Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 06.11.2013


BGH 06.11.2013 - VIII ZR 23/13

Stromlieferungsvertrag: Rückforderungsanspruch des Kunden nach Ablauf der Abrechnungsfrist für einen "EEG-Aufschlag"


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
06.11.2013
Aktenzeichen:
VIII ZR 23/13
Dokumenttyp:
Urteil
Vorinstanz:
vorgehend LG Frankfurt, 2. Januar 2013, Az: 2-15 S 111/12vorgehend AG Frankfurt, 6. Juli 2012, Az: 383 C 675/12 (43)
Zitierte Gesetze
§ 54 Abs 1 S 1 EEG vom 25.10.2008

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil der 15. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main vom 2. Januar 2013 aufgehoben.

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 6. Juli 2012 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten der Rechtsmittelverfahren zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte versorgte die Klägerin als gewerbliche Abnehmerin auf der Grundlage eines am 15. April 2008 geschlossenen Stromlieferungsvertrags mit Elektrizität. Der Vertrag enthält unter anderem eine Regelung hinsichtlich der Berechnung des sogenannten EEG-Aufschlags als Teil des Entgelts. Dort ist unter Ziffer 5. 2 b) der Anlage 1 zum Vertrag folgendes bestimmt:

"Dieser EEG-Aufschlag für den jeweiligen Monat wird in einem zweiten Berechnungsschritt korrigiert um das Ergebnis der endgültigen Abrechnung nach § 14 Abs. 3 Satz 7 EEG [2004]. Die endgültige Abrechnung gemäß § 14 Abs. 3 Satz 7 EEG hat den Zweck, die Differenzen zwischen den Prognosewerten und den nachträglich festgestellten Ist-Werten des vorvergangenen Jahres bei EEG-Quote und/oder EEG-Preis auszugleichen. Dieser Ausgleich kann zu einer Erhöhung oder zu einer Ermäßigung des Aufschlags nach Ziffer 5. 2 a) führen."

2

Mit Schreiben an ihre Kunden vom Dezember 2009 erläuterte die Beklagte unter anderem, dass sich der EEG-Aufschlag für das Kalenderjahr 2010 aus der Summe der EEG-Umlage 2010 in Höhe von 2,047 Cent/kWh und dem Korrekturbetrag der Umlage in Höhe von 0,059 Cent/kWh aus der EEG-Endabrechnung der Übertragungsnetzbetreiber für das Jahr 2008 ergebe und somit insgesamt 2,106 Cent/kWh betrage.

3

Entsprechend dieser Ankündigung stellte die Beklagte der Klägerin für den Zeitraum von Januar 2010 bis Juni 2010 als Korrekturbetrag zum EEG-Aufschlag für das Jahr 2008 insgesamt 94,64 € in Rechnung. Die Klägerin widersprach der Abrechnung der Beklagten und zahlte den Betrag nur unter dem Vorbehalt der Rückforderung. Sie ist der Auffassung, dass es für den geltend gemachten Anspruch keine Rechtsgrundlage gebe; § 54 Abs. 1 EEG 2009 sei nicht anwendbar. Jedenfalls hätte es zur wirksamen Umlage des Korrekturbetrags aus dem Jahr 2008 einer Anzeige des Abrechnungsbetrags binnen der von § 54 Abs. 1 EEG 2009 vorgegebenen Frist "bis zum 30. November des Folgejahres" bedurft, an der es vorliegend fehle.

4

Mit ihrer Klage nimmt die Klägerin die Beklagte auf Rückzahlung von in der Höhe unstreitigen 94,64 € in Anspruch. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat ihr auf die vom Amtsgericht zugelassene Berufung der Klägerin unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision erstrebt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe

5

Die Revision hat Erfolg.

I.

6

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

7

Die Klägerin könne von der Beklagten die Zahlung von 94,64 € aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB verlangen. Anders als vom Amtsgericht angenommen, sei die die Differenzkosten betreffende Regelung des § 54 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009 (in der Fassung vom 25. Oktober 2008, BGBl. I S. 2074 [2087]; im Folgenden: § 54 EEG 2009 aF), insbesondere die dort genannte Abrechnungsfrist "bis zum 30. November des Folgejahres", auch auf den EEG-Strom anwendbar, der vor dem Inkrafttreten des EEG 2009 zum 1. Januar 2009 in das Stromnetz eingespeist und von dem Endverbraucher abgenommen worden sei. Da die Beklagte im Streitfall den das Jahr 2008 betreffenden Korrekturbetrag der EEG-Umlage erst im Jahr 2010 berechnet habe, seien die unter dem Vorbehalt der Rückforderung gezahlten 94,64 € ohne Rechtsgrund geleistet worden.

II.

8

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung in einem entscheidenden Punkt nicht stand.

9

Die in § 54 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009 aF bestimmte Abrechnungsfrist stellt keine Ausschlussfrist dar, so dass die von der Klägerin unter Vorbehalt geleistete Zahlung in Höhe von 94,64 € mit Rechtsgrund erfolgte. Ein Bereicherungsanspruch der Klägerin aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB besteht daher nicht.

10

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings angenommen, dass § 54 EEG 2009 aF mangels einer abweichenden Übergangsregelung auch auf Differenzkosten für Strommengen, die vor dessen Inkrafttreten eingespeist, aber noch nicht endgültig abgerechnet worden waren, anzuwenden ist. Dies hat der Senat nach Erlass des Berufungsurteils mit Urteil vom 10. Juli 2013 (VIII ZR 295/12, juris Rn. 10 mwN) entschieden. Deswegen waren auch die im vorliegenden Vertrag als "EEG-Aufschlag" bezeichneten Differenzkosten im Sinne des § 15 Abs. 1 EEG 2004 (in der Fassung vom 21. Juli 2004, BGBl. I S. 1918 [1925]) aus dem Jahr 2008 bis zum 30. November 2009 abzurechnen.

11

2. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts war es der Beklagten aber nicht verwehrt, entsprechend Ziffer 5.2 b) der Anlage 1 zum Stromlieferungsvertrag den EEG-Aufschlag 2010 entsprechend der Ankündigung in dem Schreiben von Dezember 2009 um einen aus den Daten des Jahres 2008 errechneten Korrekturbetrag zu erhöhen, weil sie über die Differenzkosten des Jahres 2008 nicht bis zum 30. November 2009 abgerechnet hatte. Wie der Senat ebenfalls mit dem bereits erwähnten Urteil vom 10. Juli 2013 (VIII ZR 295/12, aaO Rn. 11 ff.) entschieden hat, hat die Überschreitung der in § 54 Abs. 1 Satz 1 EEG 2009 aF bestimmten Abrechnungsfrist keine anspruchsausschließende Wirkung.

III.

12

Da die Revision begründet ist, ist das Berufungsurteil aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Der Senat entscheidet in der Sache selbst, weil keine weiteren Feststellungen zu treffen sind (§ 563 Abs. 3 ZPO). Da ein Rückzahlungsanspruch der Klägerin nicht besteht, ist die Berufung der Klägerin gegen das klageabweisende Urteil des Amtsgerichts zurückzuweisen.

Ball                           Dr. Frellesen                                 Dr. Milger

          Dr. Achilles                              Dr. Schneider