Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 05.03.2013


BGH 05.03.2013 - VIII ZR 310/12

Heizkosten bei Wohnraummiete: Verteilung der Darlegungs- und Beweislast bei einem Erfassungsmangel; Schätzungsermessen des Gerichts hinsichtlich des Mindestverbrauchs


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
05.03.2013
Aktenzeichen:
VIII ZR 310/12
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Nürnberg-Fürth, 11. September 2012, Az: 7 S 9532/11vorgehend AG Fürth (Bayern), 3. November 2011, Az: 310 C 1120/09
Zitierte Gesetze
§§ 556ff BGB

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

1

1. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht. Das Berufungsgericht hat die Revision nach § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO ("zur Fortbildung des Rechts") im Hinblick auf die Frage zugelassen, ob ein Anwendungsfall des § 9a Abs. 1 HeizkostenV auch dann vorliegt, wenn der am Heizkörper abgelesene Messwert aus zwingenden physikalischen Gründen nicht dem tatsächlichen Verbrauchswert entsprechen kann.

2

Die Fortbildung des Rechts erfordert eine Entscheidung des Revisionsgerichts indes nur dann, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt (st. Rspr., vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 4. Juli 2002 - V ZB 16/02, BGHZ 151, 221, 225 und vom 27. März 2003 - V ZR 291/02, BGHZ 154, 288, 292). Dies ist hier nicht der Fall, denn die vom Berufungsgericht genannte Frage beantwortet sich ohne weiteres aus dem Gesetz in der Weise, wie es auch das Berufungsgericht gesehen hat. Auch im Hinblick auf die weitere vom Berufungsgericht genannte Frage, ob und wie das Gericht eine Verbrauchsermittlung durchzuführen habe, wenn sich der Vermieter allein auf das Ableseergebnis und die darauf basierende Abrechnung stütze, bedarf es keiner Orientierungshilfe. Denn selbstverständlich obliegt es dem auf Nachzahlung klagenden Vermieter, im Rahmen seiner Darlegungslast den Verbrauch nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV zu ermitteln, wenn der Verbrauch wegen Geräteausfalls oder aus anderen zwingenden Gründen nicht ordnungsgemäß erfasst worden ist und er sich nicht mit einer Abrechnung allein nach Fläche unter Abzug von 15 % nach § 12 HeizkostenV begnügen will. Über die für die Verbrauchsermittlung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV erforderlichen Daten wird regelmäßig ohnehin nur der Vermieter verfügen.

3

2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat zu Recht entschieden, dass die Beklagte der Klägerin aufgrund der bisher erteilten Heiz- und Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2008 den noch im Streit befindlichen Betrag von 1.029,99 € nebst Zinsen nicht schuldet. Das sachverständig beratene Berufungsgericht hat festgestellt, dass der am Heizkörper in der Essecke der ehemaligen Wohnung der Beklagten gemessene Verbrauch schon aus physikalischen Gründen nicht zutreffen kann. Da eine Messung nicht nachgeholt werden kann, ist - offensichtlich - ein Anwendungsfall des § 9a Abs. 1 HeizkostenV gegeben. Somit kann die Klägerin nicht auf der Grundlage des abgelesenen, nicht dem tatsächlichen Verbrauch entsprechenden Werts abrechnen, sondern sie muss den Verbrauch anhand einer der in dieser Vorschrift genannten Methoden ermitteln, nämlich auf der Grundlage des Verbrauchs der betroffenen Räume in vergleichbaren früheren Abrechnungszeiträumen oder des Verbrauchs vergleichbarer anderer Räume im jeweiligen Abrechnungszeitraum; soweit auf diese Weise eine Verbrauchsermittlung nicht möglich ist (z.B. mangels geeigneter Vergleichsdaten), bliebe nur eine verbrauchsunabhängige Abrechnung (etwa nach Wohnfläche), wobei eine Kürzung von 15 % gemäß § 12 HeizkostenV vorzunehmen wäre.

4

Eine Verbrauchsermittlung nach § 9a Abs. 1 HeizkostenV hat die Klägerin aber bisher nicht vorgenommen. Vom Berufungsgericht übergangenen Sachvortrag der Klägerin zeigt die Revision hierzu nicht auf; auch eine Verfahrensrüge, das Berufungsgericht habe einen entsprechenden, nach § 139 ZPO gebotenen Hinweis unterlassen, hat sie nicht erhoben.

5

Soweit die Revision unter Bezugnahme auf ein zum Handelsvertreterausgleichsanspruch ergangenes Senatsurteil geltend macht, das Berufungsgericht  hätte nach § 287 ZPO eine Schätzung des Mindestbetrages vornehmen müssen, verkennt sie den Regelungsgehalt der §§ 9a, 12 HeizkostenV. Die von der Revision erwogene Schätzgrundlage - der vom Sachverständigen für das Gesamtobjekt errechnete durchschnittliche Quadratmeterpreis für Heiz- und Warmwasserkosten von 1,50 € - könnte der Revision im Übrigen schon deshalb nicht zum Erfolg verhelfen, weil sich daraus für die 55 qm große Wohnung der Beklagten und die Wohndauer von acht Monaten ein Betrag von 660 € ergäbe, der überdies noch nach § 12 HeizkostenV um 15 % zu kürzen wäre und somit noch weit unter dem vom Berufungsgericht bereits zuerkannten Betrag läge.

6

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Ball                             Dr. Milger                               Dr. Schneider

            Dr. Fetzer                              Dr. Bünger

Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.