterhaltszahlungen, die sie vom Vater ihrer Tochter für diese und sich selbst erhalten habe, verschwiegen und ihm damit eine Bedürftigkeit vorgespiegelt, die ihn veranlasst habe, die Beklagte und seine Enkelin über die Überlassung der Wohnungen hinaus finanziell zu unterstützen. Im Übrigen habe die Beklagte ihn daran gehindert, die nach ihrem Auszug leerstehende Wohnung zu vermieten, und den Kontakt zu seiner Enkelin unterbunden.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die dagegen gerichtete Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht durch Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 Satz 1 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Berufungsanträge weiter. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen.
Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung unter Bezugnahme auf die Entscheidung des Landgerichts im Wesentlichen wie folgt begründet:
Ein Rückforderungsanspruch nach Widerruf einer Schenkung gemäß § 530 BGB bestehe nicht, da die Vereinbarungen der Parteien in dem mit "mittelbare Grundbesitzschenkung" bezeichneten notariellen Vertrag und in den Kaufverträgen über die Wohnungsanteile nicht als Schenkung im Sinne des § 516 BGB anzusehen seien. Die Beklagte habe durch ihren Erbverzicht eine Gegenleistung erbracht, die mit der Übertragung der streitgegenständlichen Grundstücksanteile in einer synallagmatischen Verknüpfung stehe. Werde der Erbverzicht, wie im Streitfall, nicht unentgeltlich, sondern gegen Abfindung erklärt, liege dem Erbverzicht und der Abfindung ein schuldrechtliches Rechtsgeschäft zugrunde, das seinerseits die Verpflichtung des Erblassers zur Leistung der Abfindung enthalte. Ein solches Rechtsgeschäft sei anders als die Vollzugsgeschäfte ein gegenseitiger Vertrag im Sinne der §§ 320 ff. BGB, der durch die beiden selbständigen Vollzugsgeschäfte (Erbverzichtsvertrag, Abfindungsübereignung) erfüllt werde. Ebenso wenig sei das Vorliegen einer Gegenleistung mit Blick auf das vom Kläger angeführte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 28. Februar 1991 - IX ZR 74/90, BGHZ 113, 393 - zu verneinen. Dort sei lediglich festgestellt worden, dass der Verzicht auf den Pflichtteil keine Gegenleistung darstelle. Im Streitfall habe die Beklagte jedoch nicht nur auf ihr Pflichtteilsrecht, sondern auch auf ihr Erbrecht verzichtet. Da danach eine Schenkung zu verneinen sei, könne dahinstehen, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf wegen groben Undanks gegeben seien.
Ein Rückforderungsanspruch nach Bereicherungsrecht wegen Zweckverfehlung scheide aus, weil der Zuwendung mangels einer entsprechenden Vereinbarung nicht die vom Kläger behauptete Zweckabrede zugrunde liege, dass die Beklagte die Wohnungen Nr. 6 und Nr. 9 selbst bewohnt und nicht lediglich als Vermögensanlage nutzt.
Schließlich komme auch eine Rückforderung wegen Wegfalls der Geschäftsgrundlage nicht in Betracht, da die Parteien ersichtlich nicht vereinbart hätten, dass die Beklagte und ihre Tochter die Wohnungen Nr. 6 und 9 bis an ihr Lebensende selbst bewohnen sollten. Dass dies zwangsläufig Geschäftsgrundlage geworden sei, könne auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger geltend mache, Beweggrund der Zuwendung sei gewesen, der Beklagten unkündbaren Wohnraum zu ihrer eigenen und der Absicherung der Enkelin zu verschaffen, nicht angenommen werden.
II. Dies hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, eine Qualifikation der im Zusammenhang mit dem Erbverzicht gewährten Zuwendungen an die Beklagte als Schenkung sei ausgeschlossen, weil die Beklagte nicht nur auf ihr Pflichtteilsrecht, sondern gleichzeitig auch auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichtet habe.
1. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen der Verzicht auf das gesetzliche Erb- oder Pflichtteilsrecht als Gegenleistung für eine Zuwendung anzusehen ist und dieser damit den Schenkungscharakter nimmt, ist im Schrifttum umstritten (zum Streitstand Staudinger/Schotten, BGB, Neubearb. 2010, § 2346 Rn. 124). Ein Teil des Schrifttums nimmt einen entgeltlichen Vertrag an (Erman/Simon, BGB, 14. Aufl., Vor § 2346 Rn. 6), wobei teilweise danach differenziert wird, ob auf das gesetzliche Erbrecht oder lediglich auf das Pflichtteilsrecht verzichtet wird. Im ersten Fall soll es sich im Hinblick darauf, dass der Verzichtende bei der Berechnung der Pflichtteilsquoten nach § 2310 Satz 2 BGB nicht mitgezählt wird, um ein entgeltliches, im zweiten Fall dagegen um ein unentgeltliches Rechtsgeschäft handeln (Zimmer, NJW 2009, 1146). Zum Teil wird die Auffassung vertreten, dass es sich bei dem Erbverzicht gegen Abfindung grundsätzlich um ein entgeltliches Rechtsgeschäft handle, jedoch bei einem groben Missverhältnis zwischen der Abfindung und der Erberwartung von einer gemischten Schenkung auszugehen sei (Soergel/Damrau, BGB, 13. Aufl., § 2346 Rn. 3; Zimmer, NJW 2009, 1146). Manche Autoren wollen die Entscheidung von den Umständen des Einzelfalls (MünchKomm.BGB/Lange, 6. Aufl., § 2325 Rn. 29; Soergel/Dieckmann, BGB, 13. Aufl., § 2325 Rn. 18) oder vom Willen der Vertragsparteien (Keller, ZEV 2005, 229, 232) abhängig machen. Schließlich wird die Auffassung vertreten, dass die Abfindung, die ausschließlich für einen Erbverzicht gewährt werde, ohne dass der Verzichtende noch sonstige Verpflichtungen übernehme, eine objektiv unentgeltliche Zuwendung des Erblassers an den Verzichtenden darstelle (Staudinger/Schotten, BGB, Neubearb. 2010, § 2346 Rn. 124 bis 140; Staudinger/Olshausen, BGB, Neubearb. 2005, § 2325 Rn. 7; Staudinger/Chiusi, Neubearb. 2013, BGB, § 516 Rn. 43; Palandt/Weidlich, BGB, 74. Aufl., § 2325 Rn. 16).
2. Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Qualifikation solcher Zuwendungen bisher unter dem Aspekt der Anfechtbarkeit nach dem Anfechtungsgesetz und im Zusammenhang mit den Auswirkungen auf den Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2325 BGB befasst.
a) Für das Recht der Gläubigeranfechtung hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass der Verzicht auf den Pflichtteil in aller Regel keine Gegenleistung sei, die eine Verfügung zugunsten des Verzichtenden zu einer entgeltlichen mache (BGH, Urteil vom 28. Februar 1991 - IX ZR 74/90, BGHZ 113, 393). Nach dem Zweck der Vorschriften des Anfechtungsgesetzes, Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Verfügungen des Schuldners zu schützen, sei entscheidend für die Annahme der Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit, ob der Schuldner bei objektiver Betrachtung einen Gegenwert für seine Zuwendung erhalten habe; subjektive Vorstellungen und Absichten des Schuldners und seines Vertragspartners seien hierbei außer Betracht zu lassen. Ein Pflichtteilsverzicht sei keine Gegenleistung für eine im Zusammenhang damit erbrachte Zuwendung, da der Schuldner aus der maßgeblichen Sicht der Gläubiger dabei nur etwas aus seinem Vermögen weggebe, aber nichts hinzuerwerbe, in das die Gläubiger vollstrecken könnten. Erst wenn objektiv ein Gegenwert in das Vermögen des Schuldners geflossen sei, bestehe Anlass zu prüfen, ob die Beteiligten die Gegenleistung als Entgelt angesehen hätten oder mit der Verfügung des Schuldners Freigebigkeit bezweckt gewesen sei.
b) In Bezug auf die Frage, ob eine für einen Erbverzicht gewährte Abfindung der Pflichtteilsergänzung nach § 2325 Abs. 1 BGB unterliegt, hat der Bundesgerichtshof für nicht entscheidend erachtet, ob die Abfindung als eine entgeltliche oder unentgeltliche Leistung anzusehen sei. Der Pflichtteilsergänzung unterliege jedenfalls nur, was über ein Entgelt oder eine angemessene Abfindung für den Erbverzicht hinausgehe (BGH, Urteil vom 3. Dezember 2008 - IV ZR 58/07, NJW 2009, 1143 Rn. 16). Für die Frage, ob dies der Fall sei, könne sich der Pflichtteilsberechtigte auf die in der Rechtsprechung bei gemischten Schenkungen anerkannte Beweiserleichterung berufen, nach der eine Schenkung zu vermuten sei, soweit zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis bestehe (BGH, NJW 2009, 1143 Rn. 17).
3. Ob eine Zuwendung Schenkung ist, hängt demgegenüber davon ab, ob sich die Vertragsparteien darüber einig sind, dass die Zuwendung unentgeltlich erfolgt (§ 516 Abs. 1 BGB). Hierfür sind weder die Wertungen des Anfechtungsrechts noch des Pflichtteilsrechts maßgeblich. Für die Qualifikation der Unentgeltlichkeit im Anfechtungsrecht kommt es wesentlich auf die Beeinträchtigung der Zugriffsmöglichkeiten der Gläubiger an, die sich ergibt, wenn sich der Schuldner Teilen seines Vermögens entäußert, ohne dass ihm hierfür andere Vermögenswerte zufließen. Im Pflichtteilsrecht steht hingegen die Erwägung im Vordergrund, den Auswirkungen lebzeitiger Verfügungen des Erblassers auf die Höhe des Pflichtteilsanspruchs sachgerecht Rechnung zu tragen und eine unangemessene Erhöhung ebenso zu vermeiden wie eine unangemessene Schmälerung oder Manipulation der Ansprüche des Pflichtteilsberechtigten durch mit Rücksicht auf den Erbfall getroffene Vereinbarungen. Für die schenkungsrechtliche Qualifikation müssen hingegen in erster Linie schenkungsrechtliche Wertungen maßgeblich sein.
Der Schenkungscharakter einer Zuwendung hat unter anderem zur Folge, dass der Schenker die Herausgabe des Geschenks nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung verlangen kann, wenn und soweit er nach Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt zu bestreiten und seine gesetzlichen Unterhaltspflichten zu erfüllen (§ 528 Abs. 1 BGB). Er hat ferner zur Folge, dass die Schenkung widerrufen werden kann, wenn sich der Beschenkte durch eine schwere Verfehlung gegen den Schenker oder einen nahen Angehörigen des Schenkers groben Undanks schuldig macht (§ 530 Abs. 1 BGB). Beide Rückforderungsmöglichkeiten tragen der Unentgeltlichkeit der Schenkung Rechnung. Der Schenker darf zwar keine Gegenleistung erwarten. Seine Freigebigkeit rechtfertigt es aber, das Rechtsgeschäft ganz oder teilweise rückabzuwickeln, wenn der Schenker oder ein ihm gegenüber Unterhaltsberechtigter innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren nach Vollzug der Schenkung in Not gerät und der Beschenkte zur Rückgewähr ohne Gefährdung seines eigenen Unterhalts in der Lage ist. Entsprechendes gilt, wenn der Beschenkte es dem Schenker gegenüber in erheblichem Maß an von Dankbarkeit geprägter Rücksichtnahme fehlen lässt (BGH, Urteil vom 13. November 2012 - X ZR 80/11, NJW-RR 2013, 618 Rn. 10 f.; Urteil vom 25. März 2014 - X ZR 94/12, NJW 2014, 3021 Rn. 18). Diese Rechte hat auch der Schenker, der bestimmt, dass die Schenkung an einen Abkömmling bei der Erbauseinandersetzung zur Ausgleichung zu bringen ist (§ 2050 Abs. 3 BGB) oder auf den Pflichtteil angerechnet werden soll (§ 2315 Abs. 1 BGB). Denn die Anordnung der Ausgleichungs- oder Anrechnungspflicht nimmt der Zuwendung nicht den Charakter der Freigebigkeit und rechtfertigt es daher auch nicht, dem Schenker die Rechte aus §§ 528, 530 BGB zu nehmen. Vielmehr bringt der Schenker mit der Anordnung der Ausgleichungs- oder Anrechnungspflicht nur zum Ausdruck, dass er seine lebzeitigen und letztwilligen, gleichermaßen "unentgeltlichen" Vermögenszuwendungen in ein Gleichgewicht bringen möchte.
Ist im Schenkungsvertrag vereinbart, dass die Ausgleichung in der Weise geschehen soll, dass der beschenkte Abkömmling auf sein Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet, kann grundsätzlich nichts anderes gelten (so zutreffend Staudinger/Schotten, aaO Rn. 131 mwN). Verliert der Zuwendende nach der Zuwendung sein verbliebenes Vermögen und gerät hierdurch in wirtschaftliche Not, wäre es nicht zu rechtfertigen, ihm den Anspruch aus § 528 BGB gegen den Beschenkten zu versagen (und dementsprechend auch nach § 93 Abs. 1 SGB XII übergeleitete Ansprüche des Sozialhilfeträgers auszuschließen), weil der Beschenkte auf sein - in diesem Fall wertloses - Erb- und Pflichtteilsrecht verzichtet hat. Damit würde das Gegenteil der erstrebten Ausgleichung bewirkt, nämlich der zu Lebzeiten des Erblassers Beschenkte dauerhaft besser gestellt als der Erb- oder Pflichtteilsberechtigte. Ebenso wenig wäre es zu rechtfertigen, dem Zuwendenden im Falle grober Undankbarkeit den Anspruch aus § 530 BGB zu versagen. Denn auch damit würde das Gegenteil der erstrebten Ausgleichung gegenüber einem Abkömmling erreicht, den der Erblasser von der Erbfolge ausschließen und dem er unter den Voraussetzungen des § 2333 BGB sogar den Pflichtteil entziehen kann. Dabei sind die Voraussetzungen der Pflichtteilsentziehung zwar strenger als die Voraussetzungen für einen Schenkungswiderruf wegen groben Undanks. Auch § 530 Abs. 1 BGB setzt aber eine schwere Verfehlung voraus, und diese kann etwa auch in einem schweren vorsätzlichen Vergehen gegen den Schenker oder eine der in § 2333 Abs. 1 Nr. 1 BGB genannten Personen (§ 2333 Abs. 1 Nr. 2 BGB) oder in einer böswilligen Verletzung der dem Beschenkten gegenüber dem Schenker obliegenden Unterhaltspflicht (§ 2333 Abs. 1 Nr. 3 BGB) bestehen. Jedenfalls in den Fällen des § 2333 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BGB werden regelmäßig auch die Voraussetzungen des § 530 Abs. 1 BGB erfüllt sein, blieben aber folgenlos, wenn die Zuwendung deshalb als entgeltlich qualifiziert würde, weil der Zuwendungsempfänger zur Ausgleichung der Zuwendung auf sein Pflichtteilsrecht verzichtet hat.
Der Verzicht auf das Erb- oder Pflichtteilsrecht nimmt deshalb der Zuwendung jedenfalls insoweit nicht den Charakter der Unentgeltlichkeit, als er - nach dem Willen der Vertragsparteien - der Ausgleichung der lebzeitigen Zuwendung bei der Erbfolge dienen soll. Ein solcher Wille ist bei Fehlen gegenläufiger Anhaltspunkte regelmäßig anzunehmen, wenn die Höhe der Zuwendung in etwa der Erberwartung entspricht oder diese gar übersteigt. Demgegenüber kann es gegen eine Schenkung sprechen, wenn die Zuwendung wertmäßig deutlich hinter der Erberwartung zurückbleibt.
Eine solche Differenzierung nach der Höhe der Erberwartung steht nur scheinbar in Widerspruch dazu, dass der IV. Zivilsenat für die Frage, ob die vom Erblasser gewährte Leistung über ein Entgelt oder eine angemessene Abfindung für den Erbverzicht hinausgeht und mithin ein Pflichtteilergänzungsanspruch nach § 2325 Abs. 1 BGB besteht, gerade berücksichtigt, dass eine Schenkung zu vermuten ist, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung ein objektives, über ein geringes Maß deutlich hinausgehendes Missverhältnis besteht, und dies im entschiedenen Fall verneint, weil die Abfindung den Wert der Hälfte des Nachlasses, auf den der Abkömmling verzichtete, zwar überstieg, zu diesem aber nicht in einem auffallenden, groben Missverhältnis stand (BGH, NJW 2009, 1143 Rn. 17 f.). Denn damit soll, wie oben ausgeführt, ausdrücklich nicht zwischen einem entgeltlichen und einem unentgeltlichen Erbverzicht unterschieden werden (BGH, NJW 2009, 1143 Rn. 16), sondern mit der vom IV. Zivilsenat zitierten Literatur vermieden werden, dass zu einer infolge des Verzichts eintretenden Erhöhung des Pflichtteils nach § 2310 Satz 2 BGB zusätzlich ein Pflichtteilergänzungsanspruch tritt (BGH, NJW 2009, 1143 Rn. 15). In diesem - und nur in diesem - Zusammenhang genügt es daher nicht, wenn die Abfindung in etwa dem Wert des zu erwartenden Erbteils entspricht.
4. Ob und gegebenenfalls inwieweit hiernach eine Schenkung vorliegt, hat der Tatrichter unter Würdigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden, denen sich Anhaltspunkte für den maßgeblichen Willen der Vertragsparteien entnehmen lassen. Maßgebliche Bedeutung kann hierbei neben dem Wortlaut des Vertrages über die Zuwendung und den Erbverzicht insbesondere den Umständen seines Zustandekommens und seiner Ausgestaltung im Einzelnen zukommen.
5. Das Berufungsgericht hat bei der Beurteilung des Charakters der Zuwendungen des Klägers an die Beklagte den Willen der Parteien nicht ermittelt, sondern ausschließlich darauf abgestellt, dass die Beklagte nicht nur auf ihr Pflichtteilsrecht, sondern gleichzeitig auch auf ihr gesetzliches Erbrecht verzichtet hat. Seine Entscheidung kann daher keinen Bestand haben.
III. Der Beschluss des Berufungsgerichts ist danach aufzuheben. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da sie nicht zur Endentscheidung reif ist.
Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin:
1. Bei der Ermittlung des Willens der Parteien wird das Berufungsgericht zu beachten haben, dass die Parteien die Zuwendungen des Klägers an die Beklagte in der notariellen Vereinbarung vom 29. Januar 2008 ausdrücklich als Schenkung bezeichnet und überdies die Bedingungen hierfür im ersten Abschnitt der Vereinbarung geregelt haben, während der Erbverzicht erst im dritten Teil der notariellen Vereinbarung festgehalten ist. Die Parteien haben außerdem festgelegt, dass die Beklagte die Zuwendungen des Klägers nur für einen bestimmten Zweck, nämlich ausschließlich zum Erwerb der in der Vereinbarung näher bezeichneten Wohnung und der Wohnungsanteile verwenden darf. Schon dies spricht dafür, dass es dem Kläger nicht in erster Linie um die Erlangung einer Erbverzichtserklärung der Beklagten, sondern vielmehr darum ging, der Beklagten Vermögen zuzuwenden, um sie und ihre Tochter in einer schwierigen finanziellen Lage zu unterstützen und abzusichern. Auch die Verknüpfung der Zuwendungen mit der Auflage, das Geld zum Erwerb von Wohnraum zu verwenden, spricht eher für einen Schenkungscharakter. Wäre es dem Kläger vorrangig auf den Erbverzicht angekommen, hätte es näher gelegen, die Zuwendung ohne eine Auflage zu gewähren. Diese Umstände indizieren, dass die Parteien den Erbverzicht der Beklagten nicht als Hauptleistung betrachtet haben, für die diese die Zuwendungen des Klägers als Gegenleistung erhalten sollte. Es liegt vielmehr näher, dass die Parteien die Zuwendungen des Klägers als Hauptgegenstand der Vereinbarung angesehen und den Erbverzicht lediglich als eine besondere Form der Anrechnung dieser Zuwendungen auf das Erbrecht der Beklagten gewählt haben. Hierfür spricht nicht zuletzt auch, dass die notarielle Vereinbarung nicht nur Regelungen über die Zuwendungen des Klägers an die Beklagte einerseits und den Erbverzicht der Beklagten andererseits enthält, sondern die Parteien im zweiten Teil der Vereinbarung, also noch vor dem Erbverzicht, einen Erbvertrag über ein Vermächtnis des Klägers zugunsten der Beklagten geschlossen haben, und damit die Vereinbarung auch eine Verfügung von Todes wegen enthält. Schließlich könnte auch der Umstand, dass in der notariellen Vereinbarung trotz des Erbverzichts die Möglichkeit einer Erbeinsetzung der Beklagten nicht nur nicht ausgeschlossen, sondern ausdrücklich einbezogen worden ist, dafür sprechen, dass die zugewendeten Beträge nicht als Entgelt für einen Erbverzicht bestimmt waren, sondern der Erb- und Pflichtteilsverzicht lediglich als Mittel der erbrechtlichen Ausgleichung der Zuwendung dienen sollte.
2. Gelangt das Berufungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Zuwendungen des Klägers an die Beklagte als Schenkungen zu qualifizieren sind, wird es die von seinem Standpunkt aus zutreffend offen gelassene Frage zu prüfen haben, ob die Voraussetzungen für einen Widerruf der Schenkung wegen groben Undanks vorliegen.
Meier-Beck Grabinski Hoffmann
Deichfuß Kober-Dehm