Entscheidungsdatum: 27.06.2018
1. NV: Ohne ausdrücklichen Hinweis des Beteiligten muss das Gericht die Akten nicht darauf durchsehen, ob sich darin Anhaltspunkte dafür finden, dass der Beteiligte bereits ein hohes Alter erreicht hat, aus dem ggf. ein besonderes Beschleunigungsbedürfnis folgen könnte .
2. NV: Der dem Ausgangsgericht zukommende Gestaltungsspielraum umfasst auch die Befugnis, eines von mehreren anhängigen Parallelverfahren als Leitverfahren zu behandeln und vordringlich zu fördern, wenn zu erwarten ist, dass die dort gewonnenen Erkenntnisse für die übrigen Verfahren ebenfalls von Bedeutung sind. Solange das Leitverfahren bearbeitet wird, ist es vertretbar, die Parallelverfahren jedenfalls faktisch auszusetzen (Anschluss an das BVerwG-Urteil vom 14. November 2016 5 C 10/15 D, BVerwGE 156, 229, Rz 155) .
3. NV: Bei einer objektiven Klagehäufung vervielfacht sich der Entschädigungsanspruch nicht. Wird im Fall der objektiven Klagehäufung ein Streitgegenstand abgetrennt, kann ein zusätzlicher Entschädigungsanspruch in Bezug auf das abgetrennte Verfahren nur für solche Zeiträume bestehen, die nach der Abtrennung liegen .
4. NV: Erkennt der Anspruchsgegner einen Entschädigungsanspruch bereits vorgerichtlich an, erfüllt er die Forderung aber zunächst nicht, hat der Anspruchsteller nach Übermittlung einer Mahnung einen Anspruch auf Verzugszinsen .
Die Verfahren X K 3-6/17 werden zu gemeinsamer Entscheidung verbunden.
Der Beklagte wird im Verfahren X K 3/17 verurteilt, an die Klägerin Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für die Zeit vom 8. bis zum 14. Juli 2017 auf einen Betrag von 800 € zu zahlen.
Im Übrigen werden die Klagen abgewiesen.
Die Kosten der Verfahren hat die Klägerin zu tragen.
I.
Die Klägerin begehrt gemäß § 198 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) Entschädigung wegen der von ihr als unangemessen angesehenen Dauer von vier finanzgerichtlichen Verfahren, die seit dem 7. Mai 2013 (4 K 1412/13) bzw. dem 20. Juni 2013 (4 K 1870, 1878, 1879/13) vor dem Finanzgericht (FG) Köln anhängig waren. Die Verfahren wurden --nach einigen Abtrennungen-- in den Monaten Mai bzw. Juli 2017 durch Kostenbeschlüsse nach Erledigung der Hauptsache bzw. durch Urteile beendet.
Den Ausgangsverfahren liegt der folgende Sachverhalt zugrunde: Die im Jahr 1934 geborene Klägerin bezog seit 1994 Altersrente. Sie wurde bis zum Tod ihres Ehemanns (E) im Jahr 2007 mit diesem zur Einkommensteuer zusammenveranlagt. Seit 1995 führten die Eheleute bei einer Luxemburger Tochtergesellschaft der X-Bank ein Nummernkonto und -depot als Oder-Konto. Die entsprechenden Konto- und Depotauszüge wurden postlagernd an eine Stelle in Luxemburg übermittelt. Die Eheleute beauftragten einen luxemburgischen Vermögensverwalter und erteilten ihm Empfangsvollmacht für Mitteilungen der Bank. Die Erträge aus den Luxemburger Kapitalanlagen gaben sie in ihren Einkommensteuererklärungen nicht an. Sie führten auch Konten und Depots bei der deutschen Tochtergesellschaft der X-Bank; diese Erträge erklärten sie gegenüber dem Finanzamt (FA).
Am 23. Juni 2007 verstarb E. Am 16. August 2007 ließ die Klägerin über eine panamesische Anwaltskanzlei eine Kapitalgesellschaft in Panama gründen (P-S.A.), deren Alleingesellschafterin sie wurde. Sie übertrug das gesamte in Luxemburg verwahrte Vermögen auf die P-S.A., die seither Inhaberin des dortigen Kontos und Depots war.
Im Jahr 2011 begann eine Steuerfahndungsprüfung bei der Klägerin. Die Klägerin legte --mit Ausnahme einiger nicht für steuerliche Zwecke erstellter Erträgnisaufstellungen-- keine Unterlagen über die Höhe der Kapitalerträge und der Depotbestände der Luxemburger Geldanlagen vor. Daher schätzten die Fahndungsprüfer die Einkünfte anhand einzelner ihnen vorliegender Dokumente. Hinsichtlich der P-S.A. erließ ein anderes FA am 15. Oktober 2012 für die Jahre 2007 bis 2011 einen negativen Feststellungsbescheid nach § 18 des Außensteuergesetzes (AStG). Zur Begründung führte es aus, die Erträge der P-S.A. seien der Klägerin gemäß § 42 der Abgabenordnung (AO) unmittelbar zuzurechnen, da diese Gesellschaft inaktiv sei. Dieser Feststellungsbescheid wurde in Bezug auf die Jahre 2007 sowie 2009 bis 2011 mit Ablauf der Einspruchsfrist bestandskräftig. Für das Jahr 2008 legte die Klägerin hingegen Einspruch ein, weil sie insoweit die Feststellung von Verlusten begehrte. Die hierzu ergangene --den Einspruch zurückweisende-- Einspruchsentscheidung vom 3. Juli 2014 wurde bestandskräftig.
Am 14. November 2012 erließ das FA die im Ausgangsverfahren angegriffenen, nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheide für 1996 bis 2009 sowie erstmalige Einkommensteuerbescheide für 2010 und 2011. Darin setzte es die Schätzungen der Fahndungsprüfer um und rechnete für die Jahre 2007 bis 2011 die von der P-S.A. erzielten Erträge direkt der Klägerin zu.
Die Klägerin legte am 23. November 2012 Einspruch ein. Zur Begründung berief sie sich auf das Fehlen geeigneter Beweismittel, auf ein Mitwirkungsverweigerungsrecht sowie den Eintritt von Festsetzungsverjährung. Ferner behauptete sie, E habe zu seinen Lebzeiten alle Bankgeschäfte allein erledigt; sie selbst habe keinen Einblick gehabt.
Am 7. Mai 2013 --noch vor Ablauf der in § 46 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) genannten Sechs-Monats-Frist-- erhob die Klägerin zur Einkommensteuer 2008 Untätigkeitsklage beim FG (4 K 1412/13), die sie bereits in der Klageschrift begründete.
Das FA erließ am 13. Juni 2013 die Einspruchsentscheidung zur Einkommensteuer 1996 bis 2006. Darin vertrat es die Auffassung, die Festsetzungsfrist habe sich gemäß § 169 Abs. 2 Satz 2 AO auf zehn Jahre verlängert, weil der Klägerin eine Steuerhinterziehung zur Last falle. Zwar sei deren Einlassung, bis zum Tod des E gutgläubig gewesen zu sein, nicht zu widerlegen. Spätestens nach dem Tod des E habe die --steuerlich beratene-- Klägerin aber von den Kapitalanlagen und ihrer bisherigen Nichtversteuerung Kenntnis erlangt. Sie sei daher im Jahr 2007 gemäß § 153 AO zur Berichtigung der Steuererklärungen verpflichtet gewesen, was sie unterlassen habe. Hinsichtlich der Höhe der Schätzung sei das Beweismaß wegen der fehlenden Mitwirkung der Klägerin reduziert.
Am 20. Juni 2013 erhob die Klägerin Klagen wegen der Einkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004 (4 K 1879/13), der Einkommensteuer 2005 (4 K 1878/13) und der Einkommensteuer 2006 (4 K 1870/13). Ferner erhob sie am 21. Juni 2013 eine Untätigkeitsklage wegen der Einkommensteuer für die Jahre 2007 sowie 2009 bis 2011 (4 K 1890/13), die aber nicht Gegenstand der vorliegend zu beurteilenden Entschädigungsklagen ist.
Der Schriftsatzaustausch im Verfahren 4 K 1879/13 endete mit einer am 17. Juli 2013 beim FG eingegangenen Stellungnahme der Klägerin, der Schriftsatzaustausch in den Verfahren 4 K 1878/13, 4 K 1870/13 und 4 K 1890/13 endete am 31. Juli 2013 mit dem Eingang von Stellungnahmen des FA, und im Verfahren 4 K 1412/13 mit dem Eingang einer weiteren Stellungnahme der Klägerin am 30. Januar 2014.
Am 14. Juli 2015 erhob die Klägerin --in den fünf Verfahren jeweils getrennt-- Verzögerungsrügen. Sie verwies darin auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats, wonach ein FG im Regelfall gut zwei Jahre nach Klageeingang mit Maßnahmen beginnen müsse, die das Verfahren einer Erledigung zuführten. Das FG übermittelte die Verzögerungsrügen zunächst weder dem FA noch wurde es anderweitig tätig.
Am 28. August 2015 übersandte das FA dem FG --ausdrücklich auf die Verfahren betreffend Einkommensteuer 2007 bis 2011 beschränkt-- umfangreiche neue Unterlagen der Steuerfahndung. Das FG leitete diesen Schriftsatz samt den Unterlagen am 9. September 2015 an die Klägerin weiter, gab dabei aber irrig an, dass die Einkommensteuer 1996, 1997, 1999 bis 2004 und 2008 betroffen sei. Am selben Tage übermittelte es dem FA auch die Verzögerungsrügen. Am 16. September 2015 stellte das zuständige Amtsgericht das gegen die Klägerin geführte Steuerstrafverfahren vorläufig gegen Zahlung einer Geldauflage ein (§ 153a der Strafprozessordnung).
Am 12. Oktober 2015 nahm die Klägerin zu dem Schreiben des FA vom 28. August 2015 Stellung und gab dabei sämtliche Streitjahre an. Das FA wies am 26. November 2015 --neben Erläuterungen zur Sache-- darauf hin, dass die übersandten Unterlagen sich nur auf die Jahre ab 2007 (P-S.A.) bezögen. Die Klägerin erwiderte am 7. Dezember 2015 u.a., zwar beträfen die Unterlagen tatsächlich nur die Jahre ab 2007; das FG habe sie aber unter Angabe der Streitjahre ab 1996 zur Stellungnahme aufgefordert. Das FG sei verpflichtet, die entstandene Verwirrung durch einen Hinweis aufzuklären.
Am 12. Januar 2016 kam es zu einem Telefongespräch zwischen dem beim FG zuständigen Senatsvorsitzenden und einem Vertreter des FA. Der Vorsitzende erklärte, er halte wegen der neuen Schätzungsunterlagen eine Erörterung mit der Klägerin für sinnvoll. Im Ergebnis sei mit einer wesentlich geringeren Steuerfestsetzung zu rechnen; ggf. sei eine Einigung möglich. In einem Schreiben vom 25. Januar 2016 erläuterte er gegenüber der Klägerin, die Angabe der Streitjahre im gerichtlichen Übersendungsschreiben vom 9. September 2015 habe auf einem Versehen beruht. Er werde sich der Lektüre der Akten widmen und auf die Sache zurückkommen, sobald es seine Arbeitsbelastung zulasse.
Am 8. Juli 2016 forderte der Vorsitzende die Steuerakten beim FA an. Am 18. Juli 2016 richtete er ein --mit 18 Seiten sehr ausführliches-- Hinweisschreiben an die Beteiligten, das sämtliche Streitjahre betraf. Darin vertrat er vorläufig die Auffassung, für die Jahre 1996 bis 2005 könne eine Steuerhinterziehung nicht nachgewiesen werden, so dass insoweit Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Dem FA stehe es aber frei, im Wege der Amtshilfe zusätzliche Unterlagen aus Luxemburg anzufordern und vorzulegen. Für 2006 ergebe sich nach den neuen Erkenntnissen des FA eine Steuer von 0 €. Für die Jahre 2007 bis 2011 sei die Entscheidung im Feststellungsverfahren nach § 18 AStG abzuwarten; bis dahin seien diese Klageverfahren auszusetzen oder zum Ruhen zu bringen.
Die Klägerin wies das FG am 22. August 2016 auf die bereits eingetretene Bestandskraft der negativen Feststellungsbescheide nach § 18 AStG hin und erklärte, sie stimme daher einem Ruhen oder einer Aussetzung der Klageverfahren nicht zu. Das FA regte mit Schreiben vom 8. September 2016 die Durchführung eines Erörterungstermins an. Es kündigte an, in diesem Termin die Schätzungsgrundlagen darzulegen. Die Klägerin lehnte dies im Schriftsatz vom 15. September 2016 ab und erklärte, dem rechtlichen Hinweis des FG für die Streitjahre 1996 bis 2006 sei nichts hinzuzufügen.
Am 22. September 2016 --zugestellt am 26. September 2016-- setzte das FG der Klägerin in den Verfahren wegen Einkommensteuer 2007 bis 2011 eine dreimonatige Frist nach § 79b Abs. 2 FGO zur Vorlage umfangreicher Unterlagen. Die Klägerin reichte am 15. bzw. 19. Dezember 2016 einen Teil der angeforderten Unterlagen ein.
Am 20. Dezember 2016 reichte das FA einen umfangreichen (achtseitigen) Schriftsatz mit zahlreichen Anlagen beim FG ein. Darin nahm es eine neue Schätzung vor, die für die Jahre 1999, 2000 sowie 2004 bis 2006 keine Mehrsteuern im Vergleich zu denjenigen Steuerfestsetzungen auswies, die vor den Änderungen durch die Steuerfahndung bestanden hatten. Ferner wies es darauf hin, dass Luxemburg --entgegen der vom FG geäußerten Einschätzung-- bei einfacher Steuerhinterziehung keine Amtshilfe leiste und die Ermittlungsmöglichkeiten der Finanzverwaltung daher ausgeschöpft seien. Die Klägerin bat am 20. Januar 2017 um den Erlass von Abhilfebescheiden für die Jahre 1999, 2000 sowie 2004 bis 2006. Am 30. Januar 2017 erhob sie zur Einkommensteuer 2005 und 2006 eine weitere Verzögerungsrüge.
Am 14. März 2017 erließ das FA geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 1996, 1997, 1999 bis 2004, 2006 bis 2008 und 2011, in denen es die Steuer jeweils herabsetzte. Da die Einkommensteuer für 2006 und 2011 nunmehr jeweils 0 € betrug, erklärte das FA am 14. März 2017 insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die Klägerin erklärte am 21. März 2017 den Rechtsstreit für die Jahre 2004, 2006 und 2011 in der Hauptsache für erledigt und erhob im Übrigen inhaltliche Einwendungen gegen die Richtigkeit der Änderungsbescheide. Das FG, das die für die Jahre 2006 und 2011 bereits vorliegende Erledigungserklärung des FA offenbar übersehen hatte, bat das FA am 23. März 2017 um Erledigungserklärungen für die Jahre 2004, 2006 und 2011, die das FA am 25. April 2017 abgab. Zugleich wies das FA darauf hin, es erwarte hinsichtlich der weiteren Streitjahre zu zwei Fragenkreisen noch eine Antwort der Steuerfahndung.
Mit Beschlüssen vom 2. Mai 2017, die der Klägerin am 8. Mai 2017 übermittelt wurden, trennte das FG das Verfahren wegen Einkommensteuer 2004 aus dem wegen Einkommensteuer 1996, 1997, 1999 bis 2004 geführten Verfahren 4 K 1879/13 ab und legte die Kosten insoweit dem FA auf. Ebenso legte es die Kosten des wegen Einkommensteuer 2006 geführten Verfahrens 4 K 1870/13 dem FA auf. Aus dem wegen Einkommensteuer 2007 sowie 2009 bis 2011 geführten Verfahren 4 K 1890/13 trennte es das Verfahren wegen Einkommensteuer 2011 ab und legte die Kosten insoweit der Klägerin auf. Aufgrund einer Anhörungsrüge der Klägerin änderte das FG diese Kostenentscheidung mit Beschluss vom 21. Juli 2017 und legte nun auch die Kosten dieses Verfahrens dem FA auf.
Am 16. Mai 2017 erhob die Klägerin in den noch anhängigen Verfahren erneut Verzögerungsrügen. Am 18. Mai 2017 lud das FG in allen noch anhängigen Verfahren für den 5. Juli 2017 zur mündlichen Verhandlung.
Am 21. Juni 2017 wies das FG das FA darauf hin, dass sich nach den neuen Schätzungsgrundlagen auch für die Einkommensteuer 2005 eine Steuer von 0 € ergeben dürfte. Das FA kündigte am 26. Juni 2017 den Erlass eines entsprechenden Abhilfebescheids an und erklärte den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt. Am 3. Juli 2017 erklärte auch die Klägerin im Vertrauen auf den zugesagten Abhilfebescheid den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt. Das FG legte daraufhin mit Beschluss vom 3. Juli 2017 (den Beteiligten übermittelt am 4. Juli 2017) die Kosten des Verfahrens 4 K 1878/13 dem FA auf.
Am 26. Juni 2017 erteilte das FG den Beteiligten weitere umfangreiche rechtliche Hinweise. Daraufhin erklärte das FA, auch hinsichtlich der Einkommensteuer 1997, 1999, 2003 und 2008 Abhilfebescheide erlassen zu wollen. Die Klägerin erklärte am 3. bzw. 4. Juli 2017 für die Einkommensteuer 1999 und 2008 den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Das FG trennte am 3. Juli 2017 den Rechtsstreit wegen Einkommensteuer 1999 aus dem Verfahren wegen Einkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2003 (4 K 1879/13) ab und legte die Kosten insoweit dem FA auf. Nach Eingang der Erledigungserklärung des FA zur Einkommensteuer 2008 legte es die Kosten des entsprechenden Verfahrens (4 K 1412/13) mit Beschluss vom 21. Juli 2017 der Klägerin auf. Hiergegen erhob die Klägerin am 8. August 2017 Anhörungsrüge, die das FG am 28. September 2017 zurückwies.
Aufgrund der mündlichen Verhandlung am 5. Juli 2017 gab das FG der Klage im Verfahren 4 K 1879/13 (Einkommensteuer 1996, 1997, 2000 bis 2003) statt, da die reguläre Festsetzungsfrist bei Erlass der angefochtenen Änderungsbescheide abgelaufen gewesen sei. Die verlängerte Festsetzungsfrist sei mangels Nachweises einer Steuerhinterziehung nicht anwendbar. Im Verfahren 4 K 1890/13 (Einkommensteuer 2009 und 2010) setzte das FG die Einkommensteuer 2009 herab und wies die Klage wegen der Einkommensteuer 2010 ab, da die Erträge der P-S.A. gemäß § 42 AO unmittelbar der Klägerin zuzurechnen seien. Die Urteile wurden den Beteiligten am 26. Juli 2017 zugestellt.
Bereits am 16. Mai 2017 hatte die Klägerin beim FG wegen der Verfahren zur Einkommensteuer 2004 und 2006 Ansprüche auf Geldentschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von jeweils 2.200 € (22 Monate Verzögerung je Verfahren) geltend gemacht. Im Rubrum und in der Begründung des Schreibens wegen Einkommensteuer 2004 gab sie die Aktenzeichen 4 K 1879/13 und 4 K 1195/17 an. Ferner begehrte sie die Verzinsung der Ansprüche ab dem Zeitpunkt ihrer Geltendmachung sowie die Erstattung der Anwaltskosten für die außergerichtliche Geltendmachung der Ansprüche (144,47 € je Verfahren). Das FG erwiderte am 17. Mai 2017, es sei für die Festsetzung von Entschädigungen nicht zuständig. Die Klägerin könne ihr Begehren durch Klage beim Bundesfinanzhof (BFH) verfolgen. Nach einem Hinweis der Klägerin auf die Senatsrechtsprechung zum Bestehen der Möglichkeit der außergerichtlichen Geltendmachung eines Entschädigungsanspruchs erkannte das FG am 13. Juni 2017 für die genannten Verfahren jeweils einen Entschädigungsanspruch von 1.100 € für elf Monate (August 2015 bis Juni 2016) sowie die anteiligen Rechtsanwaltskosten (72,24 € je Verfahren) an und zahlte diese Beträge an die Klägerin aus.
Am 15. August 2017 machte die Klägerin zudem Entschädigungsansprüche wegen des Verfahrens zur Einkommensteuer 2008 für 21 Monate (Juli 2015 bis Juni 2016 sowie August 2016 bis April 2017) in Höhe von 2.100 € zzgl. vorgerichtlicher Anwaltskosten geltend. Das FG erkannte am 19. September 2017 einen Betrag von 1.200 € für die Monate Juli 2015 bis Juni 2016 sowie anteilige Anwaltskosten von 114,38 € an und zahlte diese Beträge an die Klägerin aus. Auch wegen des Verfahrens zur Einkommensteuer 2005 hat der Beklagte einen Entschädigungsbetrag von 1.100 € vorgerichtlich anerkannt und gezahlt.
Mit ihren Entschädigungsklagen, die sich auf die Ausgangsverfahren wegen Einkommensteuer 2006 (4 K 1870/13 / X K 3/17), Einkommensteuer 2005 (4 K 1878/13 / X K 4/17), Einkommensteuer 1996, 1997, 2000 bis 2003 (4 K 1879/13 / X K 5/17) sowie Einkommensteuer 2008 (4 K 1412/13 / X K 6/17) beziehen, begehrt die Klägerin weitere Entschädigungsbeträge. Sie ist zunächst der Auffassung, § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG sei aufgrund der Verwendung zahlreicher unbestimmter Rechtsbegriffe nicht hinreichend bestimmt und daher verfassungswidrig. Die gesetzliche Regelung diene mehr der Abschreckung als dem verfassungs- und menschenrechtlich gebotenen Schutz der Bürger.
Im Übrigen hätte das FG bei Zugrundelegung der Senatsrechtsprechung gut zwei Jahre nach Klageeingang mit der Bearbeitung beginnen müssen, im Hinblick auf das fortgeschrittene Alter der Klägerin, das dem FG von Beginn an bekannt gewesen sei, auch wohl schon früher. Zudem wirke der gegen eine 78-Jährige erhobene Vorwurf der Steuerhinterziehung so schwer, dass sie an einem zügigen Verfahrensabschluss interessiert gewesen sei.
Die dem FA im gerichtlichen Hinweisschreiben vom 18. Juli 2016 gesetzte Frist von gut zwei Monaten sei angesichts des hohen Alters der Klägerin zu lang gewesen. Auch reiche es nicht aus, dass das FG nach Erteilung seines rechtlichen Hinweises nur die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze weitergeleitet habe, selbst aber weitere neun Monate lang nicht tätig geworden sei.
Die Höhe der Entschädigung sollte im Hinblick auf das hohe Alter der Klägerin und das objektiv mangelhaft durchgeführte Einspruchsverfahren den gesetzlichen Regelbetrag von 1.200 € pro Jahr der Verzögerung übersteigen. Auch wegen der Zusammenveranlagung mit E erscheine eine Verdoppelung als angemessen.
Ein zusätzlicher, ebenfalls auszugleichender materieller Schaden liege in den Kosten, die der Klägerin für die --teilweise erfolglose-- vorgerichtliche Geltendmachung der Entschädigungsansprüche entstanden seien. Zinsen seien nicht erst ab Rechtshängigkeit, sondern bereits ab der vorgerichtlichen Geltendmachung der Ansprüche zu zahlen, zumal der Beklagte auf einer derartigen vorgerichtlichen Geltendmachung bestehe. Aus menschenrechtlichen Gründen müsse die Kostenentscheidung in Entschädigungsklageverfahren jedenfalls dann, wenn eine unangemessene Verfahrensdauer festgestellt werde, stets in vollem Umfang zu Lasten des Beklagten ergehen.
In Bezug auf das Ausgangsverfahren 4 K 1879/13 (ursprünglich wegen Einkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004; am 2. Mai 2017 Abtrennung des Verfahrens wegen Einkommensteuer 2004; am 3. Juli 2017 Abtrennung des Verfahrens wegen Einkommensteuer 1999) trägt die Klägerin ergänzend vor, auch wenn die Abtrennungen erst kurz vor der Erledigung des gesamten Verfahrens vorgenommen worden seien, sei sie so zu stellen, als seien die Verfahren von Anfang an getrennt geführt worden. Die vom Beklagten vorgerichtlich bereits anerkannte Entschädigung für das Verfahren wegen Einkommensteuer 2004 (1.100 €) sei daher nicht auf den Entschädigungsanspruch wegen des beim FG verbliebenen und durch ein Urteil abgeschlossenen Ausgangsverfahrens wegen Einkommensteuer 1996, 1997 und 2000 bis 2003 anzurechnen. Ohnehin sei es ausgeschlossen, dass sich das vom Beklagten bereits am 13. Juni 2017 ausgesprochene Anerkenntnis auf das erst im Juli 2017 durch Urteil beendete Verfahren wegen Einkommensteuer 1996, 1997 und 2000 bis 2003 bezogen haben könnte.
In Bezug auf das Ausgangsverfahren wegen Einkommensteuer 2008 bringt die Klägerin ergänzend vor, hier hätte das FG bereits ein Jahr nach Einlegung des Einspruchs tätig werden müssen, da es sich um eine Untätigkeitsklage gehandelt habe.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, |
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den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin |
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im Verfahren X K 3/17 wegen unangemessener Dauer des vor dem FG Köln geführten Verfahrens 4 K 1870/13 (Einkommensteuer 2006) eine weitere Entschädigung von 900 €, |
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im Verfahren X K 4/17 wegen unangemessener Dauer des vor dem FG Köln geführten Verfahrens 4 K 1878/13 (Einkommensteuer 2005) eine weitere Entschädigung von 900 €, |
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im Verfahren X K 5/17 wegen unangemessener Dauer des vor dem FG Köln geführten Verfahrens 4 K 1879/13 (Einkommensteuer 1996, 1997 und 2000 bis 2003) eine Entschädigung von 2.000 € und |
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im Verfahren X K 6/17 wegen unangemessener Dauer des vor dem FG Köln geführten Verfahrens 4 K 1412/13 (Einkommensteuer 2008) eine weitere Entschädigung von 1.000 €, |
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jeweils zuzüglich Zinsen ab dem Zeitpunkt der vorgerichtlichen Geltendmachung, zu zahlen. |
Ergänzend führt die Klägerin aus, das Gericht möge "bei Bedarf" entscheiden, ob der gesetzliche Regelbetrag der Entschädigung zu verdoppeln sei.
Der Beklagte beantragt,
die Klagen abzuweisen.
Die Ausgangsverfahren seien rechtlich komplex gewesen, da sie die Feststellung einer Steuerhinterziehung zum Gegenstand gehabt hätten. Da die Verzögerungsrügen im Juli 2015 erhoben worden seien, könne der Verzögerungszeitraum erst im August 2015 beginnen. Die vom FG im Hinweisschreiben vom 18. Juli 2016 gesetzte Zwei-Monats-Frist sei angesichts des erheblichen Umfangs dieser Hinweise angemessen gewesen. Seit diesem Hinweisschreiben sei keine Verzögerung der Verfahren mehr eingetreten, da sich ein umfangreicher Schriftwechsel zwischen den Beteiligten entwickelt habe. Auch wenn das Gericht solche Schriftsätze nur weitergeleitet habe, habe dies der Gewährung rechtlichen Gehörs gedient. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Ausgangsverfahren jeweils mit Parallelverfahren verknüpft gewesen seien, in denen sowohl eine Aktivität des FG als auch weitere Aktivitäten der Beteiligten zu verzeichnen gewesen seien.
Die zum Verfahren wegen Einkommensteuer 2004 gezahlte Entschädigung beziehe sich auf das gesamte Ausgangsverfahren 4 K 1879/13. Der Entschädigungsanspruch sei auf das jeweilige Ausgangsverfahren, nicht aber auf dessen einzelne Streitgegenstände bezogen.
Im Verfahren wegen Einkommensteuer 2008 sei es für die Angemessenheit der Verfahrensdauer irrelevant, dass es sich um eine Untätigkeitsklage gehandelt habe. Insoweit werde allerdings für den Monat "Juni 2017" (so Bl. 5 des Schriftsatzes des Beklagten vom 8. Dezember 2017; auf Bl. 7 dieses Schriftsatzes ist von "Juni 2016" die Rede) ein weiterer Entschädigungsanspruch von 100 € anerkannt und der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Kosten seien allerdings insoweit der Klägerin aufzuerlegen, da sie für diesen Monat vorgerichtlich keine Entschädigung begehrt habe.
Die Klägerin hat in Hinblick auf die Einkommensteuer 2008 den Rechtsstreit ebenfalls für den Monat "Juni 2017" für erledigt erklärt. Sie ist der Auffassung, der Beklagte habe insoweit die Kosten zu tragen, da er den Anspruch zwar mit der Klageerwiderung (Schreiben vom 8. Dezember 2017) anerkannt, aber die daraus folgende Zahlung nicht sofort, sondern erst am 26. Januar 2018 geleistet habe.
Die Vorsitzende des erkennenden Senats hat die Beteiligten darauf hingewiesen, die Erledigungserklärung des Beklagten dürfte nach dem Gesamtinhalt des Schriftsatzes vom 8. Dezember 2017 dahingehend auszulegen sein, dass sie sich auf den "Juni 2015" bezieht. Der Beklagte hat dieser Auslegung ausdrücklich zugestimmt. Die Klägerin hat demgegenüber darauf bestanden, den Rechtsstreit nur für den Monat Juni 2017 für erledigt erklärt zu haben.
II.
Die vier Entschädigungsklageverfahren werden gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 FGO zu gemeinsamer Entscheidung verbunden. Die Verbindung entspricht wegen der im Wesentlichen gleichgelagerten Sachverhalte dem Gebot der Prozessökonomie.
III.
Im Verfahren X K 6/17 ist es während des Klageverfahrens nicht zu einer Teilerledigung des Rechtsstreits gekommen. Die Erledigungserklärungen der Klägerin und des Beklagten beziehen sich ausdrücklich auf unterschiedliche Monate; sie stimmen daher nicht überein. Der Senat entscheidet daher auch über diese Klage einheitlich durch Urteil.
IV.
Die Klagen sind --mit Ausnahme eines geringfügigen Zinsanspruchs im Verfahren X K 3/17—- unbegründet.
Zwar war die Dauer der Ausgangsverfahren unangemessen (dazu unten 1. bis 3.). Der Klägerin steht aber in keinem der Verfahren ein höherer als der vom Beklagten bereits vor- bzw. außergerichtlich anerkannte und erfüllte Entschädigungsanspruch zu (unten 4.). Auch die geltend gemachten Ansprüche auf Rechtshängigkeits- und Verzugszinsen bestehen --mit Ausnahme eines geringfügigen Anspruchs auf Verzugszinsen im Verfahren X K 3/17-- nicht (unten 5.).
1. Gemäß § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG richtet sich die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
a) Diese gesetzlichen Maßstäbe beruhen auf der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) und des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG). Zur Vermeidung von Wiederholungen wird hierzu und zum Folgenden auf das Senatsurteil vom 7. November 2013 X K 13/12 (BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, Rz 48 ff.) Bezug genommen.
Nach dieser Entscheidung ist der Begriff der "Angemessenheit” für Wertungen offen, die dem Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse an einem möglichst zügigen Abschluss des Rechtsstreits einerseits und anderen, ebenfalls hochrangigen sowie verfassungs- und menschenrechtlich verankerten prozessualen Grundsätzen --wie dem Anspruch auf Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes durch inhaltlich möglichst zutreffende und qualitativ möglichst hochwertige Entscheidungen, der Unabhängigkeit der Richter und dem Anspruch auf den gesetzlichen Richter-- Rechnung tragen. Danach darf die zeitliche Grenze bei der Bestimmung der Angemessenheit der Dauer des Ausgangsverfahrens nicht zu eng gezogen werden; dem Ausgangsgericht ist ein erheblicher Spielraum für die Gestaltung seines Verfahrens --auch in zeitlicher Hinsicht-- einzuräumen. Zwar schließt es die nach der Konzeption des § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG vorzunehmende Einzelfallbetrachtung aus, im Rahmen der Auslegung der genannten Vorschrift konkrete Fristen zu bezeichnen, innerhalb der ein Verfahren im Regelfall abschließend erledigt sein sollte. Gleichwohl kann für ein finanzgerichtliches Klageverfahren, das im Vergleich zu dem typischen in dieser Gerichtsbarkeit zu bearbeitenden Verfahren keine wesentlichen Besonderheiten aufweist, die Vermutung aufgestellt werden, dass die Dauer des Verfahrens angemessen ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, und die damit begonnene ("dritte") Phase des Verfahrensablaufs nicht durch nennenswerte Zeiträume unterbrochen wird, in denen das Gericht die Akte unbearbeitet lässt. Dies gilt nicht, wenn der Verfahrensbeteiligte rechtzeitig und in nachvollziehbarer Weise auf Umstände hinweist, aus denen eine besondere Eilbedürftigkeit des Verfahrens folgt.
b) Der Senat kann die --ohnehin mangels Auswertung der einschlägigen Rechtsprechung des BVerfG nicht substantiiert vorgebrachte-- Auffassung der Klägerin, § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG sei mangels hinreichender inhaltlicher Bestimmtheit verfassungswidrig, nicht teilen. Wie die bisherige Rechtsentwicklung gezeigt hat, ist die höchstrichterliche Rechtsprechung in der Lage, die dort verwendeten Rechtsbegriffe auszulegen, zu konkretisieren und sie sowohl typisierend als auch einzelfallbezogen anzuwenden. In solchen Fällen sind die verfassungsrechtlichen Bestimmtheitserfordernisse regelmäßig erfüllt (vgl. BVerfG-Beschluss vom 26. Juni 2008 2 BvR 2067/07, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 2008, 3346, unter III.2.b bb).
2. Im Streitfall liegen keine Besonderheiten vor, die dazu führen könnten, von der Anwendung der genannten Regelvermutung für die Angemessenheit der Dauer finanzgerichtlicher Verfahren abzusehen.
a) Die Anwendung der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG beispielhaft genannten Kriterien vermittelt im Streitfall kein einheitliches Bild.
Die Klägerin weist zwar zutreffend darauf hin, dass Verfahren, bei denen es um den Vorwurf der Steuerhinterziehung geht, grundsätzlich eine besondere Bedeutung für den davon betroffenen Steuerpflichtigen haben. Dies gilt vorliegend umso mehr, als bis September 2015 parallel auch ein Steuerstrafverfahren gegen die Klägerin betrieben wurde.
Gegenläufig ist aber zu berücksichtigen, dass die Ausgangsverfahren durch einen deutlich überdurchschnittlichen Schwierigkeitsgrad gekennzeichnet waren. Zum einen waren zahlreiche schwierige rechtliche Wertungen vorzunehmen. Vor allem aber war die Feststellung des Sachverhalts --gerade auch angesichts der weitestgehend unterbliebenen Mitwirkung der Klägerin an der Sachaufklärung-- besonders schwierig.
Aufgrund der nur sehr reduzierten Mitwirkung der Klägerin in den Ausgangsverfahren hat auch ihr eigenes Verhalten --ein weiteres der in § 198 Abs. 1 Satz 2 GVG genannten Kriterien-- nicht dazu beigetragen, die Verfahren zu fördern und zu einem zügigen Abschluss zu bringen.
b) Besondere Gründe für eine Eilbedürftigkeit hat die Klägerin weder innerhalb der zweijährigen Regelfrist noch mit ihren nach gut zwei Jahren angebrachten Verzögerungsrügen dem FG gegenüber geltend gemacht.
aa) Allerdings bringt die Klägerin nunmehr vor, das FG hätte die Verfahren im Hinblick auf ihr hohes Alter beschleunigen müssen.
Zwar kann das hohe Alter eines Verfahrensbeteiligten oder Zeugen durchaus ein Grund sein, ein Verfahren besonders zu beschleunigen und im Entschädigungsklageverfahren von der Anwendung der Regelvermutung für die Angemessenheit der Verfahrensdauer finanzgerichtlicher Klageverfahren abzusehen. Voraussetzung hierfür ist aber --wie auch aus § 198 Abs. 3 Satz 3 GVG folgt--, dass das Ausgangsgericht diese besonderen Umstände kennt.
Vorliegend hat die Klägerin weder auf ein besonderes --altersbedingtes-- Beschleunigungsbedürfnis hingewiesen noch dem FG ihr Alter ausdrücklich mitgeteilt. Zwar war das Geburtsdatum der Klägerin in der übersandten Prozessvollmacht erwähnt. Ein weiterer Anhaltspunkt, der Rückschlüsse auf ein hohes Alter der Klägerin zugelassen hätte, war die Angabe in der --trotz Verwendung einer kleinen Schrifttype immerhin zwölfseitigen-- Einspruchsentscheidung, die Klägerin beziehe seit 1994 Altersrente. Das FG ist aber jedenfalls ohne einen besonderen Hinweis nicht verpflichtet, die im Rahmen der Klageerhebung und -begründung übersandten Unterlagen sofort von Amts wegen darauf durchzusehen, ob sich daraus Anhaltspunkte für ein besonders hohes Alter des Verfahrensbeteiligten und eine damit eventuell verbundene Beschleunigungsnotwendigkeit ergeben.
bb) Ob für die Bearbeitung einer Untätigkeitsklage generell ein besonderes Beschleunigungsgebot besteht, kann der Senat im Rahmen der vorliegend zu treffenden Entscheidung offenlassen.
Ein solches Gebot besteht nämlich jedenfalls dann nicht, wenn die Untätigkeitsklage noch vor Ablauf der gesetzlichen Sechs-Monats-Frist des § 46 Abs. 1 Satz 2 FGO erhoben wird --die Sachentscheidungsvoraussetzungen also gar nicht erfüllt sind (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 7. März 2006 VI B 78/04, BFHE 211, 433, BStBl II 2006, 430, unter 3.)-- und sich dem FG keine Anhaltspunkte für ein besonderes Beschleunigungsbedürfnis aufdrängen. So liegt es hier.
3. Daher ist eine Betrachtung der konkreten Verfahrensabläufe unter Berücksichtigung der Regelvermutung für die Angemessenheit der Dauer finanzgerichtlicher Klageverfahren vorzunehmen. Diese führt zu dem Ergebnis, dass im Entschädigungsklageverfahren X K 3/17 (Ausgangsverfahren 4 K 1870/13 wegen Einkommensteuer 2006) eine unangemessene Verfahrensdauer von acht Monaten anzunehmen ist. In den Entschädigungsklageverfahren X K 4/17 (Ausgangsverfahren 4 K 1878/13 wegen Einkommensteuer 2005), X K 5/17 (Ausgangsverfahren 4 K 1879/13 wegen Einkommensteuer 1996, 1997 und 2000 bis 2003) und X K 6/17 (Ausgangsverfahren 4 K 1412/13 wegen Einkommensteuer 2008) beläuft sich die unangemessene Verfahrensdauer auf jeweils sieben Monate.
a) In dem seit dem 7. Mai 2013 beim FG anhängigen Verfahren wegen Einkommensteuer 2008 endete der Wechsel der vorbereitenden Schriftsätze am 30. Januar 2014. In den seit dem 20. Juni 2013 anhängigen weiteren Ausgangsverfahren endete der Schriftsatzaustausch am 17. bzw. 31. Juli 2013.
Geht man nach den vorstehend unter 1.a dargelegten Grundsätzen davon aus, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu vermuten ist, wenn das Gericht gut zwei Jahre nach dem Eingang der Klage mit Maßnahmen beginnt, die das Verfahren einer Entscheidung zuführen sollen, hätte das FG die Verfahren ab Juni 2015 (Einkommensteuer 2008) bzw. Juli 2015 (die übrigen Ausgangsverfahren) aufgreifen und durch kontinuierliches Tätigwerden zur Entscheidung führen müssen. Tatsächlich ist es aber in allen Verfahren --trotz Erhebung ordnungsgemäßer Verzögerungsrügen im Juli 2015-- zunächst nicht tätig geworden.
Während des Monats Juli 2015 --im Verfahren wegen Einkommensteuer 2008 auch während des Monats Juni 2015-- sind daher sämtliche Ausgangsverfahren unangemessen verzögert worden.
Entgegen der Auffassung der Klägerin ist aber allein aus dem Umstand, dass das FG auf die Verzögerungsrügen nicht reagiert hat, kein zusätzlicher Verzögerungszeitraum abzuleiten.
b) Von August bis Dezember 2015 ist es sodann durchgängig zu einem neuen Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten gekommen. Gerichtliche Aktivitäten haben in diesem Zeitraum allerdings --abgesehen von der Übermittlung der eingehenden Schriftsätze an den jeweils anderen Beteiligten-- nicht stattgefunden.
aa) Dieser Schriftsatzaustausch wurde dadurch ausgelöst, dass das FA am 28. August 2015 umfangreiche neue Unterlagen der Steuerfahndung in das Verfahren eingeführt hatte. Im entsprechenden Übersendungsschreiben hatte es allerdings nur die Streitjahre 2007 bis 2011 bezeichnet. Jedenfalls auf diese Jahre --und damit auch auf die Einkommensteuer 2008, die Gegenstand des Entschädigungsklageverfahrens X K 6/17 ist-- bezog sich der bis einschließlich Dezember 2015 ununterbrochen andauernde weitere Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten.
Unter den besonderen Umständen des Streitfalls ist die Dauer dieses Schriftsatzaustausches für das Verfahren wegen Einkommensteuer 2008 ungeachtet dessen, dass diese Phase des Verfahrens durch das FG nicht begleitet, gelenkt oder gefördert wurde, als angemessen zu würdigen. Der Beklagte hat hierzu die Auffassung vertreten, auch ein Schriftsatzaustausch, der ohne Förderung durch das Ausgangsgericht stattfinde, diene der Gewährung rechtlichen Gehörs; eine Entscheidung des Gerichts sei daher vor Ablauf der letzten Stellungnahmefrist ausgeschlossen.
Dies ist im Ausgangspunkt zutreffend. Allerdings verdichtet sich mit zunehmender Verfahrensdauer die Pflicht des Gerichts, sich nachhaltig um eine Förderung, Beschleunigung und Beendigung des Verfahrens zu bemühen (BVerfG-Beschluss vom 27. Juli 2004 1 BvR 1196/04, NJW 2004, 3320, unter II.2.a, m.w.N.; Senatsurteil in BFHE 243, 126, BStBl II 2014, 179, Rz 55). Daher darf sich das Gericht jedenfalls in einem Verfahren, dessen Dauer bereits als deutlich unangemessen anzusehen ist, nicht mehr auf die bloße Weiterleitung eingehender Schriftsätze beschränken, sondern muss das Verfahren aktiv fördern. Das vorliegende Verfahren weist indes die Besonderheit auf, dass das FA im August 2015 umfassende neue Schätzungsgrundlagen vorgelegt hat. Da die Klägerin an der Sachverhaltsaufklärung nicht mitgewirkt, sondern schlicht abgewartet hatte, ob das FA durch eigene Ermittlungen im nicht kooperierenden Ausland weitere Beweismittel würde erlangen können, kann sich die hierdurch verursachte Verfahrensverzögerung im späteren Entschädigungsprozess nicht zu Gunsten der --insoweit bewusst untätig gebliebenen-- Klägerin auswirken. Der erneute Schriftwechsel war also unter den besonderen Umständen des vorliegenden Verfahrens sachgerecht und bedeutet daher keine unangemessene Verfahrensdauer.
Der Senat kann auch nicht feststellen, dass der von August bis Dezember 2015 dauernde Schriftsatzaustausch kürzer ausgefallen wäre, wenn das FG lenkende Hinweise gegeben hätte. Die Schriftsätze der Beteiligten folgten recht schnell aufeinander und waren inhaltlich zielgerichtet. Zudem waren die Ausgangsverfahren in diesem Zeitraum --in Bezug auf die Einkommensteuer 2008 zwei Monate nach Beginn der objektiven Verzögerung-- noch nicht allzu stark verzögert. Da sich die Pflicht des FG zur Verfahrensförderung mit zunehmender Verfahrensdauer immer mehr verdichtet, ist sie zu Beginn des objektiven Verzögerungszeitraums weniger stark ausgeprägt als in einem Verfahren, dessen Dauer bereits als deutlich unangemessen zu bewerten ist.
bb) Darüber hinaus entfaltet dieser --unmittelbar nur für die Einkommensteuer 2007 bis 2011 eingeleitete-- Schriftsatzaustausch aufgrund der Besonderheiten des zugrunde liegenden Sachverhalts aber auch Wirkungen für die übrigen Ausgangsverfahren, so dass deren Dauer in den Monaten August bis Dezember 2015 ebenfalls nicht als unangemessen angesehen werden kann.
Dies folgt allerdings nicht bereits daraus, dass das FG bei der Weiterleitung der vom FA am 28. August 2015 übermittelten Unterlagen an die Klägerin aufgrund eines Versehens zusätzliche Streitjahre angegeben hatte. Allein ein solches Versehen des Gerichts könnte für objektiv nicht von einem Schriftsatzaustausch betroffene Jahre nicht dazu führen, dass die Verfahrensdauer auch insoweit als angemessen anzusehen ist.
Bei wertender Betrachtung waren aber objektiv sämtliche Ausgangsverfahren von den neuen Schätzungsgrundlagen des FA betroffen. Im Vermerk der Steuerfahndung vom 30. April 2015 wurde mitgeteilt, dass nunmehr erstmals "belastbare Werte" des Vermögens zum 31. Dezember 2004 und auch die Struktur des angelegten Vermögens bekannt geworden waren. Im ergänzenden Vermerk der Steuerfahndung vom 27. August 2015 waren erstmals Kontostände des Nummernkontos ab 1998 ermittelt worden. Die vom FA im August 2015 übersandten Unterlagen haben sich auch tatsächlich fördernd auf sämtliche Ausgangsverfahren --nicht nur auf die im Übersendungsschreiben bezeichneten Veranlagungszeiträume 2007 bis 2011-- ausgewirkt. Zunächst hat der Senatsvorsitzende des FG in seinem Hinweisschreiben vom 18. Juli 2016 (dort bezogen auf das Jahr 2006) eine Auswirkung dieser Unterlagen auch auf Vorjahre bejaht, insbesondere im Hinblick auf die nunmehr erstmals bekannt gewordene Struktur des angelegten Kapitalvermögens. Auch die späteren, sämtliche Streitjahre betreffenden (Teil-)Abhilfebescheide des FA beruhten auf den Erkenntnissen, die das FA im August 2015 in die Verfahren eingeführt hatte und die den neuen Schriftsatzaustausch ausgelöst hatten.
c) Im Januar 2016 ist das FG --in Gestalt des dortigen Senatsvorsitzenden-- mehrfach tätig geworden. Der Vorsitzende hat zunächst mit dem FA telefoniert und anschließend einen entsprechenden Hinweis an die Klägerin erteilt. Die Verfahrensdauer ist daher in Bezug auf den Januar 2016 für sämtliche Ausgangsverfahren als angemessen zu werten.
d) Von Februar bis Juni 2016 ist hingegen keine Aktivität des FG festzustellen, obwohl sämtliche Ausgangsverfahren bereits verzögert waren. In Bezug auf diese Monate ist die Verfahrensdauer als unangemessen anzusehen.
e) In den Monaten Juli bis September 2016 ist keine weitere Verzögerung eingetreten. Der Vorsitzende hat am 18. Juli 2016 einen umfangreichen rechtlichen Hinweis an die Verfahrensbeteiligten gerichtet. Anders als die Klägerin meint, war die darin gesetzte zweimonatige Stellungnahmefrist angesichts des erheblichen Umfangs der Hinweisverfügung keinesfalls zu lang. Im Übrigen haben weder die Klägerin noch das FA die Zwei-Monats-Frist ausgeschöpft, so dass diese objektiv nicht zu einer weiteren Verzögerung des Verfahrens geführt hat.
In den Monaten August und September 2016 kam es --ausgelöst durch die Hinweisverfügung des FG-- zu weiterem Schriftwechsel der Beteiligten. Am 22. September 2016 richtete der Senatsvorsitzende zudem in den Verfahren wegen Einkommensteuer 2007 bis 2011 eine umfangreiche Aufklärungsanordnung nach § 79b Abs. 2 FGO an die Klägerin.
f) In den Monaten Oktober und November 2016 sind zwar keine weiteren Aktivitäten in den Ausgangsverfahren zu verzeichnen. Allerdings war hier die Beantwortung der vom FG an die Klägerin gerichteten Aufklärungsverfügung abzuwarten. Die gesetzte Frist von drei Monaten war angesichts des erheblichen Umfangs der angeforderten Unterlagen noch angemessen und zudem im eigenen Interesse der Klägerin. Sie hat diese Frist auch tatsächlich ausgeschöpft und die Unterlagen nicht etwa vorfristig eingereicht.
aa) Die Aufklärungsverfügung bezog sich indes unmittelbar nur auf die Jahre 2007 bis 2011. Daher ist die Zeit des entsprechenden Fristenlaufs zunächst nur in Bezug auf das Entschädigungsklageverfahren X K 6/17 (Einkommensteuer 2008) als angemessen anzusehen.
bb) Darüber hinaus ist aber in Bezug auf diese Zeit des Fristenlaufs auch für die übrigen --nicht unmittelbar von der Aufklärungsanordnung berührten-- Ausgangsverfahren ebenfalls keine Verzögerung anzunehmen.
Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat bereits entschieden, dass der dem Gericht zukommende Gestaltungsspielraum auch die Befugnis umfasst, eines von mehreren anhängigen Parallelverfahren als Leitverfahren zu behandeln und vordringlich zu fördern, wenn zu erwarten ist, dass die dort gewonnenen Erkenntnisse auch für die übrigen Verfahren von Bedeutung sind. Solange das Leitverfahren bearbeitet wird, ist es vertretbar, die Parallelverfahren faktisch auszusetzen (BVerwG-Urteil vom 14. November 2016 5 C 10/15 D, BVerwGE 156, 229, Rz 155).
So liegt es hier. Es war jedenfalls nicht ausgeschlossen, von der Aufklärung der Verhältnisse für die Jahre ab 2007 auch Rückschlüsse für die Vorjahre bis 2006 zu erwarten, da in allen Jahren letztlich dasselbe Kapitalvermögen ertragbringend angelegt war.
g) In den Monaten Dezember 2016 und Januar 2017 kam es aufgrund der Vorlage einer neuen Schätzung des FA, die sämtliche Streitjahre betraf, zu einem weiteren Schriftsatzaustausch zwischen den Beteiligten. Auch wenn das FG in diesem Stadium erneut nicht lenkend und fördernd tätig geworden ist, sind diese zwei Monate als Teil der angemessenen Verfahrensdauer anzusehen.
h) Demgegenüber ist im Monat Februar 2017 keine Aktivität in den Ausgangsverfahren erkennbar.
aa) In dem Verfahren 4 K 1412/13 liefen allerdings für beide Beteiligte noch Stellungnahmefristen, die das FG jeweils bis zum 5. März 2017 gesetzt hatte. In Bezug auf die Einkommensteuer 2008 war das FA um Stellungnahme zu den von der Klägerin am 15. bzw. 19. Dezember 2016 eingereichten Unterlagen gebeten worden. Angesichts des Umfangs dieser Unterlagen war die Dauer der gesetzten Frist angemessen. Dieses Verfahren ist daher im Februar 2017 nicht unangemessen verzögert worden.
bb) Anders ist die Situation in Bezug auf die anderen Verfahren zu beurteilen. Zwar hatte das FG der Klägerin eine Frist bis zum 5. März 2017 zur Stellungnahme auf den Schriftsatz des FA vom 20. Dezember 2016 eingeräumt. Die Klägerin hatte aber bereits mit Schreiben vom 20. und 30. Januar 2017 deutlich zu erkennen gegeben, dass sie die Verfahren für entscheidungsreif hielt und keine weitere Stellungnahme abgeben möchte. Daher hätte das FG diese Verfahren zügig weiter fördern müssen. Hinzu kommt, dass das FG schon in den Vormonaten (seit September 2016) nicht mehr selbst tätig geworden war, sondern sich auf die bloße Weiterleitung der von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze beschränkt hatte. Zudem hatte sich die Pflicht des FG zur Förderung der bereits verzögerten Verfahren in diesem Zeitpunkt bereits in stärkerem Maße verdichtet als beispielsweise noch im Zeitraum August bis Dezember 2015 (dazu oben b aa).
i) Im März 2017 hat das FA Teilabhilfebescheide für sämtliche Streitjahre mit Ausnahme des Jahres 2005 erlassen. Schon wegen der Notwendigkeit, diese Bescheide --als neue Gegenstände der Ausgangsverfahren (§ 68 FGO)-- prüfen zu müssen, ist die Verfahrensdauer in Bezug auf diesen Monat als angemessen anzusehen.
Dies gilt auch im Hinblick auf das Verfahren wegen Einkommensteuer 2005. Zwar ist hier aufgrund der Regelungen der Kleinbetragsverordnung kein Änderungsbescheid ergangen. Dies hatte das FA am 3. März 2017 aber ausdrücklich mitgeteilt, so dass auch insoweit eine Überprüfungsnotwendigkeit des FG gegeben war.
j) Im April 2017 ist es in Bezug auf das Verfahren wegen Einkommensteuer 2006 zu einer Verzögerung gekommen, da die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten bereits am 14. bzw. 21. März 2017 abgegeben, vom FG aber zunächst übersehen wurden. Das FG hätte den einfachen Kostenbeschluss ohne Weiteres spätestens im April 2017 treffen können, ist tatsächlich aber erst im Mai 2017 tätig geworden.
In den übrigen Verfahren war das FG im April 2017 noch an einer Entscheidung gehindert, da das FA angekündigt hatte, die Steuerfahndung werde zu zwei --näher bezeichneten-- Punkten noch Stellung nehmen.
k) Ab Mai 2017 ist das FG in sämtlichen Ausgangsverfahren bis zu deren abschließender Erledigung ununterbrochen tätig geworden. So hat es im Mai 2017 die Verfahren wegen der Einkommensteuer 2004 und 2006 erledigt und in allen übrigen Verfahren zur mündlichen Verhandlung geladen. Im Juni 2017 hat es in allen noch anhängigen Verfahren umfangreiche rechtliche Hinweise erteilt. Im Juli 2017 hat es die mündlichen Verhandlungen durchgeführt und auch die Urteile abgefasst und zugestellt. Soweit in den Monaten August und September 2017 im Verfahren wegen Einkommensteuer 2008 noch eine Anhörungsrüge der Klägerin zu bearbeiten war, ist auch dies ohne Verzögerung geschehen.
l) Im Ergebnis ist die Verfahrensdauer damit für sämtliche Verfahren in den Monaten Juli 2015 sowie Februar bis Juni 2016 als unangemessen anzusehen. Für die Einkommensteuer 2008 kommt zusätzlich der Monat Juni 2015 hinzu, für die übrigen Verfahren der Monat Februar 2017 (insgesamt sieben Monate je Ausgangsverfahren). Für das Verfahren wegen Einkommensteuer 2006 ist zusätzlich noch der Monat April 2017 der unangemessenen Verfahrensdauer zuzurechnen (insoweit acht Monate unangemessene Verfahrensdauer).
4. Der Beklagte hat vor- und außergerichtlich in den Entschädigungsklageverfahren X K 3-5/17 jeweils Geldentschädigungen von 1.100 € (für je elf Monate) und im Verfahren X K 6/17 eine Geldentschädigung von 1.300 € (für 13 Monate) anerkannt und geleistet. Da sich die tatsächlich unangemessenen Teile der Verfahrensdauern im Verfahren X K 3/17 auf acht Monate und in den Verfahren X K 4-6/17 auf sieben Monate belaufen (dazu oben 3.), der gesetzliche Regelbetrag der Geldentschädigung vorliegend nicht zu erhöhen ist (unten a) und der für das abgetrennte Verfahren zur Einkommensteuer 2004 vorgerichtlich gezahlte Entschädigungsbetrag auf das gesamte Ausgangsverfahren wegen Einkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004 anzurechnen ist (unten b), steht der Klägerin keine weitere Entschädigung zu.
a) Vorliegend sind keine Umstände dafür gegeben, dass der in § 198 Abs. 2 Satz 3 GVG genannte Regelbetrag von 1.200 € für jedes Jahr der Verzögerung unbillig (§ 198 Abs. 2 Satz 4 GVG) sein könnte.
Die Klägerin macht in diesem Zusammenhang geltend, der Regelbetrag der Geldentschädigung für Nichtvermögensschäden sei wegen ihres hohen Alters, des mangelhaft geführten Verwaltungsverfahrens und der Zusammenveranlagung mit E zu verdoppeln.
Dem ist zu entgegnen, dass --gerade angesichts der nahezu vollständig fehlenden Mitwirkung der Klägerin und der Notwendigkeit, Ermittlungen im Ausland durchführen zu müssen-- keine Anhaltspunkte für eine Mangelhaftigkeit des Verwaltungsverfahrens bestehen. Zudem hat die Dauer des Verwaltungsverfahrens ohnehin keinen Einfluss auf die Beurteilung der Angemessenheit der Dauer des gerichtlichen Verfahrens (Senatsbeschluss vom 26. Juli 2012 X S 18/12 (PKH), BFH/NV 2012, 1822, Rz 4 f.).
Auf ihr hohes Alter hat die Klägerin in den Ausgangsverfahren weder hingewiesen noch musste sich dies dem FG aus den Unterlagen, die die Klägerin dem FG vorgelegt hatte, aufdrängen (dazu oben 2.b aa).
Die Zusammenveranlagung mit E kann schon deshalb nicht zu einer Verdoppelung des Entschädigungsbetrags führen, weil E --der bereits vor Erlass der in den Ausgangsverfahren angefochtenen Bescheide verstorben war-- an den verzögerten Ausgangsverfahren gar nicht beteiligt war.
b) Der für das abgetrennte Verfahren zur Einkommensteuer 2004 vorgerichtlich gezahlte Entschädigungsbetrag ist auf das gesamte wegen der Einkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004 geführte Ausgangsverfahren 4 K 1879/13 anzurechnen.
Die Dauer dieses Ausgangsverfahrens war in Bezug auf die Monate Juli 2015, Februar bis Juni 2016 sowie Februar 2017 als unangemessen anzusehen (siehe oben 3.l). In all diesen Monaten ist das verzögerte Ausgangsverfahren noch einheitlich geführt worden. Erst am 2. Mai 2017 --nachdem die gesamte Verzögerung bereits eingetreten war-- ist das Verfahren wegen Einkommensteuer 2004 unter dem neuen Aktenzeichen 4 K 1195/17 aus dem Verfahren 4 K 1879/13 abgetrennt und mit Kostenbeschluss vom selben Tage beendet worden.
Vor der Abtrennung war in Bezug auf die Einkommensteuer 1996, 1997 und 1999 bis 2004 nur ein einziges Verfahren beim FG anhängig. Hierfür entsteht bei einer unangemessenen Verfahrensdauer nur ein einziger --einheitlicher-- Entschädigungsanspruch. In Fällen der objektiven Klagehäufung vervielfacht sich der Entschädigungsanspruch --im Gegensatz zur subjektiven Klagehäufung-- nicht (so bereits Senatsurteil vom 12. Juli 2017 X K 3-7/16, BFHE 259, 393, BStBl II 2018, 103, Rz 57).
Danach deckt die vom Beklagten vorgerichtlich insoweit gezahlte Entschädigung nicht allein isoliert die im Verfahren wegen Einkommensteuer 2004 eingetretene Verzögerung, sondern die gesamte Verzögerung der Ausgangsverfahren 4 K 1879/13 und 4 K 1195/17 ab. Hierfür sprechen schon die von der Klägerin selbst in dem Schriftsatz, mit dem sie ihren Entschädigungsanspruch vorgerichtlich geltend gemacht hatte, gewählten Formulierungen. Darin hatte sie beide Aktenzeichen angegeben, den geltend gemachten Anspruch also selbst ausdrücklich auch auf das ursprüngliche Verfahren bezogen. Auch das Antwortschreiben des Beklagten vom 13. Juni 2017, mit dem er den Anspruch teilweise anerkannt hatte, bezog sich eindeutig auf das gesamte Verfahren wegen Einkommensteuer 1996, 1997 sowie 1999 bis 2004, nicht aber ausschließlich auf das später abgetrennte Verfahren wegen Einkommensteuer 2004.
Nicht überzeugen kann demgegenüber die Argumentation der Klägerin, ein Anerkenntnis vom 13. Juni 2017 könne sich nicht auf ein Verfahren beziehen, das erst im Juli 2017 beendet worden sei. Denn ein Anspruch auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer kann bereits vor dem rechtskräftigen Abschluss des Ausgangsverfahrens geltend gemacht --und damit auch erfüllt-- werden, wie § 201 Abs. 3 GVG zweifelsfrei zeigt.
c) Danach kann offenbleiben, ob die Anwaltskosten für die teilweise vergebliche außergerichtliche Geltendmachung des Entschädigungsanspruchs einen materiellen Schaden darstellen, der im Rahmen der Entschädigungsklage auszugleichen sein könnte. Diese Frage würde sich nur stellen, wenn der Klägerin eine höhere Entschädigung zustünde als bisher vom Beklagten anerkannt worden ist. Dies ist aber nicht der Fall.
Unabhängig davon neigt der Senat aber zu der Auffassung, dass die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten --wie auch in allen anderen Verfahrensarten-- nicht dem Entschädigungsklageverfahren als solchem, sondern dem nachgehenden Kostenfestsetzungsverfahren zuzuordnen ist.
5. Auch soweit die Klägerin vorgerichtlich erfolgreich war, steht ihr nur ein geringfügiger Teil des geltend gemachten Zinsanspruchs zu.
a) Ein Anspruch auf Geldentschädigung ist auch in den öffentlich-rechtlichen Gerichtsbarkeiten ab Eintritt der Rechtshängigkeit gemäß § 291 i.V.m. § 288 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen (Senatsurteil vom 19. März 2014 X K 8/13, BFHE 244, 521, BStBl II 2014, 584, Rz 39 ff.). Da die Entschädigungsklagen indes erfolglos geblieben sind, kommen Rechtshängigkeitszinsen nicht in Betracht.
b) Ein weitergehender Zinsanspruch könnte sich nur unter dem Gesichtspunkt des Verzugs ergeben (§ 288 Abs. 1 Satz 1 BGB). Dies setzt aber grundsätzlich eine vorherige Mahnung voraus, die nach dem Eintritt der Fälligkeit der Schuld ausgesprochen worden sein muss (§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Eine solche Mahnung lässt sich den von den Beteiligten vorgelegten Unterlagen nur in Bezug auf den vom Beklagten anerkannten Entschädigungsanspruch zur Einkommensteuer 2006 entnehmen (Schreiben der Klägerin vom 7. Juli 2017). Da der Beklagte die Hauptforderung am 14. Juli 2017 erfüllt hat, sind Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB) für die Zeit vom 8. bis zum 14. Juli 2017 entstanden. Die Bemessungsgrundlage für die Zinsen beschränkt sich allerdings auf den tatsächlich bestehenden Entschädigungsanspruch zur Einkommensteuer 2006 (800 €); der höhere vom Beklagten anerkannte Betrag (1.100 €) ist insoweit nicht maßgeblich.
Dass die Klägerin auch in Bezug auf die übrigen Entschädigungsansprüche vorgerichtliche Mahnungen ausgesprochen hätte, ist demgegenüber weder von ihr selbst vorgetragen worden noch den Akten zu entnehmen.
6. Die Kosten der Verfahren sind der Klägerin aufzuerlegen.
a) Soweit der Senat die Klagen abgewiesen hat (Verfahren X K 4-6/17), beruht die Kostenentscheidung auf § 135 Abs. 1 FGO.
Anders als die Klägerin meint, folgt aus der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) nicht, dass der Beklagte auch dann stets die gesamten Kosten eines Entschädigungsklageverfahrens zu tragen hat, wenn er ganz oder teilweise obsiegt. Zu einer Kostentragungspflicht für den eine überlange Verfahrensdauer Rügenden kommt es in Entschädigungsklageverfahren im Regelfall nur dann, wenn die geltend gemachte Menschenrechtsverletzung gerade nicht stattgefunden hat. Wenn es aber nicht zu einer Menschenrechtsverletzung gekommen ist, ist nicht nachvollziehbar, weshalb aus menschenrechtlichen Gründen von der Anwendung der allgemeinen Kostentragungsregelungen abzusehen sein sollte. Auch die Klägerin hat ihr entsprechendes Begehren nicht durch Hinweise auf Normen der EMRK oder die Rechtsprechung des EGMR substantiiert. Die Erwägungen in Rz 74 ff. des von ihr genannten Senatsurteils vom 17. April 2013 X K 3/12 (BFHE 240, 516, BStBl II 2013, 547), die sich ausschließlich mit der Kostenentscheidung in Fällen eines Feststellungsausspruchs ohne Anspruch auf Geldentschädigung befassen, sind ebensowenig einschlägig wie die Ausführungen in Rz 201 des in der vorgenannten Entscheidung zitierten Urteils des EGMR vom 29. März 2006 36813/97 --Scordino/Italien-- (NJW 2007, 1259), die allein den Fall einer begründeten Entschädigungsklage betreffen.
b) Im Verfahren X K 3/17, bei dem die Klägerin nur mit einem geringfügigen Teil des von ihr geltend gemachten Zinsanspruchs obsiegt hat, beruht die Kostenentscheidung auf § 136 Abs. 1 Satz 3, weil das Unterliegen des Beklagten geringfügig ist.