Entscheidungsdatum: 18.03.2014
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Verden vom 16. Oktober 2013 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an eine andere Kammer des Berufungsgerichts zurückverwiesen.
Der Streitwert für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren wird auf 7.380 € festgesetzt.
I.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist zulässig, insbesondere ist der Beschwerdewert nach § 544 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO erreicht. Sie hat auch in der Sache Erfolg und führt gemäß § 544 Abs. 7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Die angefochtene Entscheidung verletzt in entscheidungserheblicher Weise den Anspruch der Klägerin auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG).
II.
Die Parteien sind durch ein Mietverhältnis verbunden. Die Kläger hatten die Beklagte zunächst in einem Vorprozess vergeblich auf Räumung in Anspruch genommen. In jenem Verfahren hatte das Amtsgericht nach Einholung eines Gutachtens in seinem - in Rechtskraft erwachsenen - Urteil darauf abgestellt, dass in der Wohnung durch Baumängel bedingte Feuchtigkeits- und Schimmelpilzschäden vorhanden waren, die eine Mietminderung in Höhe von 90 € (15 % der sich auf 600 € belaufenden Nettomiete) rechtfertigten. Die Kläger haben die Baumängel in der Folgezeit nicht beseitigt.
Mit Schreiben vom 26. Juli 2011 kündigten die Kläger das Mietverhältnis erneut wegen Zahlungsverzugs. Das Amtsgericht hat die auf Räumung sowie auf Zahlung von 1.127,08 € gerichtete Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Landgericht die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert und die Beklagte zur Räumung und zur Zahlung von 180 € verurteilt.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Die Räumungsklage sei begründet, denn die Kündigungserklärung vom 26. Juli 2011 habe das Mietverhältnis der Parteien beendet. Die Voraussetzungen für die Kündigung des Mietverhältnisses seien auch nicht nachträglich durch Aufrechnung entfallen. Zwar sei die Miete für den Monat Februar 2010 nach der Kündigungserklärung und noch vor Rechtshängigkeit der Räumungsklage dadurch entfallen, dass die Kläger am 25. August 2011 mit ihrer diesbezüglichen Mietforderung gegen einen Kostenerstattungsanspruch aufgerechnet hätten, der der Beklagten aus einem vorangegangenen Prozess in Höhe von 637,11 € zugestanden habe. Damit seien die Kündigungsrückstände jedoch nicht, wie in § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB erforderlich, in voller Höhe erloschen. Vielmehr seien von der Miete für die Monate Juni und Juli 2011 jeweils 90 € offen geblieben. Zu Unrecht berufe sich die Beklagte insoweit darauf, dass die Miete ab Januar 2011 über den bisherigen Betrag hinaus um weitere 90 € monatlich gemindert sei, denn sie habe den Klägern die signifikante Verschlechterung der Mietsache, zu der es nach dem eigenen Sachvortrag der Beklagten zu diesem Zeitpunkt gekommen sei, nicht angezeigt.
III.
Mit Erfolg macht die Nichtzulassungsbeschwerde geltend, dass das Berufungsgericht den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, weil es ihren entscheidungserheblichen Sachvortrag zur Zahlung der Miete für Februar 2010 am 29. Juli 2011 übergangen hat. Die Beklagte hat diese Zahlung in ihrer Klageerwiderung behauptet und durch eine Ablichtung der Einzahlungsquittung (GA 54) belegt. Die von den Klägern am 25. August 2011 erklärte Aufrechnung wäre aber ins Leere gegangen, wenn die von ihnen zur Aufrechnung verwendete Mietforderung für Februar 2010 bereits zuvor durch Erfüllung erloschen war. In diesem Fall hätte der Beklagten der Kostenerstattungsanspruch aus dem Vorprozess mangels wirksamer Aufrechnung weiterhin zugestanden, so dass die Aufrechnung, die die Beklagte ihrerseits mit Schreiben vom 6. September 2011 mit dieser Forderung gegenüber etwaigen Mietrückständen erklärt hat, entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch die vom Berufungsgericht als fortbestehend angesehenen Mietrückstände von je 90 € für die Monate Juni und Juli 2011 zum Erlöschen gebracht hätte.
Darüber hinaus hat das Berufungsgericht hinsichtlich des Vortrags der Beklagten zur Verschlechterung des Feuchtigkeits- und Schimmelpilzschadens ebenfalls das rechtliche Gehör der Beklagten verletzt. Denn die Beklagte hatte geltend gemacht, dass die Schimmelpilzbildung, die bereits Gegenstand des Vorprozesses gewesen sei, sich im Winter 2010/2011 erheblich verschlimmert habe, weil die Kläger den dafür ursächlichen Bauschaden nicht beseitigt hätten. Die vom Berufungsgericht gegebene Begründung, mangels Anzeige einer Verschlechterung käme eine Minderung der Miete über den zunächst von der Beklagten beanspruchten Minderungsbetrag von 90 € monatlich hinaus nicht in Betracht, zeigt, dass es den Kern des Vorbringens der Beklagten nicht zur Kenntnis genommen hat. Denn die von der Beklagten in Anspruch genommene Minderung beruhte nach dem Sachvortrag der Beklagten allein auf Baumängeln (Feuchtigkeitsschäden), die den Klägern jedenfalls aufgrund des im Vorprozess eingeholten Sachverständigengutachtens bekannt gewesen seien und die sie bislang nicht beseitigt hätten. Dass infolge der unterbliebenen Mängelbeseitigung eine Ausweitung der Schimmelpilzbildung zu besorgen war, lag auf der Hand und erforderte - offensichtlich - keine erneute Mängelanzeige.
IV.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung des übergangenen Vorbringens der Beklagten zu einer anderen Beurteilung des Falles gekommen wäre, ist das Urteil aufzuheben. Der Rechtsstreit ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 544 Abs. 7 ZPO). Dabei macht der Senat von der Möglichkeit des § 563 Abs. 1 Satz 2 ZPO Gebrauch.
Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider
Dr. Fetzer Kosziol