Entscheidungsdatum: 26.07.2011
NV: Nach § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG dürfen auch die Anschaffungskosten von Anteilen an einer Grundstücksgesellschaft in Rechtsform einer GbR erst im Zeitpunkt der Entnahme oder des Zuflusses des Veräußerungserlöses berücksichtigt werden.
Die Beschwerde der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat keinen Erfolg. Die Beschwerde ist --bei erheblichen Zweifeln an ihrer Zulässigkeit im Hinblick auf die Erfüllung der Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO)-- jedenfalls unbegründet.
1. Macht der Beschwerdeführer die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend, so muss er u.a. substantiiert darauf eingehen, weshalb die von ihm aufgeworfene Rechtsfrage aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Zur schlüssigen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit muss er außerdem begründen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und streitig ist. Dazu gehört auch, dass er sich mit der zu dieser Rechtsfrage bereits vorhandenen Rechtsprechung auseinandersetzt und substantiiert darlegt, weshalb nach seiner Ansicht diese Rechtsprechung keine Klärung herbeigeführt habe (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, vgl. z.B. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 116 Rz 32, m.w.N. aus der Rechtsprechung).
a) Die Kläger sehen die Rechtsfrage als ungeklärt an, "ob die Anschaffungskosten einer Beteiligung (immaterielles Wirtschaftsgut) an einer Personengesellschaft" auch vom Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der Fassung des Gesetzes zur Eindämmung missbräuchlicher Steuergestaltungen vom 28. April 2006 (BGBl I 2006, 1095) umfasst sind. Die Klärungsbedürftigkeit liegt ihrer Meinung nach darin, dass diese abstrakte Rechtsfrage bislang höchstrichterlich noch nicht entschieden worden sei.
b) Zwar haben sich bislang weder der BFH noch --soweit ersichtlich-- andere Finanzgerichte zu dieser Frage geäußert. Die Frage hat aber gleichwohl keine grundsätzliche Bedeutung, da sie nicht klärungsbedürftig ist.
An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn sich die Antwort auf die streitige Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder wenn --wie im Streitfall-- die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das Finanzgericht (FG) getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. März 2009 VIII B 184/08, BFHE 224, 458, BStBl II 2009, 850; Senatsbeschluss vom 16. Januar 2007 X B 38/06, BFH/NV 2007, 757).
c) Nach der Neufassung des § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG sind die Anschaffungs- oder Herstellungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, für Anteile an Kapitalgesellschaften, für Wertpapiere und vergleichbare nicht verbriefte Forderungen und Rechte, für Grund und Boden sowie Gebäude des Umlaufvermögens erst im Zeitpunkt des Zuflusses des Veräußerungserlöses oder bei Entnahme im Zeitpunkt der Entnahme als Betriebsausgaben zu berücksichtigen.
Der Kläger hatte im Streitfall zivilrechtlich keine Grundstücke, sondern Anteile an der Grundstücksgesellschaft Z, einer GbR, deren Zweck der Ankauf, die Vermietung und die Verwaltung des in X belegenen Grundstücks Y war, erworben. Anteile an Personengesellschaften, die entsprechende Wirtschaftsgüter in ihrem Betriebsvermögen halten, fehlen zwar in der gesetzlichen Aufzählung des § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG. Einer ausdrücklichen gesetzlichen Nennung bedurfte es jedoch nicht. Es ist gefestigte Rechtsprechung des BFH, dass Gegenstand der Anschaffung eines Anteils an einer Personengesellschaft (Mitunternehmeranteil) oder eines Bruchteils eines solchen Anteils einkommensteuerrechtlich nicht der Gesellschaftsanteil (als einheitliches nicht abnutzbares immaterielles Wirtschaftsgut) ist, sondern die entsprechenden Anteile an den einzelnen materiellen und immateriellen, bilanzierten und nicht bilanzierten Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens (vgl. BFH-Urteile vom 19. Februar 1981 IV R 41/78, BFHE 133, 510, BStBl II 1981, 730; vom 7. November 1985 IV R 7/83, BFHE 145, 194, BStBl II 1986, 176; vom 18. Februar 1993 IV R 40/92, BFHE 171, 422, BStBl II 1994, 224; vom 6. Juli 1995 IV R 30/93, BFHE 178, 176, BStBl II 1995, 831, und vom 6. Mai 2010 IV R 52/08, BFHE 229, 279, BStBl II 2011, 261). Angesichts dieser --eindeutigen-- Rechtsprechung war eine ausdrückliche Auseinandersetzung mit dem durch Schriftsatz vom 30. März 2010 vorgelegten Aufsatz entbehrlich.
Für die Auffassung der Kläger, bei der Beteiligung an einer Personengesellschaft handele es sich im ertragsteuerlichen Sinn um ein eigenständiges immaterielles Wirtschaftsgut, das selbst Gegenstand einer Veräußerung oder unentgeltlichen Übertragung sein könne und damit nicht in den Anwendungsbereich des § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG falle, ist angesichts dieser Rechtsprechung kein Raum. Die dagegen geäußerten Bedenken sind für den angerufenen Senat nicht nachvollziehbar.
2. Da die Rechtsfortbildungsrevision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO ein Spezialtatbestand der Grundsatzrevision ist (vgl. BFH-Beschluss vom 19. April 2007 III B 36/06, BFH/NV 2007, 1518), kommt diese aus den unter 1. dargelegten Gründen nicht in Betracht.
3. Es besteht auch nicht die Notwendigkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
a) Gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des BFH erfordert. Dies trifft insbesondere dann zu, wenn das FG mit einem das angegriffene Urteil tragenden und für das Urteil entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz von einem eben solchen Rechtssatz einer anderen Gerichtsentscheidung abgewichen ist. Das angefochtene FG-Urteil und die (vorgebliche) Divergenzentscheidung müssen dabei dieselbe Rechtsfrage betreffen und zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sein (vgl. z.B. Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz 48 und 53, m.w.N. aus der Rechtsprechung des BFH). Zur schlüssigen Darlegung einer solchen Abweichung müssen tragende und abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen FG-Urteil einerseits und aus den mutmaßlichen Divergenzentscheidungen andererseits herausgearbeitet und einander gegenüberstellt werden, um so eine Abweichung zu verdeutlichen.
b) Die Kläger meinen, das FG-Urteil weiche von dem BFH-Urteil vom 18. November 1980 VIII R 194/78 (BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510) ab. Danach stelle "bei derartigen Fallgestaltungen der vorliegenden Art die Beteiligung ein Nutzungsrecht" dar und ergebe "sich eine Beteiligung an dem Reinertrag der Gesellschaft". Mit diesem Vorbringen haben die Kläger zunächst keine tragenden Rechtssätze herausgearbeitet und einander gegenübergestellt. Entscheidend ist aber, dass der Divergenzentscheidung kein vergleichbarer Sachverhalt zugrunde gelegen hat, der dann auch keine vergleichbare rechtliche Aussage folgte. In dem Urteil ging es um die einkommensteuerliche Qualifizierung von Einkünften, die ein nicht gewerblich tätiger Steuerpflichtiger aus der Überlassung eines Grundstücks an seine Grundstücksgemeinschaft zur gemeinschaftlichen Vermietung oder Verpachtung gegen Gewährung eines Anteils am Reinertrag erzielt hat. Der BFH entschied, es handele sich um Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die im Rahmen der einheitlichen und gesonderten Feststellungen der Grundstücksgemeinschaft zu berücksichtigen seien.
Im Streitfall war demgegenüber für die Anwendbarkeit des § 4 Abs. 3 Satz 4 EStG die Frage maßgeblich, ob der Anteil an einer Personengesellschaft, den ein Einzelgewerbetreibender erwirbt, selbst Gegenstand einer Anschaffung sein kann oder ob nicht vielmehr die entsprechenden Anteile an den einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgütern des Gesellschaftsvermögens angeschafft werden. Diese Frage hat der BFH bereits eindeutig beantwortet (siehe oben unter 1.c); sie war nicht Gegenstand des Urteils in BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510.