Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 17.01.2012


BGH 17.01.2012 - X ZR 59/11

(Haftung des Eisenbahnverkehrsunternehmens nach der Neuordnung des Eisenbahnwesens: Schuldhafte Verletzung der Nebenpflicht zur verkehrssicheren Bereitstellung von Bahnhöfen und Bahnsteigen; Haftung für ein Infrastrukturunternehmen als Erfüllungsgehilfe)


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
17.01.2012
Aktenzeichen:
X ZR 59/11
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend OLG Düsseldorf, 20. April 2011, Az: I-18 U 158/10vorgehend LG Wuppertal, 26. August 2010, Az: 16 O 165/09
Zitierte Gesetze
Art 1 ENeuOG

Leitsätze

1. Auch nach der rechtlichen Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur durch das Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 1994 I S. 2439) ist ein Eisenbahnverkehrsunternehmen aufgrund eines Beförderungsvertrags verpflichtet, diejenigen Bahnanlagen wie Bahnhöfe und Bahnsteige, die der Fahrgast vor und nach der Beförderung benutzen muss, verkehrssicher bereitzustellen. Wird diese vertragliche Nebenpflicht schuldhaft verletzt, haftet das Eisenbahnverkehrsunternehmen gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB.

2. Werden die Bahnanlagen, die der Fahrgast für den Zu- und Abgang benutzen muss, durch ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen bereitgestellt, bedient sich das Eisenbahnverkehrsunternehmen des Infrastrukturunternehmens als Erfüllungsgehilfen und hat dessen Verschulden in gleichem Umfang zu vertreten wie ein eigenes Verschulden (§ 278 BGB).

Tenor

Die Revision der Beklagten zu 1 gegen das am 20. April 2011 verkündete Urteil des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf wird zurückgewiesen.

Die Beklagte zu 2 wird des Rechtsmittels der Revision für verlustig erklärt.

Die Beklagten tragen die Kosten des Revisionsverfahrens.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz wegen eines Sturzes aufgrund von Glatteis auf einem Bahnsteig.

2

Die Beklagte zu 1 erbringt Eisenbahnverkehrsleistungen im Fernverkehr. Die Klägerin erwarb bei ihr einen Fahrausweis für eine Fahrt mit dem ICE von Solingen nach Dresden. Am 5. März 2006 stürzte die Klägerin auf dem Weg zum Zug auf dem Bahnsteig 1 des Bahnhofs Solingen-Ohligs (heute Solingen Hauptbahnhof). Eigentümerin des Bahnhofs ist die DB Station & Service AG. Diese hatte die Reinigung und den Winterdienst der Beklagten zu 2 übertragen. Die Beklagte zu 2 hat behauptet, sie habe ihrerseits den Winterdienst auf den Streithelfer übertragen. Wegen der durch den Sturz zugezogenen Verletzungen nahm die Klägerin zunächst die DB Station & Service AG in Anspruch. Das Landgericht wies diese Klage mit der Begründung ab, die DB Station & Service AG habe die ihr obliegende Räum- und Streupflicht auf die Beklagte zu 2 übertragen, Pflichtverletzungen seien ihr nicht vorzuwerfen (LG Wuppertal, Urteil vom 22. November 2007 - 16 O 15/07).

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Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin nunmehr von den Beklagten Schmerzensgeld, Schadensersatz und die Feststellung der Ersatzpflicht für zukünftige Schäden wegen der durch den Sturz zugezogenen Verletzungen. Das Landgericht hat die Klage gegen die Beklagte zu 1 durch Teilurteil abgewiesen. Anschließend hat das Landgericht auf übereinstimmenden Antrag der Parteien und des Streithelfers das Ruhen des Verfahrens im Verhältnis der Klägerin zur Beklagten zu 2 angeordnet. Auf die Berufung der Klägerin hat das Oberlandesgericht das Teilurteil und das Verfahren aufgehoben, die Sache an das Landgericht zurückverwiesen und die Revision zugelassen.

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Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten zu 1, die ihr Klageabweisungsbegehren weiterverfolgt. Die Klägerin tritt dem Rechtsmittel entgegen. Die Beklagte zu 2 hat die Revision in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen.

Entscheidungsgründe

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Die Revision der Beklagten zu 1 hat keinen Erfolg.

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I. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Das Landgericht habe die Klage gegen die Beklagte zu 1 verfahrensfehlerhaft durch Teilurteil abgewiesen. Die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilurteils nach § 301 Abs. 1 ZPO lägen nicht vor, weil die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen bestehe. Auch für die Haftung der Beklagten zu 1 sei entscheidend, ob die Beklagte zu 2 oder, im Fall der Übertragung, der Streithelfer die ihnen hinsichtlich des Bahnsteigs obliegende Verkehrssicherungspflicht schuldhaft verletzt hätten. Dies unterstellt, komme entgegen der Auffassung des Landgerichts eine Haftung der Beklagten zu 1 nach § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB wegen der Verletzung einer vertraglichen Nebenpflicht in Betracht. Aus dem Beförderungsvertrag folge die Pflicht des Eisenbahnverkehrsunternehmens, die Beförderung so durchzuführen, dass der Fahrgast keinen Schaden erleide. Auch nach der Bahnstrukturreform beginne diese Pflicht nicht erst mit dem Einsteigen und ende nicht mit dem Aussteigen, sondern umfasse ebenso den gefahrlosen Zugang und Abgang. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen treffe die vertragliche Nebenpflicht, die dazu erforderlichen Bahnanlagen, insbesondere die Bahnsteige, verkehrssicher zu halten. Werde diese Infrastruktur durch Dritte zur Verfügung gestellt, bediene sich das Eisenbahnverkehrsunternehmen dieser Dritten als Erfüllungsgehilfen und müsse sich ein etwaiges Fehlverhalten gemäß § 278 BGB zurechnen lassen.

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II. Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

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1. Der Erlass eines Teilurteils durch das Landgericht war unzulässig. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs darf ein Teilurteil (§ 301 ZPO) nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ausgeschlossen ist; dabei ist auch die Möglichkeit einer abweichenden Entscheidung durch ein Rechtsmittelgericht zu berücksichtigen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, NJW 2011, 2736, 2737; BGH, Urteil vom 28. November 2003 - V ZR 123/03, BGHZ 157, 133, 142 f. mwN). Dies gilt auch bei Klagen gegen mehrere einfache Streitgenossen (Senat, Urteil vom 7. November 2006 - X ZR 149/04, NJW 2007, 156, 157; BGH, Urteil vom 25. November 2003 - VI ZR 8/03, NJW 2004, 1452 mwN). Ein Teilurteil über die Klage gegen einen von mehreren einfachen Streitgenossen ist daher unzulässig, wenn die Möglichkeit besteht, dass es in demselben Rechtsstreit, auch im Instanzenzug, zu einander widersprechenden Entscheidungen kommt. Über ein Prozessrechtsverhältnis darf deshalb nicht vorab durch Teilurteil entschieden werden, wenn eine gemeinsame Beweisaufnahme in Betracht kommt. Die Beweise sind wegen der Einheitlichkeit des Verfahrens nur einmal zu erheben und frei zu würdigen, um unterschiedliche Ergebnisse gegen einzelne Streitgenossen auszuschließen (BGH, Urteil vom 19. Dezember 2002 - VII ZR 176/02, NJW-RR 2003, 1002). Dies gilt auch, wenn sich die Notwendigkeit einer gemeinsamen Beweisaufnahme erst durch eine abweichende rechtliche Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht ergeben kann.

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Bei der vom Landgericht gewählten Verfahrensweise bestand - ungeachtet der für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Teilurteils unerheblichen (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, NJW 2011, 2736 Rn. 16 ff.) Anordnung des Ruhens des Verfahrens - die Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen. Das Landgericht wird bei seiner Entscheidung über den gegen die Beklagte zu 2 geltend gemachten Anspruch, gegebenenfalls nach Durchführung einer Beweisaufnahme, zu entscheiden haben, ob die Beklagte zu 2 eine ihr hinsichtlich des Bahnsteigs obliegende Verkehrssicherungspflicht verletzt hat und in welcher Höhe der Klägerin ein Schaden entstanden ist. Diese noch zu treffenden Feststellungen sind auch für die Haftung der Beklagten zu 1 entscheidungserheblich. Denn das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte zu 1 aus dem Beförderungsvertrag die Nebenpflicht trifft, den vom Fahrgast zu benutzenden Bahnsteig verkehrssicher zu halten, und dass in diesem Fall der Beklagten zu 1 ein etwaiges Fehlverhalten der Beklagten zu 2 oder des Streithelfers gemäß § 278 BGB zuzurechnen ist.

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2. Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen ist aufgrund eines Personenbeförderungsvertrags verpflichtet, die Beförderung so durchzuführen, dass der Fahrgast keinen Schaden erleidet. Dies betrifft zunächst den eigentlichen Beförderungsvorgang zwischen Ein- und Aussteigen. Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen ist aufgrund eines Beförderungsvertrags darüber hinaus aber auch verpflichtet, dem Fahrgast einen sicheren Zu- und Abgang zu ermöglichen. Wird diese vertragliche Nebenpflicht schuldhaft verletzt, haftet das Eisenbahnverkehrsunternehmen gemäß § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB. Werden die Bahnanlagen, die der Fahrgast für den Zu- und Abgang benutzen muss, durch ein Eisenbahninfrastrukturunternehmen bereitgestellt, bedient sich das Eisenbahnverkehrsunternehmen des Infrastrukturunternehmens als Erfüllungsgehilfen und hat dessen Verschulden in gleichem Umfang zu vertreten wie ein eigenes Verschulden (§ 278 BGB).

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a) Vor der Eisenbahnstrukturreform war in der Rechtsprechung anerkannt, dass das Eisenbahnunternehmen aufgrund des Beförderungsvertrags verpflichtet ist, für einen sicheren Zugang und Abgang des Fahrgastes zu sorgen, insbesondere von ihm bereitgestellte Anlagen wie Bahnsteige, die der Fahrgast vor und nach der Beförderung benutzen muss, verkehrssicher zu halten (RG, Urteil vom 15. März 1915 - VI 599/14, RGZ 86, 321, 322; RG, Urteil vom 30. Oktober 1929 - VI 318/29, RGZ 126, 137, 141 f.; BGH, Urteil vom 16. April 1959 - II ZR 164/57, NJW 1959, 1366; BGH, Urteil vom 24. November 1969 - III ZR 111/69, VersR 1970, 179 f.). Hieran hat sich durch die rechtliche Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur durch das Gesetz zur Neuordnung des Eisenbahnwesens (ENeuOG) vom 27. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2378, 1994 I S. 2439) nichts geändert. Dies entspricht auch der im Schrifttum vertretenen Auffassung (Filthaut, Haftpflichtgesetz, 8. Auflage, § 12 Rn. 122 ff., 133; Roth in MünchKomm-BGB, 5. Auflage, § 241 Rn. 103; Tavakoli, Privatisierung und Haftung der Eisenbahn, Baden-Baden 2001, S. 324 f., 335; Führich, Reiserecht, 5. Auflage, Rn. 1140; Pohar, Rechtsbeziehungen zwischen Fahrgast und Eisenbahn, Jena 2006, S. 102; Böhm, Haftung von Eisenbahnunternehmen, Hamburg 2008, S. 85 f.).

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b) Mit der rechtlichen Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur wurden diese Teilbereiche dauerhaft verselbständigt und den einzelnen Bahnbetriebsunternehmern ein jeweils eigenständiger Gefahrenkreis zugeordnet, für den jeder im Verhältnis der Bahnbetriebsunternehmer untereinander eigenständig die Verantwortung trägt (BGH, Urteil vom 17. Februar 2004 - VI ZR 69/03, BGHZ 158, 130, 137 f.). Trotz dieser Trennung verfügen Eisenbahnverkehrsunternehmen und Eisenbahninfrastrukturunternehmen aber gemeinsam über den Eisenbahnbetrieb; ein reibungsloser Bahnverkehr ist nur durch ihr Zusammenwirken zu erreichen. Inhalt und Umfang der aus einem Eisenbahnbeförderungsvertrag folgenden Pflichten sind deshalb selbständig zu bestimmen. Die vertraglichen Nebenpflichten der Parteien eines Eisenbahnbeförderungsvertrags beschränken sich nicht auf die Zeit zwischen Ein- und Aussteigen, sondern umfassen die gesamte Abwicklung der Beförderung, d.h. auch die notwendige Benutzung der Eisenbahninfrastruktur, die der eigentlichen Beförderungsleistung vorangeht oder ihr nachfolgt. Hiervon geht auch der Gesetzgeber aus. So ist der Fahrgast aufgrund der Beförderungsbedingungen verpflichtet, Fahrausweise nach Beendigung der Fahrt bis zum Verlassen des Bahnsteigs einschließlich der Zu- und Abgänge aufzubewahren, § 9 Abs. 3 Buchst. b Eisenbahn-Verkehrsordnung (EVO) vom 20. April 1999 (BGBl. I S. 782). Der Tarif des Eisenbahnverkehrsunternehmens kann auch bestimmen, dass Bahnsteige nur mit gültigen Fahrausweisen betreten werden dürfen (§ 10 EVO).

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c) Zu den vertraglichen Nebenpflichten des Eisenbahnverkehrsunternehmens, die bei der Abwicklung des Beförderungsvertrags bestehen, gehört die Pflicht, für einen sicheren Zu- und Abgang des Fahrgastes zu sorgen. Der Umfang vertraglicher Schutzpflichten bestimmt sich nach dem Inhalt des Schuldverhältnisses (§ 241 Abs. 2 BGB). Eine Schutzpflicht entsteht vor allem dann, wenn die Vertragsparteien dem anderen Teil im Rahmen des Vertrags eine gesteigerte Einwirkung auf ihre Belange gestatten und daher in einem höheren Maß als sonst auf die Wahrung und den Schutz ihrer Rechtsgüter durch den anderen Teil vertrauen oder zu vertrauen gezwungen sind (BGH, Urteil vom 10. März 1983 - III ZR 169/81, NJW 1983, 2813, 2814; Roth in MünchKomm.BGB, 5. Auflage, § 241 Rn. 104). Dies ist im Rahmen eines Eisenbahnbeförderungsvertrags nicht nur während der Durchführung der eigentlichen Beförderung der Fall, sondern während der gesamten Abwicklung. Der Fahrgast muss zur Durchführung der vertragsgemäßen Beförderung die besonderen Bahnanlagen wie Bahnhöfe und Bahnsteige benutzen. Diese Nutzung erfolgt nicht nur bei Gelegenheit der Durchführung des Eisenbahnbeförderungsvertrags, sondern wird von diesem umfasst. Auch Bahnanlagen, die den Zu- und Abgang ermöglichen, dienen der Abwicklung des Reiseverkehrs, § 4 Abs. 1 Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) vom 8. Mai 1967 (BGBl. II S. 1563). Durch die Nutzung der besonderen Bahnanlagen ist der Fahrgast den damit einhergehenden Gefahren in besonderem Maß ausgesetzt. Hiermit geht die Pflicht des Eisenbahnverkehrsunternehmens einher, den Fahrgast vor diesen Gefahren zu schützen und Bahnanlagen, die der Fahrgast vor und nach der Beförderung benutzen muss, verkehrssicher bereitzustellen.

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d) Dem steht nicht entgegen, dass ein Eisenbahnverkehrsunternehmen die Verkehrssicherheit der Bahnanlagen wegen der rechtlichen Trennung von Fahrbetrieb und Infrastruktur nicht in eigener Person gewährleisten kann. Ausreichend ist, dass ihm dies durch das Infrastrukturunternehmen möglich ist, dessen es sich bei der Abwicklung des Beförderungsvertrags bedient. Ein Eisenbahnverkehrsunternehmen nutzt die Infrastruktur eines Personenbahnhofs aufgrund eines Stationsnutzungsvertrags mit dem jeweiligen Infrastrukturunternehmen, hier der DB Station & Service AG. Aufgrund des Stationsnutzungsvertrags ist das Infrastrukturunternehmen dem Eisenbahnverkehrsunternehmen gegenüber verpflichtet, die Infrastruktur der jeweiligen Personenbahnhöfe für das Erbringen eigener Eisenbahnverkehrsleistungen verkehrssicher bereitzustellen. Dieser vertragliche Anspruch ermöglicht es dem Eisenbahnverkehrsunternehmen, auf die Verkehrssicherheit der Bahnanlagen auf Personenbahnhöfen hinzuwirken. Das Eisenbahnverkehrsunternehmen bedient sich des Eisenbahninfrastrukturunternehmens, das die Infrastruktur der Personenbahnhöfe und damit die notwendigerweise vom Fahrgast zu benutzenden Bahnanlagen bereitstellt, als Erfüllungsgehilfen bei der Abwicklung eines Beförderungsvertrags (Filthaut, aaO, Rn. 139; Tavakoli, aaO, S. 338; A. Staudinger, Verbraucherrechte im Öffentlichen Schienen-Personenverkehr, Frankfurt a.M. 2004, S. 70). Die unternehmerische Selbständigkeit des Infrastrukturunternehmens steht seiner Eigenschaft als Erfüllungsgehilfe nicht entgegen (BGH, Urteil vom 30. März 1988 - I ZR 40/86, NJW 1988, 1907, 1908). Das Eisenbahnverkehrsunternehmen kann deswegen den Fahrgast bei einer Schädigung infolge nicht verkehrssicher gehaltener, für die Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen notwendiger Bahnanlagen nicht auf deliktische Ansprüche gegen Dritte verweisen, sondern hat ein etwaiges Verschulden des Eisenbahninfrastrukturunternehmens - und im Fall der Übertragung der Verkehrssicherungspflichten auf weitere Dritte deren Verschulden - in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes (§ 278 BGB).

Meier-Beck                                           Keukenschrijver                                            Mühlens

                              Grabinski                                                        Schuster