Entscheidungsdatum: 09.07.2014
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Waldshut-Tiengen vom 7. Januar 2014 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen
Die Beklagten sind Mieter einer Eigentumswohnung der Klägerin. Der am 22. Oktober 1973 geschlossene Mietvertrag bestimmt unter § 3 Nr. 2:
"Neben der Miete sind monatlich anteilig nach der Größe der Wohnfläche die Kosten für Heizung Vorauszahlung DM 45,-, Nebenkosten DM 10,-, Garage DM 35,- zu zahlen. Diese Nebenkosten werden in Form monatl. Abschlagszahlungen in Höhe von z. Zt. DM 90,- erhoben..."
Nähere Regelungen über die Umlegung von Betriebskosten auf den Mieter enthält der Mietvertrag für die Heizung und Warmwasserversorgung in § 7 Nr. 4, für den Aufzug in § 8 Nr. 2 sowie in § 11 für eine Gemeinschaftsantenne.
Mit der Abrechnung vom 3. Mai 2012 für das Kalenderjahr 2011 bezifferte die Klägerin die von den Beklagten zu tragenden Betriebskosten mit 2.332,15 €. Die Betriebskosten für Heizung und Warmwasserversorgung ("Heizkosten und Wasserverbrauch", 1.638,56 €), für Kabelfernsehen (80,48 €) sowie die Position "Aufzug inklusive Strom" (296,56 €) sind nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens. Im Streit sind die Betriebskosten für Allgemeinstrom (35 €), die Haftpflicht- und Leitungswasserversicherung ("Haftpflicht und Leitungswasser", 30 €), die Müllentsorgung (86,62 €) sowie die Position "Hausmeister und Außenanlagen" (164,93 €).
Die Betriebskostenabrechnung der Klägerin endet unter Berücksichtigung der von den Beklagten erbrachten Vorauszahlungen mit einer Nachforderung von 245,15 €. Entsprechend dem Abrechnungsergebnis nahm die Klägerin eine Anpassung der Vorauszahlungen in der Weise vor, dass die Beklagten ab Juni 2012 monatlich einen um 20,50 € erhöhten Betrag zu zahlen hatten.
Am 4. Juni 2012 entrichteten die Beklagten 50 € und beriefen sich im Übrigen darauf, dass ihnen für das Jahr 2011 ein Guthaben in Höhe von 704,51 € zustehe; sie seien lediglich verpflichtet, für die Heizkosten (1.382,49 €) aufzukommen.
Die Klägerin hat mit der Klage außer einer Nachforderung in Höhe von 195,15 € (245,15 € abzüglich 50 €) weitere 123 € als erhöhte Betriebskostenvorauszahlung für die Monate Juni bis November 2012 verlangt, insgesamt 318,15 € nebst Zinsen und vorgerichtlichen Anwaltskosten, ferner ab Dezember 2012 eine um monatlich 20,50 € erhöhte Betriebskostenvorauszahlung. Des Weiteren hat sie die Feststellung begehrt, dass den Beklagten aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2011 kein Guthaben in Höhe von 704,51 € zustehe.
Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Amtsgericht hat angenommen, dass die Beklagten für die Betriebskosten der Positionen "Heizung und Wasserverbrauch", "Aufzug inklusive Strom" und "Kabelfernsehen" aufzukommen hätten. Es hat festgestellt, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, den Beklagten aus der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2011 ein Guthaben von 633,11 € zu erstatten. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin und die Anschlussberufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageanträge weiter.
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat, soweit im Revisionsverfahren von Interesse, ausgeführt:
Die Umlage der Positionen "Hausmeister und Außenanlagen", "Allgemeinstrom", "Müllentsorgung" sowie "Haftpflicht und Leitungswasser" auf den Mieter sei nicht vereinbart. Die im Mietvertrag unter § 3 Nr. 2 enthaltene Bestimmung, wonach "Nebenkosten" vom Mieter zu tragen seien, genüge den Anforderungen an die Bestimmtheit einer Umlagevereinbarung nicht. Eine ausdrückliche mündliche Absprache hätten die Parteien nicht getroffen. Auch konkludent hätten sie nachträglich keine Umlage dieser Betriebskosten vereinbart. Eine gleichbleibende Praxis der Vermieterseite habe es bei den Nebenkostenabrechnungen nicht gegeben. Es seien vielmehr immer wieder Änderungen vorgenommen worden. Manche Nebenkosten seien hinzugekommen, andere seien weggefallen. Erst ab dem Jahr 2006 seien die Nebenkosten wie in der Abrechnung für das Jahr 2011 geltend gemacht worden.
Zwar hätten die Beklagten die Kosten der streitgegenständlichen Positionen jahrelang vorbehaltlos getragen. Die Abrechnungspraxis der Klägerin weise aber keine besonderen Umstände auf, die einen Änderungswillen erkennen ließen. Die Beklagten hätten die sich aus den Abrechnungen ergebenden Nachzahlungsbeträge nur in der Annahme entrichtet, dazu verpflichtet zu sein. Zudem seien Nachzahlungsforderungen von der Klägerin in den letzten Jahren mit in den Folgejahren ermittelten Guthaben verrechnet worden.
Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass die Beklagten die Erhöhungen der Betriebskostenvorauszahlungen bis zum Jahr 2012 akzeptiert hätten. Damit hätten die Beklagten nicht konkludent erklärt, mit der Umlage der einzelnen Betriebskostenpositionen einverstanden zu sein. Die Erhöhung der Vorauszahlungen sei lediglich eine logische Folge der sich aus den Abrechnungen ergebenden Nachzahlungen.
Eine stillschweigende Vertragsänderung im Hinblick auf die Position "Müllentsorgung" könne auch nicht damit begründet werden, dass die Beklagten die Müllgebühren ursprünglich selbst getragen hätten, sie davon aber entlastet worden seien, nachdem die Wohnungseigentümergemeinschaft die Bereitstellung der Müllgefäße übernommen habe. Der Wegfall direkter Kosten begründe keinen rechtsgeschäftlichen Willen, die nunmehr von der Vermieterin als Wohnungseigentümerin zu tragenden Müllgebühren zu übernehmen.
Gleiches gelte für die Position "Hausmeister und Außenanlagen". Hier stehe der Annahme eines rechtsgeschäftlichen Bindungswillens der Beklagten schon entgegen, dass damit eine Verpflichtung zur Erbringung einer Arbeitsleistung in eine Pflicht zur Geldzahlung umgewandelt worden wäre, mithin der Inhalt der Verpflichtung erheblich geändert worden wäre.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann eine Vereinbarung über die Umlage der Betriebskostenpositionen "Allgemeinstrom", "Haftpflicht und Leitungswasser", "Müllentsorgung" sowie "Hausmeister und Außenanlagen" nicht verneint werden.
1. Rechtsfehlerfrei und von der Revision unangegriffen hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass der Mietvertrag vom 22. Oktober 1973 eine Umlage der zwischen den Parteien streitigen Nebenkostenpositionen Allgemeinstrom, Haftpflicht- und Leitungswasserversicherung, Müllentsorgung sowie Hausmeister und Außenanlagen nicht vorsieht.
Dem Berufungsgericht ist auch darin beizupflichten, dass eine (stillschweigende) Änderung der mietvertraglichen Umlagevereinbarung nicht schon dadurch zustande kommt, dass der Vermieter Betriebskosten abrechnet, zu deren Umlage er nach dem Mietvertrag nicht berechtigt ist, und der Mieter eine darauf beruhende Nachzahlung begleicht. Denn aus Sicht des Mieters ist der Übersendung einer Betriebskostenabrechnung, die vom Mietvertrag abweicht, nicht ohne Weiteres, sondern nur bei Vorliegen besonderer Umstände ein Angebot des Vermieters zu entnehmen, eine Änderung des Mietvertrags herbeiführen zu wollen (Senatsurteile vom 10. Oktober 2007 - VIII ZR 279/06, NJW 2008, 283 Rn. 18 f.; vom 13. Februar 2008 - VIII ZR 14/06, NJW 2008, 1302 Rn. 10).
2. Wie die Revision zu Recht rügt, hat das Berufungsgericht jedoch den Sachvortrag der Klägerin, dass sie den Beklagten eine Änderung der Nebenkosten jeweils telefonisch oder schriftlich mitgeteilt habe, nicht berücksichtigt. Den Einwand der Revisionserwiderung, der Sachvortrag der Klägerin sei unschlüssig, vermag der Senat nicht zu teilen. Vielmehr stellt eine derartige Ankündigung sowie die nachfolgende Übersendung einer Abrechnung, in die auch die mitgeteilten zusätzlichen Betriebskosten eingestellt sind, aus der maßgeblichen Sicht des objektiven Empfängers ein Angebot zur Änderung der Betriebskostenumlagevereinbarung dar, das die Beklagten durch Begleichung einer auf der Abrechnung beruhenden Nachforderung oder Zahlung der daraufhin angepassten (erhöhten) Vorauszahlungen akzeptiert haben könnten.
III.
Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben; es ist aufzuheben, soweit das Berufungsgericht zum Nachteil der Klägerin erkannt hat (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist nicht zur Endentscheidung reif. Das Berufungsgericht wird nähere Feststellungen zum Inhalt der Mitteilungen der Klägerin und zu einer etwaigen Annahme durch die Beklagten zu treffen haben. Im Umfang der Aufhebung ist die Sache daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
In der neuen Berufungsverhandlung wird das Berufungsgericht auch zu prüfen haben, ob bezüglich der Betriebskosten, die die Beklagten nach dem Sachvortrag der Klägerin bei Abschluss des Mietvertrages selbst getragen haben (insbesondere im Hinblick auf die Müllentsorgung durch Bereitstellung von Müllgefäßen auf eigene Kosten), die aber inzwischen durch organisatorische Änderungen (Bereitstellung größerer Müllgefäße durch die Wohnungseigentümergemeinschaft) auf den Vermieter übergegangen sind, eine Lücke im Mietvertrag entstanden ist, die im Wege ergänzender Vertragsauslegung dahin zu schließen ist, dass die Beklagten diese Kosten weiterhin, nunmehr in Form von Betriebskosten gegenüber der Klägerin zu tragen haben.
Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider
Dr. Fetzer Kosziol