Entscheidungsdatum: 10.11.2010
Wenn in einem Handelsvertretervertrag der Verstoß gegen ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung benannt ist, so steht dies einer Vertragsauslegung nicht entgegen, nach der Wettbewerbsverstöße, die unter Würdigung aller Umstände so geringfügig sind, dass durch sie das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bei verständiger Würdigung nicht grundlegend beschädigt wird, nicht - zumindest nicht ohne vorherige Abmahnung - zur fristlosen Kündigung berechtigen (Fortführung von BGH, Urteil vom 7. Juli 1988, I ZR 78/87, WM 1988, 1490) .
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 30. November 2009 wird hinsichtlich der Kündigung vom 3./7. Dezember 2007 als unzulässig verworfen; im Übrigen wird die Revision zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen
Der Kläger vermittelte seit dem Jahr 1969 - zunächst als Angestellter in der Agentur seines Vaters und seit dem 1. April 1984 als selbständiger Handelsvertreter - Versicherungsverträge für die Rechtsvorgänger der Beklagten und danach für die Beklagten. In § 4 Nr. 1 des mit dem Kläger im März 1984 geschlossenen Agenturvertrages verpflichtete sich der Kläger, während der Dauer des Vertragsverhältnisses weder unmittelbar noch mittelbar für andere Versicherungsgesellschaften als für die Beklagten und die in dieser Vertragsbestimmung aufgeführten weiteren Versicherungsunternehmen tätig zu sein. In § 11 des Vertrages heißt es unter anderem:
"§ 11 Beendigung des Agenturvertrages
(…)
3. Die Kündigung des Vertragsverhältnisses kann außerdem von jedem Teil ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist ausgesprochen werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Ein wichtiger Grund, der die V. zu einer fristlosen Kündigung berechtigt, ist insbesondere auch bei einem Verstoß gegen § 4 ... dieses Vertrages gegeben."
Im Herbst 2006 erfuhren die Beklagten, dass der Kläger Kfz-Versicherungsverträge für ein Konkurrenzunternehmen vermittelt hatte. Der Kläger räumte in seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2006 ein, in der Vergangenheit etwa zehn von der Beklagten gekündigte Kfz-Versicherungen bei einer anderen Versicherungsgesellschaft "untergebracht" zu haben, und erläuterte seine Beweggründe dafür. Nach einer Unterredung vom 6. November 2006 kündigten die Beklagten mit Schreiben vom 14. November 2006 den Agenturvertrag unter Bezugnahme auf die Stellungnahme des Klägers vom 19. Oktober 2006 und unter Berufung auf § 4 Nr. 1, § 11 Nr. 3 des Vertrages fristlos.
Anfang Mai 2007 nahm der Kläger einen selbständigen Agenturbetrieb für die M. Versicherung auf. Wegen dieser Tätigkeit sprachen die Beklagten am 3. und 7. Dezember 2007 erneut die fristlose Kündigung des Agenturvertrages aus.
Der Kläger hat mit seiner Klage die Feststellung beantragt, dass die fristlosen Kündigungen vom 14. November 2006 und 3./7. Dezember 2007 den zwischen den Parteien bestehenden Agenturvertrag nicht beendet haben. Das Landgericht hat der Feststellungsklage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Beklagten ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Kündigungserklärung der Beklagten vom 14. November 2006 habe den zwischen den Parteien bestehenden Agenturvertrag nicht wirksam beendet. Zwar habe der Kläger gegen das in § 86 Abs. 1 HGB bzw. in § 4 des Agenturvertrages geregelte Wettbewerbsverbot verstoßen. Die Wettbewerbsverstöße stellten sich bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Parteiinteressen jedoch als so geringfügig dar, dass sie einen grundlegenden Vertrauensverlust und ein damit einhergehendes fristloses Kündigungsrecht der Beklagten ohne vorherige Abmahnung nicht begründet hätten. Dabei stehe der Umstand, dass § 11 Nr. 3 des Agenturvertrages den Verstoß gegen das in § 4 des Vertrags enthaltene Wettbewerbsverbot explizit als fristlosen Kündigungsgrund benenne, einer solchen Interessenabwägung im Einzelfall nicht entgegen.
Die für die Feststellung, ob ein wichtiger Grund zur Kündigung des Handelsvertretervertrages bestehe, gebotene Einzelabwägung habe bei der Frage anzusetzen, ob das Verhalten des Handelsvertreters nach umfassender Würdigung aller Gesamtumstände einen so nachhaltigen und endgültigen Vertrauensverlust rechtfertige, dass dem Unternehmer ein weiteres Festhalten am Vertragsverhältnis beziehungsweise ein Abwarten bis zur nächsten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit nicht zumutbar sei. Auch im Falle von Wettbewerbsverstößen des Handelsvertreters bleibe Raum für eine Einzelabwägung der beteiligten Vertragsinteressen.
Eine solche Abwägung sei vorliegend auch nicht im Hinblick auf § 11 Nr. 3 Satz 2 des zwischen den Parteien geschlossenen Agenturvertrages ausgeschlossen. Grundsätzlich seien einvernehmliche Vorausbewertungen von Kündigungsgründen im Handelsvertretervertrag - auch als vorformulierte Vertragsbedingungen - zulässig. Gründe für eine Nichtigkeit von § 4 Nr. 1, § 11 Nr. 3 des Agenturvertrages seien nicht ersichtlich. Die Benennung von Kündigungsgründen im Handelsvertretervertrag könne zwar die ansonsten gebotene Zumutbarkeitsprüfung mittels einer Interessenabwägung rechtlich einschränken oder gänzlich ausschließen, wenn die Parteien verbindlich Gründe bestimmt hätten, die nach ihrem beiderseitigen Willen ohne Weiteres zu einer Kündigung mit sofortiger Wirkung berechtigen sollten. Ob und in welchem Umfang die Vertragspartner eine Zumutbarkeitsprüfung vertraglich hätten ausschließen wollen, sei aber gemäß §§ 133, 157 BGB im Wege der Auslegung unter Abwägung der Interessen der Parteien zu ermitteln. Im Falle von Wettbewerbsverstößen sei dabei in der Regel davon auszugehen, dass jedenfalls solche wettbewerbswidrigen Vermittlungstätigkeiten vom außerordentlichen Kündigungsrecht des Unternehmers ausgenommen seien, die eine Störung des bestehenden Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmer und Handelsvertreter von vornherein nicht befürchten ließen. Bei Wettbewerbsverstößen sei stets das hinter dem Verbot der Wettbewerbstätigkeit stehende Anliegen des Erhalts des Vertrauensverhältnisses zum Handelsvertreter im Auge zu behalten und nach einer Würdigung aller Gesamtumstände, die den Umstand, dass die Parteien ausweislich der vertraglichen Regelung besonderen Wert auf die Einhaltung gerade dieser Verpflichtung gelegt hätten, mit einschließe, zu entscheiden, ob die Vertragsverletzungen gerade im Hinblick auf das wechselseitige Vertrauensverhältnis nach Art, Umfang und Dauer ein solches Gewicht hätten, dass dem Unternehmer ein weiteres Festhalten am Vertrag nicht mehr zumutbar sei. Führe die Abwägung aller Einzelumstände des Wettbewerbsverstoßes zu dem Ergebnis, dass ein Vertrauensverlust des Unternehmers von vornherein nicht gerechtfertigt sei, sei eine fristlose Kündigung - trotz vertraglicher Regelung - ausgeschlossen. Ein solcher Fall liege hier vor.
Zugunsten des Klägers sei seine 37-jährige, über die Jahre hinweg äußerst erfolgreiche und deshalb prämierte Tätigkeit für die Beklagten - davon 22 Jahre als selbständiger Handelsvertreter - zu berücksichtigen. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts seien die Konkurrenztätigkeiten, welche die Beklagten dem Kläger entgegenhielten, abweichend von den typischen Fällen von Wettbewerbsverstößen ersichtlich nicht in dem Bestreben erfolgt, die Beklagten wirtschaftlich zu schädigen oder den Kläger zu bereichern. Für die Beklagten erkennbar habe der Kläger vielmehr in einer Weise gehandelt, die der wirtschaftlichen Interessenlage der Beklagten jedenfalls nicht zuwider gelaufen sei. Verteilt über mehrere Jahre seien insgesamt etwa zehn Kfz-Versicherungen von lediglich fünf Kunden betroffen gewesen. Diese - vereinzelten - Versicherungsverhältnisse hätten die Beklagten zuvor entweder selbst gekündigt, oder eine solche Kündigung habe jedenfalls unmittelbar bevorgestanden. Indem der Kläger das konkurrierende Versicherungsunternehmen, an das er die Kfz-Versicherungsverträge vermittelt habe, so ausgewählt habe, dass keine ernstliche Gefahr für eine vollständige Übernahme dieser Kunden bestanden habe, habe er dafür Sorge getragen, dass diese Kunden mit ihren weiteren, wirtschaftlich interessanteren Versicherungsverträgen bei den Beklagten verblieben seien. Es sei ihm sogar gelungen, einige der gekündigten Kfz-Versicherungsverträge nach wirtschaftlicher Erholung der Kunden zu den Beklagten zurückzuführen und zumindest einen Versicherungsnehmer in der Folge zur Eingehung weiterer Versicherungsverhältnisse mit den Beklagten zu bewegen. Auch der Umstand, dass der Kläger die geringfügigen und wirtschaftlich belanglosen Wettbewerbsverstöße gegenüber den Beklagten nicht offen gelegt, sondern verheimlicht habe, rechtfertige die fristlose Kündigung nicht.
Die Kündigungserklärungen der Beklagten vom 3./7. Dezember 2007 hätten den Agenturvertrag ebenfalls nicht beendet. Zwar habe der Kläger nach der unwirksamen Kündigung vom 14. November 2006, die in eine ordentliche Kündigung umzudeuten sei, noch vor Ablauf der regulären Vertragsdauer Ende 2007 eine dauerhafte Tätigkeit für die M. Versicherung aufgenommen. Dieser Wettbewerbsverstoß habe auch ein fristloses Kündigungsrecht der Beklagten gemäß § 11 Abs. 3 des Agenturvertrages begründet. Die darauf gestützten Kündigungserklärungen vom 3. und 7. Dezember 2007 seien jedoch verspätet, weil die für den Kläger zuständigen Mitarbeiter der Bezirksdirektion R. nach den insoweit unangegriffenen Tatsachenfeststellungen des Landgerichts bereits im Juli 2007 Kenntnis von der Übernahme der Generalvertretung für die M. Versicherung durch den Kläger erlangt hätten.
II.
Die Revision ist nur insoweit zulässig, als sich das Rechtsmittel gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts über die Kündigung vom 14. November 2006 wendet. Denn das Berufungsgericht hat die Zulassung der Revision wirksam auf die Frage der sofortigen Beendigung des Handelsvertreterverhältnisses durch die fristlose Kündigung vom 14. November 2006 beschränkt. Soweit die Revision das Berufungsurteil auch hinsichtlich der Entscheidung über die fristlose Kündigung vom 3./7. Dezember 2007 angreift, ist das Rechtsmittel dagegen mangels Zulassung durch das Berufungsgericht als unzulässig zu verwerfen.
1. Das Berufungsgericht kann die Zulassung der Revision auf Teile des Streitgegenstandes beschränken. Die Beschränkung muss nicht im Tenor des Urteils angeordnet sein, sondern sie kann sich auch aus den Entscheidungsgründen ergeben. Allerdings muss sich die Beschränkung eindeutig aus den Entscheidungsgründen entnehmen lassen. Dies ist anzunehmen, wenn die Rechtsfrage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, bei mehreren teilbaren Streitgegenständen nur für einen von ihnen erheblich ist, weil dann in der Angabe dieses Zulassungsgrundes regelmäßig die eindeutige Beschränkung der Zulassung der Revision auf diesen Streitgegenstand zu sehen ist (st. Rspr.; Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 159/09, WuM 2010, 163 Rn. 14 mwN, zur Veröffentlichung in BGHZ 184, 138 bestimmt).
Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es der Rechtssache im Hinblick auf die Zulässigkeit und den Umfang einer Interessenabwägung bei Bestehen vertraglicher Kündigungsklauseln bei Wettbewerbsverstößen des Handelsvertreters grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat. Damit hat es die Revision auf seine Entscheidung über die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 14. November 2006 beschränkt, denn nur bei dieser Kündigung kommt es nach der Entscheidung des Berufungsgerichts auf die von ihm vorgenommene Interessenabwägung an. Die Entscheidung des Berufungsgerichts über die fristlose Kündigung vom 3./7. Dezember 2007, die das Berufungsgericht als verspätet angesehen hat, stellt einen davon unabhängigen Teil des Streitstoffs dar, der von dem Zulassungsgrund nicht berührt wird.
2. Die vom Berufungsgericht vorgenommene Beschränkung ist auch wirksam. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann die Zulassung der Revision auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des Streitstoffs beschränkt werden, der Gegenstand eines Teilurteils sein oder auf den der Revisionskläger seine Revision beschränken könnte (st. Rspr.; Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 159/09, aaO Rn. 16 mwN). Letzteres trifft hier zu. Die Frage, ob das Handelsvertreterverhältnis durch die fristlose Kündigung vom 14. November 2006 mit sofortiger Wirkung beendet worden ist, stellt einen abgrenzbaren, rechtlich selbständigen Teil des Streitstoffs dar, der in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht unabhängig von der Wirksamkeit der späteren fristlosen Kündigung vom 3./7. Dezember 2007 beurteilt werden kann und auf den die Beklagten ihre Revision hätten beschränken können (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2010 - VIII ZR 159/09, aaO).
III.
Soweit die Revision zulässig ist, hält die Beurteilung des Berufungsgerichts der rechtlichen Nachprüfung stand; insoweit ist die Revision daher zurückzuweisen.
Das Berufungsgericht hat hinsichtlich der Kündigung vom 14. November 2006 das Vorliegen eines wichtigen Grundes, der nach § 11 Nr. 3 des Agenturvertrages zur fristlosen Kündigung des Handelsvertretervertrages berechtigen würde, rechtsfehlerfrei verneint. Es hat die dem Kläger vorzuwerfenden Wettbewerbsverstöße unter Würdigung aller Umstände und Abwägung der beiderseitigen Interessen als so geringfügig angesehen, dass sie einen grundlegenden Vertrauensverlust nicht herbeiführen und deshalb ein fristloses Kündigungsrecht der Beklagten - zumindest ohne vorherige Abmahnung - nicht begründen konnten. Dies ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Vorbringen der Revision rechtfertigt keine andere Beurteilung.
1. Die Revision rügt in erster Linie, dass das Berufungsgericht überhaupt in eine Prüfung der Frage eingetreten ist, ob den Beklagten die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses wegen der vom Kläger begangenen Wettbewerbsverstöße bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar war. Sie meint, das Berufungsgericht sei aufgrund der Regelung in § 11 Nr. 3 Satz 2 des Agenturvertrages, in der ein Verstoß gegen das in § 4 des Vertrages vereinbarte Wettbewerbsverbot als (einziges) Regelbeispiel für einen die fristlose Kündigung rechtfertigenden wichtigen Grund genannt sei, an einer solchen Zumutbarkeitsprüfung gehindert gewesen und hätte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes allein aufgrund der vom Berufungsgericht festgestellten Wettbewerbsverstöße - ohne weitere Interessenabwägung und Zumutbarkeitserwägungen - zwingend bejahen müssen. Dies trifft nicht zu. Entgegen der Auffassung der Revision war das Berufungsgericht nicht daran gehindert, geringfügige Verstöße gegen das Wettbewerbsverbot im Wege der Auslegung aus dem Anwendungsbereich der Regelung in § 11 Nr. 3 Satz 2 des Agenturvertrages auszuklammern. Zu Unrecht beruft sich die Revision für ihre gegenteilige Auffassung auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs.
a) Nach § 89a Abs. 1 Satz 1 HGB kann das Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter von jedem Teil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden. Dem entspricht die Regelung in § 11 Nr. 3 Satz 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Agenturvertrages. Ein wichtiger Grund für die Kündigung eines Dauerschuldverhältnisses liegt nach der Legaldefinition in § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. In § 11 Nr. 3 Satz 2 des Agenturvertrages wird als ein Beispiel für einen wichtigen Grund, der die Beklagten zur fristlosen Kündigung berechtigt, ein Verstoß gegen das in § 4 des Vertrages geregelte Wettbewerbsverbot hervorgehoben ("insbesondere auch").
Zutreffend ist das Berufungsgericht bei seiner Beurteilung der fristlosen Kündigung vom 14. November 2006 von diesen gesetzlichen und vertraglichen Vorgaben ausgegangen. Es hat mit Recht den Begriff des wichtigen Grundes in § 11 Nr. 3 des Agenturvertrages so verstanden, wie er in § 314 Abs. 1 Satz 2 BGB definiert ist, und hat auf dieser Grundlage die Bestimmung in § 11 Nr. 3 Satz 2 des Agenturvertrages nach §§ 133, 157 BGB rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass Wettbewerbsverstöße, die so geringfügig sind, dass sie einen grundlegenden Vertrauensverlust zwischen Unternehmer und Handelsvertreter nicht herbeiführen können, keinen wichtigen Kündigungsgrund im Sinne dieser Vertragsbestimmung darstellen. Gegen diese Vertragsauslegung wendet sich die Revision vergeblich.
b) Es ist vom Berufungsgericht nicht festgestellt worden, kann aber auch dahingestellt bleiben, ob die Vertragsbestimmung in § 11 Nr. 3 Satz 2 des Agenturvertrages auf Individualerklärungen beruht, deren Auslegung (§§ 133, 157 BGB) in erster Linie dem Tatrichter obliegt und vom Revisionsgericht nur daraufhin überprüft werden kann, ob gesetzliche Auslegungsregeln, anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze, Erfahrungssätze oder Verfahrensvorschriften verletzt worden sind (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 5. April 2006 - VIII ZR 384/04, WM 2006, 1358 Rn. 12 mwN), oder ob es sich um eine Formularklausel handelt, deren Auslegung durch den Tatrichter angesichts der Änderung des § 545 Abs. 1 ZPO mit Wirkung vom 1. September 2009 der uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung unterliegt (vgl. Senatsurteil vom 9. Juni 2010 - VIII ZR 294/09, WuM 2010, 476 Rn. 11). Denn auch einer uneingeschränkten Nachprüfung hält die vom Berufungsgericht vorgenommene Auslegung von § 11 Nr. 3 Satz 2 des Agenturvertrages stand. Sie verstößt nicht - dies allein macht die Revision geltend - gegen die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu vertraglichen Kündigungsklauseln.
aa) Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die Benennung von wichtigen Kündigungsgründen im Handelsvertretervertrag die ansonsten gebotene Zumutbarkeitsprüfung einschränken oder ganz ausschließen kann (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1988 - I ZR 78/87, WM 1988, 1490 unter II 1, Bezug nehmend auf das Urteil vom 20. Oktober 1955 - II ZR 75/54, WM 1956, 138 unter I 2). Es hat aber mit Recht angenommen, dass es eine Frage der Auslegung des Handelsvertretervertrages ist, ob und inwieweit die Benennung bestimmter Pflichtverstöße als (wichtiger) Kündigungsgrund eine am Einzelfall orientierte Interessenabwägung von vornherein ausschließt. Einer solchen Vertragsauslegung steht entgegen der Auffassung der Revision die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nicht entgegen. Das Urteil des I. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 7. Juli 1988 (I ZR 78/87, aaO), auf das sich die Revision beruft, verbietet keine Auslegung vertraglicher Kündigungsklauseln im Hinblick darauf, ob sie eine Interessenabwägung und Zumutbarkeitsprüfung ausschließen, sondern beruht gerade auf einer Auslegung der damals zu beurteilenden Kündigungsklausel unter diesem Gesichtspunkt (aaO unter II 1); das gilt auch für das Urteil des II. Zivilsenats vom 20. Oktober 1955 (II ZR 75/54, aaO).
bb) Mit Recht hat das Berufungsgericht die Regelung in § 11 Nr. 3 Satz 2 des Agenturvertrages im Wege der Auslegung dahin eingeschränkt, dass Wettbewerbsverstöße, die unter Würdigung aller Umstände so geringfügig sind, dass durch sie das Vertrauensverhältnis zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bei verständiger Würdigung nicht grundlegend beschädigt wird, nicht - zumindest nicht ohne vorherige Abmahnung - zur fristlosen Kündigung berechtigen.
(1) Dass geringfügige Vertragsverletzungen keinen wichtigen Grund für eine fristlose Kündigung sein können, ergibt sich bereits aus dem auf die Umstände des Einzelfalles bezogenen Begriff des wichtigen Grundes. Im Handelsvertreterrecht ist die Beschränkung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung auf schwerwiegende Vertragsverletzungen in besonderer Weise geboten, weil das Vorliegen eines wichtigen Kündigungsgrundes wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters gemäß § 89b Abs. 3 Nr. 2 HGB den Verlust des Ausgleichsanspruchs zur Folge hat. Darauf hat das Berufungsgericht mit Recht hingewiesen.
(2) Aus der von der Revision angeführten, vom Berufungsgericht berücksichtigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ergibt sich nichts anderes. Der Bundesgerichtshof hat nicht, wie die Revision meint, entschieden, dass Wettbewerbsverstöße, die sich bei Würdigung aller Umstände als geringfügig darstellen, in jedem Fall zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund berechtigen würden, wenn der Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot im Vertrag als Beispiel für einen wichtigen Kündigungsgrund genannt ist.
In dem von der Revision herangezogenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 20. Oktober 1955 (II ZR 75/54, aaO) hat der II. Zivilsenat ausgeführt, dass es bei einer vertraglichen Festlegung, dass eine Verletzung des Wettbewerbsverbots (stets) zur sofortigen Kündigung berechtigen soll, grundsätzlich keiner umfassenden Zumutbarkeitsprüfung bedarf, dass aber gleichwohl zu prüfen ist, ob der Unternehmer gegen Treu und Glauben handelt, wenn er sich auf das vertragliche Kündigungsrecht beruft. Damit hat der Bundesgerichtshof auch in dieser Entscheidung Raum gelassen für eine Würdigung der Umstände des Einzelfalles, auch wenn er gefordert hat, dass bei dieser Prüfung aufgrund des vertraglich vereinbarten Kündigungsrechts ein weit schärferer Maßstab anzulegen ist, als wenn es nur um die Frage geht, ob ein wichtiger Kündigungsgrund im Sinne des Gesetzes zu verneinen ist.
Stärker noch wird das Erfordernis der Würdigung der Umstände des Einzelfalles im Urteil des II. Zivilsenats vom 6. Dezember 1956 (II ZR 245/55, HVR Nr. 203) hervorgehoben. Danach können die Vertragsparteien nicht jedes geringfügige Vorkommnis von vornherein als einen wichtigen Kündigungsgrund gelten lassen. Vielmehr muss trotz Vorliegens einer derartigen Vereinbarung im Einzelfall festgestellt werden, ob der Vorfall so schwerwiegend ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertrages nicht mehr zugemutet werden kann. Dabei ist es für die Beurteilung der Zumutbarkeit allerdings von Bedeutung, dass die Parteien durch die Hervorhebung bestimmter Tatbestände zu erkennen gegeben haben, dass sie einen besonderen Wert auf einen Nichteintritt dieses Tatbestands legen.
Der Rechtsprechung des II. Zivilsenats haben sich der VII. und der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs angeschlossen (Urteile vom 24. Januar 1974 - VII ZR 52/73, WM 1974, 350 unter 1; vom 7. Juli 1988 - I ZR 78/87, aaO unter II 1 und III 1). Im Urteil des VII. Zivilsenats vom 24. Januar 1974 (VII ZR 52/73, aaO) wird ausdrücklich hervorgehoben, dass ein vertragliches Konkurrenzverbot unter besonderen Umständen einschränkend auszulegen sein kann. Nichts anderes gilt für die vom Berufungsgericht im Wege der Auslegung vorgenommene Ausklammerung geringfügiger Wettbewerbsverstöße aus dem Anwendungsbereich des § 11 Nr. 3 Satz 2 des Agenturvertrages.
Entgegen der Auffassung der Revision folgt auch aus den Ausführungen im Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Juli 1988 (I ZR 78/87, aaO) nicht, dass die vom Berufungsgericht vorgenommene einschränkende Auslegung von § 11 Nr. 3 Satz 2 des Agenturvertrages unzulässig wäre. Nach dieser Entscheidung hängt die Berechtigung zu einer außerordentlichen Kündigung bei einer vertraglichen Benennung der eine vorzeitige Vertragsbeendigung rechtfertigenden Gründe nicht davon ab, dass zusätzlich noch besondere Umstände vorliegen müssten, die ein Festhalten am Vertrag unzumutbar machen. Auch dazu steht das Berufungsurteil nicht im Widerspruch. Denn das Berufungsgericht hat die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung vom 14. November 2006 nicht deshalb verneint, weil es gefordert hätte, dass zu den festgestellten Wettbewerbsverstößen zusätzlich noch besondere - hier fehlende - Umstände hinzutreten müssten, um die fristlose Kündigung zu rechtfertigen, sondern hat die Vertragsbestimmung dahin ausgelegt, dass geringfügige Wettbewerbsverstöße von vorneherein nicht unter § 11 Nr. 3 Satz 2 des Vertrages fallen. An einer solchen einschränkenden Auslegung des Tatbestands der Kündigungsklausel war das Berufungsgericht nicht gehindert.
2. Hilfsweise macht die Revision geltend, eine Abwägung der beiderseitigen Interessen hätte zwingend zu dem Ergebnis kommen müssen, dass den Beklagten eine Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist nicht zuzumuten gewesen sei, weil das Interesse der Beklagten an einer sofortigen Beendigung des Vertragsverhältnisses erheblich höher zu gewichten sei als das gegenteilige Interesse des Klägers. Auch damit dringt die Revision nicht durch.
Die Beurteilung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der regulären Kündigungsfrist unzumutbar und aus diesem Grund eine fristlose Kündigung gerechtfertigt ist, obliegt dem Tatrichter. Das Revisionsgericht kann die Entscheidung des Tatrichters über das Bestehen oder Nichtbestehen eines zur außerordentlichen Kündigung berechtigenden wichtigen Grundes nur in beschränktem Umfang nachprüfen. Die Wertung durch den Tatrichter bindet das Revisionsgericht grundsätzlich. Es kann den festgestellten Umständen kein größeres oder geringeres Gewicht beimessen, als es der Tatrichter für richtig gehalten hat. Die Prüfung muss sich darauf beschränken, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grundes verkannt hat, ob ihm von der Revision gerügte Verfahrensverstöße unterlaufen sind, ob es etwa wesentliche Tatumstände übersehen oder nicht vollständig gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. Senatsurteil vom 17. Dezember 2008 - VIII ZR 159/07, VersR 2009, 355 Rn. 24 mwN). Das ist hier nicht der Fall. Die Revision zeigt keinen übergangenen Sachvortrag oder andere Rechtsfehler auf. Sie setzt nur ihre Gewichtung der beiderseitigen Interessen an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung.
Ball Dr. Frellesen Dr. Milger
Dr. Achilles Dr. Bünger