Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 07.08.2018


BGH 07.08.2018 - X ZR 110/16

Patentnichtigkeitssache: Bereitstellung einer Kristallform eines polymorphen Stoffs als Ergebnis fachmännischen Handelns - Rifaximin α


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
07.08.2018
Aktenzeichen:
X ZR 110/16
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2018:070818UXZR110.16.0
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend BPatG München, 28. Juni 2016, Az: 3 Ni 8/15 (EP), Urteil
Zitierte Gesetze
Art 56 EuPatÜbk

Leitsätze

Rifaximin α

Die Bereitstellung einer Kristallform eines polymorphen Stoffs, die der Fachmann zwangsläufig erhält, wenn er ein durch den Stand der Technik nahegelegtes Verfahren zur Herstellung des Stoffs anwendet, stellt das Ergebnis fachmännischen Handelns dar und beruht damit ihrerseits nicht auf erfinderischer Tätigkeit (Bestätigung von BGH, Urteil vom 24. Juli 2012, X ZR 126/09, GRUR 2012, 1130 - Leflunomid).

Tenor

Auf die Berufung wird das Urteil des 3. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 28. Juni 2016 abgeändert.

Das europäische Patent 1 557 421 wird im Umfang der Patentansprüche 1, 2, 10 bis 12 und 15 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Beklagten auferlegt.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Inhaberin des mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 1 557 421 (Streitpatents), das am 9. März 2004 unter Inanspruchnahme einer italienischen Priorität vom 7. November 2003 angemeldet worden ist und eine Kristallform des Antibiotikums Rifaximin betrifft. Das Streitpatent hat ferner Verfahren zur Herstellung dieser Rifaximin-Form sowie diese enthaltende Zusammensetzungen zum Gegenstand. Die nebengeordneten Patentansprüche 1, 3, 8, 10, 11, 13 und 15, auf die acht weitere Patentansprüche rückbezogen sind, lauten in der Verfahrenssprache:

1. A purified rifaximin α, a polymorph of the antibiotic rifaximin, wherein said rifaximin α has a water content lower than 4.5 %, and produces a powder X-ray diffractogram showing peaks at values of the diffraction angles 2θ of 6.6°; 7.4°; 7.9°; 8.8°; 10.5°; 11.1°; 11.8°; 12.9°; 17.6°; 18.5°; 19.7°; 21.0°; 21.4°; 22.1°.

3. A process for the production of rifaximin α comprising:

[…].

8. A process for the production of rifaximin α, comprising:

[…].

10. A process for the production of rifaximin α, comprising drying rifaximin β under atmospheric pressure, or under vacuum, or in the presence of a drying agent, at a temperature between the room temperature and 105°C, for a period of time between 2 and 72 hours until said rifaximin β is converted into rifaximin α.

11. A composition comprising a predetermined amount of rifaximin α in combination with excipients suitable for oral administration.

13. A composition comprising a predetermined amount of rifaximin α, in combination with excipients suitable for topical administration.

15. A composition comprising the rifaximin α according to claim 1 in combination with pharmaceutically acceptable excipients.

2

Die Klägerin hat geltend gemacht, der Gegenstand der Patentansprüche 1, 2, 10 bis 12 und 15 sei nicht patentfähig. Zudem sei die in den Patentansprüchen 1, 10 und 15 beanspruchte Erfindung nicht so offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Die Beklagte hat das Streitpatent in der erteilten Fassung verteidigt.

3

Das Patentgericht hat die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagte tritt dem Rechtsmittel entgegen und verteidigt das Streitpatent hilfsweise in drei geänderten Fassungen.

Entscheidungsgründe

4

I. Das Streitpatent betrifft eine Kristallform des polymorphen Wirkstoffs Rifaximin, Verfahren zu deren Herstellung sowie Zusammensetzungen, die die beanspruchte Kristallform von Rifaximin enthalten.

5

1. Nach den Ausführungen in der Streitpatentschrift war Rifaximin, ein Antibiotikum, das als Pyrido-Imidazo-Rifamycin zur Klasse der Rifamycine gehört, aus der italienischen Patentschrift 1 154 655 und der europäischen Patentanmeldung 161 534 (TM13), die ein von Rifamycin Ο ausgehendes Verfahren zur Herstellung von Rifaximin offenbart, bekannt. Beide Schriften - so erläutert die Streitpatentschrift - beschrieben eine herkömmliche Verfahrensweise zur Reinigung von Rifaximin, wenn dort ausgeführt werde, dass die Kristallisation in geeigneten Lösemitteln oder Lösemittelsystemen, wie beispielsweise einer Mischung von Ethylalkohol und Wasser im Verhältnis 7:3, durchgeführt und das erhaltene Produkt entweder unter atmosphärischem Druck oder unter Vakuum getrocknet werden könne. Indessen seien weder die experimentellen Bedingungen, unter denen die Kristallisation und die Trocknung erfolgten, noch die spezifische kristallographische Charakteristik des erhaltenen Produkts offenbart (Beschr. Abs. 1 und 2).

6

Es sei nicht bekannt gewesen und auch nicht vermutet worden, dass Rifaximin polymorph ist und daher in unterschiedlichen Erscheinungsformen (Modifikationen) auftreten kann. Vielmehr sei angenommen worden, dass man bei Anwendung eines der üblichen Verfahren mit den vorbeschriebenen Bedingungen ein einziges, homogenes Produkt erhalte. Unerwartet sei gefunden worden, dass Modifikationen existierten, deren Entstehung außer von der Art und Zusammensetzung des verwendeten Lösungsmittels davon abhänge, wie lange und unter welchen Temperaturverhältnissen Rifaximin kristallisiert und getrocknet werde (Beschr. Abs. 4).

7

Identifizierung und Charakterisierung dieser polymorphen Formen seien ebenso wie die Bestimmung der Versuchsbedingungen, unter denen diese Formen erhalten werden können, von erheblicher Bedeutung, weil die Polymorphie einer Verbindung, die als aktiver Grundbestandteil in einer Arzneimittelzubereitung verwendet werde, die pharmakologisch-toxikologischen Eigenschaften des Arzneimittels beeinflusse. So könnten unterschiedliche polymorphe Formen eines Grundbestandteils unterschiedliche Bioverfügbarkeit, Löslichkeit, Stabilität, Farbe, Kompressibilität, Fließfähigkeit und Abbaubarkeit mit daraus resultierenden Unterschieden hinsichtlich der toxikologischen Unbedenklichkeit, der klinischen Wirksamkeit und des Wirkungsgrads des Produkts aufweisen (Beschr. Abs. 7).

8

2. Die Aufgabe des Streitpatents kann darin gesehen werden, eine für die Formulierung eines Arzneimittels verwendbare stabile Form von Rifaximin zu charakterisieren und damit deren zuverlässige und sichere Herstellung zu ermöglichen.

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3. Zur Lösung dieses Problems schlägt das Streitpatent in Patentanspruch 1 gereinigtes Rifaximin α (purified rifaximin α) vor, in Patentanspruch 10 ein Verfahren zur Herstellung von Rifaximin α und in den Ansprüchen 11 und 15 Zusammensetzungen mit Rifaximin α. Das gereinigte Rifaximin α wird dabei in Patentanspruch 1 näher charakterisiert als Kristallform des polymorphen Antibiotikums Rifaximin (a polymorph of the antibiotic rifaximin), das einen Wassergehalt von weniger als 4,5 % besitzt und ein Röntgenpulverdiffraktogramm mit Peaks bei Werten der Beugungswinkel 2θ von 6,6°; 7,4°; 7,9°; 8,8°; 10,5°; 11,1°; 11,8°; 12,9°; 17,6°; 18,5°; 19,7°; 21,0°; 21,4°; 22,1° erzeugt.

10

4. Den Kern der Erfindung bildet die Bereitstellung des mit Patentanspruch 1 unter Schutz gestellten gereinigten Rifaximin α.

11

a) Rifaximin ist polymorph und kommt in unterschiedlichen kristallinen Erscheinungsformen vor. Die Bildung der α-, β- und γ-Form (die letztere wird vom Streitpatent als schwach (poorly) kristallin mit einem hohen Gehalt amorpher Bestandteil charakterisiert, Abs. 5) hänge, so erläutert die Beschreibung, von der Zusammensetzung des Lösungsmittels, insbesondere von dessen Wassergehalt, von der Temperatur, bei der die Kristallisation ausgelöst werde, sowie davon ab, über welchen Zeitraum anschließend die erhaltene Suspension bei welcher Temperatur gehalten werde (Beschr. Abs. 12, 25). Dabei sei der sich hieran anschließende Verfahrensschritt der Trocknung von besonderer Bedeutung, da es vom Wassergehalt des Produkts am Ende der Trocknungsphase abhänge, welche der Erscheinungsformen von Rifaximin gebildet werde (Beschr. Abs. 12). Betrage der Wassergehalt zu diesem Zeitpunkt weniger als 4,5 %, entstehe die α-Form von Rifaximin, während sich bei einem Wassergehalt von über 4,5 % Rifaximin β bilde. Dabei spiele es keine Rolle, unter welchen Druck- und Temperaturverhältnissen die Trocknung erfolge und der Grenzwert von 4,5 % über- oder unterschritten werde. Rifaximin sei hygroskopisch, so dass bei entsprechenden Umgebungsbedingungen Wasser freigesetzt oder absorbiert werde. Dabei sei die Gegenwart von Wasser in Rifaximin im festen Zustand mit der Folge revisibel, dass sich Rifaximin α, wenn es über einen bestimmten Zeitraum in einer Umgebung mit entsprechend hoher Luftfeuchtigkeit aufbewahrt werde, in Rifaximin β umwandle, das wiederum durch Trocknen bis zu einem Wassergehalt von weniger als 4,5 % in die α-Form überführt werde (Beschr. Abs. 14, 28-31).

12

b) Das Patentgericht hat angenommen, unter gereinigtem Rifaximin α im Sinne des Patentanspruchs 1 sei reines Rifaximin α zu verstehen, in dem gegebenenfalls vorhandene Anteile anderer Erscheinungsformen von Rifaximin und Nebenprodukte der chemischen Synthese unter der analytischen Nachweisgrenze lägen.

13

Dem kann nicht beigetreten werden. Im Lichte der Beschreibung des Streitpatents ist der Begriff "gereinigt" nicht dahin zu verstehen, dass Patentanspruch 1 nur Rifaximin α in der vom Patentgericht definierten Reinform erfasst. Vielmehr fällt unter den Gegenstand von Patentanspruch 1 auch Rifaximin, das im Wesentlichen in der α-Form vorliegt.

14

Nach der Beschreibung des Streitpatents (Abs. 37) ist in Figur 1 das Röntgendiffraktogramm mit den in Patentanspruch 1 genannten Peaks dargestellt. Dieses enthält aber auch einen Peak bei 5,4°, der - unstreitig (s. KW3 Tab. 1, TM14 Fig. 5) - charakteristisch (einzigartig) für Rifaximin β ist. Die Feststellung des Patentgerichts, in dem Röntgendiffraktogramm der isolierten gereinigten Präparate von Rifaximin α seien keine Röntgenbeugungssignale erkennbar, die für andere Formen von Rifaximin charakteristisch seien, ist daher unrichtig.

15

Die Streitpatentschrift beschreibt zwar die Reinigung als einen Verfahrensschritt auf dem Weg zur Herstellung von Rifaximin α. Diese Reinigung dient indessen nicht dazu, den Anteil an anderen polymorphen Formen von Rifaximin zu verringern und insbesondere den Anteil an Rifaximin β in Rifaximin α zu überführen. Nach den Erläuterungen in der Beschreibung (Abs. 22 f. und Beispiele 1 bis 4) wird vielmehr rohes Rifaximin, das aus Rifamycin Ο gewonnen wurde und als Halbfertigprodukt anzusehen ist, einem Reinigungsverfahren unterzogen, um so den Ausgangsstoff für die Herstellung von Rifaximin α zu erhalten. Das Reinigungsverfahren besteht darin, dass das rohe Rifaximin in Ethylalkohol aufgelöst, durch Zugabe von Wasser kristallisiert und die dadurch erhaltene Suspension unter Rühren über eine bestimmte Zeit auf einer bestimmten Temperatur gehalten wird. Die Suspension wird anschließend filtriert und der so erhaltene Feststoff mit Wasser gewaschen. Erst dieser Feststoff bildet die Ausgangsbasis für die Herstellung von Rifaximin α, das ausschließlich durch Trocknung und die damit bewirkte Verringerung des Wassergehalts erhalten wird. Danach steht die im Streitpatent beschriebene Reinigung nicht in einem Zusammenhang mit einem mehr oder weniger großen Anteil an Rifaximin β, der allein vom Trocknungsgrad abhängt.

16

Schließlich ist nicht festgestellt und von der Beklagten auch nicht behauptet, dass bei einem Wassergehalt von 4,5 % eine schlagartige Umwandlung der Kristallform Rifaximin α in die β-Form eintritt. Schon aus der Beschreibung des Streitpatents ergibt sich, dass der Übergang von der einen in die andere Kristallform kontinuierlich erfolgt, wenn durch fortgesetztes Trocknen der Wassergehalt verringert wird (vgl. Abs. 29). Bestätigt wird dies durch die Ausführungen in dem Gutachten, das Prof. Dr. R.  D.               im Auftrag der Klägerin erstattet hat und in dem es heißt, dass sich die Farbe während der Trocknung von gelb/gelb-orange nach rot-orange verändere (TM37, S. 5). Ausgehend hiervon lässt sich der in dem in Figur 1 dargestellten Röntgendiffraktogramm für Rifaximin β charakteristische Peak bei 5,4° damit erklären, dass der Wassergehalt bei dem dort gezeigten Beispiel noch nicht so weit unter 4,5 % liegt, dass keine nachweisbaren Bestandteile von Rifaximin β mehr vorliegen.

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II. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet:

18

Der Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche sei ausführbar offenbart. Das Streitpatent beschreibe die Identifizierung und Herstellung von gereinigtem Rifaximin α mit dem in Patentanspruch 1 angegebenen Wassergehalt und Röntgenpulverdiffraktogramm anhand von fünf Ausführungsbeispielen. Hieraus lasse sich entnehmen, dass gereinigtes Rifaximin α nach Patentanspruch 1 mit den in den Patentansprüchen 3, 8 und 10 beschriebenen Verfahrensschritten ohne weiteres herstellbar und daher auch das mit Patentanspruch 10 beanspruchte Verfahren ausführbar sei.

19

Der Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche sei neu. Er werde weder durch die vorgelegten Entgegenhaltungen noch durch Rifaximin enthaltende, vor dem Prioritätstag des Streitpatents zugelassene und in den Handel gelangte Arzneimittel vorweggenommen.

20

Zwar seien die chemische Zusammensetzung und die Herstellung von Rifaximin sowie seine Verwendung als Arzneimittelwirkstoff bekannt und beispielsweise in der TM13 vorbeschrieben. Indessen lasse sich dieser Entgegenhaltung nicht die mit Patentanspruch 1 beanspruchte gereinigte α-Form von Rifaximin mit dem charakteristischen Wassergehalt und Röntgenpulverdiffraktogramm entnehmen. Die Entgegenhaltung TM13, die ein Verfahren zur Synthese von Pyrido-Imidazo-Rifamycinen betreffe, enthalte keine Anhaltspunkte für die Herstellung neuer Erscheinungsformen bereits bekannter Rifamycinderivate. Die Ausführungsbeispiele 1 und 4 sowie 6 bis 14 beträfen zwar Rifaximin. Dabei werde aber nur in den Ausführungsbeispielen 1, 4, 6 und 7 erwähnt, dass überhaupt ein kristallines Produkt erhalten werden könne, und auch dieser Hinweis sei nur allgemeiner Art und werde nicht näher spezifiziert. Die Beschaffenheit von Rifaximin in festem Zustand stehe damit nicht im Fokus der Lehre der TM13. Insbesondere enthalte TM13 auch keine Hinweise auf eine besondere Raumstruktur der erhaltenen kristallinen Produkte, so dass selbst wenn man annehme, der Wassergehalt des Produkts bewege sich in dem im Streitpatent angegebenen Bereich, nicht auszuschließen sei, dass in den Produkten Erscheinungsformen mit unterschiedlicher Raumstruktur enthalten seien.

21

Aus den Versuchsberichten über die von im Auftrag der Klägerin durchgeführten Nacharbeitungen des in TM13 offenbarten Verfahrens, insbesondere der Beispiele 1, 7, 9 und 10 (TM15 bis TM15b und TM36) ergebe sich, dass hierbei die der TM13 zugrundeliegenden Versuchsbedingungen geändert worden seien. Die Klägerin habe in der TM13 fehlende Angaben zum Herstellungs- und Aufarbeitungsverfahren durch nach ihrer Ansicht gängige Bedingungen ergänzt. So seien bei der Nacharbeitung von Beispiel 1 für die Trocknung der Verfahrensprodukte Methoden angewendet worden, die sich weder der Beschreibung noch den Ansprüchen der TM13 entnehmen ließen. Ferner sei eine Konzentration für die Kristallisation gewählt worden, die im Beispiel 1 nicht vorgegeben sei. Entsprechendes gelte für den Versuchsbericht TM36, in dem die Beispiele 9 und 10 der TM13 nachgearbeitet und Gemische aus Rifaximin α und Rifaximin β erhalten worden seien. Die Arbeitsvorschriften der Beispiele 9 und 10 enthielten zur Aufarbeitung der Reaktionsgemische, der Isolierung der Reaktionsprodukte in Feststoffform und einer gegebenenfalls angezeigten Nachreinigung noch weniger Angaben als Beispiel 1 der TM13. Die Klägerin habe die in den Beispielen der TM13 aufgeführten Verfahrensbedingungen in Kenntnis der Existenz und der Eigenschaften von Rifaximin α ergänzt.

22

Der Gegenstand von Patentanspruch 1 sei auch nicht durch den Vertrieb von Rifaximin α enthaltenden Tabletten der Öffentlichkeit zugänglich geworden, und zwar weder durch die Handelsprodukte Normix und Rifacol in ihrer vor dem Prioritätstag des Streitpatents verfügbaren Form noch durch deren Zulassungsdaten oder Herstellerinformationen. Dies gelte mangels entsprechender verfügbarer analysierbarer Proben auch dann, wenn die vor dem Prioritätstag des Streitpatents vertriebenen Tabletten (teilweise) Rifaximin α enthalten haben sollten. Zwar habe der Fachmann auch schon vor dem Prioritätstag den Gesamtwassergehalt der im Handel erhältlichen Tabletten feststellen und ein Röntgenpulverdiffraktogramm aufnehmen können. Ihm hätten aber zu diesem Zeitpunkt keine Informationen zu Vorkommen und Herstellung anderer Erscheinungsformen von Rifaximin, mithin kein Standard von Rifaximin α oder anderer polymorpher Formen, zur Verfügung gestanden. Im Röntgenpulverdiffraktogramm der verfügbaren Tabletten wäre ein Gesamtspektrum aller vorhandenen kristallinen Erscheinungsformen mit sich überlagernden Signalen erzeugt worden, das nur mit Hilfe zuverlässiger Daten zum Standard auflösbar gewesen wäre, so dass auch die einzelnen Signale nur bei Kenntnis des Standards einer oder gegebenenfalls mehrerer Erscheinungsformen hätten entsprechend zugeordnet werden können. Danach habe weder anhand der Röntgenbeugungssignale des Diffraktogramms der verfügbaren Tabletten der Nachweis der Anwesenheit von Rifaximin α geführt werden können, noch habe der Fachmann mittels weiterer analytischer Daten wie dem Wassergehalt zu dieser Erscheinungsform gelangen können. Vor diesem Hintergrund sei auch der Gegenstand der auf Zusammensetzungen mit Rifaximin α gerichteten Patentansprüche 11, 12 und 15 als neu anzusehen. Auch der Gegenstand des Verfahrensanspruchs 10 sei neu; das erfindungsgemäße Verfahren, bei dem Rifaximin α durch Trocknen von Rifaximin β gewonnen werde, sei weder in TM13 noch in KW9 vorbeschrieben.

23

Schließlich sei dem Fachmann der Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche 1, 10, 11 und 15 auch nicht durch den Stand der Technik nahegelegt worden. Die TM13 befasse sich mit verbesserten Synthesen von Rifamycin-Derivaten, wobei die Aufarbeitung der erhaltenen Produkte nicht im Vordergrund stehe. Die TM13 enthalte keine Hinweise auf eine mögliche Existenz polymorpher Formen von Rifaximin und gebe dem Fachmann daher auch keinen Anlass, nach einer bestimmten Kristallform von Rifaximin zu suchen. Eine entsprechende Anregung ergebe sich auch nicht durch die im Handel erhältlichen Arzneimittel Normix und Rifacol.

24

Dem Fachmann werde auch mit dem Wissen, dass bei anderen Rifamycinen und Rifamycin-Derivaten kristalline Erscheinungsformen existierten, und der Beschreibung der pharmakologischen Eigenschaften dieser Formen kein Weg aufgezeigt, zum erfindungsgemäßen Rifaximin α zu gelangen. Dass dem Fachmann die Polymorphie des "Schwestermoleküls" Rifampicin bekannt gewesen sei, bedeute nicht, dass sich damit für ihn auch zwangsläufig der Zugang zur Lehre des Streitpatents ergebe. Bei einer chemischen Verbindung könne nicht von einer bereits hergestellten und charakterisierten Kristallform zwangsläufig auf die Existenz weiterer Kristallformen geschlossen werden. Rückschlüsse von der Polymorphie bei Rifampicin auf Rifaximin seien auch deshalb nicht angezeigt, weil das zur Behandlung von Tuberkulose eingesetzte Rifampicin systemisch wirke und damit andere Festkörpereigenschaften aufweisen müsse als Rifaximin, das als Mittel zur Behandlung von Darmerkrankungen gerade nicht in die Blutbahn aufgenommen werden solle.

25

III. Diese Beurteilung hält, soweit sie die Patentfähigkeit betrifft, den Angriffen der Berufung nicht stand.

26

1. Zu Recht hat das Patentgericht allerdings angenommen, dass die Erfindung mit den in der Streitpatentschrift geschilderten Beispielen so deutlich und vollständig offenbart ist, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

27

Die Gründe, aus denen das Patentgericht den Gegenstand der angegriffenen Patentansprüche als ausführbar offenbart angesehen hat, lassen keine fehlerhafte Beurteilung erkennen. Soweit die Berufung geltend macht, das Streitpatent offenbare mit dem Röntgenpulverdiffraktogramm in Figur 1 lediglich, wie Rifaximin α mit Anteilen der β-Form erhalten werde könne, zeige aber nicht, wie der Fachmann zu gereinigtem Rifaximin α ohne Anteile anderer Erscheinungsformen gelangen könne, ist dies im Hinblick darauf unerheblich, dass Patentanspruch 1 - wie ausgeführt - dahin zu verstehen ist, dass es ausreicht, wenn Rifaximin im Wesentlichen in der α-Form vorliegt.

28

2. Entgegen der Auffassung des Patentgerichts ist der mit dem Hauptantrag verteidigte Gegenstand des Streitpatents nicht patentfähig, weil er dem Fachmann durch den Stand der Technik jedenfalls nahegelegt war.

29

a) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gegenstand von Patentanspruch 1 durch die Entgegenhaltung TM13 oder durch die vor dem Prioritätstag unter den Bezeichnungen "Normix" und "Rifacol" in Verkehr gebrachten Tabletten vorweggenommen ist.

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aa) Aus der Entgegenhaltung TM13 selbst ergibt sich allerdings keine neuheitsschädliche Offenbarung.

31

(1) Die Schrift betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Pyrido-Imidazo-Rifamycinen, das sich nach den Erläuterungen in der Beschreibung von den bis dahin im Stand der Technik bekannten Verfahren dadurch unterscheidet, dass anders als bei diesen der Ausgangsstoff nicht erst durch eine häufig schwierig durchzuführende Halogenierung hergestellt werden muss, sondern mit Rifamycin Ο ein im Handel erhältliches Produkt als Ausgangs-Rifamycinsubstrat eingesetzt werden kann (TM13 S. 3 Abs. 2 und S. 5 Abs. 3).

32

(2) Die in der TM13 geschilderten Beispiele 1 und 4 sowie 6 bis 14 betreffen die Herstellung von Rifaximin (4-Deoxy-4'-methyl-pyrido[1',2:1,2]imidazo-[5,4-c]rifamycin SV), enthalten jedoch - wie das Patentgericht zutreffend ausgeführt hat - außer der Angabe, dass Rifaximin als kristallines Endprodukt (vgl. Beispiel 6) erhalten worden sei, keine Angaben zur Beschaffenheit des Rifaximin. Insbesondere fehlen Angaben zum Wassergehalt und zur Raumstruktur der erhaltenen Produkte.

33

bb) Ebenso wenig sind die vor dem Prioritätstag unter den Bezeichnungen "Normix" und "Rifacol" in Verkehr gebrachten Tabletten daraufhin untersucht worden, ob sie die α-Form von Rifaximin enthalten haben. Unmittelbare Feststellungen zu deren Beschaffenheit lassen sich daher nicht mehr treffen.

34

cc) Das Patentgericht hat jedoch nicht oder jedenfalls nicht umfassend geprüft, ob der Vortrag der Klägerin zu den Ergebnissen der Nacharbeitung von Ausführungsbeispielen der TM13 sowie zu den Äußerungen der Beklagten und ihrer Lizenznehmerin zu dem vor dem Prioritätstag praktizierten Rifaximin-Herstellungsverfahren jedenfalls in seiner Gesamtheit und in Verbindung mit dem außer Streit stehenden Sachverhalt die richterliche Überzeugung (§ 286 ZPO) vermitteln konnte, dass Rifaximin α bereits vor dem Prioritätstag verfügbar war.

35

(1) Die Frage, ob ungeachtet der fehlenden Angaben zur Kristallform insbesondere bei der Nacharbeitung des Beispiels 1 oder des Beispiels 9 der TM13 zwangsläufig Rifaximin α erhalten wird, hat das Patentgericht lediglich unter dem Gesichtspunkt untersucht, ob sich aus den Versuchsberichten über die im Auftrag der Klägerin durchgeführte Nacharbeitung einzelner Ausführungsbeispiele der TM13 (TM15, TM15a, TM15b und TM36) für sich genommen ein zwingendes Ergebnis eines durch die TM13 umfassend vorgegebenen fachmännischen Handelns ergibt. Dabei ist es jedoch der Frage nicht näher nachgegangen, welche Spielräume der Fachmann, den es - von den Parteien unbeanstandet - als Team bestehend aus einem mit der Synthese, Aufarbeitung und Analytik pharmazeutischer Wirkstoffe vertrauten Chemiker der Fachrichtung organische Chemie sowie einem mit der Analytik bereits formulierter Arzneimittelstoffe vertrauten Pharmazeuten oder Chemiker definiert hat, bei der Ausfüllung der - notwendig nicht jeden fachüblichen Schritt im Einzelnen beschreibenden - Angaben der TM13 tatsächlich hatte.

36

(2) Diese Frage konnte insbesondere deshalb Bedeutung gewinnen, weil der Übergang von der β- in die α-Form des Rifaximin nach den Angaben der Beschreibung des Streitpatents (reversibel) nur vom Trocknungsgrad abhängt und die Beklagte, wie die Klägerin aufgezeigt hat, nach dem Prioritätstag gegenüber den Zulassungsbehörden keine Änderung des Herstellungsverfahrens, sondern lediglich eine Verschärfung der Beschränkung der Spezifikation (inasprimento limiti delle specifiche) angezeigt hat und der Report der australischen Zulassungsbehörde den Hinweis auf eine unveränderte Beibehaltung des Herstellungsverfahrens der Lizenznehmerin der Beklagten enthält (TM8, S. 9). Hierin liegt jedenfalls ein gewisses Indiz dafür, dass die Beklagte und ihre Lizenznehmerin schon vor dem Prioritätstag Rifaximin α hergestellt haben, angesichts der ursprünglichen Obergrenze für den Wassergehalt - die laut Streitpatent genau die Grenze zwischen Rifaximin α und Rifaximin β markiert - aber möglicherweise mit einem gewissen Anteil der β-Form, zumal die Beklagte selbst über ihr eigenes früheres Herstellungsverfahren keine näheren Angaben gemacht hat.

37

b) Jedoch bedarf dies keiner weiteren Erörterung: Der Gegenstand von Patentanspruch 1 ist dem Fachmann jedenfalls durch die TM13 in Kombination mit seinem Fachwissen in Bezug auf Kristallisationsverfahren nahegelegt.

38

aa) Ebenso wie die Neuheit eines Gegenstands zu verneinen ist, der sich bei Befolgung eines bekannten Verfahrens zwangsläufig einstellt, ist ein Gegenstand als nahegelegt anzusehen, den der Fachmann zwangsläufig erhält, wenn er ein durch den Stand der Technik nahegelegtes Verfahren anwendet. Denn ein derartiger Gegenstand ist das Ergebnis eines fachmännischen Handelns und kann mithin hervorgebracht werden, ohne dass es hierzu eines erfinderischen Bemühens bedürfte (BGH, Urteil vom 24. Juli 2012 - X ZR 126/09, GRUR 2012, 1130 Rn. 29 - Leflunomid). Daher ist auch die Bereitstellung einer Kristallform eines polymorphen Arzneimittelwirkstoffs, die der Fachmann zwangsläufig erhält, wenn er ein durch den Stand der Technik nahegelegtes Verfahren zur Herstellung des Wirkstoffs anwendet, das Ergebnis bloßen fachmännischen Handelns und beruht damit ihrerseits nicht auf erfinderischer Tätigkeit, selbst wenn die Kristallform als solche nicht erkannt wird. Vielmehr genügt es, wenn das Herstellungsverfahren zuverlässig dazu führt, dass die Kristallform (unerkannt) erhalten wird.

39

bb) Aus dem Versuchsbericht nach Anlage TM15a ergibt sich, dass sich die Kristallisationsbedingungen hinsichtlich der Temperatur und der Abkühlungsgeschwindigkeit ebenso wie die Trocknungstemperaturen über einen weiten Bereich variieren lassen, ohne dass die Gewinnung von Rifaximin α in Frage steht. Dieser Befund deckt sich mit den Angaben in der Beschreibung des Streitpatents (Abs. 28) und lässt den Schluss zu, dass naheliegende fachmännische Ausführungen des Beispiels 1 oder des Beispiels 9 der TM13 zuverlässig zu einem Trocknungsgrad führen, bei welchem das erhaltene Produkt im vorstehend erläuterten Sinn als Rifaximin α zu qualifizieren ist. Die Trocknung im Anschluss an eine Kristallisation als solche ist als ein standardmäßiger Verfahrensschritt anzusehen, der für den Fachmann derart naheliegt, dass er bei der Nacharbeitung der Beispiele der TM13 eine Trocknung durchführt, auch wenn diese Maßnahme dort nicht gesondert erwähnt wird (vgl. Entscheidung der Einspruchsabteilung des Europäischen Patentamts vom 8. Juli 2009 - 04 005 541.0 - 2117/1557421, S. 10, TM5; Armarego/Perrin, Purification of Laboratory Chemicals, 4. Aufl., Butterworth - Heinemann, 2000, S. 12, TM21), und der mithin ohnehin vom Fachmann "mitgelesen" wird (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 1995 - X ZB 15/93, BGHZ 128, 270, 276 f. = GRUR 1995, 330, 332 - Elektrische Steckverbindung; Urteil vom 18. März 2014 - X ZR 77/12, GRUR 2014, 758 Rn. 39 - Proteintrennung). Zur Gewährleistung eines definierten Wirkstoffanteils jedenfalls naheliegend, wenn nicht geboten, ist es, die Trocknung bis zur Gewichtskonstanz fortzusetzen.

40

(1) Die Klägerin hat mit ihrem Versuchsbericht zur Nacharbeitung von Beispiel 1 der TM13 aufgezeigt, dass bei verschiedenen Varianten fachmännischen Vorgehens Rifaximin α hergestellt werden kann. Demgegenüber hat die Beklagte nicht konkret dargelegt, dass und inwiefern der Fachmann bei der Nacharbeitung von Beispiel 1 der TM13 naheliegenderweise von dem Vorgehen des Gutachters der Klägerin abgewichen wäre und demzufolge ein anderes Ergebnis erhalten hätte. Sie hat auch kein abweichendes Ergebnis eigener Nachbearbeitung vorgelegt. Der Senat hat angesichts dessen keinen Zweifel, dass der Versuchsbericht der Klägerin das Ergebnis plausiblen fachmännischen Handelns bei der Nacharbeitung des Beispiels 1 der TM13 darstellt. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung darum gebeten hat, ihr Gelegenheit zu geben, eigene Versuchsergebnisse nachzureichen, ist hierfür kein Raum. Denn sie hat damit nicht geltend gemacht, dass sie bereits über solche Ergebnisse verfügt. Es besteht kein Anlass, ihr die Möglichkeit zu geben, weitere Ermittlungen durchzuführen, weil die Ergebnisse der Nacharbeitung erkennbar bereits in erster Instanz zentrale Bedeutung für die Patentfähigkeit hatten.

41

(2) Bei der Nacharbeitung von Beispiel 1 der TM13 hätte der Fachmann zudem zwangsläufig festgestellt, dass während des Trocknungsvorgangs die Farbe der untersuchten Substanz von gelb-orange in rot-orange umschlägt (vgl. Gutachten D.   , TM37, S. 5). Der Umstand, dass während der Trocknung überhaupt ein Farbumschlag auftritt, hätte den Fachmann zunächst zum einen zu der Erkenntnis geführt, dass die Farbveränderung vom Restwassergehalt der Rifaximinprobe abhängig ist (vgl. das von Prof. Dr. U.   G.                                             für die Klägerin erstattete Gutachten, TM15, Abs. 13 und 14). Darüber hinaus hätte der Fachmann die Art des Farbumschlags von hell nach dunkel als ungewöhnlich konstatiert, da feuchte Substanzen beim Trocknen normalerweise heller werden, und als Hinweis auf möglicherweise unterschiedliche Kristallformen des Wirkstoffs gewertet (vgl. Gutachten G.   , TM15, Abs. 14). Vor diesem Hintergrund hätte der Fachmann, ohne dass es hierauf noch ankäme, somit sogar Veranlassung gehabt, die Proben vor und nach Trocknung mittels einer Röntgendiffraktometrie zu untersuchen und die Ergebnisse zu vergleichen (vgl. Gutachten D.   , TM37, S. 5), zumal in der Literatur ohnedies auf die potentiell erhebliche pharmakologische Bedeutung unterschiedlicher Kristallformen von Arzneimittelwirkstoffen hingewiesen wurde (vgl. Henck/Griesser/Burger, "Polymorphie von Arzneistoffen - Eine wirtschaftliche Herausforderung?", Pharm. Ind. 59 (1997), 165-169, TM17). Dabei hätte er erkennen können, dass Rifaximin jedenfalls zwei unterschiedliche Kristallformen aufweist, von denen die eine (Rifaximin α) durch Trocknung der anderen (Rifaximin β) erhalten werden kann.

42

(3) Ferner sind sowohl die Klägerin als auch die Beklagte bei der Nacharbeitung von Beispiel 9 der TM13 übereinstimmend zu Mischungen von Rifaximin α und Rifaximin β gelangt (S.  , S. 2, TM36; Z.  - Z.       , KW12). Dies bestätigt zum einen die vorstehende Würdigung der Versuchsergebnisse der Klägerin zu Beispiel 1. Zum anderen hätte der Fachmann auch in diesem Fall während der im Anschluss an die Kristallisation standardmäßig durchgeführten Trocknung aufgrund des Farbumschlags zu dem Ergebnis gelangen können, dass Rifaximin in unterschiedlichen Kristallformen auftreten und die α-Form durch Trocknung der mit der Nacharbeitung des Beispiels 9 gewonnenen Mischform erhalten werden kann.

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3. Ob die in der mündlichen Verhandlung formulierten Hilfsanträge I, II und III nach § 117 PatG in Verbindung mit den entsprechend anzuwendenden Vorschriften der § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 ZPO zulässigerweise zur Entscheidung gestellt werden, kann dahingestellt bleiben. Denn der Gegenstand des Streitpatents in der Fassung dieser Hilfsanträge ist wie derjenige der erteilten Fassung nicht patentfähig, weil er dem Fachmann durch den Stand der Technik jedenfalls nahegelegt war.

44

a) Nach Hilfsantrag I sind Patentanspruch 1 und der auf diesen rückbezogene Patentanspruch 2 der erteilten Fassung als Verwendungsansprüche formuliert. In dieser Fassung beruht der Gegenstand des Streitpatents aus den zu der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 genannten Gründen nicht auf erfinderischer Tätigkeit.

45

b) Nach Hilfsantrag II soll die erteilte Fassung von Patentanspruch 1 dahin geändert werden, dass das gereinigte Rifaximin α statt eines Wassergehalts von weniger als 4,5 % einen Wassergehalt von weniger als 3 % besitzt.

46

Die Herabsetzung der Angabe des Wassergehalts führt zu keiner abweichenden Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit. Der Fachmann, der erkannt hat, dass der Erhalt von Rifaximin α vom Trocknungsgrad abhängt, konnte ohne weiteres zu der Erkenntnis gelangen, dass der Anteil von Rifaximin α in einer Rifaximinprobe umso höher ist, je weiter der Wassergehalt unter 4,5 % liegt. Bei welchem Wassergehalt Rifaximin im Wesentlichen in der α-Form vorliegt, kann der Fachmann danach ohne weiteres auf der Grundlage seines Fachwissens zu den üblichen Trocknungsmethoden durch die Variierung der Trocknungstemperaturen und/oder -zeiten ermitteln. Er hat daher Anlass, die Trocknung erforderlichenfalls auch bis zu einem Wassergehalt von weniger als 3 % fortzusetzen.

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c) Nichts anderes gilt für den Gegenstand des Hilfsantrags III, nach dem in der erteilten Fassung von Patentanspruch 1 das Merkmal, dass das gereinigte Rifaximin α einen Wassergehalt von weniger als 4,5 % besitzt, durch die Angabe aus dem Unteranspruch 2 ersetzt werden soll, dass der Wassergehalt zwischen 2 % und 3 % liegt.

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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck     

      

Gröning     

      

Grabinski

      

Bacher     

      

Kober-Dehm