Entscheidungsdatum: 02.07.2014
Auf die Rechtsmittel des Klägers werden das Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 26. September 2013 aufgehoben und das Urteil des Amtsgerichts Köln vom 4. Oktober 2012 teilweise abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.685,56 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 307,13 € seit dem 6. März, 6. April, 6. Mai, 6. Juni, 6. Juli, 6. August, 6. September, 6. Oktober, 6. November, 6. Dezember 2012, 6. Januar sowie 6. Februar 2013 zu zahlen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Von Rechts wegen
Die Beklagte schloss am 18. Januar 1979 mit dem Rechtsvorgänger des Klägers einen Mietvertrag über eine 56 m2 große Altbauwohnung in Köln.
Der Kläger wollte einen im Zweiten Weltkrieg zerstörten Anbau des Hauses wieder errichten. Entsprechende Arbeiten kündigte er mit Schreiben vom 29. Oktober 2010 unter Hinweis darauf an, dass er die Nettomiete im Anschluss an die Arbeiten erhöhen wolle. Unter dem 9. März 2011 vereinbarten die Parteien, dass die Beklagte dem Anbau zustimme, aber nicht mit dem Einwand präkludiert sei, nicht zur Duldung der Maßnahme verpflichtet gewesen zu sein. Zugleich wurde der Beklagten ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt und ihr ein Umzugskostenzuschuss angeboten, sofern die Wohnung im Jahr 2011 herausgegeben werde.
Durch den im Dezember 2011 fertiggestellten Wiederaufbau des Anbaus wurde die zuvor aus zwei Zimmern, Küche und Bad bestehende Wohnung der Beklagten um ein Zimmer nebst Loggia (zusätzliche Wohnfläche 29,25 m2) vergrößert. Mit Schreiben vom 30. Dezember 2011 begehrte der Kläger eine Erhöhung der Nettomiete für den alten Teil der Wohnung nach § 558 BGB um monatlich 51,94 € ab 1. März 2012. Für den neu errichteten Teil der Wohnung verlangte er zusätzlich ab 1. März 2012 monatlich 307,13 €. Die Beklagte nutzte in der Folgezeit auch den Anbau.
Mit der Klage hat der Kläger Zustimmung zu einer Mieterhöhung für den ursprünglichen Teil der Wohnung um 51,94 € ab 1. März 2012 sowie Zahlung der für den Anbau zusätzlich verlangten Miete für den Zeitraum von März 2012 bis Februar 2013, insgesamt 3.685,56 €, begehrt. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. In der Berufungsinstanz haben die Parteien einen Teilvergleich geschlossen, der im Wesentlichen bestimmt, dass die Beklagte für den alten Teil der Wohnung ab 1. Januar 2013 eine um 55,38 € erhöhte Miete zahlt. Die weitergehende Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht zurückgewiesen.
Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Zahlungsverlangen weiter.
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt:
Dem Kläger stehe kein Anspruch auf Zahlung von Miete für den im Zuge des Anbaus neu errichteten Teil der Wohnung zu. Die Vertragsparteien hätten sich nicht auf eine Vergrößerung der Mietfläche geeinigt. Mit der Vereinbarung vom 9. März 2011 habe die Beklagte lediglich versprochen, von einem etwaigen Unterlassungsanspruch nach § 554 BGB aF keinen Gebrauch zu machen. Eine einvernehmliche Vergrößerung der Wohnfläche scheide aus; es sei der Beklagten erkennbar darum gegangen, den Vorbehalt, die Modernisierung sei unzumutbar gewesen, zu wahren.
Eine Erhöhung der Vertragsmiete sei auch nicht als "Kehrseite" einer Duldungspflicht gemäß § 554 Abs. 2 BGB aF eingetreten. Eine Duldungspflicht führe nicht zur Änderung der Vertragsmiete. Ob die Duldungspflicht des Mieters mit einem Recht des Vermieters zur Erhöhung der Vertragsmiete einhergehe, richte sich vielmehr nach § 559 BGB. Aus § 559 BGB aF könne der Kläger aber keine Miete für die Erweiterungsfläche verlangen, weil die Bestimmung die Schaffung neuen Wohnraums bereits nach ihrem Wortlaut nicht erfasse.
Ein Anspruch auf Miete für die Erweiterungsfläche ergebe sich auch nicht aus einer ergänzenden Auslegung des Mietvertrags. Die Parteien hätten in der Vereinbarung vom 9. März 2011 nicht nur ausdrücklich offen gelassen, ob und inwieweit dem Kläger im Hinblick auf die Vergrößerung der Wohnung ein Anspruch auf erhöhte Miete zustehe. Sie hätten sich nicht einmal auf die Vergrößerung der Wohnung selbst geeinigt. Es handele sich um einen anderen Vertragsgegenstand, der einer ausgehandelten Einigung bedürfe. Einer ergänzenden Vertragsauslegung stehe bereits entgegen, dass hinsichtlich der Preisfindung verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten bestünden.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der vom Kläger geltend gemachte Anspruch nicht verneint werden.
Wie die Revision zutreffend rügt, hat das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft nicht in seine Betrachtung einbezogen, dass die Beklagte den Anbau ausweislich des unstreitigen Tatbestands des erstinstanzlichen Urteils, auf den das Berufungsurteil Bezug nimmt, seit seiner Errichtung nutzt. Die vom Berufungsgericht unterlassene Auslegung des Verhaltens der Beklagten kann der Senat selbst vornehmen, weil die hierfür erforderlichen tatsächlichen Feststellungen getroffen und weitere tatrichterliche Feststellungen nicht zu erwarten sind. Mit der Nutzung des Anbaus hat die Beklagte das Angebot des Klägers auf Gebrauchsüberlassung der erweiterten Wohnfläche gegen Zahlung einer um monatlich 307,13 € erhöhten Nettomiete konkludent angenommen. Eine dem Erklärenden - wie hier - zurechenbare objektive Bedeutung seines Verhaltens hat aus der Sicht des Erklärungsgegners Vorrang vor einem etwa entgegenstehenden Willen des Erklärenden (vgl. BGH, Urteile vom 7. Juni 1984 - IX ZR 66/83, BGHZ 91, 324, 329 ff.; vom 2. November 1989 - IX ZR 197/88, BGHZ 109, 171, 177).
Dieser Auslegung steht nicht entgegen, dass die Beklagte sich vor Beginn der Maßnahme den Einwand vorbehalten hat, zu ihrer Duldung nicht verpflichtet zu sein. Dahingehende Einwände hat sie nicht geltend gemacht, sondern im Gegenteil durch ihr tatsächliches Nutzungsverhalten zu verstehen gegeben, dass sie die Vergrößerung der Wohnfläche billigt. Etwaige Anhaltspunkte dafür, dass sie nach dem Zuschnitt der Wohnung nicht umhin konnte, die zusätzliche Wohnfläche zu nutzen, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt; sie sind auch nicht ersichtlich.
III.
Danach kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben; es ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Rechtsstreit ist zur Endentscheidung reif, da es keiner weiteren tatsächlichen Feststellungen bedarf. Die Beklagte ist gemäß § 535 Abs. 2 BGB verpflichtet, Miete auch für die vergrößerte Wohnfläche zu entrichten, weil sie das dahingehende Angebot des Klägers angenommen hat. Auf die Berufung des Klägers ist das Berufungsurteil danach aufzuheben und der Klage, soweit sie Gegenstand des Revisionsverfahrens ist, stattzugeben (§ 563 Abs. 3 ZPO).
Dr. Milger Dr. Achilles Dr. Schneider
Dr. Bünger Kosziol