Entscheidungsdatum: 12.02.2014
IP-Attorney (Malta)
Die Eintragung als "IP Attorney" beim Nationalen Amt für Geistiges Eigentum der Republik Malta berechtigt nicht dazu, Parteien vor dem Bundesgerichtshof als Patentanwalt zu vertreten.
Die Berufung gegen das Urteil des 2. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 29. November 2012 wird auf Kosten der Beklagten verworfen.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 1.500.000 € festgesetzt.
Der Kostenbegünstigungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.
I. Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des deutschen Patents 102 20 060, das vom Patentgericht für nichtig erklärt worden ist. Hiergegen hat die Beklagte Berufung eingelegt. Der Berufungsschriftsatz ist von einem Bevollmächtigten unterzeichnet, der in einem Register des Nationalen Amtes für Geistiges Eigentum der Republik Malta als IP Attorney eingetragen ist.
II. Die Berufung der Beklagten ist gemäß § 114 Abs. 1 Satz 2 PatG als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht innerhalb der Frist des § 110 Abs. 3 PatG durch einen nach § 113 Satz 1 PatG vertretungsberechtigten Rechtsanwalt oder Patentanwalt als Bevollmächtigten eingelegt worden ist.
1. Gemäß § 113 PatG müssen sich die Parteien eines Patentnichtigkeitsverfahrens vor dem Bundesgerichtshof durch einen Rechtsanwalt oder einen Patentanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen; dieser Vertretungszwang besteht bereits für die Berufungseinlegung (vgl. Begr. zum 2. PatGÄndG, BlPMZ 1998, 393, 406). Bei Vertretung einer Partei durch einen Patentanwalt muss es sich um einen nach der Patentanwaltsordnung zugelassenen Patentanwalt handeln (BGH, Beschluss vom 12. Dezember 2000 - X ZR 119/99, Mitt. 2001, 137; Benkard/Rogge, PatG, 10. Aufl., § 111 Rn. 10; Busse/Keukenschrijver, PatG, 7. Aufl., § 113 Rn. 4). Der Bevollmächtigte der Beklagten ist nicht zur Patentanwaltschaft zugelassen, die Berufung folglich nicht formgerecht eingelegt.
2. Ob ihr Bevollmächtigter zur Patentanwaltschaft zugelassen werden müsste, wie die Beklagte meint, ist unerheblich. Zur Vertretung vor dem Bundesgerichtshof ist aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit nur berechtigt, wer zur Patentanwaltschaft zugelassen ist, nicht schon derjenige, der die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt. Im Übrigen erfüllt der Bevollmächtigte der Beklagten aber auch die Zulassungsvoraussetzungen nicht.
a) Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 PatAnwO kann zur Patentanwaltschaft nur zugelassen werden, wer nach Absatz 2 die Befähigung für den Beruf des Patentanwalts erlangt oder die Eignungsprüfung nach dem Gesetz über die Eignungsprüfung für die Zulassung zur Patentanwaltschaft vom 6. Juli 1990 (PatAnwZEignPrG) bestanden hat. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt; weder hat der Bevollmächtigte die Befähigung für den Beruf des Patentanwalts nach § 5 Abs. 2 PatAnwO erlangt, noch hat er die Eignungsprüfung bestanden.
b) Wiederum unerheblich ist, ob der Bevollmächtigte zur Eignungsprüfung zugelassen werden müsste. Jedoch ist auch dies nicht der Fall.
(1) Nach § 4 Abs. 2 PatAnwZEignPrG wird die Zulassung zur Prüfung versagt, wenn der Antragsteller die gesetzlichen Voraussetzungen nicht erfüllt. Zu diesen Voraussetzungen gehört nach § 1 Abs. 1 PatAnwZEignPrG, dass der Antragsteller in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union ein Diplom erlangt hat, aus dem hervorgeht, dass der Inhaber über die beruflichen Voraussetzungen verfügt, die für den unmittelbaren Zugang zu einem der in der Anlage zu dieser Vorschrift aufgeführten Berufe erforderlich ist. Die von dem Bevollmächtigten der Beklagten aufgrund der Eintragung im Register des Nationalen Amtes für Geistiges Eigentum geführte Bezeichnung "IP Attorney (Malta)" ist nicht in der Anlage zu § 1 Abs. 1 PatAnwZEignPrG als Patentanwaltsberuf aufgeführt; die Zulassungsvoraussetzungen sind mithin nicht erfüllt.
(2) Ohne Erfolg macht die Beklagte demgegenüber geltend, der deutsche Gesetzgeber habe die Richtlinie 2006/123/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Dienstleistungen im Binnenmarkt (ABl. EG 2006, L 376, 36) mit den §§ 154a und 154b PatAnwO und dem Gesetz über die Eignungsprüfung für die Zulassung zur Patentanwaltschaft nur unzureichend umgesetzt; in der Anlage nach § 1 PatAnwZEignPrG seien Patentanwaltsberufe nicht aus allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union und anderen Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum aufgeführt und nicht berücksichtigt worden seien insbesondere Patentanwälte, die wie ihr Bevollmächtigter in Malta niedergelassen seien. Abgesehen davon, dass damit allenfalls begründet werden könnte, warum der Bevollmächtigte der Beklagten nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der Richtlinie 2006/123 in deren unmittelbarer Anwendung zur Eignungsprüfung zugelassen werden müsste, nicht aber, dass er einem zur Patentanwaltschaft zugelassenen Patentanwalt gleichzustellen sei, geht auch diese Berufung auf das Unionsrecht fehl.
(a) Nach Art. 17 Nr. 6 der Richtlinie 2006/123 findet deren Art. 16, der die Dienstleistungsfreiheit betrifft, keine Anwendung bei Angelegenheiten, die unter Titel II der Richtlinie 2005/36/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. September 2005 über die Anerkennung von Berufsqualifikationen (ABl. EG 2005, L 255, 22) fallen, sowie Anforderungen im Mitgliedstaat der Dienstleistungserbringung, die eine Tätigkeit den Angehörigen eines bestimmten Berufs vorbehalten. Ist die Aufnahme oder Ausübung eines reglementierten Berufs in einem Aufnahmemitgliedstaat von dem Besitz bestimmter Berufsqualifikationen abhängig, sieht Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2005/36 vor, dass die zuständige Behörde dieses Mitgliedstaats den Antragstellern, die den Befähigungs- oder Ausbildungsnachweis besitzen, der in einem anderen Mitgliedstaat erforderlich ist, um in dessen Hoheitsgebiet die Erlaubnis zur Aufnahme und Ausübung dieses Berufs zu erhalten, die Aufnahme oder Ausübung dieses Berufs unter denselben Voraussetzungen wie Inländern gestattet. Damit steht es in Einklang, dass zur Patentanwaltschaft zugelassen werden kann, wer die Eignungsprüfung bestanden hat, und die Zulassung zur Eignungsprüfung demjenigen eröffnet ist, der den erforderlichen Befähigungsnachweis eines anderen Mitgliedstaats besitzt.
Nach § 1 Abs. 2 PatAnwZEignPrG sind Diplome im Sinne des Gesetzes über die Eignungsprüfung für die Zulassung der Patentanwaltschaft Diplome, Prüfungszeugnisse oder sonstige Befähigungsnachweise im Sinne des Art. 1 Buchst. a der Richtlinie 89/48/EWG des Rates vom 21. Dezember 1988, über die allgemeine Regelung zur Anerkennung der Hochschuldiplome, die eine mindestens dreijährige Berufsausbildung abschließen (ABl. EG 1989, L 19, 16). Dies steht, auch nachdem die Richtlinie 89/48 durch Art. 64 der Richtlinie 2005/36 aufgehoben worden ist, in Einklang mit dem Unionsrecht, da Art. 11 Buchst. d der Richtlinie 2005/36 ein entsprechendes Qualifikationsniveau voraussetzt.
Auch das Erfordernis einer Eignungsprüfung ist unionsrechtskonform. Nach Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2005/36 kann bei einer Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat der Aufnahmemitgliedstaat bei Berufen, deren Ausübung eine genaue Kenntnis des einzelstaatlichen Rechts erfordert und bei denen Beratung oder Beistand in Bezug auf das einzelstaatliche Recht ein wesentlicher und beständiger Teil der Berufsausübung ist, entweder einen Anpassungslehrgang oder eine Eignungsprüfung vorschreiben. Dies ist bei einem Patentanwalt als einem unabhängigen Organ der Rechtspflege mit den ihm durch die Patentanwaltsordnung zugewiesenen Aufgabenbereichen nach §§ 1 und 3 PatAnwO der Fall und spiegelt sich auch in den Prüfungsfächern der in Übereinstimmung mit den Vorgaben der der Richtlinie 2005/36 vorgesehenen Eignungsprüfung nach § 5 PatAnwZEignPrG wieder.
(b) Die hiernach unionsrechtskonformen Voraussetzungen für die Zulassung zur Eignungsprüfung sind bei dem Bevollmächtigten der Beklagten nicht erfüllt. Dass die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung eines IP Attorney einem Diplom entspricht, das eine mindestens dreijährige Berufsausbildung als Patentanwalt abschließt, ist von der Beklagten nicht aufgezeigt worden und auch sonst nicht ersichtlich. Die Beklagte trägt lediglich vor, dass ihr Bevollmächtigter in einem amtlichen Register als IP Attorney eingetragen sei. Daraus ergibt sich nichts für die hierfür erforderliche Qualifikation und Berufsausbildung.
III. Eine Kostenbegünstigung nach § 144 PatG kommt in Anbetracht der Vermögenslosigkeit der Beklagten nicht in Betracht (vgl. BGH, Beschluss vom 3. September 2013 - X ZR 1/13 und 2/13, GRUR 2013, 1288 - Kostenbegünstigung III).
Meier-Beck Grabinski Bacher
Hoffmann Schuster