Entscheidungsdatum: 04.07.2017
Die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Amtsgerichts München vom 14. Dezember 2016 - 452 C 23314/15 - und aus dem Beschluss des Landgerichts München I vom 4. Mai 2017 - 14 S 22108/16 - über den 4. Juli 2017 hinaus wird abgelehnt.
I.
1. Der Kläger hat von der Beklagten zu 1 laut Mietvertrag vom 24. Dezember 2005 unter Vereinbarung einer monatlichen Miete in Höhe von 2.500 € eine Doppelhaushälfte in U. gemietet, die er mit seiner Ehefrau bewohnt. Diese (Hausnummer 5) und die zweite Doppelhaushälfte (Hausnummer 7) gehörten damals einer ungeteilten Erbengemeinschaft, die aus der Beklagten zu 1 sowie den Beklagten zu 4 und 5 bestand. Während des laufenden Mietverhältnisses veräußerte die Erbengemeinschaft die Doppelhaushälfte Nr. 7 an die Beklagten zu 3 und 4. Der Kläger vertrat in der Folgezeit die Auffassung, Vermieter seien neben der Beklagten zu 1 auch die Beklagten zu 4 und 5 als Mitglieder der Erbengemeinschaft. Außerdem seien durch die Veräußerung der Doppelhaushälfte Nr. 7 an die Beklagten zu 2 und 3 auch diese in analoger Anwendung des § 566 BGB in das Mietverhältnis eingetreten, denn ein mitvermietetes Nebengebäude und die Zuwegung befänden sich auf dem an die Beklagten zu 2 und 3 veräußerten Grundstücksteil.
In einem der zwischen den Parteien geführten Vorprozesse nahm der Kläger die Beklagte zu 1 sowie die Beklagten zu 2 und 3 (unter anderem) auf Beseitigung behaupteter Mängel des Mietobjekts in Anspruch. Die Beklagte zu 1 wurde in jenem Prozess als Vermieterin zur Beseitigung bestimmter Mängel verurteilt. Die gegen die Beklagten zu 2 und 3 (Erwerber der Doppelhaushälfte Nr. 7) gerichtete Klage hatte keinen Erfolg. Das insoweit befasste Amtsgericht wie auch das Landgericht als Berufungsinstanz teilten die Auffassung des Klägers nicht, dass die Beklagten zu 2 und 3 in analoger Anwendung des § 566 BGB in den Mietvertrag eingetreten seien. Die gegen das damalige Berufungsurteil gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom 17. November 2015 (VIII ZR 43/15) zurückgewiesen.
Seit Oktober 2013 zahlte der Kläger keine Miete mehr an die Beklagte zu 1, sondern hinterlegte mit Rücksicht auf die von ihm geltend gemachte Unsicherheit über die Person des Gläubigers lediglich bestimmte Beträge beim Amtsgericht. Die Beklagte zu 1 ist der Auffassung, dass sie alleinige Vermieterin sei und der Kläger auch nicht zur Hinterlegung berechtigt gewesen sei, so dass diese auch nicht zur Erfüllung ihrer Mietforderungen geführt habe. Wegen der hierdurch aufgelaufenen Rückstände erklärte die Beklagte zu 1 mit Anwaltsschreiben vom 31. August 2015 die fristlose Kündigung des Mietvertrages.
Gegen die Ehefrau des Klägers erhoben die hiesigen Beklagten zu 1, 4 und 5 - parallel zum vorliegenden Rechtsstreit - beim Landgericht München eine auf § 985 BGB gestützte Klage auf Herausgabe der streitigen Doppelhaushälfte und machten geltend, ein vom Kläger als Mieter abgeleitetes Besitzrecht sei wegen der Beendigung des Mietverhältnisses durch wirksame fristlose Kündigung (u.a. vom 31. August 2015) entfallen. In jenem Prozess wandte die beklagte Ehefrau unter anderem ein, die Kündigung sei unwirksam, weil sie nicht gleichzeitig von den Erwerbern der Doppelhaushälfte Nr. 7 und somit nicht von allen Vermietern ausgesprochen worden sei. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben, das Oberlandesgericht hat die Berufung der Ehefrau des hiesigen Klägers zurückgewiesen. Ihre hiergegen gerichtete Nichtzulassungsbeschwerde hat der Senat mit Beschluss vom heutigen Tage zurückgewiesen (VIII ZR 297/16).
Im vorliegenden Rechtsstreit hat zunächst der Kläger gegen die Beklagte zu 1 Feststellungsklage dahin erhoben, dass das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung vom 31. August 2015 beendet worden sei. Später hat er die Klage auf die Beklagten zu 2 bis 5 erweitert und außerdem die Verurteilung sämtlicher Beklagten zur Beseitigung bestimmter Mängel sowie die Feststellung der Berechtigung einer Minderung in Höhe von 20 % und eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung weiterer Beträge begehrt. Bei Zahlungsforderungen handelt es sich im Wesentlichen um vom Kläger errechnete "Mietminderungen", die sich nach seiner Auffassung daraus ergeben, dass er ungeminderte Mieten mit Erfüllungswirkung hinterlegt habe und dadurch eine Bereicherung auf Vermieterseite in Höhe der jeweiligen Minderungsbeträge eingetreten sei.
Die Beklagte zu 1 hat Widerklage auf Räumung und Herausgabe der vom Kläger gemieteten Doppelhaushälfte erhoben.
Das Amtsgericht hat dem Räumungsbegehren der Beklagten zu 1 durch Teilurteil entsprochen. Das Landgericht hat die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers mit Beschluss vom 4. Mai 2017 zurückgewiesen. Mit der hiergegen am 8. Juni 2017 eingelegten, noch nicht begründeten Nichtzulassungsbeschwerde erstrebt der Kläger die Zulassung der Revision.
II.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die Berufung des Klägers sei unbegründet. Das Teilurteil des Amtsgerichts sei zulässig gewesen, weil eine Gefahr widersprechender Entscheidungen nicht bestanden habe. Denn bei Wahrunterstellung aller vorgetragenen Mängel könne das Gericht sowohl die Minderungsquote als auch ein Zurückbehaltungsrecht berücksichtigen; wenn auf diese Weise ein Fehlbetrag verbleibe, der die fristlose Kündigung auf jeden Fall rechtfertige, könne durch Teilurteil entschieden werden.
Einen solchen Mietrückstand habe der Kläger hier auflaufen lassen, indem er - seit Oktober 2013 - 23 Monatsmieten nicht gezahlt habe. Die Hinterlegung habe keine schuldbefreiende Wirkung gehabt, weil der Kläger nicht zur Hinterlegung berechtigt gewesen sei; er habe bereits durch das Urteil des Amtsgerichts vom 14. November 2013 im Vorprozess erfahren, dass die Beklagten zu 2 und 3 nicht gemäß § 566 BGB in das Mietverhältnis eingetreten seien. Auch sei ausweislich des Mietvertrages nur die Beklagte zu 1 und nicht die Erbengemeinschaft Vermieter geworden. Unter Berücksichtigung der vereinbarten Miete und einer im ersten Prozess ausgeurteilten Minderung von 9 % sei in der Zeit von Oktober 2013 bis August 2015 ein Rückstand von 52.325 € entstanden. Selbst wenn zugunsten des Kläger die jetzt geltend gemachten Mängel als wahr unterstellt und die von ihm selbst angegebene Minderungsquote von 20 % zugrunde gelegt würde, beliefe sich der Rückstand immer noch auf 40.825 €. Wenn dann noch zusätzlich zugunsten des Klägers mit Rücksicht auf die behaupteten Mängel ein Zurückbehaltungsrecht in Höhe von 10.000 € sowie die erklärten Aufrechnungen berücksichtigt würden, verbliebe immer noch ein Rückstand von mehr als zwei Monatsmieten.
Die durch Rechtsanwalt v. S. erklärte Kündigung der Beklagten zu 1 sei auch nicht deshalb gemäß § 174 BGB unwirksam, weil ihr eine Originalvollmacht nicht beigelegen habe und die Kündigung aus diesem Grund zurückgewiesen worden sei. Denn der Kläger sei auf andere Weise als durch die Vollmachtsurkunde von der Bevollmächtigung des Generalbevollmächtigten der in den USA lebenden Beklagten zu 1 in Kenntnis gesetzt worden (§ 174 Satz 2 BGB). Ausweislich des Auftretens des die Kündigung aussprechenden Rechtsanwaltes im vorangegangenen Verfahren habe an dessen Bevollmächtigung kein Zweifel bestanden.
III.
Mit Schriftsatz vom 13. Juni 2016 hat der Kläger - im Hinblick auf den für den 21. Juni 2016 angekündigten Termin für die Zwangsräumung - die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem amtsgerichtlichen Urteil in Verbindung mit dem Zurückweisungsbeschluss des Landgerichts begehrt.
Mit Beschluss vom 14. Juni 2017 hat der Senat die Zwangsvollstreckung aus den vorgenannten Titeln vorläufig bis zum Ablauf des heutigen Tages eingestellt, um nach Beiziehung der Instanzakten die Erfolgsaussichten der Nichtzulassungsbeschwerde zu prüfen. Nach Beratung auf dieser Grundlage und des Vorbringens des Klägers im Einstellungsantrag verneint der Senat die für eine Einstellung nach § 719 Abs. 2 ZPO erforderliche Erfolgsaussicht und lehnt deshalb eine Verlängerung der zunächst verfügten einstweiligen Einstellung über den heutigen Tag hinaus ab.
1. Nach § 719 Abs. 2 ZPO, der gemäß § 544 Abs. 5 Satz 2 ZPO in dem hier gegebenen Fall der Nichtzulassungsbeschwerde entsprechende Anwendung findet, kann das Revisionsgericht die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung aus einem für vorläufig vollstreckbar erklärtem Urteil anordnen, wenn die Vollstreckung dem Schuldner einen nicht zu ersetzenden Nachteil bringen würde und nicht ein überwiegendes Interesse des Gläubigers entgegensteht. Eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung kommt jedoch dann nicht in Betracht, wenn das Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat (st. Rspr.; zuletzt Senatsbeschluss vom 7. März 2017 - VIII ZR 262/16, WuM 2017, 293 Rn. 2 mwN).
2. So verhält es sich hier. Der Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers fehlt es an der für eine Einstellung der Zwangsvollstreckung erforderlichen Erfolgsaussicht. Denn der vorliegenden, durch besondere Umstände des Einzelfalls geprägten Sache kommt weder eine grundsätzliche Bedeutung zu noch erfordert die Fortbildung des Rechts eine Zulassung der Revision. Schließlich ist dem Berufungsgericht bei seiner Entscheidung, dass der Beklagten zu 1 der geltend gemachte Räumungs- und Herausgabeanspruch (§ 546 BGB) gegen den Kläger zusteht, weil das Mietverhältnis durch die wirksame Kündigung vom 31. August 2015 beendet worden ist, auch kein Rechtsfehler unterlaufen, der eine Zulassung der Revision unter dem Gesichtspunkt der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung gebieten würde.
a) Es bedarf keiner Entscheidung, ob § 301 ZPO in der vorliegenden Prozesssituation einer Entscheidung des Amtsgerichts durch Teilurteil entgegenstand; jedenfalls wäre ein dem Berufungsgericht insoweit etwa unterlaufener Verfahrensfehler kein Revisionszulassungsgrund (vgl. BGH, Beschlüsse vom 23. März 2006 - IX ZR 194/03, juris Rn. 2; vom 28. Juni 2007 - VII ZR 107/06, juris), insbesondere kommt insoweit - entgegen der Auffassung des Klägers - eine Gehörsverletzung oder ein Verstoß gegen das Willkürverbot oder den Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz nicht in Betracht.
b) Soweit das Berufungsgericht entschieden hat, dass nur die Beklagte zu 1 Vermieterin des Klägers war und diese daher das Mietverhältnis allein kündigen konnte, ist diese Beurteilung aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Auch die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, dass der Kläger über die Bevollmächtigung des für die Beklagte zu 1 aufgetretenen Rechtsanwalts (Generalbevollmächtigten) aufgrund der vorangegangenen Streitigkeiten beziehungsweise Mietprozesse informiert war und deshalb die von diesem erklärte Kündigung nicht mangels Beifügung einer Originalvollmacht nach § 174 BGB wirksam zurückweisen konnte, lässt keinen Rechtsfehler erkennen, dem Bedeutung für eine Zulassung der Revision zukommen könnte.
c) Das Berufungsgericht hat ferner rechtsfehlerfrei einen kündigungsrelevanten Rückstand von mindestens zwei Monatsmieten bejaht. In der Berufungsbegründung hatte der Kläger zwar einen Rückstand in dieser Höhe unter Hinweis auf erfolgte Hinterlegungen der Mieten für die Zeit von Oktober 2013 bis August 2015 bestritten sowie sich auf eine mit Schriftsatz vom 21. Dezember 2015 erklärte Hilfsaufrechnung mit behaupteten Gegenforderungen in Höhe eines Gesamtbetrages von 19.234,58 € berufen.
Den Hinterlegungen des Klägers hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei eine Erfüllungswirkung bezüglich der geschuldeten Mieten abgesprochen. Nach Berücksichtigung eines zugunsten des Klägers unterstellten Zurückbehaltungsrechtes von 10.000 € sowie der behaupteten Mietminderungen ist das Berufungsgericht von einem im Zeitpunkt der Kündigung jedenfalls bestehenden Mietrückstand von 30.825 € ausgegangen, der die fristlose Kündigung der Beklagten zu 1 rechtfertigte (§ 543 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchst. b BGB). Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Berufungsgericht ferner angenommen, dass die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Beklagten zu 1 vom 31. August 2015 nicht durch die vom Kläger erklärten (Hilfs-)Aufrechnungen berührt wurde. Denn damit konnten nicht die gesamten zum Gegenstand der fristlosen Kündigung gemachten Rückstände beglichen werden; zudem dürfte es auch an einer unverzüglichen Aufrechnungserklärung gefehlt haben (vgl. § 543 Abs. 2 Satz 3 BGB). Davon abgesehen dürfte in die Berechnung der angeblichen Gegenforderung auch ein hinterlegter Betrag von 9.600 € eingeflossen sein, dem keine Erfüllungswirkung zukam.
Von einer weitergehenden Begründung sieht der Senat ab.
Dr. Milger |
Dr. Achilles |
RiBGH Dr. Schneider ist |
||
Dr. Milger |
||||
Dr. Fetzer |
Dr. Bünger |