Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 30.05.2017


BGH 30.05.2017 - VIII ZR 199/16

Wohnraummiete: Schadensersatzanspruch des Mieters bei Kündigung nach vorgetäuschter Modernisierungsankündigung


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
30.05.2017
Aktenzeichen:
VIII ZR 199/16
ECLI:
ECLI:DE:BGH:2017:300517BVIIIZR199.16.0
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Frankfurt, 2. August 2016, Az: 2-17 S 13/16vorgehend AG Königstein, 15. Dezember 2015, Az: 21 C 558/15 (16)
Zitierte Gesetze

Tenor

Der Senat beabsichtigt, die Revision der Kläger durch einstimmigen Beschluss gemäß § 552a ZPO zurückzuweisen.

Gründe

I.

1

Die Kläger waren Mieter einer im 1. Obergeschoß eines Mehrfamilienhauses gelegenen Vier-Zimmer-Wohnung des Beklagten. Mit Schreiben vom 22. Mai 2014 kündigte der Beklagte umfangreiche Modernisierungsarbeiten (Austausch von Fenstern, Türen und Heizung, Anbringung einer Wärmedämmung) an, die im Zeitraum vom 1. Oktober 2014 bis 1. März 2015 durchgeführt werden und zu einer Erhöhung der bisherigen Nettomiete (1.000 €) um 523,79 € führen sollten. Die Kläger machten daraufhin von ihrem Sonderkündigungsrecht Gebrauch und kündigten die Wohnung zum 31. Juli 2014. Bereits am 15. Mai 2014 ließen sie sich durch einen Makler die Anmietung eines Einfamilienhauses (Mietbeginn 15. Juli 2014) vermitteln.

2

Nach dem Auszug der Kläger führte der Beklagte nur einen Teil der angekündigten Arbeiten (insbesondere Austausch von Fenstern und Türen) durch und führte verschiedene Gründe dafür an, dass sich die Durchführung weiterer Arbeiten verzögerte (Witterung; Personalengpass in der eigenen Bauunternehmung). Die Kläger haben geltend gemacht, die Modernisierungsankündigung sei nur vorgetäuscht gewesen, um unliebsame Mieter loszuwerden, zumindest habe der Beklagte es aber versäumt, sie Mitte Juli 2014 auf die sich bereits abzeichnende Verzögerung der Bauausführung hinzuweisen.

3

Die auf Ersatz der Maklerkosten (Rechnung vom 26. Mai 2014 über eine am 15. Mai 2014 erfolgte Vermittlungsleistung) und weiterer Kündigungsschäden gerichtete Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen.

II.

4

1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts besteht kein Grund für die Zulassung der Revision. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch liegt einer der anderen in § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO genannten Gründe für die Zulassung der Revision vor. Insbesondere verleiht die vom Berufungsgericht genannte Frage, welche Pflichten den Vermieter im Zusammenhang mit einer Modernisierungsankündigung - etwa bezüglich der Ausführung der Arbeiten oder der Ankündigung von Ausführungsfristen - treffen, der Sache keine grundsätzliche Bedeutung. Es handelt sich um Nebenpflichten aus der zwischen den Parteien gebotenen Rücksichtnahme, die sich nach den Umständen des Einzelfalls richten und die einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich sind. Abgesehen davon weist die Revisionserwiderung zutreffend darauf hin, dass schon nicht ersichtlich sei, dass über die vom Berufungsgericht erörterten Fragen ein Meinungsstreit in der Rechtsprechung der Instanzgerichte oder in der Literatur bestehe.

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2. Die Revision hat auch keine Aussicht auf Erfolg. Das Berufungsgericht hat einen Schadensersatzanspruch der Kläger (§ 280 Abs. 1 BGB) rechtsfehlerfrei verneint.

6

a) Soweit die Kläger ihren Schadensersatzanspruch darauf stützen, dass der Beklagte sie Mitte des Monats Juli 2014 nicht auf eine sich bereits abzeichnende Verzögerung der Bauarbeiten hingewiesen hätte, scheitert ihr Anspruch allerdings - anders als das Berufungsgericht gemeint hat - schon daran, dass eine entsprechende Informationspflicht des Beklagten nicht bestand. Denn zu diesem Zeitpunkt hatten die Kläger bereits über einen Makler ein Einfamilienhaus angemietet und die Verzögerung eines Teils der Arbeiten, die sämtlich nach dem unmittelbar bevorstehenden Auszug der Kläger stattfinden sollten, konnte daher hierfür nicht mehr von Bedeutung sein.

7

b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht ferner einen auf arglistiges Vortäuschen einer in Wahrheit nicht beabsichtigten Modernisierung gestützten Schadensersatzanspruch verneint. Ohne Erfolg macht die Revision insoweit geltend, das Berufungsgericht hätte die Behauptung der Kläger, der Beklagte habe die angekündigten Arbeiten bereits im Zeitpunkt der Modernisierungsmitteilung gar nicht ausführen wollen, als zugestanden ansehen müssen, weil dieser schon seiner sekundären Darlegungslast nicht nachgekommen sei.

8

Denn der Beklagte hat einen Teil der Arbeiten (Fenster, Türen) tatsächlich durchgeführt und im Übrigen dargelegt, dass die Modernisierung witterungsbedingt und wegen eines Personalengpasses in seiner Bauunternehmung nicht im ursprünglich vorgesehenen Zeitraum (Oktober 2014 bis März 2015) möglich gewesen sei; das Dämmmaterial für die Fassade sei aber schon angeschafft worden, was durch die vorgelegte Rechnung belegt werde. Dies genügt. Für eine weitergehende sekundäre Darlegungslast des Beklagten dahin, aus welchen Gründen die weiteren Arbeiten auch später - etwa im Verlauf des Rechtsstreits - nicht realisiert worden sind, ist kein Raum. Entgegen der Auffassung der Revision kommt es somit auch nicht darauf an, ob der Beklagte die Durchführung noch ausstehender Arbeiten inzwischen - etwa im Hinblick auf seine am Wohnungsmarkt nicht durchsetzbaren Mietvorstellungen - auf absehbare Zeit aufgegeben hat oder gar nicht mehr verfolgt.

9

Die weitere tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts weist ebenfalls keinen Rechtsfehler auf. Dies gilt insbesondere für die Würdigung, dass die von ihm festgestellten Umstände nicht den Schluss erlaubten, der Beklagte habe die angekündigten Modernisierungsarbeiten von vornherein nicht durchführen wollen. Entgegen der Auffassung der Revision lässt sich aus etwaigen unzutreffenden Angaben des Beklagten zu einem im September 2015 (also mehr als ein Jahr nach Auszug der Kläger) gelagerten Baugerüst nicht die verlässliche Schlussfolgerung ziehen, er habe nie die Absicht gehabt, die angekündigten Arbeiten auszuführen. Gegenstand des von der Revision in diesem Zusammenhang herangezogenen Bußgeldbescheids der Gemeinde war im Übrigen die Lagerung erheblicher Mengen Baumaterials vor dem Gebäude des Beklagten im August 2015, was für das (Fort-)Bestehen der Modernisierungspläne noch in diesem Zeitpunkt sprach.

10

c) Ohne Rechtsfehler hat das Berufungsgericht weiter angenommen, dass die Kläger den geltend gemachten Schadensersatzanspruch nicht auf eine weitere Pflichtverletzung stützen können, die es in Erwägung gezogen hat, weil der vom Beklagten angegebene Zeitraum (Oktober 2014 bis März 2015) im Hinblick auf die teilweise im Sommer durchzuführenden Arbeiten unrealistisch gewesen sei. Denn es spricht jedenfalls nichts dafür, dass die Angabe eines zu kurzen Zeitraums für die Ausführung der angekündigten Baumaßnahmen einen Einfluss auf die Entscheidung der Kläger hätte haben können, von ihrem Sonderkündigungsrecht unverzüglich Gebrauch zu machen und vor dem Beginn der Maßnahmen auszuziehen. Entgegen der Auffassung der Revision geht es bei der Frage, ob die Kläger durch unzutreffende Angaben über den Zeitraum der Bauarbeiten zu ihrer Kündigung veranlasst worden sind, weder um die haftungsausfüllende Kausalität noch um die Frage des "aufklärungsrichtigen Verhaltens" oder um die "hypothetische Kausalität rechtmäßigen Alternativverhaltens".

11

d) Auch der von der Revision herangezogene Gesichtspunkt eines "Verfrühungsschadens" ist von vornherein nicht geeignet, einen Schadensersatzanspruch der Kläger zu begründen. Soweit die Revision geltend macht, die Kläger hätten die Kündigung "verschoben", wenn ihnen ein Teil der Arbeiten erst für die Sommermonate 2015 angekündigt worden wäre, so zeigt sie schon keinen entsprechenden Tatsachenvortrag der Kläger in den Vorinstanzen auf. In den von der Revision in Bezug genommenen Schriftsätzen der Kläger ist lediglich ausgeführt, dass die Kläger nicht gekündigt hätten, wenn der Beklagte als Modernisierungsmaßnahme nur den Austausch der Türen und Fenster angekündigt hätte. Dass die Kläger zu einem späteren Zeitpunkt gekündigt hätten, wenn der Beklagte die Durchführung der weiteren Maßnahmen für einen späteren Zeitraum angekündigt hätte, haben sie hingegen erstmals mit der Revision geltend gemacht. Im Übrigen spricht auch kein nachvollziehbarer Grund für eine solche Vorgehensweise eines Mieters, noch einen Teil der angekündigten Baumaßnahmen in der bisherigen Wohnung abzuwarten, statt den unvermeidlichen Umzug durchzuführen, bevor mit jeglichen Bauarbeiten begonnen wird. Dies gilt erst recht angesichts des zeitlichen Ablaufs im vorliegenden Fall - die Kläger haben binnen zwei Wochen nach Erhalt der Modernisierungsankündigung ein Einfamilienhaus angemietet und ihre vom Beklagten angemietete Wohnung bereits zum 31. Juli 2014 gekündigt, obwohl die Baumaßnahmen erst im Oktober 2014 beginnen sollten und den Klägern auch eine (ordentliche) Kündigung zum 30. September 2014 möglich gewesen wäre.

12

3. Es besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses.

Dr. Milger     

       

Dr. Hessel     

       

Dr. Fetzer

       

Dr. Bünger     

       

Hoffmann     

       

Hinweis:

Das Revisionsverfahren ist durch Revisionsrücknahme erledigt worden.