Bundesfinanzhof

Entscheidungsdatum: 29.06.2011


BFH 29.06.2011 - X B 59/10

Ansparrücklage bei Existenzgründern - Keine Divergenz bei Abweichung von einem bereits aufgehobenen anderen FG-Urteil


Gericht:
Bundesfinanzhof
Spruchkörper:
10. Senat
Entscheidungsdatum:
29.06.2011
Aktenzeichen:
X B 59/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend FG Münster, 24. Februar 2010, Az: 7 K 2454/07 E, Urteil
Zitierte Gesetze

Leitsätze

NV: Auch bei Existenzgründern (§ 7g Abs. 7 EStG i.d.F. des VZ 2002) kann im Fall einer wesentlichen Betriebserweiterung eine Ansparrücklage nur gewährt werden, wenn das Investitionswirtschaftsgut im Rücklagenjahr verbindlich bestellt worden ist. Eine Bestellung im Folgejahr ist nicht ausreichend .

Gründe

1

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von den Klägern und Beschwerdeführern (Kläger) geltend gemachten Gründe für die Zulassung der Revision (§ 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) liegen nicht vor.

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1. Die Revision ist nicht wegen Divergenz gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.

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Dieser Zulassungsgrund ist gegeben, wenn die tragenden Ausführungen des Finanzgerichts (FG) in dem angefochtenen Urteil und diejenigen der Divergenzentscheidung bei gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt in einer entscheidungserheblichen Rechtsfrage voneinander abweichen (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 53, m.w.N. aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--). Keine relevante Abweichung ist gegeben, wenn das angefochtene Urteil des FG von den Ausführungen im Urteil eines anderen FG abweicht, das vom BFH inzwischen aufgehoben worden ist (BFH-Beschluss vom 26. April 2006 III B 113/05, BFH/NV 2006, 1469).

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Nach diesen Maßstäben liegt die von den Klägern geltend gemachte Divergenz nicht vor:

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Sie machen sinngemäß geltend, das angefochtene Urteil weiche von den finanzgerichtlichen Urteilen ab, die Gegenstand der Revisionsverfahren X R 16/08, X R 21/08 und X R 22/08 seien. In diesen Urteilen sei abweichend vom hier angefochtenen Urteil nicht verlangt worden, dass im Falle der Gründung eines noch zu eröffnenden Betriebs bzw. bei einer wesentlichen Betriebserweiterung eine Ansparrücklage i.S. des § 7g des Einkommensteuergesetzes in der bis zum Jahr 2006 geltenden Fassung (EStG a.F.) nur gewährt werden könne, wenn die Investitionsabsicht durch eine verbindliche Bestellung im Rücklagenjahr nachgewiesen sei.

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a) Soweit die Kläger sich auf das Urteil des FG München vom 22. Februar 2008  8 K 2100/07 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 935) stützen, das Gegenstand des Revisionsverfahrens X R 16/08 war, kommt es auf die dort geäußerte Rechtsauffassung nicht mehr an. Der erkennende Senat hat durch Urteil vom 15. September 2010 X R 16/08 (BFH/NV 2011, 33) das Urteil des FG München aufgehoben. Der Senat ist der Auffassung des FG München nicht gefolgt, wonach die Bildung einer Ansparrücklage nach § 7g Abs. 3 und 7 EStG a.F. für einen noch zu eröffnenden Betrieb auch ohne verbindliche Bestellung der hierfür wesentlichen Wirtschaftsgüter möglich sei. Vielmehr hat der erkennende Senat daran festgehalten, dass eine Ansparrücklage im Jahr vor der Eröffnung des Betriebs nur gebildet werden kann, wenn die wesentlichen Betriebsgrundlagen verbindlich bestellt worden sind.

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b) Die von den Klägern geltend gemachte Abweichung von den Urteilen des FG Nürnberg vom 18. Dezember 2007  1 K 1385/2007 und 1 K 1386/2007, die Gegenstand der Revisionsverfahren X R 21/08 und X R 22/08 waren, liegt nicht vor.

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Das Finanzgericht ist im Ausgangspunkt ebenso wie das hier angefochtene Urteil des FG der ständigen BFH-Rechtsprechung gefolgt, wonach bei noch zu eröffnenden Betrieben oder im Falle einer wesentlichen Betriebserweiterung die Bildung einer Ansparrücklage die verbindliche Bestellung des Investitionswirtschafsguts voraussetzt.

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In den Verfahren des FG Nürnberg gehörten die anzuschaffenden Wirtschaftsgüter nach Auffassung sowohl des FG als auch des Senats zu einem bereits seit vielen Jahren bestehenden Gewerbebetrieb, der mittels der Investition nicht wesentlich erweitert werden sollte. Die Frage, ob die Bildung einer Ansparrücklage im Falle einer wesentlichen Betriebserweiterung die verbindliche Bestellung des anzuschaffenden Wirtschaftsguts voraussetzt, stellte sich daher nicht.

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2. Die Kläger haben auch keine ausreichenden Gründe dafür dargelegt, dass die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) zuzulassen ist.

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a) Die von den Klägern aufgeworfene Frage, ob im Falle noch zu eröffnender Betriebe bzw. im Fall der wesentlichen Betriebserweiterung eine verbindliche Bestellung im Rücklagenjahr entbehrlich sei, wenn die Investition im Folgejahr tatsächlich durchgeführt werde, ist bereits höchstrichterlich entschieden. Der BFH hat durch Urteil vom 28. Juni 2006 III R 40/05 (BFH/NV 2006, 2058; ebenso Senatsurteil in BFH/NV 2011, 33) erkannt, dass eine Ansparrücklage gemäß § 7g Abs. 3 EStG a.F. in den genannten Fällen auch dann nicht gewährt werden kann, wenn das Investitionswirtschaftsgut zwar nicht im Rücklagenjahr, aber im Folgejahr verbindlich bestellt worden ist.

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Ungeachtet der im Schrifttum geäußerten Kritik am Erfordernis der verbindlichen Bestellung für die Inanspruchnahme der Ansparrücklage im Fall noch zu eröffnender Betriebe und im Fall einer wesentlichen Betriebserweiterung (Schmidt/Kulosa, EStG, 29. Aufl., § 7g Rz 64, der darauf hinweist, dass nach der Gesetzesbegründung die Vorlage von Investitionsplänen nicht erforderlich sei), hat der BFH am Erfordernis der verbindlichen Bestellung festgehalten.

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b) Soweit die Kläger einwenden, bei Existenzgründern definiere § 7g EStG a.F. selbst die Existenzgründungsphase von fünf Jahren, weshalb in dieser Zeit keine wesentliche Betriebserweiterung i.S. des § 269 des Handelsgesetzbuchs (HGB) gegeben sein könne, erläutern sie den Zusammenhang zwischen diesen Vorschriften nicht. Zudem berücksichtigen sie nicht, dass die Rechtsprechung § 269 HGB im Rahmen von § 7g EStG a.F. nicht wörtlich anwendet. Vielmehr bildet die Rechtsprechung in Anlehnung an § 269 HGB Fallgruppen, in denen (wie im Falle der Einrichtung eines zusätzlichen Geschäftszweigs oder einer erheblichen Kapazitätserweiterung) nicht bereits die vorhandenen betrieblichen Verhältnisse ausreichende Anhaltspunkte für die zu treffende Prognoseentscheidung über künftiges Investitionsverhalten bieten (BFH-Beschluss vom 9. April 2009 IV B 114/08, BFH/NV 2009, 1420, und Senatsurteil in BFH/NV 2011, 33). Insoweit besteht zwischen normalen Betrieben und Betrieben von Existenzgründern (§ 7 g Abs. 7 EStG a.F.) kein Unterschied.