Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 13.07.2011


BGH 13.07.2011 - VIII ZR 261/10

Wohnraummiete im sozialen Wohnungsbau: Mieterhöhung bei Erhöhung der auf Grund eines Fördervertrages zulässigen Durchschnittsmiete bei Mietern mit Wohnberechtigungsschein


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
13.07.2011
Aktenzeichen:
VIII ZR 261/10
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend LG Berlin, 6. September 2010, Az: 67 S 8/10, Urteilvorgehend AG Tiergarten, 26. November 2009, Az: 7 C 61/09
Zitierte Gesetze

Leitsätze

Darf der Vermieter nach den Bestimmungen eines ihn bindenden Fördervertrages von Mietern mit Wohnberechtigungsschein keine höhere Miete als die Durchschnittsmiete im sozialen Wohnungsbau verlangen, ist eine Regelung im Mietvertrag, nach der der Mieter bei Vorlage eines Wohnberechtigungsscheines die Verminderung der vereinbarten Miete auf die (niedrigere) Durchschnittsmiete verlangen kann und sich bei einer Erhöhung der Durchschnittsmiete der von ihm zu tragende Anteil an der vereinbarten Miete erhöht, wirksam .

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil der Zivilkammer 67 des Landgerichts Berlin vom 6. September 2010 wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagten sind seit 1. Juli 2007 Mieter einer Wohnung des Klägers in B.     Gemäß § 4 Abs. 1a) des Mietvertrages beträgt die Miete 399,73 € zuzüglich Nebenkosten.

2

Der Kläger hat die Wohnung im Rahmen eines Fördervertrages mit der Stadt B.    modernisiert. Nach den Bedingungen des Fördervertrages darf der Kläger von Mietern, die über einen Wohnberechtigungsschein verfügen, keine höhere Miete als die Durchschnittsmiete im sozialen Wohnungsbau verlangen. Hierauf nimmt der Mietvertrag der Parteien unter Hinweis darauf Bezug, dass die Durchschnittsmiete zur Zeit 4,13 €/qm monatlich betrage und bis zur Bekanntgabe im Amtsblatt für B.   über einen fortgeschriebenen Wert gelte; da die vereinbarte Miete die Durchschnittsmiete übersteige, könne der Mieter die Verminderung der Miete auf die Durchschnittsmiete verlangen. Ferner enthält der Vertrag die Formulierung "weil ein WBS vorgelegt wurde, beträgt die Miete 383,06 €". Für den Fall, dass ein Wohnberechtigungsschein vorgelegt wurde, ist eine "Erhöhung der Miete nach § 2 und 3 MGH" [richtig: MHG] gemäß § 4b des Mietvertrags ausgeschlossen.

3

Zu Beginn des Mietverhältnisses entrichteten die Beklagten dementsprechend eine Nettomiete von 383,06 €; den Differenzbetrag von 16,67 € zu der in § 4 des Mietvertrags genannten Miete erhielt der Kläger von der Investitionsbank B.   .

4

Im Amtsblatt vom 7. Dezember 2007 wurde eine Erhöhung der Durchschnittsmiete im sozialen Wohnungsbau mit Wirkung vom 1. April 2008 auf 4,40 € je qm bekannt gegeben. Dementsprechend sank der von der Investitionsbank an den Kläger ausgezahlte Zuschuss um 13,52 € auf 3,15 € monatlich. Mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 informierte die Hausverwaltung des Klägers die Beklagten über diese Änderungen und forderte sie auf, rückwirkend ab dem 1. April 2008 eine entsprechend angeglichene Miete in Höhe von 396,58 € (383,06 € zuzüglich 13,52 €) zuzüglich Nebenkosten zu zahlen. Die Beklagten entrichteten lediglich für die Monate November 2008 bis Februar 2009 einen Teil des jeweiligen Erhöhungsbetrages.

5

Der Kläger hat Zahlung des verbleibenden Mietdifferenzbetrages für den Zeitraum April 2008 bis Februar 2009 begehrt, insgesamt 127,12 €. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landgericht hat ihr unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des amtsgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:

8

Dem Kläger stehe aus § 535 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 4 des zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrags der geltend gemachte Anspruch auf restliche Mietzahlung zu.

9

Die Parteien hätten bei Abschluss des Mietvertrags eine Nettokaltmiete von 399,73 € vereinbart und gleichzeitig vorgesehen, dass sich der hiervon von den Beklagten zu tragende Anteil - bei Beginn des Mietverhältnisses 383,06 € - im Falle einer Erhöhung der Durchschnittsmiete im sozialen Wohnungsbau bis (maximal) zu diesem Betrag erhöhen könne. Eine derartige Vereinbarung sei wirksam, weil die Parteien von vornherein individuell eine monatliche Miete vereinbart hätten; es komme deshalb nicht darauf an, ob die ortsübliche Vergleichsmiete, wie die Beklagten vorgetragen hätten, darunter liege. Da die Durchschnittsmiete zum 1. April 2008 erhöht und der von der Investitionsbank für die Wohnung der Beklagten gezahlte Anteil um 13,52 € gesunken sei, habe sich der von den Beklagten selbst zu zahlende Anteil auf 396,98 € erhöht.

10

Der Kläger sei auch nicht verpflichtet gewesen, die Erhöhung des von den Beklagten zu zahlenden Anteils gemäß den Regeln über die Erhöhung der Miete gemäß den §§ 558 ff. BGB anzukündigen, denn die vereinbarte monatliche Nettokaltmiete sei gar nicht erhöht worden. Auf den hier vorliegenden Fall, dass sich lediglich der vom Mieter selbst zu tragende Anteil der Miete erhöhe, weil aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften der von einer öffentlichen Stelle hinzutretende Teil der Miete verringert werde, seien §§ 558 ff. BGB nicht anwendbar.

II.

11

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist.

12

Das Berufungsgericht hat den zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag dahin gewürdigt, dass von vornherein eine Nettokaltmiete von 399,73 € vereinbart war und sich lediglich der von den Beklagten davon selbst zu zahlende Anteil insoweit verringern sollte, als der Kläger nach dem Fördervertrag im Hinblick auf einen vorgelegten Wohnberechtigungsschein nur eine niedrigere Miete vom Mieter selbst verlangen durfte und er im Gegenzug die Differenz als Zuschuss von der Investitionsbank erhielt. Gegen diese - zutreffende - Auslegung von § 4 des Mietvertrags bringt die Revision nichts Erhebliches vor.

13

Wie das Berufungsgericht richtig gesehen hat, verstößt eine solche Vertragsgestaltung nicht gegen §§ 558 ff. BGB. Eine Mieterhöhung nach § 558 BGB (früher § 2 MHG) ist, worauf die Revisionserwiderung zutreffend hinweist, durch § 4 b des Mietvertrags für den hier vorliegenden Fall, dass der Mieter einen Wohnberechtigungsschein vorgelegt hat, für die Dauer der Förderung gerade ausgeschlossen.

14

Die Regelung in § 4 des Mietvertrags trägt lediglich den Einschränkungen Rechnung, denen der Kläger durch den Fördervertrag unterliegt. Danach darf der Kläger von Mietern, die - wie die Beklagten - über einen Wohnberechtigungsschein verfügen, nur die (geringere) Durchschnittsmiete verlangen, solange diese unter der im Mietvertrag vereinbarten Miete liegt; den Differenzbetrag erhält der Vermieter als Zuschuss von der Investitionsbank.

15

Mit der hier getroffenen vertraglichen Regelung wird nicht die Miete erhöht, die der Kläger für die Wohnung erhält, sondern es wird lediglich berücksichtigt, dass der für diese Wohnung gezahlte öffentliche Zuschuss absinken oder - sofern die Beklagten nicht mehr über einen gültigen Wohnberechtigungsschein verfügen - auch ganz entfallen kann. Wirtschaftlich betrachtet stellt sich der von der Investitionsbank an den Kläger jeweils monatlich gezahlte Betrag (Differenz zwischen der im Mietvertrag vereinbarten Miete und der Durchschnittsmiete im sozialen Wohnungsbau) somit als Mietzuschuss zugunsten der Beklagten dar, der lediglich nicht an die Beklagten ausgezahlt, sondern direkt dem Kläger als Vermieter zur Verfügung gestellt wird. Bei einer derartigen Vertragsgestaltung stellt die Änderung des von den Beklagten als Mieter zu tragenden Anteils der im Mietvertrag vereinbarten Miete, die auf einer Erhöhung der Durchschnittsmiete und dem entsprechenden Absinken des aus öffentlichen Mitteln an den Kläger als Vermieter gezahlten Zuschusses beruht, keine Mieterhöhung nach § 558 BGB dar.

16

Entgegen der Auffassung der Revision folgt aus dem Senatsurteil vom 12. November 2003 (VIII ZR 41/03, NJW-RR 2004, 518) nichts anderes. Denn der damaligen Entscheidung lag eine andere Vertragsgestaltung zugrunde, bei der der Vermieterin durch eine Zusatzvereinbarung zum Mietvertrag gestattet wurde, zu einem späteren Zeitpunkt eine höhere als die im Mietvertrag vereinbarte Miete zu verlangen, ohne das Mieterhöhungsverfahren nach § 2 MHG einzuhalten. Demgegenüber war hier von vornherein die jetzt auch vom Kläger verlangte Miete vereinbart und hing lediglich die Höhe des vom Mieter hiervon zu tragenden Anteils davon ab, ob eine Änderung der Durchschnittsmiete und dementsprechend des von der Investitionsbank an den Kläger gezahlten Betrages eintrat.

Ball                                            Dr. Milger                                          Dr. Hessel

                 Dr. Schneider                                           Dr. Fetzer