Entscheidungsdatum: 08.01.2019
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des 1. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 7. März 2017 unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels abgeändert.
Das europäische Patent 1 070 223 wird mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland insoweit für nichtig erklärt, als Patentanspruch 3 und die Rückbezüge auf Patentanspruch 3 in den nachfolgenden Patentansprüchen entfallen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Beklagte ist Inhaberin des europäischen Patents 1 070 223 (Streitpatents). Es wurde am 31. März 1999 unter Inanspruchnahme dänischer Prioritäten vom 6. April 1998 und vom 23. Februar 1999 international angemeldet. Das Streitpatent umfasst acht Patentansprüche, von denen Anspruch 1 in der englischen Verfahrenssprache lautet:
"Apparatus for drying particulate material in superheated steam comprising:
a closed container (1) having a lower cylindrical part connected to a conical transition piece, the conical transition piece connected to an upper cylindrical part having a greater diameter than the lower cylindrical part,
a heat exchanger (3) located in a central part of the container,
a steam transport element (6) for receiving superheated steam from the heat exchanger (3) located in the lower cylindrical part and for transporting the superheated steam in the container through a steam permeable bottom (5),
a series of upwardly open, elongated and substantially vertical processing cells (2), which are disposed around the central part with the heat exchanger (3), where a first cell has an inlet for the particulate material, and the last cell (4) is the discharge cell with discharge means for the dried material, which last cell (4) has a closed bottom, while the remaining cells (2) have a bottom (5) through which the steam can permeate, and where the processing cells (2) which lie side by side are open at the top ends opposite a common transfer zone (13), and in their bottoms are connected through openings (11) at the lower ends of the cells, whereby the material, led into the first processing cell (2), is dried during passage through the processing cells (2) by the superheated steam which is blown up from the heat exchanger (3) through the steam permeable bottoms (5) in that the particulate material can pass from one processing cell to the next through said openings (11),
a dust separation cyclone (8) located in the upper cylindrical part for receiving steam and dust and for separating the dust from the steam, characterized in that the dust separating cyclone (8) has openings (14) in the upper part thereof for receiving at least a half part of the steam and dust therefrom, and that the residual steam and dust, if any, is fed to the cyclone (8) from below."
Die Klägerin hat geltend gemacht, die Erfindung sei nicht so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne; weiterhin gehe der Gegenstand des Streitpatents über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Anmeldung hinaus und sei nicht patentfähig.
Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr erstinstanzliches Begehren auf vollständige Nichtigerklärung des Streitpatents weiterverfolgt. Im Berufungsverfahren verteidigt die Beklagte das Streitpatent ohne Patentanspruch 3 und ohne die Rückbezüge auf diesen Anspruch. Im Übrigen tritt sie dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das Streitpatent hilfsweise in der Fassung von sechs Hilfsanträgen.
A. Die Berufung ist zulässig.
Für eine den Anforderungen des § 112 Abs. 3 PatG genügende Berufungsbegründung reicht es aus, wenn darin wenigstens ein Berufungsangriff geführt wird, mit dem in zulässiger Form eine Rechtsverletzung geltend gemacht wird, die, läge sie vor, geeignet wäre, das Urteil ganz oder teilweise zu Fall zu bringen. Ist diesem Erfordernis genügt, so ist es dem Berufungskläger nicht aus Gründen des § 112 PatG verwehrt, seinen Vortrag gegen das angefochtene Urteil auch nach Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zu ergänzen und insofern weitere Gründe gegen das angefochtene Urteil wirksam vorzubringen (vgl. BGH, Urteil vom 12. Dezember 2012 - X ZR 134/11, GRUR 2013, 363 Rn. 7 mwN; zu § 519 ZPO aF: BGH, Urteil vom 5. Oktober 1983 - VIII ZR 224/82, NJW 1984, 177 [zu I 2 a] mwN).
Einen solchen Angriff führt die Berufungsbegründung bereits mit dem Vorbringen, das Streitpatent gehe über den Inhalt der ursprünglichen Anmeldung hinaus, weil es in Anspruch 1 für den Ort des Dampf-Transportmittels allgemein den unteren zylindrischen Teil der Anlage angibt, während die ursprüngliche Anmeldung hierfür lediglich einen Ort unterhalb des Wärmetauschers vorsehe.
B. In der Sache hat die Berufung nur im Umfang der seitens der Beklagten erklärten Beschränkung des Streitpatents Erfolg.
I. Das Streitpatent betrifft eine Anlage zum Trocknen von partikelförmigen Materialien in überhitztem Dampf (Dampftrockner).
1. Im Stand der Technik sind nach Angabe der Streitpatentschrift Dampftrockner bekannt, in denen das Material mittels überhitzten Dampfs in einem geschlossenen Behälter getrocknet wird. Zur Gattung des Streitpatents gehören die Gegenstände von drei Patentschriften, des dänischen Patents 156 974 (D12) sowie der europäischen Patente 537 262 (deren Übersetzung als D1 vorgelegt) und 537 263 (deren Übersetzung als D2 vorgelegt), die den Erfinder des Streitpatents ebenfalls als Erfinder ausweisen und auf die das Streitpatent Bezug nimmt. In der D2 wird diese Gattung mit folgenden Figuren erläutert:
Figur 1 zeigt einen Dampftrockner in voller Höhe, Figur 5 zeigt eine Verfahrenszelle (6 - dieses und die folgenden Bezugszeichen entstammen der D2) und Figur 7 zeigt eine der über den Verfahrenszellen angeordneten Führungsplatten (11). Beim Betrieb einer solchen Anlage wird vom Wärmetauscher (20) überhitzter Dampf von einem darunter angeordneten Zentrifugalgebläse (51) außen in Richtung der um den Wärmetauscher herum angeordneten Verfahrenszellen (6) transportiert. Die Verfahrenszellen (6) weisen einen dampfdurchlässigen Boden (8) auf, durch den der Dampf hindurchtritt. Das zu trocknende Material wird über ein Zuführrohr (16) in eine erste Verfahrenszelle geleitet, welche sich von oben betrachtet im Uhrzeigersinn neben der letzten Verfahrenszelle (7) befindet. Der von unten durch die Bodenplatten (8) durchströmende überhitzte Dampf verwirbelt das zu trocknende Material in einer Verfahrenszelle. Das getrocknete Material verliert zunehmend an Gewicht und gelangt nach oben in den Bereich der Führungsplatten (11). In diesen konisch nach außen angeordneten Führungsplatten wird die Gasströmung schwächer, so dass sich das getrocknete Material an den Führungsstangen (76) absetzen und von diesen durch Öffnungen (12) seitlich in die nächste Verfahrenszelle geleitet werden kann, wo es erneut verwirbelt und getrocknet wird. Schwereres Material kann unten am Boden über Öffnungen (62) in die jeweils nächste Verfahrenszelle gelangen, bis es die Auslasszelle (7) erreicht (D2, S. 8). In dieser Zelle strömt kein Dampf nach oben; vielmehr wird das getrocknete Material über das Austragsrohr (14) mit Hilfe eines Schneckenförderers (13) ausgetragen. Im oberen Teil der Vorrichtung ist zum Reinigen des hochströmenden Dampfs ein Staubabscheidungssystem in Form eines Zyklons (31) vorgesehen, bevor der Dampf wieder in den Wärmetauscher eintritt. Der abgeschiedene Staub wird über die letzte Verfahrenszelle (7) abgeführt (D2, S. 9 Abs. 4).
In einem weiteren vom Streitpatent in Bezug genommenen Dokument, dem Artikel des Erfinders "Pressurized Steam Drying of Beet Pulp" im International Sugar Journal, Nov. 1992, S. 281 (D3), werden die Vorteile eines der D2 entsprechenden Dampftrockners gegenüber einem Trommeltrockner dargestellt. Während ein Trommeltrockner die bei der Zuckerherstellung als Abfall anfallenden Rübenschnitzel mit heißer Luft trocknet und die hierfür aufgewendete Energie danach keiner anderen Nutzung zugeführt werden kann, ermöglicht danach der Dampftrockner, den mit der Trocknung aus der Feuchtigkeit der Rübenschnitzel gewonnenen überhitzten Dampf anderen Vorrichtungen für die Zuckerherstellung zuzuführen. So kann dieser Dampf über das Rohr (45) dem Kopf des Dampftrockners entnommen und beispielsweise als Wärmeenergie in den Verdampfern zum Eindicken des Dünnsaftes genutzt werden (D3, S. 287). Zudem arbeitet der Dampftrockner im Gegensatz zu einem Trommeltrockner emissionsfrei.
Bei den im Stand der Technik bekannten Anlagen ist die Leistungsfähigkeit in etwa proportional zum zirkulierenden Dampfstrom. Bei diesen Anlagen kann der Dampfstrom nicht erhöht werden, ohne gleichzeitig eine unerwünscht große Menge des partikelförmigen Materials mit dem Dampf in den Staubabscheidungszyklon zu fördern. Von dort aus verließe es die Anlage, ohne ausreichend getrocknet zu sein.
2.Der Erfindung des Streitpatents liegt demnach die Aufgabe zugrunde, einen Dampftrockner zu entwickeln, der eine höhere Trocknungsleistung bei annähernd gleichbleibender Qualität des Trocknungsprodukts erzielt.
3. Zur Lösung schlägt Patentanspruch 1 eine Anlage zum Trocknen von partikelförmigem Material in überhitztem Dampf mit folgenden Merkmalen vor [in eckigen Klammern die Gliederung des angefochtenen Urteils]:
1. Der Dampftrockner umfasst einen geschlossenen Behälter (1) [M2]
1.1 mit einem unteren zylindrischen Teil [M2.1],
1.2 mit einem oberen zylindrischen Teil mit größerem Durchmesser [M2.4] und
1.3 mit einem konischen Übergangsstück [M2.2/2.3].
2. Ein Wärmetauscher (3) ist in einem Mittelteil (central part) des Behälters angeordnet [M3/3.1].
3. Im unteren zylindrischen Teil ist ein Dampftransportelement (6) zum Aufnehmen von überhitztem Heißdampf (superheated steam) vom Wärmetauscher (3) und zu dessen Transport im Behälter durch einen dampfdurchlässigen Boden (5) angeordnet [M4-4.3].
4. Es ist eine Reihe von um das Mittelteil mit dem Wärmetauscher (3) angeordneten, nach oben offenen, länglichen und im Wesentlichen vertikalen Verfahrenszellen (2) vorgesehen [M5/5.1], von denen
4.1 eine erste Zelle einen Einlass für das partikelförmige Material aufweist [M5.2],
4.2 die letzte Zelle (4) die Auslasszelle mit Auslassmitteln für das getrocknete Material ist [M5.3/5.4],
4.3 die letzte Zelle (4) einen geschlossenen und die restlichen Zellen (2) jeweils einen dampfdurchlässigen Boden (5) aufweisen [M5.5/5.6],
4.4 die seitlich nebeneinander liegenden Zellen (2) an ihren oberen Enden gegenüber einem gemeinsamen Förderbereich (13) offen sind und an ihrem Boden durch Öffnungen (11) verbunden sind [M5.7/5.8], so dass
4.4.1 das partikelförmige Material von einer Zelle zur nächsten durch die Öffnungen (11) hindurchtreten kann [M5.11] und
4.4.2 während des Durchgangs durch die Zellen (2) durch den Heißdampf getrocknet wird, der von dem Wärmetauscher (3) durch die dampfdurchlässigen Böden (5) hochgeblasen wird [M5.9/5.10].
5. Im oberen zylindrischen Teil ist ein Staubabscheidungszyklon (8) zum Aufnehmen von Dampf und Staub und zum Abscheiden des Staubs von dem Dampf angeordnet [M6-6.2],
5.1 der in seinem oberen Teil Öffnungen (14) zum Aufnehmen mindestens der Hälfte des gesamten staubhaltigen Dampfs (for receiving at least a half part of the steam and dust therefrom) aufweist [M7/7.1] und
5.2 dem gegebenenfalls (if any) restlicher staubhaltiger Dampf von unten zugeführt wird [M7.2].
Ein Ausführungsbeispiel zeigt das Streitpatent mit der folgenden Figur 1 von der Seite und der Figur 2 von oben:
II. 1. Mit dem Patentgericht ist als zur Lösung der patentgemäßen Aufgabe berufener Fachmann ein Maschinenbauingenieur mit guten Kenntnissen der Thermodynamik und Strömungslehre sowie mehrjähriger Berufserfahrung mit der Entwicklung von Anlagen zum Trocknen partikelförmigen Materials anzusehen.
2. Zur Auslegung von Anspruch 1 hat das Patentgericht ausgeführt:
a) Den Merkmalen 3 und 5, wonach das Dampftransportelement im unteren und der Staubabscheidungszyklon im oberen zylindrischen Teil angeordnet seien, entnehme der Fachmann, dass der Wärmetauscher zwischen dem unten befindlichen Dampftransportelement und dem oben befindlichen Staubabscheidungszyklon angeordnet sei.
Dem ist jedenfalls insoweit beizutreten, dass das Dampftransportelement sich zumindest unterhalb der Verfahrenszellen befindet. Aus den Merkmalen 3 und 4.3 ergibt sich, dass dieses Element unterhalb des Bodens der Verfahrenszellen angeordnet sein muss, um von unten überhitzten Dampf in diese Zellen transportieren zu können. Die darüber hinausgehende Frage, ob der Wärmetauscher tiefer reichen kann als die Verfahrenszellen und dann das Dampf-Transportmittel im Hinblick auf die Merkmale 3 und 5 gleichwohl auch oberhalb des unteren Endes des Wärmetauschers angeordnet sein kann, bedarf für den Streitfall keiner Entscheidung.
b) Das Patentgericht erläutert zu Merkmal 5, dass ein Staubabscheidungszyklon nach dem Verständnis des Fachmanns ein Fliehkraftabscheider sei, in dem ein mit Partikeln durchmischtes Gas in eine Wirbelbewegung versetzt werde. Hierdurch würden die Partikel aufgrund ihrer höheren Dichte durch die Fliehkraft an die Außenwand des Zyklons geschleudert und sodann das Gas und die Partikel durch separate Ausgänge abgeführt. In dem patentgemäßen Zyklon werde Staub von Dampf abgeschieden. Der Staubabscheidungszyklon sei dazu vorgesehen und eingerichtet, Dampf und Staub zu empfangen und den Staub vom Dampf zu trennen. Dies könne nur mit dem Staub geschehen, der in den Staubabscheidungszyklon eintrete. Ein Raum, in dem schwerere und größere Partikel vom Dampf abgeschieden würden, die bereits zuvor in die Verfahrenszellen fielen und damit den Staubabscheidungszyklon nicht erreichten, werde von Merkmal 5 nicht umfasst.
Dem ist beizutreten. Der Staubabscheidungszyklon muss geeignet sein, Dampf und Staub aufzunehmen und den Staub vom Dampf zu trennen. Dies bedingt beim Gegenstand des Streitpatents, dass der Dampf nach der Trennung den Staubabscheidungszyklon durch einen gesonderten und anderen Ausgang verlässt als der Staub, denn nach der Lehre des Streitpatents soll der Staubabscheidungszyklon den Dampf gereinigt dem Wärmetauscher oder einer anderen Auslassöffnung zur (erneuten) Nutzung als Verfahrensdampf zuführen (Streitpatent, Abs. 1 Sp. 1 Z. 28 bis 31). Ein Bauteil, das den Staub vom Dampf trennt, hierfür aber keinen vom Eingang getrennten Ausgang für den gereinigten Dampf sowie für den abgeschiedenen Staub vorsieht, entspräche diesen Anforderungen an einen Staubabscheidungszyklon gemäß Merkmal 5 nicht, weil damit dessen Funktion für die Lehre des Streitpatents nicht erfüllt würde.
c) Zu den Merkmalen 5.1 und 5.2 hat das Patentgericht ausgeführt, die in Merkmal 5.2 erwähnte Zuführung des staubigen Dampfs ("Dampf und Staub") von unten in den Staubabscheidungszyklon könne es geben, müsse es aber nicht. Dies ergebe sich aus dem Einschub "sofern vorhanden" (if any) in Merkmal 5.2. Die Angabe "mindestens die Hälfte des Staubs" in Merkmal 5.1 beziehe sich auf den in den Staubabscheidungszyklon eintretenden Staub und nicht auf den aus den Verfahrenszellen austretenden Staub oder das daraus austretende partikelförmige Material. Nach der Lehre der Erfindung solle gerade vermieden werden, dass eine unerwünscht große Menge partikelförmigen Materials mit dem Dampf in den Staubabscheidungszyklon mitgerissen werde; demnach solle möglichst wenig des partikelförmigen Materials in den Staubabscheidungszyklon gelangen und nicht möglichst viel.
Auch dem ist beizutreten. Die Angabe in Merkmal 5.1 "mindestens die Hälfte" bezieht sich auf die Hälfte des dem Staubabscheidungszyklon insgesamt zugeführten Dampfs und Staubs. Erfindungsgemäß wird bezweckt, möglichst viel dieses zugeführten Dampfs und Staubs durch die oberen Öffnungen zuzuführen.
Mit der Möglichkeit gemäß Merkmal 5.2, bis zur Hälfte des staubhaltigen Dampfs dem Staubabscheidungszyklon von unten zuzuführen, wird keine andere Lehre beschrieben als jene, die sich aus Merkmal 5.1 ergibt. Mit beiden Merkmalen bestimmt das Streitpatent, dass mindestens die Hälfte des staubhaltigen Dampfs von oben zugeführt werden muss, dieser Anteil auch das gesamte Volumen betragen kann und der Rest von unten den Staubabscheidungszyklon erreicht, falls nicht der gesamte staubhaltige Dampf von oben zugeführt wird.
III. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Gegenstand des Anspruchs 1 gehe nicht über den Inhalt der Anmeldung hinaus. Eine unzulässige Erweiterung sei nicht darin zu sehen, dass Merkmal 3 als Ort für ein Dampftransportelement den unteren zylindrischen Teil des Dampftrockners vorsehe, während die Beschreibung der ursprünglichen Anmeldung diesen Ort für ein Ausführungsbeispiel als im unteren zylindrischen Behälterteil unter dem Wärmetauscher angegeben habe. Durch die weiteren Merkmale sei der Ort des Dampftransportelements hinreichend deutlich beschrieben. Danach empfange das Dampftransportelement den Dampf vom Wärmetauscher und fördere diesen durch die Verfahrenszellen nach oben zum Staubabscheidungszyklon. Soweit der erteilte Anspruch 1 auch die Anordnung eines Dampftransportelements im unteren Behälterteil konzentrisch neben dem unteren Ende des Wärmetauschers umfasse, handele es sich nur um eines der Merkmale des in der Beschreibungseinleitung der Anmeldung angegeben Ausführungsbeispiels, von denen nicht jedes einzelne in den Anspruch aufgenommen werden müsse.
Auch liege keine unzulässige Erweiterung darin, dass das Dampftransportelement in Anspruch 1 nicht weiter als ein Zentrifugalgebläse konkretisiert sei. Die Beschreibung der Anmeldung sage deutlich aus, dass es sich bei der Angabe eines Zentrifugalgebläses nur um ein Beispiel handele.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei in einer ausführbaren Weise im Streitpatent offenbart. Dies gelte auch für die Merkmalsgruppe 5, wonach mindestens die Hälfte des Dampfs und Staubs dem Staubabscheidungszyklon von oben und der Rest von unten zuzuführen sei. Es sei nicht gezielt ein bestimmter Prozentsatz durch die Öffnungen (14) von oben zuzuführen. Die Lehre lasse sich bereits dadurch ausführen, dass der gesamte Dampf und Staub dem Staubabscheidungszyklon ausschließlich durch obere Öffnungen (14) zugeführt würde.
Der Gegenstand des Anspruchs 1 sei neu; er werde wie von den weiteren Entgegenhaltungen auch von der D1 nicht vollständig offenbart. Die D1 unterscheide sich vom Gegenstand des Streitpatents hinsichtlich der Merkmalsgruppe 7; diese werde von der D1 nicht offenbart. Dem Staubabscheidungszyklon (31) der D1 werde Dampf und Staub ausschließlich von unten zugeführt. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei das Rohr (40), welches sich neben dem Staubabscheidungszyklon (31) befinde, kein Staubabscheidungszyklon. Zwar werde diesem Rohr Staub und Dampf tangential durch die Öffnung (41) zugeführt, weshalb das Rohr (40) als ein Zyklon bezeichnet werden könne. Darin werde jedoch kein Staub vom Dampf getrennt, indem beides den Zyklon durch separate Ausgänge verließe. Vielmehr verließen Staub und Dampf das Rohr (40) an dessen unterem Ende gemeinsam durch einen einzigen Ausgang.
IV. Die Berufung hat nur im Umfang der von der Beklagten erklärten Beschränkung des Streitpatents Erfolg.
1. Die beschränkte Verteidigung des Streitpatents durch die Beklagte ist zulässig. Es ist deshalb im darüber hinausgehenden Umfang ohne weitere Sachprüfung für nichtig zu erklären (st. Rspr.: BGH, Urteile vom 30. Mai 1956 - I ZR 43/55, BGHZ 21, 8, 10 ff. - Spritzgussmaschine I; vom 11. Dezember 2007, juris Rn. 12 mwN).
2. Der Gegenstand des Streitpatents ist nicht gegenüber dem Inhalt der ursprünglichen Anmeldung unzulässig erweitert.
a) Zur Feststellung einer unzulässigen Erweiterung ist der Gegenstand des Patentanspruchs mit dem Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung zu vergleichen. Dieser ist nicht auf den Gegenstand der in der Anmeldung formulierten Patentansprüche beschränkt. Entscheidend ist vielmehr, was der durchschnittlich bewanderte und begabte Fachmann des betreffenden Gebiets der Technik der Gesamtheit der ursprünglichen Unterlagen als zur Erfindung gehörend entnehmen konnte (BGH, Urteile vom 12. Juli 2011 - X ZR 75/08, GRUR 2011, 1109 Rn. 36 - Reifenabdichtmittel; vom 17. Februar 2015 - X ZR 162/12, BGHZ 204, 199 Rn. 21 - Wundbehandlungsvorrichtung). Danach ist auch ein gegenüber den in der Anmeldung formulierten Patentansprüchen "breit" formulierter Anspruch unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Erweiterung jedenfalls dann unbedenklich, wenn sich ein in der Anmeldung beschriebenes Ausführungsbeispiel der Erfindung für den Fachmann als Ausgestaltung der im Anspruch umschriebenen allgemeineren Lehre darstellt und diese Lehre in der beanspruchten Allgemeinheit für ihn bereits der Anmeldung als zur Erfindung gehörend entnehmbar ist. Solche Verallgemeinerungen sind auch dann zulässig, wenn von mehreren Merkmalen eines Ausführungsbeispiels, die zusammengenommen, aber auch für sich betrachtet dem erfindungsgemäßen Erfolg förderlich sind, nur eines oder nur einzelne in den Anspruch aufgenommen worden sind (BGH, Urteil vom 11. Februar 2014 - X ZR 107/12, BGHZ 200, 63 Rn. 23 - Kommunikationskanal; BGHZ 204, 199 Rn. 29 - Wundbehandlungsvorrichtung). Die Nichtaufnahme der übrigen Merkmale oder ihre Aufnahme in den Anspruch mit einem der erfindungsgemäßen Lehre entsprechenden, verallgemeinerten Inhalt begründet dann keine unzulässige Erweiterung.
b) Nach diesen Grundsätzen ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht deshalb unzulässig erweitert, weil der Ort des Dampftransportelements gemäß Merkmal 4 allgemein als im unteren zylindrischen Teil definiert wird.
aa) Dies gilt auch dann, wenn dies entsprechend dem Vorbringen der Klägerin nicht voraussetzt, dass das Dampftransportelement unterhalb des Wärmetauschers angeordnet ist. Auch bei einem Verständnis von Merkmal 3, demzufolge das Dampftransportelement an einem anderen Ort im gemäß Merkmal 1.1 definierten, unteren zylindrischen Teil angeordnet sein kann, sofern sich dieser noch unterhalb der Verfahrenszellen befindet, ist der Gegenstand von Patentanspruch 1 nicht unzulässig erweitert.
Die ursprüngliche Anmeldung sieht im Ausführungsbeispiel zwar ein Zentrifugalgebläse vor, dessen Ort als unterhalb des Wärmetauschers angegeben wird (D16, S. 6 Z. 28 bis S. 7 Z. 3). Weiterhin beschränkt der in der Anmeldung entworfene Patentanspruch 1 den Ort des Dampftransportelements auf einen Bereich unterhalb des Wärmetauschers (D16, S. 12 Z. 7 f.). Die im Ausführungsbeispiel angegebene Position des Dampftransportelements ist für die Aufgabe und die Lösung der angemeldeten Erfindung aber nur von untergeordneter Bedeutung und soll lediglich die Darstellung des Beispiels komplettieren. Entscheidend für die Lehre des Streitpatents ist der obere Bereich des Dampftrockners und die Frage, wie und an welcher Stelle der größte Teil des staubhaltigen Dampfs dem Staubabscheidungszyklon zuzuführen ist, um damit die Leistungsfähigkeit des Trockners zu erhöhen. Der Fachmann erkennt aus der Anmeldung, dass die genaue Position des Dampftransportelements für die im oberen Bereich des Trockners realisierte erfindungsgemäße Lehre ohne Bedeutung ist, solange das Dampftransportelement sich im unteren Bereich befindet. Eine hinsichtlich der Position des Dampftransportelements dementsprechend verallgemeinerte Angabe hält sich im Rahmen der Ursprungsoffenbarung.
c) Eine unzulässige Erweiterung ergibt sich auch nicht in Bezug auf die weiteren Merkmale des Gegenstands des Anspruchs 1.
Dies gilt insbesondere, soweit Merkmal 3 lediglich allgemein ein Dampftransportelement verlangt und dieses nicht auf ein Zentrifugalgebläse konkretisiert. Das Ausführungsbeispiel der ursprünglichen Anmeldung wie auch dasjenige des Streitpatents zeigt hierfür zwar ein Zentrifugalgebläse. Wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat, wird das Zentrifugalgebläse aber bereits in der Anmeldung nur als Beispiel für ein Dampftransportelement erwähnt (D16, S. 1 Z. 9 f.). Der in der Anmeldung entworfene Anspruch 1 bringt dies deutlich zum Ausdruck, indem darin für Merkmal 3 kein Zentrifugalgebläse, sondern allgemein nur ein Dampftransportelement verlangt wird.
Auch die weiteren, bereits in der ersten Instanz für eine unzulässige Erweiterung geltend gemachten Gesichtspunkte vermögen eine solche nicht zu begründen. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Patentgerichts verwiesen.
3. Der zuletzt von der Beklagten verteidigte Gegenstand des Streitpatents ist in einer für den Fachmann ausführbaren Weise vollständig offenbart.
a) Eine für die Ausführbarkeit hinreichende Offenbarung ist gegeben, wenn der Fachmann ohne erfinderisches Zutun und ohne unzumutbare Schwierigkeiten in der Lage ist, die Lehre des Patentanspruchs aufgrund der Gesamtoffenbarung der Patentschrift einschließlich der Beschreibung und der Zeichnungen in Verbindung mit dem allgemeinen Fachwissen am Anmelde- oder Prioritätstag praktisch so zu verwirklichen, dass der angestrebte Erfolg erreicht wird (vgl. BGH, Urteile vom 11. Mai 2010 - X ZR 51/06, GRUR 2010, 901 Rn. 31 mwN - Polymerisierbare Zementmischung; vom 3. Februar 2015 - X ZR 76/13, GRUR 2015, 472 Rn. 34 - Stabilisierung der Wasserqualität).
Für die deutliche und vollständige Offenbarung einer Erfindung ist es nicht erforderlich, dass alle denkbaren, unter den Wortlaut des Patentanspruchs fallenden Ausgestaltungen mit Hilfe der im Patent offenbarten Informationen ausgeführt werden können. Es genügt regelmäßig den Anforderungen von Art. 138 Abs. 1 Buchst. b EPÜ, wenn zumindest ein nacharbeitbarer Weg zur Ausführung der Erfindung für einen Gegenstand oder ein Verfahren mit einer generisch definierten technischen Eigenschaft oder Anweisung offenbart ist, die erstmals der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt wird (vgl. BGH, Urteil vom 3. Mai 2001 - X ZR 168/97, BGHZ 147, 306 unter IV - Taxol; BGH, GRUR 2010, 901 Rn. 36 - Polymerisierbare Zementmischung).
b) Entsprechend den zutreffenden Ausführungen des Patentgerichts sind diese Voraussetzungen für eine ausführbare Offenbarung der Lehre des Patentanspruchs 1 im Streitpatent erfüllt. Das Ausführungsbeispiel des Streitpatents zeigt, wie ein Verdampfungstrockner gemäß den Anspruchsmerkmalen zu konstruieren ist. Dieses Beispiel entspricht auch den Merkmalen 5.1 und 5.2, indem der staubhaltige Dampf ausschließlich durch im oberen Teil des Staubabscheidungszyklons angeordnete Öffnungen diesem zugeführt wird.
Die Variante gemäß Merkmal 5.2, einen Teil des staubhaltigen Dampfs dem Staubabscheidungszyklon von unten zuzuführen, beschreibt insoweit, wie ausgeführt, keine andere Lehre. Zur Ausführung der Lehre dieses Anspruchs genügt es deshalb, mit dem Ausführungsbeispiel des Streitpatents einen Gegenstand aufzuzeigen, in dem der staubhaltige Dampf ausschließlich von oben zugeführt wird.
c) Die weiteren, in erster Instanz geführten Angriffe der Klägerin gegen das Vorliegen einer ausführbaren Offenbarung der Lehre des Streitpatents sind aus den zutreffenden Gründen des angegriffenen Urteils nicht berechtigt. Insofern wird auf die Ausführungen in diesem Urteil verwiesen.
4. Der Gegenstand des Streitpatents ist patentfähig. Seine Lehre ist neu und beruht auf erfinderischer Tätigkeit.
a) Die Lehre des Streitpatents wird weder in der D1 noch in der D2 vollständig offenbart. Beide Entgegenhaltungen entsprechen den Merkmalen 1 bis 5 des Streitpatents und werden mit der - oben wiedergegebenen - Figur 1 der D2 beschrieben (Figur 1 der D2 gleicht der Figur 2 der D1).
aa) In beiden Entgegenhaltungen tritt der staubige Dampf nur von unten in die zentrale Kammer des Zyklons (31) ein und wird dort abgelenkt durch mehrere Leitbleche (34) in ein Wirbelfeld gelenkt. Die Entgegenhaltungen offenbaren keine oberen Öffnungen zum Eintritt des staubigen Dampfs in den Staubabscheidungszyklon, die dem Merkmal 5.1 entsprächen.
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bb) Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt das in D1 |
b)Die weiteren gegen die Neuheit des Streitpatents angeführten Entgegenhaltungen offenbaren dessen Lehre ebenfalls nicht vollständig. Insoweit wird auf die Ausführungen des Patentgerichts verwiesen.
c)Der Gegenstand des Streitpatents hat sich nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben.
Ausgehend von der D1 oder D2 war dem Fachmann ein Gegenstand mit den Merkmalen 1 bis 5 offenbart. Auch in Kenntnis der Lehre aus der amerikanischen Patentschrift 870 383 (D5) war es für den Fachmann nicht naheliegend, einen Gegenstand entsprechend der Lehre des Streitpatents zu entwickeln. Insoweit wird auf die zutreffenden Ausführungen des Patentgerichts verwiesen. Gleiches gilt hinsichtlich der weiteren, in erster Instanz gegen eine erfinderische Tätigkeit von der Klägerin vorgebrachten Argumente.
V. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG, § 91 Abs. 1 ZPO.
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