Entscheidungsdatum: 18.07.2013
NV: Die Frage, unter welche Voraussetzungen abänderbare (dauernde Lasten) oder nicht abänderbare Leistungen (Leibrenten) vorliegen, lässt sich an Hand der vom BFH hierzu aufgestellten Grundsätze beantworten.
I. Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2000 bis 2002 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Mit notariellem Übergabevertrag aus November 1999 hatte der Kläger eine unstreitig existenzsichernde und ausreichend ertragbringende Wirtschaftseinheit auf seinen Sohn (S) übertragen. S verpflichtete sich, als Versorgungsrente ab dem 1. Januar 2000 einen monatlichen Betrag in Höhe von 2.000 DM in Form wiederkehrender und wertgesicherter Barleistungen zu zahlen. Auf § 323 der Zivilprozessordnung (ZPO) wurde nicht Bezug genommen. Der Vertrag enthielt zudem keine ausdrückliche Vereinbarung darüber, ob die monatlichen Zahlungen abänderbar sein sollten oder ob die Abänderbarkeit ausgeschlossen sein sollte.
In ihren Einkommensteuererklärungen setzten die Kläger die wiederkehrenden Leistungen als nur mit dem Ertragsanteil zu versteuernde Leibrente an. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) berücksichtigte die Versorgungsleistungen zunächst antragsgemäß, gelangte dann jedoch im Anschluss an eine Außenprüfung zu der Auffassung, die wiederkehrenden Leistungen seien in vollem Umfang zu versteuern, und erließ entsprechende Änderungsbescheide. Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1664 veröffentlichten Gründen ab.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde, die sie im Wesentlichen mit dem Erfordernis einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Rechtsfortbildung und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung begründen.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Soweit die geltend gemachten Zulassungsgründe überhaupt den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entsprechen, liegen sie jedenfalls nicht vor.
1. Eine Entscheidung des BFH zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) ist nicht erforderlich.
a) Die Kläger sind der Auffassung, der BFH habe die Abgrenzung zwischen Abänderbarkeit und Nichtabänderbarkeit von wiederkehrenden Leistungen im Rahmen einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen bislang nicht in befriedigender Weise konkretisiert. Von daher sei eine Entscheidung in der Streitsache erforderlich, um klare Abgrenzungskriterien zu definieren.
b) Im Hinblick auf die vorhandene Rechtsprechung besteht indes keine Klärungsbedürftigkeit (vgl. auch Senatsbeschluss vom 15. Juli 2003 X B 173/01, nicht veröffentlicht --n.v.--, juris).
So haben der Große Senat des BFH im Beschluss vom 15. Juli 1991 GrS 1/90 (BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78) und im Anschluss daran der beschließende Senat für die Einordnung von Versorgungsleistungen als Leibrente oder dauernde Last folgende Grundsätze aufgestellt:
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Wiederkehrende Sach- und Geldleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit einer Vermögensübergabe vereinbart werden, stellen dauernde Lasten dar, wenn sie abänderbar sind (BFH-Beschluss in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, unter C.II.3.). |
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Für eine steuerrechtlich zu beachtende Änderungsklausel genügt der Vorbehalt der Rechte aus § 323 ZPO. Allerdings führt selbst eine ausdrückliche Bezugnahme auf § 323 ZPO dann nicht zur Annahme abänderbarer Leistungen, wenn die Vertragspartner deren Höhe nach dem Inhalt der gesamten Vereinbarungen materiell-rechtlich von Voraussetzungen abhängig gemacht haben, die einer Wertsicherungsklausel entsprechen (Senatsurteile vom 15. März 1994 X R 93/90, BFH/NV 1994, 848; vom 27. August 1997 X R 54/94, BFHE 184, 337, BStBl II 1997, 813, unter II.1.b aa). |
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Fehlt eine Bezugnahme auf § 323 ZPO, kann sich eine gleichwertige Änderungsmöglichkeit aufgrund eines Vertragsinhalts ergeben, der eine Anpassung nach den Bedürfnissen des Übergebers oder der Leistungsfähigkeit des Übernehmers erlaubt (BFH-Beschluss in BFHE 165, 225, BStBl II 1992, 78, unter C.II.3.c). Die Abänderbarkeit kann auch aus der Rechtsnatur des typischen Versorgungsvertrags folgen (Senatsurteil vom 11. März 1992 X R 141/88, BFHE 166, 564, BStBl II 1992, 499, unter 3., 4.). Die Rechtsprechung geht im Anschluss an die vorgenannte Entscheidung des Großen Senats davon aus, dass Versorgungsleistungen, die in sachlichem Zusammenhang mit der Übergabe von Vermögen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vereinbart werden, "im Regelfall" abänderbar sind (BFH-Urteile vom 25. März 1992 X R 38/86, BFH/NV 1992, 595; vom 26. Januar 1994 X R 141/90, BFH/NV 1994, 845, unter 2.b; vom 27. August 1996 IX R 86/93, BFHE 181, 175, BStBl II 1997, 47, unter 2.d aa, und vom 16. März 1999 X R 87/95, BFH/NV 2000, 12, unter II.1.b), es sei denn, aus dem Vertrag ergibt sich, dass die Parteien ausnahmsweise gleichbleibende Leistungen vereinbart haben (Senatsurteile vom 27. November 1996 X R 85/94, BFHE 182, 110, BStBl II 1997, 284, und in BFH/NV 2000, 12). |
Demzufolge kommt es grundsätzlich auf den Inhalt der Vereinbarungen an, ob abänderbare (dauernde Lasten) oder nicht abänderbare Leistungen (Leibrenten) vorliegen (Senatsbeschluss vom 15. Juli 2003 X B 173/01, n.v., juris). Die Frage, wie die wiederkehrende Leistung im Einzelfall bei Anwendung der vorstehenden Grundsätze einzuordnen ist, hat deshalb das FG unter Berücksichtigung der Umstände des Falles im Wege der Tatsachenwürdigung zu beurteilen. In einem Revisionsverfahren könnten somit keine hierüber hinausgehenden generellen und abstrakten Aussagen getroffen werden, die für eine Vielzahl gleichartiger Fälle Bedeutung hätten und damit das Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührten.
Hinzu kommt, dass Versorgungsleistungen, die ab dem Veranlagungszeitraum 2008 vereinbart sind, unabhängig von der Abänderbarkeit stets voll abziehbar (§ 10 Abs. 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes in der seit 2008 geltenden Fassung --EStG n.F.--) und korrespondierend voll zu versteuern sind (§ 22 Nr. 1b EStG n.F.), die Unterscheidung der wiederkehrenden Leistungen in dauernde Lasten und Rente mithin nur noch für auslaufendes Recht von Belang ist.
2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
a) Die Kläger entnehmen dem Senatsurteil vom 31. März 2004 X R 11/03 (BFH/NV 2004, 1389) den Rechtssatz, dass bei ausreichenden --zudem noch wertgesicherten-- monatlichen Leistungen ein Versorgungsbedürfnis über die zugesagten Leistungen hinaus nicht bestehe und diese deshalb dann (ausnahmsweise) nicht abänderbar seien.
Ein solch allgemeiner Rechtssatz ist dem Senatsurteil in BFH/NV 2004, 1389 jedoch nicht zu entnehmen. Der angerufene Senat hat vielmehr darauf hingewiesen, dass der von der Vorinstanz gezogene Schluss, angesichts der besonderen Verhältnisse im Streitfall habe für die Parteien von vornherein kein Anlass bestanden, eine Anpassung der Leistungen an ein etwa steigendes Versorgungsbedürfnis zu erwägen, rechtsfehlerfrei sei. Da die Vorinstanz zudem auch eine Anpassung an eine etwa verminderte Leistungsfähigkeit der Übernehmer (vgl. hierzu Senatsbeschluss vom 9. Mai 2007 X B 162/06, BFH/NV 2007, 1501, unter 1.d) verneint hatte, erachtete der angerufene Senat die Würdigung der Vorinstanz, der Übergabevertrag lasse ausnahmsweise keine Abänderung der wiederkehrenden Leistungen zu, jedenfalls als möglich.
b) Das FG ist zudem ersichtlich von den unter II.1.b dargestellten Grundsätzen ausgegangen. Dass es auf dieser Grundlage im Streitfall zum Vorliegen des "Regelfalls" der abänderbaren Versorgungsleistungen gelangt ist, weil sich dem Vertrag keine Anhaltspunkte für die Vereinbarung gleichbleibender Leistungen hätten entnehmen lassen, stellt keine für eine Zulassung der Revision gebotene Abweichung im Grundsätzlichen, sondern eine Würdigung der Umstände des Einzelfalles dar.
3. Einen Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) haben die Kläger nicht schlüssig dargelegt. Mit ihrem --"rein vorsorglich" geltend gemachten-- Einwand, falls das FG sich bei seiner Urteilsfindung davon habe leiten lassen, dass S bei seinen Sonderausgaben die wiederkehrenden Leistungen als in voller Höhe abzugsfähige dauernde Last geltend gemacht habe, könne dies eine "gewisse Voreingenommenheit" darstellen, können sie im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht mehr gehört werden.
Bei Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist die Verfahrensrüge nach § 119 Nr. 2 FGO nur dann schlüssig erhoben, wenn der Richter mit Erfolg abgelehnt worden ist. Hingegen liegt kein absoluter Revisionsgrund i.S. des § 119 Nr. 2 FGO vor, wenn Beteiligte --aus welchen Gründen auch immer-- darauf verzichten, Richter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen (vgl. Senatsbeschluss vom 1. April 2009 X B 90/08, BFH/NV 2009, 1135, unter 2.).
4. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.