Entscheidungsdatum: 09.12.2014
NV: Eine im sog. Ferrari-Fax-Verfahren übermittelte Einspruchsentscheidung, die vom Empfangsgerät ausgedruckt wird, ist kein elektronisches Dokument i.S. des § 87a AO und bedarf von daher zu ihrer Wirksamkeit keiner elektronischen Signatur .
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 17. März 2010 15 K 3625/08 E wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Im Anschluss an eine Steuerfahndungs- sowie eine Umsatzsteuersonderprüfung rechnete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) dem Kläger für das Streitjahr (2003) Gewinne aus einem Garten- und Landschaftsbaubetrieb zu, die dieser über einen Strohmann erzielt habe. Den hiergegen gerichteten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 17. Juli 2008 als unbegründet zurück. Die Bekanntgabe erfolgte an die Rechtsanwaltskanzlei F als steuerliche Vertreterin des Klägers, die Übermittlung der Einspruchsentscheidung erfolgte per Computerfax im sog. Ferrari-Fax-Verfahren.
Unter Beifügung eines vom 21. Juli 2008 datierenden Anschreibens, in dem darauf hingewiesen wurde, dass eine Klage bis zum 17. August 2008 erhoben werden müsse, leitete Rechtsanwalt F die Einspruchsentscheidung an den Kläger weiter.
Die mit Telefax vom 17. September 2008 erhobene Klage ging am selben Tag beim Finanzgericht (FG) ein. Zusammen mit der Klage beantragte der Kläger wegen Versäumung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und begründete dies im Wesentlichen damit, den --zwar schon am 22. Juli 2008 abgestempelten-- Umschlag erst am 5. September 2008 in seinem Briefkasten vorgefunden zu haben. Zur Glaubhaftmachung legte er zunächst das Anschreiben des F, eine Kopie eines Briefumschlags mit Poststempel vom 22. Juli 2008, eine Gesprächsnotiz vom 5. September 2008 über einen Anruf im Büro des F sowie eine schriftliche Bestätigung seiner Lebensgefährtin (L) vom "6. September 2009" vor. Darin erklärte L, das Schriftstück mit dem Az. ... habe sich erst am Freitag, den "5. September 2009", im Briefkasten des Klägers befunden. Mit eidesstattlicher Versicherung vom 28. September 2008 bestätigte sie, dass "die Angaben in meinem Schreiben vom 6.3.2008 richtig" seien. Im weiteren Verfahrensverlauf legte der Kläger eine ergänzende, nach den Feststellungen des FG von F vorgefertigte und im Anschluss am 19. November 2008 von L unterschriebene eidesstattliche Versicherung vor.
Das FG wies die Klage nach Vernehmung der L als Zeugin wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig ab. Hierbei ging es von einer wirksamen Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung aus. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand komme nicht in Betracht, da nicht festgestellt werden könne, dass der Kläger an der Einhaltung der Klagefrist schuldlos gehindert gewesen sei. Dem stehe bereits entgegen, dass sich ein Verschulden des F, welches sich der Kläger wie ein eigenes Verschulden zurechnen lassen müsse, an dem Versäumen der Klagefrist nicht ausschließen lasse. Im Übrigen habe auch der Kläger nicht glaubhaft machen können, das auf den 21. Juli 2008 datierte Schriftstück erst am Freitag, dem 5. September 2008, erhalten zu haben.
Mit der Revision macht der Kläger geltend, das FG gehe zu Unrecht davon aus, die Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung sei wirksam per Computerfax erfolgt. Als Bekanntgabetag habe das FG gemäß § 122 Abs. 2a der Abgabenordnung (AO) den 21. Juli 2008 angenommen, so dass es die erst am 17. September 2008 erhobene Klage als verfristet angesehen habe. Dabei habe das Gericht übersehen, dass es im Streitfall an der nach § 366 AO erforderlichen schriftlichen Erteilung der Einspruchsentscheidung fehle, da diese lediglich per Computerfax ohne qualifizierte elektronische Signatur (§ 119 Abs. 3 Satz 3 AO) übermittelt worden sei. Damit sei die Einspruchsentscheidung nur elektronisch, nicht aber schriftlich übermittelt, so dass es insgesamt an einer wirksamen, die Klagefrist in Gang setzenden Bekanntgabe fehle.
Der Kläger beantragt,
das FG-Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und daher nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
1. Das FG ist --ohne die Frage zu problematisieren-- im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, die Übersendung der Einspruchsentscheidung im Wege des in Nordrhein-Westfalen üblichen sog. Ferrari-Fax-Verfahrens habe auch ohne qualifizierte elektronische Signatur zu einer wirksamen Bekanntgabe und damit zur Ingangsetzung der Klagefrist geführt.
a) Bei der Übersendung eines Verwaltungsaktes, wie vorliegend der streitigen Einspruchsentscheidung, im Wege des sog. Ferrari-Fax-Verfahrens handelt es sich nicht um die Übersendung eines elektronischen Dokuments, sondern um eine Übersendung per Telefax, das die gesetzlich gebotene Schriftform für behördliche und gerichtliche Entscheidungen wahrt. Einer elektronischen Signatur i.S. des § 87a Abs. 4 AO bedurfte es deshalb nicht.
Zur Begründung verweist der erkennende Senat auf die Ausführungen des VIII. Senats des Bundesfinanzhofs in seinem Urteil vom 18. März 2014 VIII R 9/10 (BFHE 245, 484, BStBl II 2014, 748, unter II.1.), denen er folgt.
b) Anders als in dem in BFHE 245, 484, BStBl II 2014, 748 zu beurteilenden Fall stellt sich die Problematik, ob die wirksame Bekanntgabe einer Verkörperung durch einen entsprechenden Ausdruck bedarf, nicht. Es ist unstreitig, dass F die über sein Telefaxgerät empfangene Einspruchsentscheidung ausgedruckt und dem Kläger mit Schreiben vom 21. Juli 2008 zugeleitet hat. Streitig war allein die Frage, wann die Weiterleitung durch F und der Zugang beim Kläger erfolgten. Die erst am 17. September 2008 erhobene Klage war damit verfristet.
2. Gründe dafür, dass das FG die Wiedereinsetzung in die versäumte Klagefrist nach § 56 FGO zu Unrecht nicht gewährt habe, macht der Kläger nicht geltend. Solche sind auch nicht erkennbar. Dies hätte insbesondere vorausgesetzt, dass der Kläger ohne Verschulden verhindert war, diese gesetzliche Frist einzuhalten (vgl. § 56 Abs. 1 FGO), und dass er die Tatsachen zur Begründung seines Wiedereinsetzungsantrags bei Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft gemacht hat (§ 56 Abs. 2 Satz 2 FGO).
Das FG hat dies aufgrund seiner tatsächlichen Feststellungen, die der Kläger nicht mit Revisionsrügen angegriffen hat und die den Senat deswegen nach § 118 Abs. 2 FGO binden, rechtsfehlerfrei verneint.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.