Entscheidungsdatum: 20.06.2017
NV: Die Würdigung des FG, zwei im Abstand von 13 Tagen vor demselben Notar und mit Wirkung zum selben Stichtag geschlossene Übergabeverträge seien als Einheit anzusehen, so dass die allein im ersten Vertrag vereinbarte dauernde Last mit der Summe der erzielbaren Nettoerträge aus dem in beiden Verträgen übergebenen Vermögen zu vergleichen sei, kann den BFH binden .
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Hessischen Finanzgerichts vom 6. Oktober 2016 11 K 1161/11 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
I. Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2004 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger erzielt gewerbliche Einkünfte --vom Finanzgericht (FG) als "Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit" bezeichnet-- aus mehreren Betrieben der X-Branche sowie aus Beteiligungen an mehreren X-Mitunternehmerschaften.
Der Kläger schloss mit seiner Mutter (M) am 26. Juni 2002 eine privatschriftliche Vereinbarung, deren Betreff wie folgt lautet:
"Geschäftsübertragung von Frau
Versorgungsrente für die Übergeberin Frau
Vorbesprechung der Beteiligten am 05.06.2002 in ...
Modalitäten zum notariellen Übergabevertrag:"
Nachfolgend wurde ausgeführt, dass M dem Kläger zum 1. Juli 2002 ein X-Einzelunternehmen, drei Beteiligungen an X-Mitunternehmerschaften sowie eine vermietete Eigentumswohnung in vorweggenommener Erbfolge übertragen solle. Im Gegenzug sollte M vom Kläger eine lebenslängliche monatliche Versorgungsrente in Höhe von 3.500 € erhalten. Hierfür wurde eine Wertsicherung vereinbart sowie auf § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) Bezug genommen. Zur Sicherung der Rentenansprüche war eine Reallast an der Eigentumswohnung einzutragen. Abschließend hieß es: "Ein Notar-Termin für die vertragliche Gestaltung und Protokollierung sollte alsbald festgelegt werden. Herr
Am 12. Juli 2002 schlossen M und der Kläger vor dem in der privatschriftlichen Vereinbarung genannten Notar einen notariell beurkundeten Übergabevertrag. Darin übertrug M die Eigentumswohnung im Wege vorweggenommener Erbfolge mit Wirkung zum 1. Juli 2002 an den Kläger. Dieser hatte die Darlehen, die durch die eingetragenen Grundschulden besichert waren und noch mit etwa 110.000 € valutierten, zu übernehmen. Außerdem hatte der Kläger einen monatlichen Geldbetrag von 3.500 € an M zu zahlen. Der Betrag wurde wertgesichert; auf § 323 ZPO wurde Bezug genommen. Die Zahlungsverpflichtung wurde durch Eintragung einer Reallast an der übergebenen Eigentumswohnung abgesichert.
Am 25. Juli 2002 wurde von demselben Notar ein weiterer Übergabevertrag zwischen M und dem Kläger beurkundet. Gegenstand waren nun das X-Einzelunternehmen sowie Beteiligungen an drei X-Mitunternehmerschaften. Übertragungsstichtag war der 1. Juli 2002. Weiter hieß es: "Der Übernehmer hat keine Herauszahlung zu leisten." Der Notar wies ausdrücklich darauf hin, dass dieser Vertrag nicht beurkundungspflichtig sei, die Parteien aber gleichwohl eine Beurkundung gewünscht hätten.
Die Kläger erklärten im Streitjahr 2004 Aufwendungen für eine an M gezahlte dauernde Last in Höhe von 42.000 € als Sonderausgaben. Im angefochtenen geänderten Einkommensteuerbescheid 2004 vom 19. Oktober 2009 berücksichtigte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) diesen Betrag nicht mehr. Zur Begründung führte er aus, für den erforderlichen Vergleich zwischen den erzielbaren Nettoerträgen des übergebenen Vermögens und der Höhe der dauernden Last sei allein auf die Übertragung der Eigentumswohnung abzustellen. Angesichts der geringen Mieteinnahmen aus der Eigentumswohnung sei es aber ausgeschlossen, die dauernde Last aus diesen Einnahmen zu erbringen.
Die Kläger vertraten demgegenüber die Auffassung, beide Notarverträge seien als Einheit anzusehen. Daher seien auch die Nettoerträge aus dem Einzelunternehmen und den drei Beteiligungen in die Betrachtung einzubeziehen. Der Abschluss des zweiten Notarvertrags habe sich nur deshalb verzögert, weil im Zeitpunkt des ersten Notartermins noch nicht alle Unterlagen und Angaben hinsichtlich des Betriebsvermögens vorgelegen hätten.
Der Einspruch hatte nur insoweit Erfolg, als das FA die Übernahme der noch bestehenden Darlehensvaluta von ca. 110.000 € als Anschaffungskosten ansah und insoweit von einem teilentgeltlichen Erwerb der Eigentumswohnung ausging. Dadurch erhöhte sich die Absetzung für Abnutzung (AfA) von 2.882 € auf 3.176 €.
Im Übrigen wies das FA den Einspruch zurück. Nur der erste Notarvertrag erfülle die Voraussetzungen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen. Der zweite Notarvertrag enthalte weder selbst eine Vereinbarung zu Versorgungsleistungen noch nehme er auf den ersten Notarvertrag oder die privatschriftliche Vereinbarung Bezug. Der Umstand, dass die Parteien die vorweggenommene Erbfolge in zwei verschiedenen Notarverträgen geregelt hätten, deute darauf hin, dass beide Verträge unabhängig voneinander sein sollten. Ein anderer Grund dafür, zwei Notarverträge in einem derart kurzen Abstand zueinander abzuschließen, sei nicht ersichtlich. Die höchstrichterliche Rechtsprechung verlange, dass die in einem Übergabevertrag enthaltenen Pflichten klar und eindeutig vereinbart seien. Hier sei aber das Rentenversprechen nicht hinreichend klar geregelt. Angesichts der Tatsache, dass die monatlichen Zahlungen die Erträge der Eigentumswohnung deutlich überstiegen, hätten die Parteien keine Versorgungsleistungen, sondern Unterhaltszahlungen vereinbart, die steuerlich nicht abziehbar seien.
Das FG gab der Klage statt. Nach den tatsächlichen Umständen des Streitfalls sei im Einklang mit dem Normzweck des § 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (EStG a.F.) eine Gesamtwürdigung dahingehend vorzunehmen, dass sowohl die Eigentumswohnung als auch das Betriebsvermögen als Übertragungsgegenstände anzusehen seien. Dies folge zum einen aus der privatschriftlichen Vereinbarung, zum anderen aus dem engen zeitlichen Zusammenhang der notariellen Verträge, die erst in ihrer Zusammenschau genau den Inhalt der privatschriftlichen Vereinbarung umgesetzt hätten. Gerade angesichts des geringen Ertrags der Eigentumswohnung, aus dem die Versorgungsleistung nicht erwirtschaftet werden könne, entspreche es der Interessenlage beider Vertragsparteien, das Betriebsvermögen mit heranzuziehen.
Die vom FA herangezogene Rechtsprechung, in der der Bundesfinanzhof (BFH) klare und eindeutige Versorgungsvereinbarungen fordere, bezwecke, Unklarheiten hinsichtlich der Höhe der Versorgungsleistungen oder des übertragenen Vermögens zu vermeiden. Hier seien aber beide Leistungen eindeutig geregelt worden. Die Aufteilung in zwei Notarverträge stelle lediglich eine formelle Ungenauigkeit dar.
Der erzielbare Nettoertrag des übergebenen Vermögens sei bei Einbeziehung des übertragenen Betriebsvermögens ausreichend, um die vereinbarten wiederkehrenden Leistungen erbringen zu können. Die entsprechende, für die Übertragung von Betriebsvermögen geltende Vermutung sei hier --was zwischen den Beteiligten unstreitig sei-- nicht widerlegt.
Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung der für die ertragsteuerrechtliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen geltenden Grundsätze. Die kurze zeitliche Abfolge der Verträge lasse vermuten, dass die Parteien das Betriebsvermögen --aus welchen Überlegungen auch immer-- gerade nicht als Teil der Versorgungsvereinbarung angesehen hätten. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) bestehe zivilrechtlich eine Vermutung dafür, dass Verträge, die in verschiedenen Urkunden niedergelegt seien, nach dem Parteiwillen unabhängig voneinander sein sollten (BGH-Urteil vom 10. Oktober 1986 V ZR 247/85, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1987, 1069). Auch der BFH habe bei einem zeitlichen Abstand zwischen zwei Verträgen von fünf Wochen ausgeführt, es sei durchaus denkbar, dass die Verträge nicht in Zusammenhang stehen sollten (Urteil vom 4. Dezember 1991 X R 9/84, BFH/NV 1992, 306). Der Inhalt des notariell beurkundeten Vertrags vom 12. Juli 2002 sei klar und eindeutig, so dass die nicht formgerechte privatschriftliche Vereinbarung nicht ergänzend herangezogen werden dürfe. Der Vortrag der Kläger, es hätten zunächst noch Unterlagen für die Übertragung des Betriebsvermögens gefehlt, stehe nicht in Einklang mit dem Schreiben des Notars vom 11. Juli 2002.
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
Das FG hat in einer revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Weise angenommen, dass die Voraussetzungen für einen Abzug wiederkehrender Leistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe (dazu unten 1.) vorliegend erfüllt sind. Die tatsächliche Würdigung des FG, die beiden Notarverträge seien hinsichtlich des Gegenstands der Vermögensübergabe als Gesamtheit anzusehen, ist für das Revisionsgericht bindend (unten 2.). Trotz der von der Auffassung des FA abweichenden Würdigung der Verträge hat das FG im Ergebnis zu Recht davon abgesehen, die vom FA erhöhte AfA wieder rückgängig zu machen (unten 3.).
1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F. waren als Sonderausgaben abziehbar die auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhenden Renten und dauernden Lasten, die nicht mit Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranlagung außer Betracht bleiben. Hierzu hat die Rechtsprechung des BFH im Wesentlichen die folgenden Grundsätze entwickelt:
a) Nach Maßgabe des § 12 Nr. 2 EStG sind u.a. freiwillige Zuwendungen und Zuwendungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht nicht abziehbar. Dies gilt auch für die im Einleitungssatz des § 12 EStG nicht erwähnten Renten und dauernden Lasten (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG a.F.), soweit diese --außerhalb der für die Vermögensübergabe geltenden Sonderregelung-- Unterhaltsleistungen oder Leistungen aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht sind (Senatsurteil vom 27. Februar 1992 X R 139/88, BFHE 167, 381, BStBl II 1992, 612).
b) Die steuerrechtliche Behandlung der Versorgungsleistungen als dauernde Last/wiederkehrende Bezüge beruht auf dem Umstand, dass sich der Vermögensübergeber in Gestalt der Versorgungsleistungen typischerweise Erträge seines Vermögens vorbehält, die nunmehr allerdings vom Vermögensübernehmer erwirtschaftet werden müssen (Beschluss des Großen Senats des BFH vom 5. Juli 1990 GrS 4-6/89, BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847). Dem liegt nach dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 12. Mai 2003 GrS 1/00 (BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95) die normleitende Vorstellung zugrunde, dass der Übergeber das Vermögen --ähnlich wie beim Nießbrauchsvorbehalt-- ohne die vorbehaltenen Erträge, die ihm nunmehr als Versorgungsleistungen zufließen, übertragen hat. Maßgebendes Kriterium für die Frage, ob ein Wirtschaftsgut Gegenstand einer unentgeltlichen Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen sein kann, ist die Vergleichbarkeit mit dem Vorbehaltsnießbrauch. Die Vermögensübergabe muss sich so darstellen, dass die vom Übernehmer zugesagten Leistungen --obwohl sie von ihm erwirtschaftet werden müssen-- als zuvor vom Übergeber vorbehaltene --abgespaltene-- Nettoerträge vorstellbar sind. Dies ist für die Abziehbarkeit und materiell-rechtlich korrespondierend für die Steuerbarkeit der privaten Versorgungsrente konstituierend (Senatsurteil vom 16. Juni 2004 X R 50/01, BFHE 207, 114, BStBl II 2005, 130, unter II.1.b).
c) Im Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe zur Vorwegnahme der Erbfolge vereinbarte wiederkehrende Leistungen, die nicht aus den erzielbaren Nettoerträgen des übernommenen Vermögens gezahlt werden können, sind nicht als dauernde Last abziehbar. Sie stellen Entgelt für das übernommene Vermögen dar (Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 202, 464, BStBl II 2004, 95, unter C.II. vor 1. und 3.).
d) Die Vertragsparteien müssen den Mindestbestand an bürgerlich-rechtlichen Rechtsfolgen, der die Qualifikation als Versorgungsvertrag erst ermöglicht (Umfang des übertragenen Vermögens, Art und Höhe der Versorgungsleistungen sowie Art und Weise der Zahlung), klar und eindeutig vereinbaren (grundlegend, auch zum Nachstehenden, Senatsurteile vom 3. März 2004 X R 14/01, BFHE 205, 261, BStBl II 2004, 826, und vom 19. Januar 2005 X R 23/04, BFHE 209, 91, BStBl II 2005, 434). Die Vereinbarungen müssen zu Beginn des Rechtsverhältnisses oder bei Änderung des Verhältnisses für die Zukunft getroffen werden.
Ob und in welchem Umfang die Parteien des Versorgungsvertrags ihren Vertragspflichten nachkommen wollen, steht ihnen nicht frei; die Leistungen müssen wie vereinbart erbracht werden. Andererseits liegt es in der Rechtsnatur des Versorgungsvertrags begründet, dass die Vertragspartner z.B. auf geänderte Bedarfslagen angemessen reagieren. Im Rahmen der Gesamtwürdigung ist entscheidend, ob eine festgestellte Abweichung von den vertraglichen Vereinbarungen darauf hindeutet, dass es den Parteien am erforderlichen Rechtsbindungswillen fehlt.
2. Die Würdigung des FG, die beiden Notarverträge hinsichtlich des Gegenstands der Vermögensübergabe zusammenfassend zu betrachten, bindet den erkennenden Senat.
a) Gemäß § 118 Abs. 2 FGO ist der BFH an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden, es sei denn, dass in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind. Auch die Auslegung von Verträgen gehört zu den "tatsächlichen Feststellungen" i.S. des § 118 Abs. 2 FGO, deren Vornahme dem FG obliegt (BFH-Urteil vom 3. August 2005 I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20, unter II.4., m.w.N.).
Da das FA keine Verfahrensrügen erhoben hat, könnte die Bindungswirkung der Würdigung des FG nur dann entfallen, wenn die Vorinstanz gesetzliche Auslegungsregeln verletzt (hierzu z.B. BFH-Urteil vom 1. Dezember 2004 II R 17/04, BFHE 208, 386, BStBl II 2005, 855, unter II.1.b), gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verstoßen oder die Grenzen der freien Beweiswürdigung überschritten hätte (hierzu BFH-Urteil vom 2. Dezember 2004 III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483, unter II.1.d). Ist dies nicht der Fall, bindet die Vertragsauslegung des FG das Revisionsgericht schon dann, wenn sie lediglich möglich, nicht aber zwingend ist (Senatsurteil vom 26. November 2014 X R 20/12, BFHE 248, 34, BStBl II 2015, 325, Rz 21).
b) Vorliegend hat das FG die Verklammerung der beiden Notarverträge sowohl auf die privatschriftliche Vereinbarung als auch auf den engen zeitlichen Zusammenhang der beiden Verträge --der zeitliche Abstand betrug lediglich 13 Tage-- als auch auf die Interessenlage der Vertragsparteien gestützt.
Diese Auslegungsgesichtspunkte sind für sich genommen bedenkenfrei. Der enge zeitliche Zusammenhang der beiden Notarverträge liegt auf der Hand und wird auch vom FA nicht in Abrede gestellt. Die Interessenlage der Vertragsparteien ist ein gewichtiges, bei jeder Vertragsauslegung zu berücksichtigendes Auslegungskriterium (BFH-Urteil vom 10. Februar 2010 XI R 49/07, BFHE 228, 456, BStBl II 2010, 1109, unter II.3.c). In diesem Zusammenhang kommt hinzu, dass der erkennende Senat entschieden hat, ein Übernehmer sei nicht verpflichtet, zur Erbringung von Versorgungsleistungen die Substanz des übernommenen Vermögens anzugreifen (Urteil vom 23. November 2016 X R 8/14, BFHE 256, 415, BStBl II 2017, 512, Rz 43). Stellt man allein auf die Eigentumswohnung ab, könnten die wiederkehrenden Leistungen aber nur aus deren Substanz erbracht werden. Vor diesem Hintergrund hatten die Vertragsparteien auch im Streitfall ein objektives Interesse daran, die Versorgungsleistungen dem gesamten übergebenen Vermögen zuzuordnen.
c) Das FG hat auch nicht gegen gesetzliche Auslegungsregeln verstoßen.
aa) Zwar ist in dem vom FA angeführten BGH-Urteil in NJW 1987, 1069 (unter I.2.b) tatsächlich der Auslegungsgrundsatz erwähnt, es spreche eine tatsächliche Vermutung dafür, dass in verschiedenen Urkunden niedergelegte Verträge nach dem Parteiwillen auch unabhängig voneinander gewollt seien. Bereits in jenem Urteil ist der BGH aber zu dem Ergebnis gekommen, dass diese Vermutung im dort zu beurteilenden Einzelfall widerlegt sei. Hierfür hat er die Interessenlage der Vertragsparteien herangezogen. Auch im vorliegenden Fall hat sich das FG auf die Interessenlage der Vertragsparteien stützen können. Zusätzlich konnte es noch auf die Verklammerung durch die vorangehende privatschriftliche Vereinbarung abstellen. Danach hat das FG für seine Würdigung so viele einzelfallbezogene Besonderheiten anführen können, dass die vom FA herangezogene Auslegungsregel nicht verletzt ist.
bb) Das FA bringt ferner vor, der Inhalt des notariell beurkundeten Vertrags vom 12. Juli 2002 sei so klar und eindeutig, dass eine Auslegung unter ergänzender Heranziehung der privatschriftlichen Vereinbarung vom 26. Juni 2002 nicht erforderlich sei.
Indes hat das FG zu Recht eine Auslegungsbedürftigkeit des ersten Notarvertrags aus dem Umstand abgeleitet, dass die Höhe der dort vereinbarten dauernden Last (3.500 € monatlich) sowohl zum Wert als auch zu den laufenden Erträgen der in diesem Vertrag lediglich übertragenen Eigentumswohnung in einem krassen Missverhältnis steht. Der jährliche Überschuss aus der Vermietung der übertragenen Eigentumswohnung beläuft sich auf 1.481 €; hinzu kommen AfA von 2.882 € (insgesamt 4.363 € jährlich bzw. 364 € monatlich). Dieser Überschuss würde gerade einmal 10 % des Betrages der dauernden Last abdecken. Das FA selbst hat ermittelt, dass das auf den Kläger übertragene Grundvermögen (nach Abzug der zu übernehmenden Verbindlichkeit) einen Nettowert von 106.257 € hatte, der Kapitalwert der dauernden Last aber 337.554 € betrug. Ein Vertrag, in dem sich der Übernehmer zu weitaus höheren Leistungen als der Übergeber verpflichtet, entspricht aber nicht dem Typus der --im Vertrag angesprochenen-- vorweggenommenen Erbfolge. Schon dieser sich bei isolierter Betrachtung nur des ersten Notarvertrags ergebende innere Widerspruch zwischen dem Vertragswortlaut und dem im Vertrag benannten Zweck der Übertragung (vorweggenommene Erbfolge) berechtigt die Tatsacheninstanz dazu, zur Auslegung des Vertrags auch Umstände außerhalb des Vertrags --insbesondere den weiteren notariell beurkundeten Übergabevertrag-- heranzuziehen.
Der Senat ist auch nicht aufgrund des klaren Wortlauts der notariellen Urkunde der Aufgabe enthoben, das von den Vertragsparteien tatsächlich Gewollte festzustellen.
Vielmehr ist auch bei formbedürftigen Willenserklärungen zunächst der Bedeutungsgehalt des Rechtsgeschäfts unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände zu ermitteln, soweit solche Umstände einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zum damaligen Zeitpunkt zulassen (vgl. BGH-Urteil vom 19. Januar 2000 VIII ZR 275/98, Neue Juristische Wochenschrift-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 2000, 1002, unter II.2.a). Bei dieser ersten Stufe der Auslegung sind auch solche Umstände zu berücksichtigen, die keine Erwähnung oder Andeutung in der beurkundeten Form gefunden haben. Erst nach Ermittlung des wirklich gewollten und für den Erklärungsempfänger erkennbaren Erklärungsinhalts ist in einer zweiten Stufe zu prüfen, ob und inwieweit das Rechtsgeschäft in seiner beurkundeten Form den Formzwängen genügt (vgl. BGH-Urteil vom 12. Juli 1996 V ZR 202/95, NJW 1996, 2792, unter III.1.).
Die privatschriftliche Vereinbarung vom 26. Juni 2002 war --anders als das FA offenbar meint-- nicht formbedürftig. Nach ihrem eindeutigen Inhalt sollte sie die --noch abzuschließenden-- Notarverträge nicht etwa vorwegnehmen oder gar ersetzen. Denn in dieser Vereinbarung war ausdrücklich vorgesehen, in Kürze den Notartermin durchzuführen. Es ging den Parteien daher nicht darum, ein --nach ihrer Vorstellung bindendes-- Rechtsgeschäft unter Verstoß gegen zwingende gesetzliche Formvorschriften abzuschließen. Vielmehr war ihnen bewusst, dass die Vereinbarung vor ihrer notariellen Beurkundung rechtlich noch nicht bindend sein konnte; sie hatten damals lediglich den Inhalt ihrer bisherigen Verhandlungen umreißen und schriftlich fixieren wollen. Es ist aber durchaus naheliegend, den Inhalt eines solchen gemeinsamen Vorbereitungspapiers zur Auslegung der später geschlossenen notariellen Verträge heranzuziehen, wie es das FG auch getan hat.
cc) Auch eine Abweichung vom Senatsurteil in BFH/NV 1992, 306 liegt nicht vor.
Dieses Urteil enthält zwar (unter 3.b) die vom FA zitierte Formulierung, es sei denkbar, dass die Vertragsparteien zwei getrennte, nicht in einem rechtlichen Zusammenhang stehende Verträge abschließen. Der Senat hat aber sogleich angefügt, diese Sachverhaltsvariante sei im dortigen Einzelfall auch unter Berücksichtigung der --hier bereits vorstehend unter aa) gewürdigten-- Auslegungsregel der BGH-Rechtsprechung "in tatsächlicher Hinsicht nicht wahrscheinlich". Bereits zur dortigen Fallkonstellation ist der Senat also von einem Zusammenhang der Verträge ausgegangen.
Letztlich hat der Senat den Sonderausgabenabzug der dort streitigen wiederkehrenden Leistungen allein deshalb versagt, weil im notariell beurkundeten Vertrag ein Grundstück ausdrücklich ohne Gegenleistung übertragen worden war und die Parteien erst in einer fünf Wochen später abgeschlossenen privatschriftlichen Vereinbarung eine Zahlungspflicht der Beschenkten festgelegt hatten. Der Senat ist in Bezug auf jene Fallgestaltung zu der Auffassung gekommen, dass auch die zweite Vereinbarung --als Teil eines Grundstücksgeschäfts-- beurkundungspflichtig gewesen wäre. Aufgrund dieses Formmangels könne das unter nahen Angehörigen vorgenommene Geschäft ertragsteuerrechtlich nicht anerkannt werden.
Damit ist der vorliegend zu beurteilende Sachverhalt, in dem zwei unstreitig formwirksame Übertragungsverträge abgeschlossen worden sind, nicht vergleichbar.
d) Das FG hat auch die Grundsätze der oben zu 1.d wiedergegebenen Rechtsprechung beachtet, wonach der Mindestbestand an bürgerlich-rechtlichen Rechtsfolgen, der die Qualifikation als Versorgungsvertrag erst ermöglicht, klar und eindeutig vereinbart sein muss. Wie das FG zutreffend ausführt, sind sowohl die Bestandteile des übertragenen Vermögens (Eigentumswohnung, Einzelunternehmen, drei Mitunternehmeranteile) als auch die wiederkehrenden Leistungen (3.500 € monatlich, Wertsicherungsklausel, Bezugnahme auf § 323 ZPO) klar und eindeutig im Vertrag bezeichnet. Ob die beiden Notarverträge zu einer Einheit verklammert werden, ist eine Frage der Vertragsauslegung, berührt aber die Klarheit und Eindeutigkeit der Vereinbarungen nicht. Im Übrigen ist eine nach den allgemeinen Regeln vorzunehmende Vertragsauslegung auch bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen zulässig und geboten (vgl. BFH-Urteil vom 28. Juni 2002 IX R 68/99, BFHE 199, 380, BStBl II 2002, 699, unter II.1.c).
e) Die Grenzen der freien Beweiswürdigung sind ebenfalls nicht überschritten. Das FA führt hierzu an, der Vortrag der Kläger, die Beurkundung der Übertragung des Betriebsvermögens habe nicht sofort vorgenommen werden können, weil hierzu noch Angaben und Unterlagen gefehlt hätten, stehe nicht im Einklang mit dem Schreiben des Notars vom 11. Juli 2002.
Dies ist für den Senat nicht nachvollziehbar. In dem genannten Schreiben hat der Notar ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er für die Beurkundung der Übertragung des Betriebsvermögens noch Angaben zum Namen des Geschäfts und zum Firmensitz benötige. Ferner sei zu klären, ob eine weitere Person an dem Termin teilnehme, um die Firmenanmeldung mit zu unterzeichnen oder ob diese Anmeldung noch abgeändert werden müsse. Der Inhalt dieses Schreibens stützt daher das Vorbringen der Kläger, für die Übertragung des Betriebsvermögens hätten noch Angaben gefehlt.
f) Da somit keine Rechtsfehler in der vom FG vorgenommenen Auslegung erkennbar sind und sich die tatrichterliche Würdigung als zumindest möglich --nach Auffassung des Senats sogar als naheliegend-- erweist, bindet sie das Revisionsgericht.
Ergänzend ließe sich für die Auslegung des FG noch anführen, dass der ausdrückliche Wunsch der Vertragsparteien nach einer --zivilrechtlich an sich nicht erforderlichen-- notariellen Beurkundung auch des zweiten Übergabevertrags zusätzlich für eine Einheit beider Verträge spricht. Denn nur bei einer inhaltlichen Verklammerung beider Verträge bestünde das Risiko, dass sich die Formbedürftigkeit des ersten Übertragungsvertrags auch auf den zweiten Vertrag erstreckt. Dieses Risiko haben die Vertragsparteien durch die vorsorgliche Beurkundung auch des zweiten Vertrags ausgeräumt.
g) Gegen die weitere Würdigung des FG, bei Heranziehung auch des übertragenen Betriebsvermögens seien die erzielbaren Nettoerträge ausreichend, um die wiederkehrenden Leistungen erbringen zu können, hat das FA keine Einwendungen erhoben. Damit liegen alle Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug der Versorgungsleistungen vor.
3. Das FA hat in der Einspruchsentscheidung --auf der Grundlage seiner damaligen Auffassung, es handele sich nicht um eine Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen-- eine teilentgeltliche Übertragung der Eigentumswohnung angenommen und auf dieser rechtlichen Grundlage die bei den Einkünften des Klägers aus Vermietung und Verpachtung abzuziehende AfA geringfügig erhöht. Das FG hat sich hiermit nicht weiter auseinandergesetzt. Im Ergebnis ist dies nicht zu beanstanden, da die Handhabung des FA sich auch auf der rechtlichen Grundlage einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen als zutreffend erweist.
Übernimmt der Erwerber des übertragenen Vermögens auch Darlehensverbindlichkeiten, entstehen ihm insoweit auch dann Anschaffungskosten, wenn die Vermögensübertragung im Übrigen als Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen --also als ein unentgeltlicher Vorgang-- zu würdigen ist (grundlegend Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 161, 317, BStBl II 1990, 847, unter C.II.3.b). Anders liegt es nur, wenn Gegenstand der Übergabe ein Betrieb oder Mitunternehmeranteil ist, weil dann von vornherein eine Saldobetrachtung vorzunehmen ist und die übergehenden Verbindlichkeiten lediglich die Höhe des übertragenen Vermögenssaldos mindern.
Da der Kläger die Verbindlichkeiten hier im Zusammenhang mit der Übertragung der Eigentumswohnung übernommen hat, hat das FA insoweit zu Recht Anschaffungskosten angenommen und eine entsprechend erhöhte AfA gewährt.
4. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.