Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 04.10.2016


BGH 04.10.2016 - VIII ZR 281/15

Vorkaufsrecht des Wohnraummieters: Berechnung des Schadensersatzanspruches bei Vereitelung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
04.10.2016
Aktenzeichen:
VIII ZR 281/15
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2016:041016BVIIIZR281.15.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Wuppertal, 8. Dezember 2015, Az: 16 S 24/15, Urteilvorgehend AG Solingen, 25. Februar 2015, Az: 14 C 204/13, Urteil
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Klägerin durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

I.

1

1. Es besteht kein Grund für die Zulassung der Revision. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt sonst einer der anderen in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Gründe für die Zulassung der Revision vor.

2

Das Berufungsgericht hat die Revision zugelassen, weil es der Auffassung ist, dass es sich bei den Einzelheiten der "Berechnung der Vorteilsausgleichung" im Falle der Vereitelung eines nach § 577 BGB bestehenden Vorkaufsrechts um eine für die Schadensberechnung sich stellende Rechtsfrage grundsätzlicher Natur handele. Das trifft nicht zu.

3

a) Die Klägerin sieht den ihr infolge der Vereitelung ihres Vorkaufsrechts entstandenen Schaden darin, dass bei dem zwischen dem Beklagten und der Käuferin abgeschlossenen Kaufvertrag auf ihre Wohnung bei richtiger Bewertung ein Kaufpreisanteil entfalle, der deutlich niedriger sei als der Verkehrswert der Wohnung. Damit macht sie geltend, dass sich ihre Vermögenslage, wenn das Vorkaufsrecht vom Beklagten nicht vereitelt worden wäre, um den Betrag der Klageforderung verbessert hätte, weil sie für den zu zahlenden Kaufpreis in Gestalt des deutlich darüber liegenden Verkehrswerts der Wohnung einen weitaus höheren Gegenwert erlangt hätte.

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b) Diese von der Revision weiter verfolgte Sichtweise erfordert keine Revisionszulassung. Denn es ist revisionsrechtlich bereits geklärt, dass bei dem (Gesamt-)Vermögensvergleich, der im Falle eines verhinderten Wohnungserwerbs anzustellen ist, dem Verkehrswert nicht nur der dem Verkäufer geschuldete Kaufpreis isoliert gegenüber zu stellen ist. Vielmehr müssen auch die mit dem Erwerb einhergehenden Nebenkosten (Notarkosten,  im Kaufvertrag geregelte Maklerkosten, Grundbuchgebühren, Grunderwerbsteuer) berücksichtigt werden, ohne deren Aufbringung die Klägerin das Eigentum an dem Vorkaufsgegenstand nicht hätten erwerben können. Entsprechendes gilt für die Finanzierungskosten, die die Klägerin ebenfalls hätte aufwenden müssen, um den Kaufpreis aufzubringen, dessen Erbringung wiederum Voraussetzung für den Eigentumserwerb war (Senatsurteile vom 21. Januar 2015 - VIII ZR 51/14, NJW 2015, 1516 Rn. 29 f.; vom 6. April 2016 - VIII ZR 143/15, WuM 2016, 369 Rn. 19, 21 mwN).

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2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat die Klage zu Recht insgesamt abgewiesen.

6

Es ist bereits zweifelhaft, ob - wie das Berufungsgericht angenommen hat - die Klägerin das Vorkaufsrecht ungeachtet der in ihrer Erklärung bezüglich des Kaufpreises vorgenommenen Einschränkung überhaupt wirksam ausgeübt hat. Es bedarf insbesondere keiner Entscheidung, ob - wie das Berufungsgericht weiter angenommen hat - der von dem Beklagten mit dem Dritten vereinbarte Kaufpreis von 300.000 € im Hinblick auf einen Verkehrswert von nur 225.000 € als sittenwidrig überhöht (§ 138 BGB) anzusehen und deshalb für die Ausübung des Vorkaufsrechts nur ein Kaufpreis von 201.052,20 € anzusetzen war. Denn ein Schadensersatzanspruch der Klägerin scheitert jedenfalls daran, dass ihr auch dann kein materieller Schaden entstanden wäre, wenn der Beklagte einen Erwerb der Wohnung zu diesem Preis vereitelt hätte.

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Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin zum Erwerb der von ihr gemieteten Wohnung insgesamt Aufwendungen hätte tätigen müssen, die zusammen mit dem genannten Kaufpreis den Verkehrswert zumindest erreichen, weist keinen Rechtsfehler auf. Dass die vom Berufungsgericht berücksichtigten Aufwendungen bei Durchführung des Kaufvertrages entstanden wären, stellt auch die Revision nicht in Frage; anders als die Revision meint, können sie auch nicht etwa deswegen unberücksichtigt bleiben, weil sie auch bei einem denkbaren, aber von der Klägerin nicht getätigten Deckungskauf entstanden wären.

8

Entgegen der Auffassung der Revision kommt dem Umstand, dass die Klägerin ihre bisherige Mietwohnung im Falle der wirksamen Ausübung des Vorkaufsrechts hätte nutzen können, ohne - wie bisher - Miete an den Beklagten zahlen zu müssen, für die im Streit stehende Schadensberechnung keine Bedeutung zu. Denn die jedem Eigentum innewohnende Möglichkeit, die Sache selbst oder durch Vermietung nutzen zu können, ist in ihrem Verkehrswert bereits enthalten; sie kann deshalb nicht zusätzlich neben dem Verkehrswert der Sache als Schadensposition angesetzt werden. Auch im Wege der Vorteilsausgleichung ist für diese Berücksichtigung der Miete kein Raum. Der für den Erwerb der Wohnung aufzubringende Kaufpreis stellt keine Vergütung für eine zeitlich begrenzte Nutzung dar, sondern ist auf einen Erwerb der Sachsubstanz gerichtet, aus der sich ihrerseits gemäß § 903 Satz 1 BGB eine eigentumsrechtliche Nutzungsmöglichkeit abgeleitet hätte. Der im Wege des Schadensersatzes auszugleichende Vorteil, den die Klägerin mit dem Kauf der gemieteten Wohnung hätte erlangen können, entspricht deshalb schon seiner Art nach nicht der Ersparnis künftiger Mietzahlungen, so dass es für deren Anrechenbarkeit bereits wertungsmäßig an der für eine Vorteilsausgleichung erforderlichen Kongruenz mit den gegenüber zu stellenden Erwerbsaufwendungen fehlt.

9

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Dr. Milger                         Dr. Achilles                         Dr. Fetzer

                   Dr. Bünger                           Kosziol

Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.