Bundesgerichtshof

Entscheidungsdatum: 31.08.2010


BGH 31.08.2010 - VIII ZB 13/10

Berufungsbegründungsschrift: Notwendiger Inhalt


Gericht:
Bundesgerichtshof
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsdatum:
31.08.2010
Aktenzeichen:
VIII ZB 13/10
Dokumenttyp:
Beschluss
Vorinstanz:
vorgehend LG Schweinfurt, 17. Dezember 2009, Az: 24 S 61/09, Beschlussvorgehend AG Bad Neustadt, 28. Juli 2009, Az: 1 C 140/08
Zitierte Gesetze

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde der Klägerin wird der Beschluss der 2. Zivilkammer des Landgerichts Schweinfurt vom 17. Dezember 2009 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Gerichtskosten für das Rechtsbeschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Beschwerdewert: 2.150,57 €.

Gründe

I.

1

Die Beklagten waren von April 2004 bis Juni 2007 Mieter einer Wohnung der Klägerin in M. Aus den von ihr erstellten Nebenkostenabrechnungen für die Jahre 2005 bis 2007 beansprucht die Klägerin von den Beklagten unter Berücksichtigung der von diesen geleisteten Vorauszahlungen eine Nachzahlung in Höhe von insgesamt 2.150,57 € nebst Zinsen. Die Beklagten haben zum einen die in diesen Abrechnungen enthaltenen Kosten für "Heizung/Wasser" wegen der darin nach ihrer Auffassung unzulässig abgerechneten Kosten eines Wärmecontracting und zum anderen die darin angesetzten Hausmeisterkosten beanstandet. Das Amtsgericht hat nach Beweiserhebung zum Anfall der Hausmeisterkosten, obwohl es diese danach als an sich berechtigt angesehen hat, die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass es hinsichtlich der geltend gemachten Wärmelieferungskosten an der erforderlichen mietvertraglichen Vereinbarung zu einer Umlagefähigkeit der für das Wärmecontracting angesetzten Kosten fehle. Damit sei zugleich unklar, welche umlegbaren Heizkosten die Klägerin überhaupt von den Beklagten verlangen könne. Dass demgegenüber der Anfall der geltend gemachten Hausmeisterkosten bewiesen sei, könne die Klageforderung nicht rechtfertigen, weil die Heizkosten mangels Ausgrenzbarkeit der darin enthaltenen Kosten des Wärmecontractings insgesamt abzusetzen seien. Da die geleisteten Vorauszahlungen die geschuldeten Hausmeisterkosten um ein Vielfaches überstiegen und die Heizkosten gemäß § 556 Abs. 3 Satz 2 und 3 BGB nicht mehr nachberechnet werden könnten, sei die Klage bereits endgültig unbegründet.

2

Ihre hiergegen eingelegte Berufung hat die Klägerin damit begründet, dass das Amtsgericht in dem Mietvertrag der Parteien zu Unrecht keine Grundlage für die Umlage der Kosten des Wärmecontractings gesehen habe. Die Umlagefähigkeit dieser Kosten lasse sich vielmehr auf zwei im Einzelnen näher bezeichnete Bestimmungen des Mietvertrages stützen. Zudem habe das Amtsgericht einen von ihr angetretenen Zeugenbeweis übergangen, wonach sie den Beklagten bei Abschluss des Mietvertrages im Zusammenhang mit den umzulegenden Kosten ausdrücklich mitgeteilt habe, dass ihre Wohnung hinsichtlich der Wärmelieferung und der Warmwasserversorgung über einen Wärmecontractor versorgt werde.

3

Das Landgericht hat die Berufung der Klägerin als unzulässig verworfen, weil ihr Berufungsantrag unschlüssig sei. Zwar hätten die Beklagten die betreffenden Nebenkostenabrechnungen nur hinsichtlich der Positionen "Versorgung mit Warmwasser und Wärme" und "Hausmeisterkosten" angegriffen. Die geltend gemachte Klageforderung werde demgegenüber auf Nebenkostenabrechnungen gestützt, die nicht nur die genannten Kosten, sondern darüber hinaus auch weitere Hausnebenkosten erfassten. Das Amtsgericht habe die Klage in vollem Umfang und damit auch hinsichtlich der unstreitigen Nebenkostenpositionen abgewiesen. Insoweit habe die Klägerin sich in ihrer Berufungsbegründung mit diesen Nebenkosten jedoch nicht befasst und die Abweisung der Klage insoweit nicht gerügt. Die Berufung sei daher allenfalls insoweit erfolgversprechend, als Wärmelieferungskosten den Beklagten aufzuerlegen wären. Der Berufungsantrag beziffere jedoch nicht im Einzelnen die nachzuzahlenden Wärmelieferungskosten für die in Rede stehenden Jahre und genüge daher nicht den Bestimmtheitsanforderungen, die erforderlich seien, um dem Gericht unter Berücksichtigung der Anfechtungsgründe eine Entscheidung in der Sache möglich zu machen.

II.

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Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.

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1. Die Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1, § 522 Abs. 1 Satz 4 ZPO statthaft. Sie ist auch gemäß § 574 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 2 ZPO zulässig. Zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ist eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erforderlich, weil die angefochtene Entscheidung gemäß den nachstehenden Ausführungen das Verfahrensgrundrecht der Klägerin auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 GG i.V.m. dem Rechtsstaatsprinzip) verletzt und darauf beruht.

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2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet.

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a) Die Berufungsbegründung muss nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 ZPO die Erklärung enthalten, inwieweit das erstinstanzliche Urteil angefochten wird und welche Abänderungen beantragt werden. Außerdem muss die Berufungsbegründung nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Berufungsklägers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt. Den in Nr. 1 dieser Bestimmung bezeichneten Anforderungen ist genügt, wenn die Begründungsschrift ihrem gesamten Inhalt nach eindeutig erkennen lässt, in welchem Umfang das Urteil der ersten Instanz angefochten werden soll (BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2009 - XI ZB 36/09, WM 2010, 434 Rn. 9 mwN). Die in Nr. 2 dieser Bestimmung bezeichneten Anforderungen sind gewahrt, wenn die Berufungsbegründung erkennen lässt, aus welchen tatsächlichen und rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält und zur Darlegung der Fehlerhaftigkeit die Umstände mitteilt, die das Urteil aus Sicht des Rechtsmittelführers in Frage stellen. Ob die von ihm erhobenen Rügen schlüssig oder auch nur vertretbar sind, ist ohne Belang (Senatsbeschluss vom 21. Mai 2003 - VIII ZB 133/02, NJW-RR 2003, 1580 unter II 3 b aa mwN; BGH, Beschluss vom 1. Oktober 2009 - VII ZB 43/09, BauR 2010, 248 Rn. 5).

8

b) Diese Anforderungen hat das Berufungsgericht grundlegend verkannt und dadurch der Klägerin den Zugang zur Rechtsmittelinstanz in unzumutbarer, aus Sachgründen nicht zu rechtfertigender Weise erschwert. Es hat bereits nicht gesehen, dass das Amtsgericht, nachdem dieses die Abrechnungsposition "Heizung/Wasser" wegen der darin in nicht abgrenzbarer Form enthaltenen Kosten des nach seiner Auffassung nicht umlagefähigen Wärmecontractings für nicht begründet erachtet hat, die Klage allein deshalb abgewiesen hat, weil die verbleibende Abrechnungsposition der Hausmeisterkosten - mit den weiteren unstreitigen Abrechnungspositionen hat sich das Amtsgericht nicht befasst - die Höhe der geleisteten Vorauszahlungen nicht erreiche. Bei dieser Sachlage bestand für die Klägerin kein Anlass, auf die vom Amtsgericht für begründet erachteten Abrechnungsposition der Hausmeisterkosten oder die weiteren, in der Abrechnung ebenfalls enthaltenen Abrechnungspositionen Feuer-, Leitungswasser-, Sturm- und Haftpflichtversicherungen, Miete Sat-Anschluss, Grundsteuer, Müllabfuhr und Allgemeinstrom, die das Amtsgericht überhaupt nicht behandelt hat, einzugehen, zumal angesichts des Umfangs der Abrechnungsposition "Heizung/Wasser" auch deren Einrechnung zu keinem anderen Ergebnis geführt hätte. Denn es ist selbstverständlich, dass der Berufungskläger weder ihm günstige Teile des Urteils noch weitere, die abweisende Entscheidung möglicherweise auch stützende, zur Begründung der angefochtenen Entscheidung aber nicht angeführte Umstände angreifen muss (BGH, Urteil vom 14. November 2005 - II ZR 16/04, NJW-RR 2006, 499 Rn. 9).

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Die Klägerin brauchte deshalb, um den Anforderungen des § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 und 2 ZPO zu genügen, nur die ihr nachteilige Auffassung des Amtsgerichts anzugreifen, aus dem Mietvertrag sei eine Erstattungsfähigkeit der Kosten für das Wärmecontracting nicht herleitbar. Denn auf diese Weise wäre die einzig bestehende Unklarheit hinsichtlich der Abrechnungsposition "Heizung/Wasser" ausgeräumt worden und die Klägerin wäre angesichts des Umstandes, dass die Berechtigung aller anderen Positionen unstreitig oder nach Auffassung des Amtsgerichts erwiesen war, aus ihrer Sicht über die von ihr erstrebte Erstattungsfähigkeit der Position "Heizung/Wasser" nach Abzug der geleisteten Vorauszahlungen zu einer Begründetheit der geltend gemachten Nachzahlungsbeträge insgesamt gelangt.

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3. Der angefochtene Beschluss ist daher aufzuheben, und die Sache ist zur erneuten Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 577 Abs. 4 Satz 1 ZPO). Dabei hat der Senat von § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG Gebrauch gemacht.

Ball                                          Dr. Frellesen                                           Dr. Hessel

                  Dr. Achilles                                           Dr. Schneider