Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 18.12.2012


BGH 18.12.2012 - X ZB 6/12

Kosten des Patentnichtigkeitsverfahrens: Erstattungsfähigkeit von Rechts- und Patentanwaltskosten; Rechtsbeschwerde gegen die Kostenfestsetzung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
10. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
18.12.2012
Aktenzeichen:
X ZB 6/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend BPatG München, 16. April 2012, Az: 4 ZA (pat) 35/11, Beschluss
Zitierte Gesetze

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts vom 16. April 2012 aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil entschieden wurde.

Auf die Erinnerung der Beklagten wird der Kostenfestsetzungsbeschluss vom 20. April 2011 abgeändert. Die Klägerin hat an die Beklagten über die im Kostenfestsetzungsbeschluss und in der Entscheidung über die Erinnerung festgesetzten Beträge hinaus weitere 7.213,60 Euro zu erstatten.

Die Klägerin trägt die Kosten des Erinnerungs- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens.

Gründe

1

I. Die Parteien streiten über die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines im erstinstanzlichen Patentnichtigkeitsverfahren mitwirkenden Rechtsanwalts.

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Das Patentgericht hat die Nichtigkeitsklage abgewiesen und der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits auferlegt. Im Kostenfestsetzungsverfahren hat die Rechtspflegerin die Kosten für die mitwirkenden Rechtsanwälte (7.213,60 Euro) sowie Kosten für bestimmte Fotokopien (107,55 Euro) unberücksichtigt gelassen. Auf die Erinnerung der Beklagten hat das Patentgericht die Kopierkosten antragsgemäß festgesetzt. Das weitergehende Rechtsmittel hat es zurückgewiesen. Dagegen wenden sich die Beklagten mit der vom Patentgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde, der die Klägerin entgegentritt.

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II. Die form- und fristgerecht eingelegte Rechtsbeschwerde ist gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft.

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1. Die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde ergibt sich allerdings nicht schon aus der Zulassung des Rechtsmittels durch die Vorinstanz. Auch eine zugelassene Rechtsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, wenn sie nach dem Gesetz nicht statthaft ist (vgl. nur BGH, Beschluss vom 10. August 2011 - X ZB 2/11, GRUR 2011, 1053 Rn. 5 - Ethylengerüst).

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2. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch nach § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO statthaft. Diese Vorschrift ist bei der Kostenfestsetzung im Patentnichtigkeitsverfahren gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG anwendbar.

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a) Gemäß § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG sind im Patentnichtigkeitsverfahren die Vorschriften der Zivilprozessordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend anwendbar. Zu diesen Vorschriften gehört § 574 Abs. 1 Nr. 2 ZPO. Die darin vorgesehene Rechtsbeschwerde ist auch im Kostenfestsetzungsverfahren statthaft, sofern die Ausgangsentscheidung gemäß § 567 Abs. 2 ZPO der Anfechtung unterliegt und die Vorinstanz das Rechtsmittel zugelassen hat (vgl. nur BGH, Beschluss vom 22. Juni 2010 - VI ZB 10/10, NJWRR 2011, 143 Rn. 4).

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b) Aus § 84 Abs. 2 Satz 3 und § 99 Abs. 2 PatG ergibt sich keine abweichende Beurteilung.

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Den genannten Vorschriften ist allerdings zu entnehmen, dass sich die Verweisung auf die Vorschriften der Zivilprozessordnung grundsätzlich nicht auf Bestimmungen über Rechtsmittel gegen Entscheidungen des Patentgerichts erstreckt, sondern dass es insoweit regelmäßig bei den im Patentgesetz selbst vorgesehenen Rechtsmitteln verbleibt. Die ausdrückliche Verweisung in § 84 Abs. 2 Satz 3 PatG soll klarstellen, dass dieser Grundsatz auch bei Kostenentscheidungen gilt (BT-Drucks. 8/2087 S. 37 zu § 40 Abs. 2 PatG aF).

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Entgegen einer in der Literatur verbreiteten Auffassung (Benkard/Rogge, 10. Aufl., § 84 PatG Rn. 41; Schulte, 8. Aufl., § 80 PatG Rn. 106; Schulte/Kühnen, § 84 PatG Rn. 64), die auch von einem Nichtigkeitssenat des Patentgerichts vertreten wird (BPatG, Beschluss vom 26. Februar 2003 - 3 ZA (pat) 44/02, juris Rn. 6), ergibt sich daraus indes nicht, dass eine Rechtsbeschwerde im Rahmen eines Kostenfestsetzungsverfahrens nicht statthaft ist.

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(1) Im Kostenfestsetzungsverfahren kam der Regelung in § 99 Abs. 2 PatG, wonach ein Rechtsmittel nur auf der Grundlage dieses Gesetzes zulässig ist, seit jeher keine Bedeutung zu.

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In diesem Bereich war ein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof nach den bis zum 31. Dezember 2001 geltenden Vorschriften der Zivilprozessordnung generell nicht statthaft.

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Der Senat hat entschieden, dass die einschlägige Regelung in § 567 Abs. 3 und § 568 Abs. 3 ZPO in der bis 31. März 1991 geltenden Fassung (die, soweit hier von Interesse, der Regelung in § 567 Abs. 3 und 4 ZPO in der von 1. April 1991 bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung entspricht), wonach im Kostenfestsetzungsverfahren nach einer Beschwerdeentscheidung eine weitere Beschwerdemöglichkeit nicht statthaft ist, aufgrund der Verweisung in § 62 Abs. 2 Satz 3 PatG auch in einem Gebrauchsmusterlöschungsverfahren gilt. Er hat deshalb auch für diese Konstellation, in der das Patentgericht eine Beschwerdeentscheidung trifft, gegen die nach dem Wortlaut von § 100 PatG die Rechtsbeschwerde statthaft wäre, ein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof als unzulässig angesehen (BGH, Beschluss vom 9. Januar 1986 - X ZB 38/84, GRUR 1986, 453 - Transportbehälter) und damit für das Kostenfestsetzungsverfahren trotz des § 99 Abs. 2 PatG normierten Grundsatzes das Rechtsmittelsystem der Zivilprozessordnung als maßgeblich erachtet.

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(2) Der damit auf der Grundlage des früher geltenden Zivilprozessrechts bestehende Gleichklang der Rechtsmittelsysteme im Kostenfestsetzungsverfahren ist auch auf der Grundlage der seit 1. Januar 2002 geltenden Vorschriften zu wahren.

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Im Gebrauchsmusterlöschungs- und im Einspruchsverfahren wäre eine Rechtsbeschwerde im Kostenfestsetzungsverfahren nunmehr schon nach § 100 PatG zulässig, weil die Zivilprozessordnung den Ausschluss dieses Rechtsmittels nicht mehr vorsieht. Für das Patentnichtigkeitsverfahren kann vor diesem Hintergrund nichts anderes gelten. Zwar entspricht es grundsätzlich dem in § 100 Abs. 1 PatG normierten Rechtsmittelsystem des Patentgesetzes, dass eine Rechtsbeschwerde nur gegen Beschlüsse zulässig ist, die das Patentgericht als Beschwerdegericht erlassen hat. Diese Regelung führt aber nicht dazu, dass ein Beschluss des Patentgerichts im Nichtigkeitsverfahren jeder Nachprüfung entzogen ist. Im Regelfall sind solche Beschlüsse vielmehr gemäß § 110 Abs. 6 PatG zusammen mit dem Urteil anfechtbar und unterliegen mithin der Nachprüfung im Berufungsverfahren. Bei einer Entscheidung über eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss ist diese Nachprüfungsmöglichkeit nicht eröffnet, weil diese Entscheidungen nach dem Urteil in der Hauptsache ergehen. Weder § 84 Abs. 2 noch § 99 Abs. 2 PatG kann aber der Grundsatz entnommen werden, dass eine Überprüfung des Kostenfestsetzungsbeschlusses in der Rechtsbeschwerdeinstanz in dieser Konstellation schlechthin ausgeschlossen sein soll. Angesichts dessen muss der schon auf der Grundlage des alten Zivilprozessrechts geltende Grundsatz, dass in beiden Konstellationen dieselben Anfechtungsmöglichkeiten bestehen, auch auf der Grundlage des neuen Zivilprozessrechts fortgelten. Deshalb richtet sich die Anfechtbarkeit von Beschlüssen im Kostenfestsetzungsverfahren nunmehr nach § 574 ZPO.

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Die - bei der Reform des Zivilprozessrechts unverändert gebliebenen - Regelungen in § 99 Abs. 2 und § 84 Abs. 2 Satz 3 PatG werden durch diese Auslegung nicht obsolet. Ihnen kommt außerhalb des Kostenfestsetzungsverfahrens dieselbe Bedeutung zu wie vor der Reform. Für das Kostenfestsetzungsverfahren kam den Vorschriften aus den genannten Gründen seit jeher keine Bedeutung zu. Auch daran hat sich durch die Reform des Zivilprozessrechts nichts geändert.

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III. Das Rechtsmittel ist begründet. Die Klägerin hat den Beklagten die Kosten für die Zuziehung eines Rechtsanwalts gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten.

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1. Das Patentgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt:

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Die Kosten eines zusätzlich zu einem Patentanwalt beauftragten Rechtsanwalts seien im erstinstanzlichen Nichtigkeitsverfahren nur nach Maßgabe von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO erstattungsfähig. Eine analoge Anwendung von § 143 Abs. 3 PatG scheide aus, weil es an einer planwidrigen Regelungslücke fehle. Die Voraussetzungen des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO seien im Einzelfall konkret darzulegen. Sie könnten auch bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise nicht schon dann als gegeben angesehen werden, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffendes Verletzungsverfahren anhängig sei. Die in einem Nichtigkeitsverfahren typischerweise anfallenden Tätigkeiten gehörten zu den ureigenen Aufgaben des Patentanwalts, der hierzu umfassend ausgebildet worden sei. Dies gelte auch für die zusätzlichen Aufgaben, die anfielen, wenn parallel ein Verletzungsverfahren anhängig sei, insbesondere für den daraus resultierenden Abstimmungsbedarf.

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2. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

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a) Zu Recht hat das Patentgericht allerdings - insoweit in Übereinstimmung mit allen anderen Nichtigkeitssenaten (BPatG, Beschluss vom 21. November 2008 - 1 ZA (pat) 15/07, BPatGE 51, 67, 69 f. = GRUR 2009, 706; Beschluss vom 13. August 2007 - 2 ZA (pat) 56/06, BPatGE 50, 85, 88 f. = GRUR 2008, 735, 736; Beschluss vom 24. Februar 2011 - 3 ZA (pat) 29/10, GRUR-RR 2011, 436, 437; Beschluss vom 18. Januar 2011 - 5 ZA (pat) 20/10, BPatGE 52, 154, 157 = Mitt 2011, 258; Beschluss vom 31. März 2010 - 10 ZA (pat) 5/08, BPatGE 51, 225, 229; vgl. auch Benkard/Rogge, 10. Aufl., § 84 PatG Rn. 31) - von einer entsprechenden Anwendung des § 143 Abs. 3 PatG abgesehen.

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Insoweit fehlt es schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Weder aus § 143 Abs. 3 PatG noch aus sonstigen Vorschriften ist ein übergreifendes Regelungskonzept des Inhalts zu entnehmen, dass in jedem Rechtsstreit über Bestand oder Rechtsfolgen eines Patents eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt und durch einen Patentanwalt als notwendig anzusehen ist.

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Unabhängig davon fehlt es auch an einer vergleichbaren Interessenlage. § 143 Abs. 3 PatG trägt dem Umstand Rechnung, dass in einem Patentverletzungsrechtsstreit die Zuziehung eines Patentanwalts in aller Regel zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung geboten ist, die Parteien aber schon im Hinblick auf § 78 ZPO gehalten sind, auch einen Rechtsanwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen zu beauftragen. Im erstinstanzlichen Patentnichtigkeitsverfahren steht es den Parteien hingegen gemäß § 97 Abs. 1 und 2 PatG frei, ob sie den Rechtsstreit selbst führen oder sich von einem Patentanwalt oder einem Rechtsanwalt vertreten lassen.

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b) Zu Recht ist das Patentgericht ferner davon ausgegangen, dass bei der Prüfung, ob eine Maßnahme der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO war, grundsätzlich eine typisierende Betrachtungsweise geboten ist.

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Dieser Grundsatz entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Er trägt dem Umstand Rechnung, dass der Gerechtigkeitsgewinn, der bei einer übermäßig differenzierenden Betrachtung im Einzelfall zu erzielen wäre, in keinem Verhältnis zu den Nachteilen stünde, die sich einstellten, wenn in nahezu jedem Einzelfall darüber gestritten werden könnte, ob die Kosten einer bestimmten Maßnahme zu erstatten sind (vgl. nur BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2007 - X ZB 21/07, NJW-RR 2008, 1378 Rn. 8; Urteil vom 24. Februar 2011 - I ZR 181/09, GRUR 2011, 754 Rn. 32 - Kosten des Patentanwalts II).

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Daraus ist allerdings, wie das Patentgericht ebenfalls zutreffend gesehen hat, nicht abzuleiten, dass die Erstattungsfähigkeit bestimmter Kosten für bestimmte Verfahrensarten oder Fallkonstellationen stets gleich zu beurteilen ist. Eine typisierende Betrachtungsweise kommt nur dann in Betracht, wenn bestimmte Umstände typischerweise den Schluss zulassen, dass eine bestimmte Maßnahme zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. So sieht der Bundesgerichtshof zum Beispiel die Zuziehung eines Patentanwalts bei der außergerichtlichen Abmahnung einer Kennzeichenrechtsverletzung regelmäßig dann - und nur dann - als notwendig an, wenn hierbei Aufgaben angefallen sind, die - wie etwa Recherchen zum Registerstand oder zur Benutzungslage - zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehören und die von dem mit der Abmahnung betrauten Rechtsanwalt nicht wahrgenommen werden konnten (BGH, Urteil vom 10. Mai 2012 - I ZR 70/11, GRUR 2012, 759 Rn. 14 ff. - Kosten des Patentanwalts IV). Die Mitwirkung eines Patentanwalts bei solchen Abmahnungen kann hingegen nicht schon deshalb als typischerweise notwendig angesehen werden, weil die Angelegenheit komplex oder bedeutsam ist. Die Frage, ob eine komplexe oder bedeutsame Angelegenheit vorliegt, entzieht sich nämlich einer typisierenden und generalisierenden Betrachtungsweise (BGH, Urteil vom 21. Dezember 2011 - I ZR 196/10, GRUR 2012, 756 Rn. 27 - Kosten des Patentanwalts III).

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c) In der hier zu beurteilenden Konstellation ist eine typisierende Betrachtungsweise - entgegen der Auffassung, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegt und die nunmehr auch vom 1. Senat des Patentgerichts vertreten wird (BPatG, Beschluss vom 23. Juli 2012 - 1 ZA (pat) 14/11, juris Rn. 17), und in Übereinstimmung mit der von anderen Senaten des Patentgerichts vertretenen Auffassung (BPatG, Beschluss vom 21. November 2008 - 1 ZA (pat) 15/07, BPatGE 51, 67, 71 = GRUR 2009, 706, 707; Beschluss vom 10. August 2010 - 2 ZA (pat) 8/10, juris Rn. 17; Beschluss vom 24. Februar 2011 - 3 ZA (pat) 29/10, GRUR-RR 2011, 436, 437; Beschluss vom 18. Januar 2011 - 5 ZA (pat) 20/10, BPatGE 52, 154, 157 f. = Mitt 2011, 258; Beschluss vom 31. März 2010 - 10 ZA (pat) 5/08, BPatGE 51, 225, 231 f.) - möglich und geboten. Die Zuziehung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt ist typischerweise als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig im Sinne von § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO anzusehen, wenn zeitgleich mit dem Nichtigkeitsverfahren ein das Streitpatent betreffender Verletzungsrechtsstreit anhängig ist, an dem die betreffende Partei oder ein mit ihr wirtschaftlich verbundener Dritter beteiligt ist.

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(1) Die gleichzeitige Anhängigkeit eines Verletzungsrechtsstreits und einer dasselbe Patent betreffenden Nichtigkeitsklage stellt an eine Partei, die unmittelbar oder mittelbar an beiden Verfahren beteiligt ist, besondere Anforderungen.

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Eine Partei ist zwar nicht von Rechts wegen gehindert, in den einzelnen Verfahren unterschiedliche Standpunkte zur Auslegung des Streitpatents oder zum Offenbarungsgehalt von Unterlagen, die für die Auslegung oder den Bestand des Schutzrechts von Bedeutung sind, einzunehmen. Dennoch liegt es in aller Regel in ihrem eigenen Interesse, wenn sie ihr Vorbringen in den beiden Verfahren aufeinander abstimmt, also zum Beispiel davon absieht, im einen Verfahren eine enge und im anderen Verfahren eine weite Auslegung des Patents zu postulieren, nur weil dies ihrem Begehren im einzelnen Verfahren vermeintlich förderlich ist. Darüber hinaus haben beide Seiten eine beschränkte Verteidigung nicht nur unter dem Blickwinkel der Zulässigkeit und des Vorliegens von Nichtigkeitsgründen zu prüfen, sondern auch die möglichen Auswirkungen auf den Verletzungsrechtsstreit zu bedenken.

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(2) Dieser Abstimmungsbedarf erfordert zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung im Nichtigkeitsverfahren typischerweise die Mitwirkung derjenigen anwaltlichen Vertreter, die mit der Vertretung der Partei im Verletzungsrechtsstreit betraut sind.

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Zwar ist nicht anzunehmen, dass ein Patentanwalt typischerweise nicht in der Lage wäre, die Auswirkungen eines bestimmten Vorbringens oder einer beschränkten Verteidigung des Patents auf den Verletzungsrechtsstreit zuverlässig abzuschätzen. Eine zweckentsprechende Abstimmung der Vorgehensweise in zwei gleichzeitig anhängigen Verfahren erfordert aber nicht nur eine abstrakte Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Sie umfasst typischerweise auch die Aufgabe, unter mehreren in Betracht kommenden Angriffs- oder Verteidigungsstrategien diejenige auszuwählen, die ein möglichst konsistentes Vorgehen in beiden Verfahren ermöglicht und für den Ausgang des Rechtsstreits bedeutsame Argumentationslinien nicht ohne Not in Frage stellt. Nicht selten stellt sich zudem die Aufgabe, kurzfristig auf Hinweise eines Gerichts zu reagieren und die möglichen Folgen einer Reaktion für das jeweils andere Verfahren abzuschätzen. Hierzu sind nicht nur Kenntnisse und Fertigkeiten erforderlich, über die ein Patentanwalt und ein in Patentsachen erfahrener Rechtsanwalt häufig in vergleichbarem Maße verfügen, sondern auch die detaillierte Kenntnis der konkreten Verfahrenssituation im jeweils anderen Rechtsstreit und der für den weiteren Verlauf in Betracht kommenden Handlungsalternativen. Wenn diese Aufgaben im Verletzungsrechtsstreit von einem Rechtsanwalt und einem Patentanwalt gemeinsam wahrgenommen werden, entspricht es einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, auch im Nichtigkeitsverfahren beide Vertreter heranzuziehen. Die Beauftragung nur eines Vertreters mit der Maßgabe, dass dieser die erforderliche Abstimmung allein übernehmen soll, ist schon deshalb nicht ausreichend, weil eine Abstimmung naturgemäß die Mitwirkung des anderen Vertreters auch im Nichtigkeitsverfahren erfordert.

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d) Die grundsätzliche Erstattungsfähigkeit der Kosten für einen Rechtsanwalt und einen Patentanwalt im Falle eines gleichzeitig anhängigen Verletzungsrechtsstreits steht nicht in Widerspruch zu der Entscheidung des Gesetzgebers, eine § 143 Abs. 3 PatG entsprechende Regelung für das Nichtigkeitsverfahren nicht vorzusehen.

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Dem Umstand, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich von § 143 Abs. 3 PatG auf den Verletzungsrechtsstreit beschränkt hat, ist allerdings zu entnehmen, dass die Beauftragung eines Rechtsanwalts und eines Patentanwalts im Nichtigkeitsverfahren nicht schlechthin als zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig angesehen werden darf. Diese Rechtsfolge ist mit der grundsätzlichen Anerkennung der Erstattungsfähigkeit im Falle eines gleichzeitig anhängigen Verletzungsrechtsstreits indes nicht verbunden. Zwar bildet eine Patentverletzungsklage häufig den Anlass und den Hintergrund für eine Patentnichtigkeitsklage. Dennoch gibt es eine nicht unerhebliche Anzahl von Nichtigkeitsverfahren, mit denen kein paralleler Verletzungsrechtsstreit einhergeht und in denen auch andere Senate des Patentgerichts die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Doppelvertretung in der ersten Instanz regelmäßig verneinen (vgl. Beschluss vom 14. Juli 2010 - 2 ZA (pat) 80/08, juris Rn. 23; Beschluss vom 22. Mai 2012 - 3 ZA (pat) 44/11, juris Rn. 22; Beschluss vom 31. März 2010 - 10 ZA (pat) 5/08, BPatGE 51, 225, 232; ebenso bei kurzzeitiger Anhängigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Beschluss vom 7. Mai 2012 - 3 ZA (pat) 6/12, Mitt 2012, 371 sowie - bezogen auf die Terminsgebühr - bei rechtskräftigem Abschluss des Verletzungsrechtsstreits vor der mündlichen Verhandlung im Nichtigkeitsverfahren Beschluss vom 5. April 2011 - 2 ZA (pat) 68/09, juris Rn. 22).

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3. Im Streitfall sind die Kosten für die Zuziehung eines Rechtsanwalts antragsgemäß festzusetzen.

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Nach den Feststellungen des Patentgerichts ist zwischen den Parteien ein auf das Streitpatent gestützter Verletzungsrechtsstreit anhängig. Angesichts dessen war die Zuziehung eines Rechtsanwalts neben einem Patentanwalt bei der gebotenen typisierenden Betrachtung als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig anzusehen. Besondere Umstände, aus denen sich ausnahmsweise etwas anderes ergeben könnte, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.

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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO.

Meier-Beck                             Grabinski                            Bacher

                     Hoffmann                             Schuster